Hallo liebe Community,
Der Titel oben sagt ja schon einiges aus, aber ich würde gerne noch etwas mehr Hintergrund wissen geben und euch um eure Erfahrungen und Meinungen bitten.
Der Text wird leider etwas länger, liest ihn euch bitte dennoch durch. Durch hilfreiche Ratschläge, Erfahrungen und Meinungen wären wir wirklich sehr dankbar!
Erstmal zu uns: Ich bin der Papa von zwei Kindern und mache derzeit eine Ausbildung zum Physiotherapeuten.
Meine Frau ist derzeit in Elternzeit, da wir vor 2 1/2 Monaten eine Wundervolle Tochter bekommen haben.
Under großer wird im Dezember 5 Jahre alt und um ihn wird es hier gehen.
Er ist eigentlich ein super lieber Junge. Er ist emphatisch, liebt es anderen zu helfen und ist sehr wissensbegierig. Motorisch und Kognitiv ist er überdurchschnittlich entwickelt. Er ist sehr ausdauernd, kann Stangen mit Leichtigkeit hochklettern, sich über Gerüste rüber hangeln und ist auch fein motorisch sehr gut aufgestellt. Er weiss schon sehr viel für sein alter und hatte diese Eigenschaften (dass er sich schnell entwickelt) seit dem er ein kleines Baby war.
Wir erfuhren erst im 6. Monat von der Schwangerschaft, da es vorher keinerlei Anzeichen dafür gab(Blutung war da, keine Schwangerschaftszeichen die auffiehlen, kein Bauch). Daher waren wir auch nicht Vorsichtig. Meine Frau trank einige Energy Drinks, machte eine radikale Diät unf trug im 6 Monat schwer wegen unseres Umzuges und hatte viel Stress. Er musst mit der Saugglocke geholt werden und die Geburt musste eingeleitet werden. Im allgemeinen war es eine stressige Geburt für die beiden, aber zum Glück waren beide nach der Geburt gesund.
Er war ein Schreibaby und wollte seit der Geburt sehr viel Nähe. Immer wenn er Müde wurde, hat er angefangen zu schreien, weil er nicht schlafen wollte. Starke Trennungs- und Verlustangst entwickelte er schon bevor er mit 1 1/2 Jahren in die Kita kam.
Genau am dritten Geburtstag begann seine Trotzphase. Er fing an, seinen Kopf durchsetzen zu wollen und widersprach bei jeder Kleinigkeit, was völlig okay ist. Irgendwann entwickelte er Zwänge die bis heute immer wechseln (Schuhe müssen extrem eng sein, Hose muss extrem eng sein, T- Shirt muss perfekt in die Hose, seine Bettdecke muss gerade sein, Schmierbelag muss perfekt auf dem Toast geschmiert sein etc., es muss alles sein wie er das will, sonst rastet er aus).
Kurz nach seinem vierten Geburtstag zogen wir erneut in eine neue Wohnung und er wechselte die Kita. Wieder ein halbes Jahr später (also letztes Jahr im Juni) starb meine Mama/seine Oma zu der er einen guten Draht hatte und bis heute darüber traurig zu seinen scheint. Er sah mich und andere meiner Familienmitglieder zu denen er einen guten Draht hat weinen, was ihn verunsicherte. Er war seine Oma während der schweren Zeit auch im Krankenhaus besuchen, weil er das wollte(rückblickend bin ich mir nicht sicher, ob es eine gute Entscheidung war, ihn mit zu nehmen). Vor drei Monaten entlief unsere Katze und wir fanden sie tot auf, was ihn wieder traurig machte und er anfing zu weinen, weil es ihn an den Tod seiner Oma erinnerte. Vor 2 1/2 Monaten kam dann sein Schwesterchen auf die Welt. Das verunsicherte ihn während der Schwangerschaft ziemlich stark, weil er angst hatte seine Mama würde im Krankenhaus ebenfalls sterben und fing an zu weinen als wir es ihm erzählten.
Nun hat er aber ein Problem was alles überschatten zu scheint: Er kann seine Gefühle nicht regulieren. Sobald zu einem Wutanfall kommt, steigert er sich so sehr rein bis er anfängt Dinge zu werfen oder sein Umfeld bewusst zu verletzen oder bewusst Dinge sagen möchte, um sein gegenüber zu verletzen. Es ist sehr schwierig ihn zu beruhigen und in der Kita kommen sie überhaupt nicht mit ihm klar, weshalb sie uns ständig anrufen, damit wir ihn abholen, ihn von Ausflügen ausschließen wollen, weil er zu anstrengend ist und uns zu Gesprächen einladen. Erst wollten sie unbedingt einen I Status für ihn und heute wurde uns von einer Fachbetreuerin und Psychologin, die mit der Kita zusammen arbeitet dazu geraten uns eine Diagnose geben zu lassen und ihn wegen den langen Wartezeiten der Psychiatrischen Praxen am besten in eine Tagesklinik oder stationären Psychiatrischen Einrichtung zu schicken. Das war für uns ein riesen Schock!
