Umgehen mit zu viel „Gefühl“

Hallo zusammen,

da ich mir schon anhören durfte mein Sohn käme hier deutlich besser weg als meine Tochter, frage ich heute mal wegen ihm:

Er ist sehr mit seinen Gefühlen verbunden: Schlechte Laune, „Schmerzen“, Hunger, Müde, Unwohlsein wurden seit Geburt sehr lebhaft und ausdauernd ausgelebt. Als er sich vor einigen Tagen in einem Freizeitpark den Kopf gestoßen hat, konnte ich ihn z.B. durch den gesamten Park schreien hören, und es standen etliche Leute vor dem Kletterlabyrinth, weil sie dachten dort drinnen wäre etwas wirklich schreckliches passiert. Tatsächlich hatte er sich aber nur den Kopf gestoßen ;-) So als Information welches Ausmaß das ganze hat.

Negative Empfindungen und Angst haben wir nun gut im Griff und unsere Mechanismen gefunden.

Was aktuell sorgt sind die positiven Gefühle wie (positive) Aufregung und Freude (z.B. Freude über Besuch, Freude über ein Spielzeug, Freude über Essen). Es hat nun einiges an Zeit gedauert, bis wir geschnallt haben, dass das, was wir als „durchdrehen“ bezeichnet haben, den Ursprung in positiven Empfindungen hat, die ihm in dem Moment zu viel sind. Hierfür braucht er Strategien.
Im Urlaub haben wir ihn (alleine) rausgeschickt: Ums Haus, vorm Haus hin- und her.. und das hat ihn gut runter gebracht.
Zuhause können wir das nicht tun, weil wir ihn nicht alleine durchs Treppenhaus auf die Straße lassen können. Um mitzukommen, dauert es zu lange und bis dahin ist die Situation schon eskaliert.
Früher ging er auf die Hüpfematte und hat sich da abreagiert. Inzwischen fetzt das nicht mehr.
Kitzeln hilft auch.
Trampolin hilft nicht mehr/spricht er nicht mehr drauf an.

Beim Besuch bei den Großeltern vorhin hat Omi mit ihm Sprachen geübt. Diese ungeteilte Aufmerksamkeit ist aber im Alltag nicht immer möglich.
Er trägt sehr gerne (schwere) Sachen hin und her. Er trägt seine Schwester, die nur 2 kg weniger wiegt durch die gesamte Wohnung.
Und er übernimmt sehr gerne Verantwortung für etwas. (Aufräumen ist aber unbeliebt, wäre aber praktisch, würde er es dabei tun)

Frage 1: Kennt das jemand? :D
Frage 2: Habt ihr Ideen wie man diese eigentlich positiven Gefühle noch kanalisieren kann? Es geht nicht nur um 1-2x täglich, sondern kann tatsächlich auch mal 5-6x täglich auftreten.

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Zielwerfen ?

Also mit unterschiedlich schweren Säckchen ( Reis/ Bohnen / Linsen etc) in eine Kiste/ Karton...den kann man ja immer verkleinern

Medizinball werfen geht ja wahrscheinlich nicht wegen Nachbarn


Wie alt ist dein Sohn?

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Er ist im Sommer 4 geworden.

Beim Werfen habe ich Bauchschmerzen, weil ich mich nicht darauf verlassen wollen würde, dass es genau da landet, wo es soll. Wir könnten höchstens draußen etwas versuchen…

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Hängematte als Sack aufhängen und er kann sich in Bauchlage reinlegen und sich nur mit den Händen am Boden abstoßen? Sofern ihr den Platz habt ..

Er könnte sich auch auf ein Rollbrett setzen und sich nur mit Hilfe von einem Seil was an einem stabilen Ort festgemacht ist hinziehen - dazu braucht man Kraft

Geht auch statt mit Rollbrett mit Teppichmusterstücken auf glattem Boden- das Teppichmusterstück legt man dazu falsch rum, die Gummiseite nach oben dort draufsetzen und sich am Seil bspw zu Wand ziehen

Oder - wenn seine Schwester das mitmacht - sie legt sich in eine feste Decke und er zieht sie durch die Wohnung -- wenn es ein Spiel werden soll, kann die Schwester die Augen schließen und raten wo sie ist...

Cajon Spielen? Falls er Musik mag

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Sport Übungen? Z. B. Purzelbaum über das Bett oder eine Turnmatte?
Was mir auch einfällt... Es gibt doch sowas wie Kinderyoga via Youtube. Vielleichthilft es ihm, wenn er ab und zu mal bei sowas "mitmachen" kann um ruhiger zu werden? Ist nur so eine Idee... Bei Erwachsenen hilft sowas ja durchaus.

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Was passiert denn dann genau? An sich finde ich es ja toll, wenn sich Kinder so richtig mit Hingabe freuen können.

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Na, das ist zu viel. Wenn Kinder irre kichern und weglaufen geht‘s wirklich ab.

