5Jähriger ist super anstrengend - was kann ich nur machen

Hallo,

ich muss mich hier mal auskotzen über meinen großen Sohn. Er ist 5 und schon seit er etwa 4 ist mega anstrengend. Jetzt seit einiger Zeit ist es immer schlimmer geworden. Wir haben schon von der großen Kita in einen kleinen Kinderladen gewechselt in der Hoffnung, dass es dann besser wird. Aber das scheint nichts so zu sein. Wir machen mit ihm grad Diagnostik und es ist sehr wahrscheinlich, dass er Asberger Autismus hat.

Er
- kommt in Gruppen mit anderen Kindern nicht lange klar und benimmt sich regelmäßig total daneben inklusive kleinere Kinder schubsen etc.
- besteht darauf, bestimmte Sachen immer in der gleichen Reihenfolge zu machen (zB Abendroutine)
- redet ununterbrochen und ist wahnsinnig laut
- beschäftigt sich intensiv mit wissenschaftlichen Themen und Rechenwegen für die er eigentlich noch zu jung ist
- redet sehr förmlich und versteht vieles wortwörtlich was zu echt nervigen Diskussionen führt
- hat kaum Impulskontrolle
- ist wahnsinnig ungeschickt und schmeisst ständig irgnedwas um, isst wie ein 2Jähriger und tut sich selbst ständig ausvershen weh indem er irgendwo gegenrennt oder so - dann schreit er sehr laut
- kann keine Sekunde still sitzen, wenn ihn etwas nicht interessiert
- schmeißt völlig aus heiterem Himmel Sachen rum
- will am liebsten nur pinke uns rosane Sachen anziehen, obwohl er als Junge manchmal deshalb gehänselt wird
- hat keinen Freudneskreis und auch nur sehr wenige Freunde, weil ihm der Kontakt schwer fällt und er von vielen Kindern inzwischen auch nicht mehr gemocht wird wegen seines Verhaltens

Die Liste könnte noch sehr viel länger sein. Manche Sachen davon sind einfach so dermaßen anstrengend, dass ich oft einfach nicht mehr weiter weiß. An anderen Tagen ist er wieder total freundlich und umsichtig. Ich verstehe es nicht.

Kennt das jemand und hat Tipps, um damit umzugehen? Ich wäre auch für Therapieansätze dankbar. Leider gibt es ja kaum Plätze für Ergotherapie oder in Therapiegruppen. Er macht seit ein paar Monaten einen Schwimmkurs, das gefällt ihm gut. Einschulung haben wir auf nächstes Jahr verschoben.

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Ich glaube ihr habt es schon viel entspannter, wenn ihr einiger der
"nervigen " annehmen, und einiges auch mal als Stärke betrachtet.
Und einen Teil nehmt ihr und schaut ob und was er in der Situation braucht , bietet ihm ggf Strategien an.

Bsp
Annehmen:
-besteht darauf, bestimmte Sachen immer in der gleichen Reihenfolge zu machen (zB Abendroutine)
=Routinen erlernen und einhalten kann nicht jeder, würde aber so manchem wirklich nützlich sein.

- (solange ihn das nicht stört)
hat keinen Freudneskreis und auch nur sehr wenige Freunde, weil ihm der Kontakt schwer fällt und er von vielen Kindern inzwischen auch nicht mehr gemocht wird wegen seines Verhaltens
= manchmal zählt Qualität und nicht Quantität, die Freude die er hat scheinen ihn ja zu mögen.

- ist wahnsinnig ungeschickt und schmeisst ständig irgnedwas um, isst wie ein 2Jähriger und tut sich selbst ständig ausvershen weh indem er irgendwo gegenrennt oder so - dann schreit er sehr laut
= dafür gibt es viele Gründe, Unachtsamkeit, der Fokus schon woanders, motorischen Ungleichgewicht ( durchaus mal Wachstumsschub bedingt usw) - meist gibt sich das- einfach weiter beobachten

Stärke:
- redet sehr förmlich und versteht vieles wortwörtlich was zu echt nervigen Diskussionen führt
=Dann kann man mit ihm Wortspiele machen, seine eigene Wortwahl wird einem vor die Augen geführt, dass ist gut, denn gesprochene Worte haben Macht.

