Moin,
ich bin recht neu im Forum hier bzw war vor etwa sechs Jahren mal zum Thema Kinderwunsch und dann zu Zwillingen hier aktiv 😀
Nun frage ich mich immer öfter, ob wir beim Kinderarzt für unseren Sohn eine Diagnostik anregen sollten...
Er ist schon immer ein Kind mit sehr ausgeprägten Stimmungen und Gefühlen gewesen. Wenn ihn etwas stört wird er in nullkommanix super wütend mit beschimpfen, hauen, spucken. Lange Zeit fiel es ihm sehr schwer die Gefühle anderer anzuerkennen und wahrzunehmen, das wird langsam etwas besser. Dass andere ähnliche Empfindungen haben können streitet er oft ab. Mit Kindern konnte er lange kaum etwas anfangen, hat eher die Nähe zu Erwachsenen gesucht, langsam ändert sich das. Mit seiner Schwester kann er aber sehr gut spielen.
Er war ein Frühchen und war in seiner Motorik immer deutlich langsamer als seine Schwester, hat aber vieles besonders im letzten Jahr aufgeholt.
Abends runterzukommen fällt ihm immer schon schwer, er macht dann Geräusche, klopft herum, ist körperlich total unruhig. Das wird zurzeit gefühlt immer mehr. Manchmal gräbt er dann die Zähne ins Holz des Bettes, dass es knirscht..
Besonders zu denken geben mir seine Ticks. Diese verändern sich,aber irgendwas ist seit etwa einem halben Jahr immer. Momentan muss er immer wieder den Boden berühren und darüberstreichen, besonders draußen. Vorher hat er alles angeleckt, eine zeitlang hat er sich die Finger erst in die Nase, dann ins Auge gesteckt... ich habe den Eindruck es ist besonders stark wenn er müde ist oder viel erlebt hat.
Er sagt er braucht diese Bewegungen, weil er oft so einen Druck empfindet der erst weg geht wenn er bestimmte Bewegungen macht- seine Worte, er ist ein sehr wortgewandtes Kind, auch sehr intelligent und musikalisch.
Ich möchte ihn nicht durch eine Diagnose in ein bestimmtes Problemmuster stecken, aber auch nicht für ihn möglicherweise sinnvolle Unterstützung versäumen, daher bin ich da noch ambivalent. Mein Mann sieht es ähnlich.
Vielleicht gibt es ja Eltern, die ähnliche Erfahrungen haben? Ich würde mich über einen Austausch freuen!
Entschuldigt den langen Text und danke für eure Zeit!
Wäre eine Diagnostik angebracht? Und wenn ja, wie gehen wir vor?
Die Symptome sagen mir nichts, aber ich würde an eurer Stelle sicher eine Diagnostik anstreben. Sollte er irgendwas haben, wo Unterstützung möglicherweise sinnvoll wäre, hat er es unabhängig davon, ob jemand es diagnostiziert oder nicht. D.h. das Problem verschwindet nicht, wenn es nicht diagnostiziert wird, es tritt dann einfach undiagnostiziert auf. Man steckt die Leute nicht durch eine Diagnose in ein bestimmtes Problemmuster.
Da ist durchaus was dran, danke... meine Bedenken hinsichtlich Diagnostik gehen dahin dass er wenn er Untersuchungen usw durchläuft wahrscheinlich mitbekommt dass irgendwas an ihm "anders" oder sogar "falsch/ krank" sein könnte, während seine Schwester das nicht betrifft. Das gibt es immer mal wieder weil sie bei vielen Entwicklungsschritten schneller war und er auch zur Logo geht und eine Herz- OP hatte. Aber die Probleme gehen sicher nicht weg nur weil es keine Diagnose gibt...
Dann ist das aber ehrlich ein Werteproblem in Eurer Familie.
Also sind für Euch auch andere Kinder mit einer Diagnose ADHS anders, krank, falsch? Dann seid ihr mit Teil des Problems, denn in einer toleranten achtsamen Gesellschaft ist jeder einfach er selbst, ohne Wertungen wie "krank", "falsch".
Unser Kind ist auch ein Frühchen mit ADHS, musste auch öfter ins SPZ zumTesten, Logo, Ergo. Ob das ein Zeichen dafür ist, dass man "falsch" ist, liegt doch daran, wie ihr Eltern das transportiert! Glaubst Du ein Kind in dem Alter merkt nicht selber langsam, dass andere gelassener sind, besser Sprechen etc? Warum ist er nicht Euer kleiner Held, weil er sogar eine Herz-OP schon hatte?
Ich denke, Ihr solltet dringend mit einer Psychologin reden. Damit seinen Eigenheiten gegengesteuert werden kann, denn ja, die Tics verschwinden nicht von selbst. Aber auch ihr als Eltern, denn man hilft seinem Frühchen nicht, wenn man seine Besonderheiten immer als Schwäche, als etwas Schlechtes sieht. Unser Kind hatte auch eine Ductus-OP, aber das ist doch nix, wo er sich deswegen minderwertig oder krank fühlen muss, im Gegenteil, er ist der kleine Held, der einzige in der Klasse, der in dem Alter schon mit dem Krankentransporter gefahren ist etc.
