Kind verhält sich komplett anders wenn wir Eltern dabei sind

Hallo zusammen,

wir haben ein Problem mit unserem Sohn (4,5 Jahre) bei dem wir jetzt seit einigen Monaten vor einem Rätsel stehen. Kurz vorweg, er ist ein tolles Kind, witzig, neugierig, eine kleine Plappertasche, manchmal fehlt ihm etwas Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen aber darum solls gar nicht gehen.

Unser Problem ist, dass er sich komplett anders verhält, sobald wir Eltern dabei. Er ist dann auf einmal total verschlossen und anhänglich also eigentlich ganz anders als man vermuten würde.
Hier mal einige Beispiele was ich meine:
1) Er geht seit Sommer letzten Jahres in eine neue Kita. Eingewöhnung lief holprig aber mittlerweile ist er angekommen und verhält sich laut Erzieherinnen im Gruppenalltag auch komplett normal. Also er spielt mit anderen Kindern, erzählt viel, macht Quatsch usw. Sobald einer von uns dabei ist, also beim bringen oder abholen versteckt er sich hinter uns vor den anderen Kindern und Erziehern, reagiert nicht sobald ihn jemand anspricht. Das alles aber nicht auf eine ängstliche Art sondern eher quatschig. Unsere Verabschiedung sieht so aus, dass wir uns umarmen und eine Erzieherin ihn auf lustige Art aus meinen Armen nimmt. Er grinst dabei und sobald sie ihn absetzt fängt er an zu spielen, da kann ich manchmal sogar noch im Raum sein.
2) Wir treffen ein Kind aus seiner Kita in der Bücherei. Das Kind kommt auf ihn zu und begrüßt ihn freudig. Sein Kopf geht sofort nach unten und er reagiert absolut gar nicht mehr bzw. flüstert mir höchstens noch ins Ohr.
3) Bei der Weihnachtsfeier seiner Kitagruppe war er das einzige Kind, das nicht mit auf "Bühne" stand sondern nur bei uns war obwohl er bei den Proben vorher wohl eifrig mitgemacht hat. Es wirkt so als ob ihm solche Situation aus irgendeinem Grund unangenehm sind sobald wir dabei sind. Immer wenn man ihn danach fragt was los war kommt auch keine Antwort sondern nur "nichts".
4) Vor der U- Untersuchung letzten Herbst erzählt er mir vorher was er dem Arzt alles zeigen will was er schon alles kann. Kaum kommt der Arzt rein klammert er sich wieder an mich und flüstert mir maximal seine Antworten ins Ohr. Da das Verhalten letzten Sommer erst so extrem anfing habe ich es beim Arzt nur kurz thematisiert, der hat es dann schnell unter Schüchternheit abgehakt.
5) Er geht seit einigen Wochen begeistert mit seinem Papa zum Fußball und hat großen Spaß dabei. Papa ist das einzige Elternteil, das immer noch bei vielen Übungen mitmachen muss. Sobald er eine Übung nicht machen will (z.B. ein anderes Kind sollte ihn abklatschen) bricht er in Tränen aus so dass sie das letzte Training sogar abbrechen mussten. Warum er die Übungen nicht machen wollte kann er wieder nicht beantworten. Gleichzeitig hat er jetzt gesagt, dass er alleine ohne Papa beim Fußball sein möchte. Es ist ok wenn Papa auf der Tribüne sitzt und ihn sieht aber er möchte ihn nicht sehen.

Wir verstehen mittlerweile nicht mehr, warum wir auf der einen Seite bei allem dabei sein sollen er sich aber in unserer Gegenwart dann eben nicht sicher und selbstbewusst verhält sondern eher eingeschüchtert.
Sorry für den langen Text aber mittlerweile weiß ich nicht mehr was wir noch machen können und ich habe immer mehr das Gefühl, dass er sich selbst im Weg steht. Anfangs war ich auch der Meinung, dass sich das mit der Zeit gibt, hab ihn komplett in Ruhe gelassen aber da sich das Thema jetzt schon über ein halbes Jahr hinzieht fragen wir uns mittlerweile doch, ob wir etwas übersehen.

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wie geht ihr in so Situationen mit ihm um? Bewusst einen SChritt zurück und auf Abstand gehen oder erst recht auf ihn eingehen und ihn somit bestärken?

Wenn ihr ihn bestärkt (beim Fussball mitspielt, - auf ihn eingeht, wenn er an den Rockzipfel hängt etc, statt bewusst ihn von euch ermutigend wegzuschieben und sich zurück zu ziehen, dann bestärkt ihr ihn nur in diesem Verhalten.

