"Bitte" als Eltern sagen

Mein Mann und ich diskutieren immer mal wieder über den Gebrauch des Wörtchens "Bitte" als Eltern den Kindern gegenüber.

Mein Mann ist der Meinung, nahezu jede Ansage an die Kinder mit einem "Bitte" zu versehen:
"Ziehst du dir bitte die Schuhe an?"
"Kommst du bitte her?"
"Kannst du bitte etwas leiser Musik hören, damit ich telefonieren kann?"
"Hörst du bitte auf, deine Schwester zu schlagen?"

Mich treibt das teilweise in den Wahnsinn. Und ich habe das Gefühl, dass die Kinder gerade diese als Bitte formulierten Aufforderungen mittlerweile komplett überhören. Mein Mann will aber unbedingt an dem "Bitte" festhalten, er findet das richtig so und wurde selbst so erzogen. Notfalls wiederholt er seine Bitten 5 mal. Oder 10 mal.

Ich persönlich empfinde einen Satz mit einem "Bitte" immer als Anfrage, die auch abgelehnt werden darf - weil es ja eine Bitte (und somit eine Entscheidungsfreiheit) und kein Befehl ist (der nicht ablehnbar ist). Deshalb bin ich mit den Bitten den Kindern (3) gegenüber eher sparsam und formuliere meine Aufforderungen präzise und knapp.

Wie seht ihr das?

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Hallo Artemis,

bei uns gehört “Bitte” auch zum alltäglichen Sprachgebrauch.
Es gehört für mich zu einem höflichen Miteinander einfach dazu- ebenso wie “Danke”.

Für mich ist der Unterschied zwischen Frage und Aufforderung die Satzstellung:
- Zieh bitte deine Schuhe an!
- Ziehst du bitte deine Schuhe an?

Erstes ist eine klare Aufforderung und zweites eine Frage, die natürlich auch ablehnend beantwortet werden kann.

Vielleicht wäre es ein Kompromiss für deinen Mann, dass er höfliche Aufforderungen statt Fragen formuliert?

Wir achten drauf, dass unser Kleiner (1 3/4) die Aufforderung auch wahrnimmt und stellen beim zweiten Anlauf Blick-/Körperkontakt her. Teilweise ist er sonst so schön am Spielen und bekommt es nicht mit.
Meist folgt beim dritten Mal dann aber die Konsequenz mit der kurzen Ansage “Schuhe anziehen”. In dem Fall wäre es ihn zu holen und ihm die Schuhe anzuziehen.

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Genauso ist es bei uns auch. Fragen können abgelehnt werden, Aufforderungen nicht. Egal ob mit oder ohne Bitte.

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Auf jeden Fall mit bitte - erwarte ich von den Kindern ja auch und muss es entsprechend vorleben.
Ich finde aber auch, dass allein das Wort bitte nichts darüber aussagt, ob man ablehnen kann oder nicht (im Café sage ich ja auch „ich hätte bitte gerne einen erdbeerbecher“ oder auf Arbeit werde ich von meinem Chef auch gebeten etwas zu tun).

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Ich denke, der Unterschied ist weniger das Bitte, als die Tatsache, dass er fragend formuliert. Fragen kann man definitiv auch ablehnen. Wenn meine Mutter zu mir sagt "Kannst du bitte den Tisch abräumen?" weckt das noch heute den kindischen Impuls in mir, "Nee kann ich nicht" zu antworten. So wie du deine Beispiele formulierst ist es halt keine Aufforderung im eigentlichen Sinne. Dazu müsste es heißen:

Zieh bitte deine Schuhe an - Komm bitte her - Dreh bitte die Musik etwas leiser etc.

Wenn ihm das bitte wichtig ist, soll er es nutzen, vielleicht hilft es ihm ja dennoch, weniger zu fragen und mehr aufzufordern, wenn er eigentlich keine Wahlmöglichkeit geben möchte.

Wir verwenden persönlich selten bitte, auch untereinander, erwarten das logischerweise auch nicht von unserem Kind. Anders bei Bestellungen im Eiscafé oder so, da leben wir es vor und er nutzt es ebenfalls.

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Hallo!