Wann genau diese gewalttätigen Wutausbrüche anfingen, kann ich garnicht sagen.
Er geht momentan einmal die Woche zur Ergotherapie deswegen und wir haben einen Termin beim Jugendamt vereinbart um uns beraten zu lassen und die Jugendamt Mitarbeiterin meinte schon zu und wir sollen uns von der Kita nicht verrückt machen lassen und sie hält eine Klinik für viel zu überzogen.
Was sagt ihr dazu? Habt ihr schon solche Erfahrungen gemacht mit kindern die ihre Gefühle nicht kontrollieren können und aggressiv werden?
Habt ihr irgendwelche Tipps, wie wir ihm helfen können?
Und wie seht ihr das mit der Klinik und stationären Psychiatrie?
Sorry für den langen Text, aber wir sind jetzt extrem verunsichert und haben Angst, das er in die Psychiatrie soll oder Medikamente bekommen soll.
Ich danke euch, dass ihr es bis hierhin gelesen habt und hoffe auf einen anregenden Austausch.
Kita empfiehlt uns knapp 5 Jährigen wegen Wutausbrüchen in Tagesklinik/Psychiatrie zu schicken
Ich kann dir nicht wirklich helfen, wir haben mit den aggressiven Wutausbrüchen unseres Sohnes auch seit langem zu kämpfen (er ist knapp 5). Wir waren schon in der Kinderpsychiatrie und er wurde getestet etc, alles im Normalbereich, keine Diagnose. Wir bekommen Erziehungstipps und so, aber so richtig hilft uns das alles nicht. Ergotherapie wird hier in der Schweiz nicht so schnell empfohlen.
Unser Kind hat zwar die negativen Ereignissen von eurem nicht erlebt, aber emotional ist er genau so herausgefordert. Die Psychologin meinte aber, dass es keine Anzeichen für eine richtige Diagnose gibt. Von daher, kann es gut sein, dass sich das alles verwächst und wir einfach mit den Tipps weiter machen müssen.
Irgendwie ist das aber auch beruhigend und ich hoffe, das bei uns keine Diagnose heraus kommt. Ich möchte einfach nicht, dass er eine Psychische Erkrankung hat und darunter leidet.
So was wie SPZ gibts bei euch nicht, oder Kinder und Jugendpsychiatrie? Wo er einfach ganz unterschwellig evaluiert wird? Für ADHS Abklärung ist es in beiden Fällen zu früh, ganz ausschliessen kann man es wohl noch nicht. Ich persönlich glaube nicht, dass dein Sohn irgendeine Form von psychischer Erkrankung hat, kann mir nicht vorstellen, dass die Kita das auch überhaupt denkt. Meist sind kognitiv sehr gut entwickelte Jungs oft im emotionalen Bereich hinterher....Einige genetische Komponenten in der Persönlichkeit, Stress im Umfeld, das alles reicht schon für dieses Verhalten. Mit der Zeit lernen sie aber schon, sich besser zu regulieren, vor allem wenn man es ihnen vorlebt und immer wieder thematisiert.
Ich würde empfehlen über den KiA den Kontakt zur Kinder- und Jugendpsychatrie aufzunehmen.
Die können mehr sagen
Mit dem Kinderarzt sprechen. Dieser kann eine Überweisung für den Kinderpsychiater ausstellen. Hier erfolgen dann ein paar Tests. Sind ca 5 Termine plus ein vor- und Nachgespräch. Wartezeit um die 6 Monate (hier). Dort wird im letzten Termin dann eine Empfehlung gegeben.
Hallo
Auf keinen fall würde ich mein Kind in dem Alter stationär aufnehmen lassen. Also da müsste schon ein Leben miteinander gar nicht mehr funktioniert. Aber er Schein echt sehr viel last zu haben mit seinen 5 Jahren und da kann er doch wirklich etwas Hilfe gebrauchen. Daher würde ich ihn beim spz oder in einer psychologische Praxis mal vorstellen. Vielleicht kann ihm da ja geholfen werden. Er klingt etwas bekümmert. Stell ihn doch mal vor und schau was Fachleute sagen. Vielleicht kann man ja auch trauerbegleitung mit ihm machen.
Liebe Grüße
Hallo,
ihr habt schon viele gute Antworten bekommen.
Mir würde als Anlaufstelle noch die psychologische Beratungsstelle einfallen, wo man (zumindest hier) recht schnell einen Termin bekommt und die schon eine erste Einschätzung abgeben können bzw. an die passenden Stellen verweisen kann.
Wie ist es denn mit den Wutanfällen zuhause? Und hat er sonstige soziale Auffälligkeiten? Wie reagiert er, wenn man mit ihm die Situation im Nachhinein bespricht?
Ansonsten klingt euer Sohn wie ein sehr intelligentes Kind, dass im emotionalen Bereich noch hinterherhinkt. Er braucht dringend Hilfe/ Unterstützung/ Ideen wie er seine Wut anders kanalisieren kann.
Liebe Grüße und alles Gute
Was sagt denn der Kinderarzt?