Versucht ihn aktiver dann von euch weg und selbständig hinzuschieben.
Bei so Gelegenheien hab ich ganz oft dringend "aufs Klo müssen" -- oder mir die Nase geputzt oder was in der Handtasche gesucht, wenn diese unsicheren Blicke anfingen. --- tatsächlich: sobald wir ausser Sichtweite oder Reichweite waren, waren beide Kids oft laut, lustig, Draufgängerisch. -- Sobald ich in der Nähe war, kam das schüchterne Häslein raus.
Das ist sogar bei meiner 13jährigen noch machmal so.

Versucht einfach so oft wie möglich aus so Situationen zu fliehen, ihn alleine zu lassen, - ich hinzuschicken, -- nicht so nah dran zu sein etc.... Und wie gesagt: voll Beschäftigt tun (klo, Handtasche, was aufschreiben im Notizbuch) hilft da sehr, damit er sich mehr auf das Aussen konzentriert, statt an Eurem Rockzipfel zu hängen.
Bei so einer Situation wie in der Bücherei hätte ich z.B. gesagt: oh - ich geh mal zu diesen Erwachsenen Zeitschriften, -- bleibst du bei "name" und schaut mal ob ihr ein tolles Hasenbuch findet? -- und geh dann auf Abstand etc....

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Ich finde das gar nicht so ungewöhnlich, habe ein Kind mit ähnlichen Tendenzen.

Kennst du das, wenn es dir wirklich nicht gut geht, weil du zum Beispiel eine blöde Diagnose, eine Kündigung oder sonstige schlechte Nachrichten bekommen hast oder dir um Angehörige Sorgen machst. Und trotzdem kannst du vielleicht arbeiten, es fühlt sich auch okay an und du kommst gut durch den Tag. Und abends gibt's eine Umarmung vom Partner oder der besten Freundin und plötzlich kommen dir die Tränen?

Ich glaube so geht es den Kindern manchmal. Wenn sie im Kindergarten sind oder alleine beim Sport werden manche schwierigen Emotionen eher in den Hintergrund geschoben und das ist auch okay so. Aber wenn die Eltern da sind, also der sichere Hafen, dann machen sich Unsicherheiten und Ängste wieder bemerkbar, dann wird Nähe und Schutz gesucht. Und gleichzeitig versteht das Kind selbst bitte ganz, was da gerade passiert, und überspielt dann auch vieles mit einem Grinsen.

Ich finde das alles gar nicht schlimm, es klappt ja alles wichtige. Die Übergabe morgens im Kindergarten klappt, das Spielen mit den anderen Kindern klappt, auch zum Sport will er ja weiter hin. Beim Arzt mit 4 Jahren schüchtern zu sein ist auch nicht ungewöhnlich. Und Auftritte sind Übungssache. War es der erste solche Auftritt? Bei uns gab es wegen Corona lange Zeit keine und als dann letzten Sommer eine Aufführung im Kindergarten statt fand waren sehr viele Kinder sehr überfordert von der Situation.

Ich sehe keinen besonderen Handlungsbedarf. Natürlich solltet ihr ihn motivieren, bei der nächsten Aufführung dabei zu bleiben. Und wenn er es eh wünscht, sich natürlich beim Fußball raushalten. Aber da er ja die meisten Situationen gar nicht vermeidet und eh auch Sachen alleine macht, würde ich sonst nicht groß etwas erzwingen und sehe keinen Grund da viel Druck zu machen.

Bearbeitet von Memory
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Komplette Laienidee, aber das klingt nach einer Art umgekehrtem, elektiven Mutismus - statt in fremden Situationen zu schweigen, schweigt oder flüstert das Kind, wenn die Eltern ihm (potenziell) den Rücken stärken. Ich würde da evtl. den Hausarzt fragen, ob man eine Überweisung zum Therapeuten bekommen könnte, damit der erprobte Strategien nennt, um dem Kind in Anwesenheit der Eltern die Angst vor dem Sprechen oder Interagieren mit Dritten zu nehmen.

Sonst werden irgendwann alle immer verkrampfter und ihr habt das Gefühl, beweisen zu müssen, dass von eurer Seite kein Druck besteht.

Und ja, er kann vermutlich wirklich nicht sagen, woran es liegt.

Vielleicht ist es eine Art „zu Hause bin ich entspannt und bei Fremden bin ich mutig und wenn Mama und Papa dabei sind, muss ich nicht mutig sein, kann aber aufgrund der Situation mit Fremden/ Anderen auch nicht so entspannt sein wie zu Hause“?