- will am liebsten nur pinke uns rosane Sachen anziehen, obwohl er als Junge manchmal deshalb gehänselt wird
= tolles Selbstbewusstsein, er weiß was er will und orientiert sich nicht an den Vorlieben anderer

Strategie
- kommt in Gruppen mit anderen Kindern nicht lange klar und benimmt sich regelmäßig total daneben inklusive kleinere Kinder schubsen etc.

- schmeißt völlig aus heiterem Himmel Sachen rum

( wenn es ihn stört)
- hat keinen Freudneskreis und auch nur sehr wenige Freunde, weil ihm der Kontakt schwer fällt und er von vielen Kindern inzwischen auch nicht mehr gemocht wird wegen seines Verhaltens

Auf diese Weise minimieren sich Baustellen und du erkennst, dass manche Ding die " nerven" eigentlich seine Stärken sind.

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Was genau sind denn die Sachen, die bei ihm auf asperger hindeuten? Und wenn er in der Diagnostik ist, solltet ihr da doch auch Tipps bekommen

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Naja das sind sehr viele Dinge, grob gesagt zB genau wie in dem Artikel steht

- Sich schwer tun mit sozialer Interaktion
- Motorische Auffälligkeiten (wie z. B. etwas unbeholfene Feinmotorik oder ständiges Stolpern)
- Stark ritualisierte Verhaltensmuster

Dazu kommt seine sehr erwachsene und förmliche Sprache mit auffallend großem.Wortschatz, seine intensiven Interessen für wissenschaftliche Themen, seine teilweise fehlende Empathie, er hat diese Ticks wie immer an denselben Stellen der Hauswand mit der Hand langzustreichen und läuft auch nochmal zurück, wenn er nicht "getroffen" hat ... Bis er 3 war, war alles völlig unauffällig.

Tipps haben wir bisher keine bekommen, nur die Verdachtsdiagnose

Bearbeitet von liat6
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Eines meiner Kinder ist gerade auch in der Diagnostik für Autismus. Das Kind ist jedoch schon auf der weiterführenden Schule.

Viele Punkte kommen mir bekannt vor, andere scheinen bei euch etwas stärker aufzutreten. Ich würde jedoch versuchen, die Eigenheiten anzunehmen und nicht zu denken, er will euch damit ärgern.

"redet sehr förmlich und versteht vieles wortwörtlich was zu echt nervigen Diskussionen führt"
Wenn er alles wortwörtlich versteht, dann versucht einfach klarer in der Sprache zu werden oder im Nachhinein zu erklären, dass das eine Redewendung war, die man anders versteht. Ihr müsst einfach viel mehr auf der Metaebene erklären.
Sowas wie: die Menschen sagen das, meinen aber etwas anderes. Einfach Sachen erklären, die für euch selbstverständlich sind. Selbst auch drüber reflektieren, warum man etwas sagt und das es vielleicht nicht korrekt ist.

"besteht darauf, bestimmte Sachen immer in der gleichen Reihenfolge zu machen (zB Abendroutine)"
Schafft feste Strukturen. Er braucht diese Strukturen, sie geben ihm Sicherheit. Ja klar, ist das nervig, dass man immer alles gleich machen soll, aber das erleichtert euch den Tag ungemein.

"will am liebsten nur pinke uns rosane Sachen anziehen, obwohl er als Junge manchmal deshalb gehänselt wird"
Dann lass ihn die Sachen anziehen. Mein Sohn hatte auch mal eine pinke Hose, die im Internet anders aussah. Wir haben sie behalten und es war einer seiner Lieblingshosen.
Aber auch da würde ich mich hinterfragen, warum stört es mich so, wenn mein Sohn rosa/pink trägt. Ihm scheint es nichts auszumachen eine Jungs-unübliche Farbe zu trage. Ich wette auch drauf, dass das Kind, dass ihn deswegen ärgert, sowieso nicht zu seinen Freunden gehört.
Also ich würde ihn pinkt/rosa tragen lassen. Für ihn ist die Kleidung wichtig und es gibt ihm Halt.