Bitte und Danke sind uns auch wichtig!
ABER bei uns wird eben nicht gefragt ("Ziehst du dir...") sondern gesagt (" Zieh dir bitte..."). Das ist ein echt großer Unterschied! Fragen können abgelehnt werden, natürlich. Und nach der 2. Aufforderung ist das bitte dann auch gestrichen.

LG!

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Die Betonung macht viel mehr aus als ein Wort. Man (=ich) sage immer bitte, weil es für mich zur allgemeinen Höflichkeit dazu gehört. Meine Kinder wissen dennoch genau wann eine „Bitte“ so ernst ist, dass man sie besser nachkommt. Das hängt doch nicht an einem Wort.

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Ich denke, dass es altersabhängig ist. Aufforderungen habe ich verwendet als die Kinder klein waren: Sie sind schnörkellos und direkt. Das hat funktioniert. Seitdem sie sprachlich aber fitter sind und auch gesellschaftliche Konventionen kennenlernen, verwende ich „bitte“ viel häufiger ohne, dass es eine tatsächliche Bitte ist. Auch ein „Jetzt hör doch mal BITTE(!) auf!“ funktioniert und ist aus meiner Sicht legitim. Es beinhaltet einfach meine Genervtheit über das Verhalten. So würde ich mit einem einjährigen oder gerade zwei gewordenem Kind aber nicht sprechen. Bei meinen Kindern war rückblickend die Grenze bei 2,5-3 Jahren. Also zu dem Zeitpunkt an dem sie etwa auch die Unterscheidung zwischen Frau-Dame kennen lernen. Das ist auch unnötig, aber gesellschaftliche Norm.

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Die Unterscheidung zwischen Frau und Dame? Meine Kinder kennen das Wort "Dame" nichtmal. Klar, irgendwann werde ich sie wohl drüber aufklären. Dann, wenn sie auch andere komplexe gesellschaftliche Themen uns historische Entwicklungen verstehen lernen. Ich denke so um Vorschulalter. Aber ich bin froh, dass "Dame" der Vergangenheit angehört und wüsste nicht, was ein Kind mit 2,5 Jahren damit anfangen sollte.

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Dein Argument kenne ich von Erziehungsvloggern.

Finde das aber nicht so gut, denn die Alternative könnten dann ständige Befehle sein:
"Komm her! Zieh dich an! Räum auf! Bring deinen Teller in die Küche! Fang jetzt mit den Hausaufgaben an!"
Das Kind könnte sich sehr kommendiert fühlen und das ständige "Befehlen" KÖNNTE auch nach und nach zu einem raueren Ton führen.

Eine "Bitte" kann zwar auch sarkastisch, harsch, herablassend ausgesprochen werden, erinnert aber im Zweifelsfall beide eher an einen freundlichen Umgang.

In einer intakten Familie sehe ich persönlich auch das Problem, etwas wegen des Wortes bitte abzulehnen oder als Fragen formulierte Bitten abzulehnen, eher nicht. Dafür gibt es keinen Grund.
"Deckst du schon mal den Tisch?" ist für mich freundlicher als "Decke den Tisch!", "Du deckst den Tisch!" oder "decke jetzt den Tisch!"

Ich verstehe auch das Argument nicht, dass Fragen verneint und Bitten abgelehnt werden.

Als Erwachsene sagen wir dauernd "Können Sie mir noch eine Kopie mitbringen? "Holst du mir bitte ein Glas Wasser aus der Küche?"Können Sie mir kurz beim Tragen helfen?" und normalerweise entsprechen wir dem Wunsch oder erklären kurz, warum das nicht geht.

Wir sagen doch in der Regel weder "nein, kann ich nicht!" oder "Nö, keine Lust", wenn wir uns als höfliche Menschen verstehen.

Ich finde die Vorstellung gruselig, dass man Kindern beibringt, dass Fragen wörtlich genommen oder verneint werden können, Bitten abgelehnt werden können - also, man bei Bitten erst aml intensiv überlegt, ob man überhaupt dazu bereit wäre - Aufforderungen aber sofort Folge zu leisten ist. Das würde zu einer Generation recht unhöflicher Menschen führen, die sich gegenseitig herumkommandieren, weil man Aufforderungen ja immer nachkommen soll.