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mein Sohn war genauso und da war definitiv keine Therapie notwendig, verwächst sich mit jedem Jahr mehr und die Kinder werden mutiger.

Es ist einfach das Übergeben einer Aufgabe an die Eltern. Unser Kinderarzt sah da überhaupt kein Problem. Hatte es bei einer U mal angesprochen.

Er meinte, es wäre nur dann ein Problem, wenn er gar nicht mit den anderen reden würde, wenn er sich nur hinter uns Eltern versteckt und uns alles überlasst, weil er einfach keine Lust mehr hat die Sachen selbst zu machen, nachdem er das den ganzen Tag schon machen musste, ist das nicht bedenklich. Wir sollen ihn immer mal schieben und und schubsen in die Richtung, es selbst zu machen, aber nicht übertreiben.

Genauso haben wir es gemacht und er kommt problemlos durchs leben, auch wenn der Schulranzenkauf etwas nervenaufreibend war, aber neue Situation,fremde Frau, dann noch die Masken damals, war auch ein bisschen viel.

Er geht inzwischen völlig alleine einkaufen, bestellt beim Bäcker und hat einem Freund von uns beim letzten Essen gehen, ein Gartenhaus ans Ohr gequatscht (bzw. eigentlich eher ein Flugzeug). Er ist 9, immer noch eher schüchtern, aber er antwortet inzwischen auch Fremden und ist definitiv nicht mehr so anhänglich.

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So etwas ist glaube ich nicht ungewöhnlich. Auch, wenn man z.B. am Wochenende zufälligerweise die Lehrerin sieht, sagen viele Kinder nichts, die durch die Woche ohne Eltern normal mitmachen.

Unsere Tochter hatte es nie so ausgeprägt wie dein Sohn, aber mit zunehmendem Alter nehmen die Situationen, wo es auftritt eher ab.

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Hi,

gebt ihm Zeit, das wird sich mit der Zeit legen. Bestärkt ihn darin, vieles alleine zu machen und lasst ihn alleine im Sport.

Mein Sohn war genauso. Gut im Kindergarten angekommen, hat auch mit den Erziehern erzählt. Sobald ich da war, kein Wort. Er wollte eigentlich ein Ausmalbild, wie es die Mittagskinder bekommen habe, aber er hat kein Wort bei der Erzieherin rausbekommen. Kaum bin ich weg, kein Problem mehr. Also schüchtern und zurückhaltend ist er noch immer, aber eben anders.

Er ist inzwischen 9, geht problemlos in die Schule und Sport und braucht auch da bei neuen Lehrern, Trainern und allgemein in neuen Situationen etwas Anlauf, aber dann geht es. Wenn ein guter Lehrer,Trainer dabei ist, der ihn direkt mit an die Hand nimmt, dann läuft das direkt gut.

Er hat viele neue Freunde gefunden, viel schneller jetzt als noch früher.

Als wir damals seinen Schulranzen gekauft haben, hat er kein Wort gesprochen. Er war so völlig überwältigt von der Situation, dass er nicht mal mehr mit mir gesprochen hat, nur ganz leise ins Ohr geflüstert. Wir haben dann mit Daumen hoch/Daumen runter kommuniziert und so seinen Ranzen gefunden. Er hätte dann aber fast das Modell mit dem Dino genommen, das er auch anprobiert hatte, aber ich wusste, dass ihm das andere eigentlich besser gefällt. Als ich ihm dann gesagt habe, dass er jetzt einfach aussuchen kann und nicht weiter probieren muss, dann hat er das Modell mit dem Astronauten genommen.

Den ersten Schultag habe ich ihn am Tor verabschiedet und er ist im Schneckentempo zum Klassenzimmer und hat immer wieder geschaut, ob ich noch da bin. Wir haben bestimmt 5 MInuten gewartet, bis er außer Sicht war :D Eigentlich hätte er sich mit einem Jungen aus dem Kiga getroffen, zum zusammen laufen, aber der war leider krank, so musste er da alleine durch.

Inzwischen ist er deutlich offener auch wenn wir Eltern dabei sind. Wir waren letztens Essen und nach etwas Auftauzeit hat er dann einem unserer Freunde alles (und ja ich meine alles :D ) über Flugzeuge erzählt und ihm aus seinem Buch vorgelesen.

Unsere Kleine ist da auch ganz anders, sehr offen und geht schnell auf andere zu, aber auch hier, wenn wir bzw. ich dabei bin, dann braucht sie auch etwas mehr Zeit. Aber es geht schneller als beim großen Bruder.