Über die 116 117 kann man sich einen Termin beim Psychotherapeuten geben lassen. Da hat man zwar noch keinen Therapieplatz, aber vielleicht eine erste Einschätzung.
Ansonsten scheint es ja irgendein Problem zu geben, bei dem euer Sohn Hilfe braucht. Ich möchte dir aber die Angst vor einer (psychischen) Diagnose nehmen. Das ist nichts schlimmes, sondern eine Beschreibung, die dann der Zugang zu einer Behandlung ist. Egal ob ambulant oder stationär, irgendwo muss es zur Behandlung eine Diagnose geben, sonst bezahle die Krankenkasse keinen cent. Viele Krankheiten kann man gut behandeln und dann sind es Krankheiten, die man Mal hatte. Kein lebenslanges Problem. Und auch sowas wie ADHS (was ja oft lebenslang in einer Form ein Thema bleibt) ist eine behandelbare Erkrankung. Eine Diagnose würde euch nicht zu Medikamenten oder so zwingen.
Ich denke, dass der Kiga das nicht ohne Grund vorschlägt... Ich hatte nun 2 Jahre ein Kind in meiner Klasse, dass deiner Erzählung sehr ähnlich ist. Unter seinen aggressiven Wutausbrüchen (belies dich mal zu Meltdowns) litten MitschülerInnen und Lehrkräfte und er selbst am meisten. Es wurde allerhand versucht mit Psychologen, Ergotherapie und letztlich steht jetzt auch Klinik als letzter Weg, wobei wir der Mutter das schon viel länger empfehlen. Ich kann aus meiner Sicht nicht sagen, dass ihrer der bessere Weg war. Es gab sehr, sehr viele unschöne Vorfälle und bei aller Anstrengungen der ErzieherInnen / PädagogInnen, darf man nicht unterschätzen, was es für Auswirkungen auf die anderen Kinder hat.
Ich würde vermutlich "mehrgleisig" fahren - sowohl Kinderarzt, Psychologe ins Boot holen, als auch eine Anmeldung in der Klinik ausfüllen. Es dauert ohnehin alles ewig...
Hallo,
wie läuft der Tag bei euch denn so ab, was macht das Kind von Aufstehen bis zum ins Bett gehen? Wieviel Bewegung, wieviel Medien, was gibt es zu Essen, hat es ausreichend Ruhepausen, ist es körperlich wirklich fit und brütet nicht unterschwellig eine Erkältung oder sowas aus, steht es immer zur gleichen Zeit auf und geht ähnlich ins Bett oder macht ihr am Wochenende Ausnahmen etc.? Hat es Aufgaben, die es tun soll/muss/darf und wieviel darf es selbst entscheiden? Zu viel Auswahl ist auch Überforderung. Alle diese Faktoren können die Gefühlsregulation beeinträchtigen.
Wenn bei euch der Tag immer gleich ist, durchstrukturiert, mit viel Bewegung an der frischen Luft, ohne Medienzeit und ausschließlich gesunder Ernährung, dann würde ich zu einer Beratungsstelle gehen.
Hochsensible Kinder z.B. brauchen, je nach Stärke der Ausprägung, alles immer haargenau zur selben Zeit. Es gibt von allem Abstufungen. Das Kind ist schneller überreizt als das Durchschnittskind und kann sich schlechter regulieren. Es braucht mehr Begleitung das zu lernen.
Bei meinem großen Kind sagte mal eine Erzieherin, sie habe sowas noch nie gesehen... sehr witzig. Ein paar Monate später kam ein anderes Kind in die Gruppe, das war noch extremer... hab mich mit der Mutter ausgetauscht... Sie wollten auch eine zusätzliche Betreuungskraft für das Kind. Es hat sich aber dann plötzlich entwickelt und es wurde besser.
Es kann sein, dass in der Kita sie so ein Kind noch nie hatten, aber das heißt nicht unbedingt, dass dein Kind irgendwo stationär sofort eingewiesen werden muss.
Persönlich würde ich viel Ruhe und Bewegung in den Tag einbauen. Keine Entscheidungsoptionen dem Kind unterbreiten. Wenn ich sowieso zu Hause wäre, würde ich die Betreuungszeit reduzieren. Wenn das Kind es wieder schafft sich zu regulieren, kann man wieder mehr machen.
Wie geht ihr mit dem Kind um, wenn es zu Hause ausrastet? Was hilft euch? Oder ist das nur in der Kita?
Euer Kind ist 5 und kann damit eigentlich mit euch darüber reden. Habt ihr darüber mal geredet? Was sagt das Kind? (Natürlich in einer neutralen Verfassung, nicht direkt in einem Anfall.)
Ach ja und wenn das Kind ein perfektes Brot möchte, darf es das selbst machen. Zwänge würde ich nicht füttern. Das Kind ist deiner Aussage nach feinmotorisch gut entwickelt, dann kann es sein Brot selbst zubereiten. Bei uns führte es dazu, dass diese Dinge plötzlich gar nicht mehr so wichtig waren. Wenn man etwas selbst macht, ist die Sichtweise manchmal eine andere.
Alles Gute.