In der Regel macht man doch, worum man gebeten wird, es sei denn, man hat einen triftigen Grund dagegen. Also, man denkt nicht erst mal "warum nicht", sondern "okay, mache ich kurz".

Wenn wir aber jetzt Kindern beibringen, dass Bitten optional sind, dann lernen sie, erst mal abzulehnen und nicht erst mal automatisch etwas zu machen.

Mir fällt das immer wieder auf, wenn Menschen online diskutieren, ob sie jemanden auf Bitte durchlassen oder aus dem Weg gehen sollen, wenn sie jemandem im Weg stehen. Deren Haltung ist dann "nö, soll der andere sich doch eine Weg suchen oder um mich herumgehen!"
Mich irritiert das, weil ich es als selbstverständlich empfinde, möglichst niemandem das Leben zu erschweren. Und auf Bitten sofort zu reagieren, es sei denn, ich habe einen Grund dagegen.

Wer möchte denn am Tisch sitzen und sage "gib mir die Butter!" statt "reichst du mir bitte die Butter rüber?", weil er Sorge hat, dass das sonst abgelehnt wird? Und wer möchte mit diesen ständigen Forderungen leben?
Sagt man dann auch nicht danke, wenn keine Bitte erfolgte? Ist dann einfach alles selbstverständlich?

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Bei uns wären die meisten dieser Aussagen tatsächlich Bitten und somit wäre das "bitte" ja auch passend.

"Kommst du bitte her?" Völlig passend, wenn man will, dass das Kind zu einem kommt, um etwas zu besprechen. Das Kind darf Nein sagen, dann muss man eben zum Kind hingehen.

"Kommst du bitte her?" Völlig unpassend, wenn das Kind mitten auf der Straße steht und jederzeit ein Auto kommen könnte. Dann sage ich "Name, komm sofort her, die Straße ist gefährlich!" oder sowas.

"Kannst du bitte etwas leiser Musik hören, damit ich telefonieren kann?" Auch völlig passend. Man kann ja auch in einen anderen Raum gehen oder dem Kind helfen den Raum zu wechseln, wenn die Musik laut bleiben soll.

"Hörst du bitte auf, deine Schwester zu schlagen?"
Das ist der einzige Satz, in dem ich das bitte generell völlig unpassend finde. Entweder es ist alles harmlos, dann sollte man sich raushalten, oder die Schwester wird gerade verletzt, dann muss da eine klare Grenze hin, um das andere Kind zu schützen. Bitten hat damit nichts zu tun.

Also ich finde die meisten der Formulierungen in Ordnung, aber ja ich finde man darf Bitten jederzeit ablehnen. Damit muss dein Partner eben leben, ist dann sein Problem. Nur im Fall des Schlagens ist es dann auch das Problem der Schwester und somit nicht mehr in Ordnung.

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Ich finde schon das man sagen kann:” bitte hör auf, deiner Schwester weh zu tun”, meine Chefin sagt auch :”geh bitte rüber in die andere Gruppe “, dass ist eine höfliche Aufforderung und keine Frage! Auch Aufforderungen können höflich aber dennoch nicht als frage gestellt werden! Anders wäre es :”willst du bitte aufhören, deiner Schwester weh zu tun?” , dann ist es eine Frage

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Wurde hier ja schon mal erwähnt aber auch bei uns versuchen wir die Aufforderung und Bitte zu trennen.
Trotzdem füge ich immer ein Bitte hinzu.

"Bring bitte deinen Teller raus." ist eine Aufforderung
"Kannst du bitte deinen Teller rausbringen" eine Bitte die auch abgelehnt werden kann was man auch als Elternteil zu aktzeptieren hat. Ansonsten darf ich keine Bitte stellen.

Ist nicht immer einfach aber ich finde ein Bitte macht das ganze Freundlicher. Aber nach der 3x Aufforderung gerät das Bitte bei uns auch mal ins wanken

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Ich nutze auch fast immer das bitte, gehört für mich einfach schon alleine wegen der Höflichkeit mit dazu.
Die Formulierung macht ja schon einiges aus, es soll nicht wie ein Befehl rüber kommen, als Frage muss man es ja nicht immer stellen, aber das Wort bitte möchte ich selber auch schon vorleben