Der Opa bringt sie morgens normalerweise in den Kindergarten und der darf nichtmal mehr mit rein, weil sie ist ja ein Maxi und groß, aber wenn ich sie mal bringe, muss ich mit rein und dann muss ich sie auch zu ihrer Erzieherin bringen und sie hängt sich dann doch an mich und ich muss sie wirklich übergeben :D

Ich weiß nicht warum dass so ist, aber es ist so und es schadet ihrer Entwicklung nicht, also gebe ich ihnen beiden die Sicherheit die sie brauchen. Meine Mutter hat das nie gemacht (mein Sohn kommt sehr nach mir) und ich will definitiv nicht, dass er es mal so schwer hat und mache viele Situationen ein paar mal mit ihm gemeinsam, damit er sich sicher fühlt sie dann alleine zu bewältigen. Ich musste dann erst mit 17 lernen, mich zu trauen mit Menschen zu sprechen. Frag nicht wie viel Angst ich hatte, nur das Foto für den Perso machen zu lassen. Vom hingehen und den beantragen ganz zu schweigen.

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Der Freund meiner Tochter (7,5 Jahre) ist genauso. Die ersten Geburtstage kam er z.B. bei uns nur mit einem Elternteil, auch wenn deutlich jüngere Kinder kein Problem damit hatten. Auch beim Kinderturnen mit 7 Jahren muss ein Elternteil dabei sein.

Beim Kindergeburtstag mit 5 Jahren, hat er kein Wort mit mir und nur ganz wenig mit den anderen Kindern gesprochen. Obwohl wir nur wenig Kinder eingeladen haben und er alle Kinder und auch unser Haus kannte.
Das gleiche war übrigens auch im Tierpark mit ihm und den Eltern. Sie waren oft im Tierpark mit ihm. Aber als wir uns dort mal getroffen haben, hat er mit meiner Tochter erst ganz wenig nach über 2h gesprochen. Dabei waren die zwei in der KiTa, die besten Freunde.

In der Schule klappt es mit ihm. Die Schule hatte zuerst Sorgen, da er beim Einführungstag nicht gesprochen hat. Aber nach kurzer Zeit hat er sich geöffnet und es hat geklappt. Er ist über die letzten Jahre viel offener und gesprächiger geworden.
Meine Tochter ist mit ihm seit sie 3 Jahre alt ist befreundet.

Ich plädieren also auch dafür ihm mehr Zeit zu lassen. Dein Sohn wird an den Situationen wachsen. Als Eltern ist das natürlich unangenehm, aber ich würde versuchen es nicht so stark zu thematisieren und das Kind so zu nehmen wie es ist.

Bearbeitet von JenniferNRW
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Die beste Freundin unserer Tochter ist unter Leuten, die sie nicht kennt, auch ausgesprochen zurückhaltend. Ich würde mich ja sogar geehrt fühlen, dass sie uns mittlerweile so vertraut, dass sie bei uns wie bei sich zuhause ist.

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Meine Kinder waren bzw sind teilweise ähnlich.
Ich seh da kein Problem, das Kind ist wie es ist.
Akzeptiert es so wie es ist, bestärkt ihn immer wieder positiv. Das wird sich legen mit der Zeit.
Mein Sohn war auch derjenige, der als letztes noch die Mama mit beim Geburtstag hatte bzw beim Schwimmkurs usw. Na und? Irgendwann kam der Punkt wo das nicht mehr nötig war, aber mit 4,5 Jahren waren wir davon noch meilenweit entfernt. In dem Alter konnten meine Kids gute Freunde aus dem Kiga auch nicht so einfach im Supermarkt grüssen z.B., alleine zum Fussball oder Schwimmen war undenkbar.
Gibt deinem Kind Zeit, er ist ERST 4,5 Jahre, nicht SCHON.
Machen kannst du also gar nix, ausser Akzeptanz und schon gar keinen Druck, dich in Geduld üben, das kannst du tun.

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Diese Art von Schüchternheit haben viele Kinder, nur verdrängen sie sie oft, wenn sue müssen. Bei den Eltern kann man sich aber fallen lassen, daher zeigt er das Verhalt in euer Gegenwart vermehrt. Abhol-Bringsituationen in der Kita sind absoluz irrelevant, da verstecken sich plötzlich die lockersten Kinder hinter Mamas Bein usw. Würde ich nicht überbewerten. Verstärkt ihn weiterhin, bleibt bei ihm in fremden Situationen und geht kurz raus, wenn ihr merkt, dass er sich entspannt. So lernt er immer mehr, seine Angst zu überwinden und ohne euch auszukommen.