Hey!
Das, was du beschreibst, nennt sich stimming.
Hm. Hast du die Lungenreifespritze bekommen?
Bevor ihr eine Diagnose anstrebt, könnte ja auch sowas wie Ergotherapie helfen.
Liebe Grüße
Schoko
Jetzt werde ich echt auch mal hellhörig, kenne das von meinem mittlerweile 6 jährigen Frühchen auch, dass er alles mit seinen Händen berühren, anfassen muss/möchte. Wenn ich frage warum heißt es nur dass ihn interessiert wie sich dies oder jenes anfühlt.
Ich bekam damals die Lungenreife, hast du da irgendwelche Info‘s wie sowas zusammenhängt? Würde es interessant finden, mein Kinderarzt ist schon immer der Typ ‚man kann Kinder auch krank reden obwohl nichts ist‘
Mit stimming ist gemeint, dass Menschen, die aufgebracht oder unruhig sind, selbststimulierende Handlungen ausüben, um sich selbst zu beruhigen.
Also damit können Töne, Geräusche, sich wiederholende Handlungen, zappeln (...), Nägelknibbeln gemeint sein.
Wenn dein Kind einfach über jede Fläche streicht, ist nicht unbedingt das damit gemeint. Außer, es macht das um sich selbst zu beruhigen.
Guten Morgen,
hat er selbst einen Leidensdruck?
Ich würde mit Hinblick auf die Schule über eine Diagnostik nachdenken. Ggf lasst ihr euch auf Wartelisten für nächstes Jahr setzen und könnt dann immer noch absagen, wenn ihr keinen Bedarf mehr seht.
Falls er in der Schule gewisse Hilfen/ Strukturen braucht, wäre eine Diagnose hilfreich. Ihr müsst ihn ja nicht gleich mit der Diagnose anmelden, hättet sie und müsstet dann nicht erst den Diagnoseprozess anstoßen.
Alles Gute für euch!
Danke, das ist eine gute Idee!
Ich habe schon den Eindruck dass ein Leidensdruck besteht, ich glaube wir kriegen das so alles einigermaßen reguliert, der Waldkindergarten passt auch gut zu ihm, aber Richtung Schule denkend wird mir da manchmal etwas mulmig.
Ich würde so vorgehen, schon mal Diagnostik Termine ausmachen, da lange Wartezeit egal ob SPZ, Kinderpsychiater, bei uns im Raum für beides 6 bis 12 Monate Wartezeit. Dann den Schuleintritt abwarten, ob überhaupt Probleme auftreten. Ich habe selbst ADHS und in der Grundschule keine Probleme:).
Also wir wurden vom Kiga angesprochen. Mein Sohn wird jetzt beim Kinderpsychiater mal angeschaut ob er eine Körperwahrnehnungsstörung hat. Wobei es bei ihm weniger ausgeprägt ist wie bei eurem Sohn. Meiner ist 4. Lieber einmal zu viel drauf schauen lassen. Wenn eine Diagnose raus kommt, dann bekommt er eben Therapien die ihm helfen. Grad vor der Schule ist sowas immer gut. Denn am besten geht man das „Problem“ vorher schon an. Denn in der Schule müssen die Schüler funktionieren. Da ist das deutsche Schulsystem leider gnadenlos
Und eine Diagnose ist ja eher was Gutes. Niemand steckt Kinder in eine Schublade. Es wissen ja maximal Pädagogen.
Noch vergessen:
Ihr dürft nicht vergleichen mit der Tochter, ihr müsst für ihn sprechen.
Nicht Deine Schwester schläft viel besser ein sondern "Ich sehe, dass du abends schwer runterkommst, komm, wir reden mal mit einer Ärztin, ob die Tipps hat, die Dir helfen".
Kinder können die Wahrheit gut vertragen, das Problem ist, dass wir ihnen unsere Leistungsgedanken übertragen. Wir Eltern machen doch als erstes die Vergleiche. Jedes Kind ist ein einigen Sachen super und in anderen schlechter. Hebt unbedingt auch das Gute hervor. Und am Schlechten arbeitet jeder, auch die Schwester. Das sind Dinge, die jedes Kind lernen muss, auch panmässig entwickelte müssen damit leben, dass ihre Purzelbäume dauernd misslingen, dass sie im Kartenspielen schlecht sind, was auch immer.
Keine Ahnung, wir hatten damit überhaupt keine Probleme, nie, er ist gerne zu Logo und Ergo gegangen, er geht mit seinem ADHS ganz offen um, ...
"Du bist toll so wie du bist und kannst stolz auf Dich sein" ist etwas was man jedem Kind beibringen sollte, da schaden auch ein paar Besuche bei einer KJP nicht, im Gegenteil. Ich finde, es hilft den Kindern eher, sich selber anzunehmen. Und ein guter Kinderpsychiater kann das auch gut rüberbringen.
Danke, das sind gute Tipps, so ähnlich halten wir es auch.
Wir sehen trotz allem wie sehr er sich selbst vergleicht und heben seine Einzigartigkeit immer wieder hervor und dass jeder anders toll ist. Grad mit Zwilling liegt das vergleichen miteinander leider sehr nah, für die Kinder und auch die Umgebung