Es geht von Sachen unkontrolliert durch die Gegend werfen, Fäkalworte, Beleidigungen, weglaufen,.. :-)

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Fäkalworte und Beleidigungen bei Freude? 😖 Ich kenne hier das Gegenteil, übertriebenes "Mama! Du bist die Beste! ..."
Gegen unkontrolliertes Kichern und Hüpfen hätte ich ja nichts. Werfen ist natürlich Mist.

Vielleicht mag er stattdessen tanzen, die Arme in die Luft werfen und Freudenschreie von sich geben? 🙈

Edit: Meine eine Tochter geht etwas in die Richtung. Sie ist jetzt schon älter, aber die Gefühlsausbrüche sind immer noch vorhanden, wenngleich das nur zuhause stattfindet. In Kindergarten und Schule hat(te) sie sich voll im Griff.

Bearbeitet von LiEmNel4
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Hallo, so ein bisschen erinnert mich das an meinen Sohn 😀 ihm helfen oft Berührungen (auf nachfrage), mit überschäumenden Gefühlen umzugehen. Und Musik, sowohl hören als auch machen (Trommeln, Keyboard).

Spontan dachte ich an diese Therapieschaukeln (quasi ein großes Tuch in dem man schaukeln kann), für die ich ständig Werbung sehe- ich weiß nicht ob das bei euch möglich wäre, aber es scheinen ja sensorische Reize gut bei ihm anzukommen.

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Ja, Berührungen helfen auch sehr gut! Auch festhalten und mit ihm reden, bis er wieder geerdet ist geht. Dafür sind die Kapazitäten aber oft nicht da, wenn jemand mit beiden Kindern alleine ist. Denn das zweite Kind lässt sich durchaus anstecken (logisch) und macht dann weiter. :/

Wir haben tatsächlich noch eine Schaukel, die aber in der neuen Wohnung tatsächlich noch nicht aufgehängt, weil das für uns auch ein potentieller Geschwisterstreit ist und wir auch nicht unbedingt einen super geeigneten Platz haben.

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Hallo,

was ist euer Ziel? Kurzfristig? Langfristig?

Zuerst einmal persönliches über Junior, bis gut viereinhalb war, habe ich ihn in die Manduca gepackt. Natürlich, vorher gefragt und er wollte immer. Fünf bis zehn Minuten Mama getankt, während ich meinen Tagesablauf weiter gemacht habe. Klappte sehr gut.
Langfristig hat ihm der Sport geholfen. Durch Sport hat er unglaublich viel gelernt und ja, auch über Wettkämpfe. Da sind nämlich viele Kinder auf einem Haufen, die durch eine Gefühlswelt durchmüssen. Er selber bemerkt, dass er Judo ergänzend zu seinem Hauptsport machen "muss", um mit sich klar zu kommen. Klar, hat er als er älter war, in seiner Hauptsportart mal einen gigantischen Anschiss bekommen, nach einem derben Gefühlsausbruch, aber da war er schon dreizehn.

Ich persönlich, finde es immer etwas schwierig, Gefühle in etwas anderes zu kanalisieren. Eine Stinkesocke seine gute Laune suchen zu lassen ist okay. Aber Freude mir etwas anderes zu ersetzen, was ich womöglich eigentlich gar nicht mag? Was kopple ich da?
Überlegt euch eine Jubelgeste und verbalisiert seine Gefühle, der Weg dauert sicherlich länger und ist zäher, aber meiner Meinung nach der bessere, als "Geh, mal zum freuen in den Keller"..

Viele Grüße

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Ja, das ist der Zwiespalt in dem ich mich auch befinde: Wir verbieten quasi gute Laune. Aber die Art wie die Freude ausgelebt wird ist drüber, da sie zum einen unhöflich ist, womit wir und die Familie leben könnten, aber zum anderen durchaus gefährlich ist, wenn die Schwester gegen den Türrahmen geschubst wird oder die Duplokisten durch die Gegend fliegen. Solange er nur schreien, hüpfen usw. würde, wäre das für uns OK, aber die Freiheit hört irgendwie da auf, wo die eigentlich positive Energie destruktiv geäußert wird.
Sobald die Laune einen Kipppunkt erreicht hat, ist auch erst einmal kein Durchdringen mehr möglich oder nur in einer längeren 1-zu-1-Situation.

Ich muss gestehen, dass ein mittleres Stimmungsniveau schon nett wäre. Das ist aber nicht zu erreichen und das finde ich auch OK, denn das gehört zu seiner Persönlichkeit. Aber es wäre nett, wenn dabei niemand zu physischen oder psychischen Schafen kommt und die Sachen heile bleiben.

Ob körperliche Auslastung hilft, weiß ich nicht. Wir waren gestern 3 Stunden im Schwimmbad, wovon eine Stunde richtig geschwommen wurde, anschließend kurz auf dem Spielplatz und dennoch ist er bei Oma und Opa wieder verbal ausgeflippt und hat versucht sich mit Gänseblümchenpflücken runter zu bringen. Das hat dann nicht geklappt und er ist aus Eigenantrieb wieder in den Garten. Nach einer Stunde hat es dann geklappt. 🤷‍♀️
Heute morgen ist er runter gekommen, als er Blumen von draußen reintragen durfte. Danach bei einem Suchsel.