"beschäftigt sich intensiv mit wissenschaftlichen Themen und Rechenwegen für die er eigentlich noch zu jung ist"
Das würde ich auf jeden Fall fördern. Wir haben hier auch mit 6 Jahren über Kernkraft usw. gesprochen. Ich habe alles mögliche an Bücher aus der Bibliothek für ihn zum jeweiligen Thema vorbei gebracht.
Was bei uns in dem Alter gut lief, sind die Elektrobaukästen von Kosmos, Turing Tumble, Lego Boost. Auch wenn das Alter nicht passt, nicht beirren lassen. Es muss für das Kind passen. Ich habe damals in der Phase so viel gelernt über Fahrzeuge und Technik durch Gespräche und Vorlesen.
Allgemein waren auch Kapla und Lego sehr beliebt.

"Wir haben schon von der großen Kita in einen kleinen Kinderladen gewechselt in der Hoffnung, dass es dann besser wird."
Das ist schade, dass es auch in der kleineren KiTa nicht passt. Wir hatten hier das Glück, dass die Kita die Eigenarten unseres Kindes gut akzeptiert haben, so dass er seine Spezialsachen machen durfte. Er hat dann halt 3 Stunden irgendwas tolles gebaut mit Bausteinen und war glücklich.
Vielleicht hilft es auch, wenn ihr der Kita erklärt, was euer Sohn braucht. Da er sich gern mit bestimmten Dingen beschäftigt und es kein Versagen der Erzieher ist, wenn er nicht auf die Angebote eingeht, die für die meisten Kinder toll sind.

"hat keinen Freundeskreis und auch nur sehr wenige Freunde, weil ihm der Kontakt schwer fällt und er von vielen Kindern inzwischen auch nicht mehr gemocht wird wegen seines Verhaltens"
Stört ihn das? Falls nicht, akzeptieren, dass er weniger Freunde oder gar keine benötigt. Vielleicht hat er noch nicht das passende Kind getroffen. Mein Sohn hat sich z.B. mit einem Kind ein Jahr jünger aus einer anderen Gruppe angefreundet. Der andere Junge war auch totaler Wissenschaftsnerd, das hat einfach gepasst. In der Schule lief es ähnlich. Wenn das richtige Kind kommt, dann passt es. Verabredungen braucht er jedoch allgemein deutlich weniger als meine anderen Kinder und muss sich oft nach der Schule erholen. Zwischendorf hat er jedoch schon Treffen mit anderen Kindern abgelehnt, weil er einfach Ruhe brauchte. Das fand ich anfangs schwierig zu akzeptieren.

- schmeißt völlig aus heiterem Himmel Sachen rum
Vielleicht war es da schon zu viel. Er hat sich so lang zusammen gerissen bis es aus ihm ausgebrochen ist. Bei uns gibt es Ausbrüche bei Veränderungen und/oder wenn zu viel auf einmal zusammen kommt. Bspw. blöde Hausaufgaben und dann noch ein Arzttermin in 2 Tagen. Zu wenig Schlaf und/oder Hunger führt schneller zu Ausbrüchen. Oder eine Freizeitveranstaltung mit vielen Sozialkontakten. Nach solchen Veranstaltungen viel Ruhezeit einbauen.

Vielleicht kannst du schauen, dass du dich selbst zum Thema Autismus einlesen. Und/oder einen Gesprächskreis in der Stadt finden, wo du andere Eltern triffst. Der Austausch hilft ungemein und man bekommt Verständnis für die Situation und lernt eine gewisse Akzeptanz.

Bearbeitet von JenniferNRW