Sport hatten wir, haben wir aber aufgehört, weil die Folgegruppe ihm zu wild war. 🤪 Da können wir aber tatsächlich noch einmal in einem anderen Verein schauen. Aber ich glaube echt nicht, dass es an mangelnder körperlicher Auslastung liegt.

Kannst du mir deine Idee mit der Jubelgeste mal erläutern? So richtig kann ich mir darunter nichts vorstellen.

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Hallo,

drei Programmpunkte hätte mein Sohn in dem Alter nicht geschafft. Drei Stunden Schwimmbad mit schwimmen, danach hätte meiner, nur sein Zimmer und Stille gebraucht um alle Eindrücke zu verdauen. Hier galt weniger ist mehr bzw. mir langt der Garten. Junior ist auch jetzt noch vieles zu viel und zieht sich gerne zurück, um sich zu regulieren, auch bei Freude. Je ruhiger ich dann reagiere, umso besser.
Sport und Bewegung hat und hatte er immer, aber der Sport hat ihm geholfen sich mit seinen Gefühlen auseinander zusetzen und umzugehen, diese zu spüren und zu lenken. Anspannung auszuhalten und diese in einem Wettkampf umzusetzen. Jeder Sport hat "Rituale", diese sauber und ordentlich durchzuführen. Okay, es ist scheiße gelaufen, aber es geht weiter. Mit den Trainern zu sprechen zu analysieren und dann kuscheln bei den Eltern, unsere Trainer haben immer Wert darauf gelegt, dass diese bei den Kleinen dabei waren. Die Zusammenarbeit hat es ausgemacht und ja, einmal der Anschiss.

Destruktiv zu handeln, hat nichts mehr mit Freude zu tun. Hier wäre bei mir Schluss mit lustig. Das ist grob unsportlich, um in der Sprache zu bleiben und das würde ich signalisieren.

Eine Jubelgeste, wäre für mich etwas, was ich immer abrufen kann. Ein Strecksprung kombiniert mit Juchzer, ein Chakka mit Siegerfaust, ein kleines Tänzchen im Kreis.

Viele Grüße

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Ich fand das Buch "Wie anstrengende Kinder zu großartigen Erwachsenen werden" (nicht von der unglücklichen Übersetzung des englischen Originaltitels "Raising Your Spirited Child" abschrecken lassen) recht hilfreich. Wichtig finde ich generell Worte und Raum geben. Das sind Fähigkeiten, die das Kind gut gebrauchen kann, um mit den starken Gefühlen umzugehen, auch zu lernen, was passiert da eigentlich mit mir. Alle Ansätze zum "Wegmachen" finde ich eher ungünstig, aber lernen sie zu regulieren finde ich wichtig, auch um im Sozialgefüge zurechtzukommen.

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Danke für den Tipp! Das Buch habe ich eben gekauft :-)

Über den englischen Titel bin ich schon einmal gestolpert und habe ihn ganz schnell verworfen, weil es mich sehr an die Indigo-Kinder erinnert hat. 😂

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Indigo-Kinder musste ich gerade erstmal googlen. Das Buch ist aber überhaupt nicht esoterisch und hat damit wohl nichts zu tun.

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Und wenn ihr kurz mitmacht?

Also alle renne wild im Kreis, Arme in die Luft, meintewegen auch Kaki, Pupsi rufend, alles was hilft dann fängst du die Kinder ein und ihr kämpft erst und knuddelt auf der Couch bis die Luft raus ist, oder auf dem Boden auf einer Matratze.

So ist er eingebunden, alle machen mit, er kann Dampf ablassen und es ist trotzdem eine gemeinsame Erfahrung an der ihr alle noch zusätzlich Spaß habt. Er muss es nicht alleine aushalten.

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Naja, ich will nicht Opa als Kackawurst bezeichnen oder eine wilde Verfolgungsjagd durch einen Supermarkt starten oder wild die Legosteine durch die Gegend werfen. 😅

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Naja, vielleicht erstmal zu Hause? Es ist Übung und es dauert.

Und ob es jetzt unangenehmer ist im Supermarkt, mit den Kinder mal Blödsinn zu machen oder er brüllt selber und reißt evt. noch Sachen aus den Regalen, ich würde lieber ersteres wählen. :D

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Darüber mal mit dem Kinderarzt gesprochen? Hört sich für mich so an, als wäre Hilfe vo außerhalb gut; evtl. von Fachmann/- frau.

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Klingt wie mein großer Sohn
Allerdings ohne die Fäkalsprache
Manchmal gab es bei uns Rückenmassage auferlegt
Dabei kam er runter
Er ist viel durch den Flur gerannt und hat die Hände wie ein Kolibri geschüttelt

Ich denke die Bewegung hilft das Adrenalin runter zu bekommen
Vielleicht ein boxsack
Ein großer Sitzsack zum reinspringen