Hallo und Guten Morgen nach Deutschland!
Nachdem ich ja in den letzten Wochen die Geburtsberichte immer verschlungen habe, stelle ich hier dann doch mal unseren Bericht vom 29.06.2009 ein (eigentlicher ET war der 11.07.)...
Achtung, lang!! Lesen auf eigene Gefahr!
Ich lebe seit fast zwei Jahren in Südostasien und ich war immer der Meinung, dass man ja schwanger und nicht krank ist, wenn man ein Kind bekommt. Ich wollte bis drei Wochen vor ET arbeiten, aber alles kam etwas anders: Ich hatte eine sehr schwierige Schwangerschaft, die alles andere als geplant lief. Blutungen in der 6.SSW, Verdacht auf Tris 18 in der 15. SSW, FWU in der 17. SSW, Kotzerei bis zur 21. SSW, Frühgeburtsbestrebungen mit Trichterbildung seit der 27.SSW - absolute Bettruhe, Tokolyse; Wachsstumsstillstand in der 30. SSW, SS-Diabetes seit der 30. SSW, Lungenreifespritze in der 31./32. SSW...
mit viel Glück, Geduld und Bettruhe habe ich es in die 37. SSW geschafft, da war der MuMu dann schon 3 cm auf und ich habe die Wehenhemmer abgesetzt
Bei der wöchentlichen Kontrolluntersuchung am 27.06. wurde dann auch noch eine beginnende Gestose festgestellt und da der Kleine nicht gewachsen war, haben wir dann zusammen mit der Ärztin Dr Chia beschlossen, dass wir am Montag (also 29.06.2009)einleiten. Und dabei wollte ich doch eine ganz natürliche Geburt! Ich hatte mich schon damit abgefunden, dass es hier (fast) keine Wassergeburt gibt, und dass ich meinen eigenen Gymnastikball mitbringe - aber Einleitung? Auch das noch. Na gut. Und wie lange wird das dauern? Man hört und liest ja immer Horrorstories, dass es zig Anläufe braucht und dann doch im KS endet... Dr Chia sagte dann nur: nee, da machen wir gar nicht lange rum. Da mein MuMu ja schon geburtsreif ist, leiten wir direkt mit Wehentropf ein, ich soll gleich morgens im sieben auf die Entbindungsstation und am Nachmittag ist er dann da... Er liegt allerdings in Sternguckerposition, es kann also sein, dass er mit Saugglocke geholt wird. Ah ja. DAS also auch noch.
Nach einer extrem schlafarmen Nacht sind wir um kurz nach sieben im Krankenhaus angekommen, wo uns die malayische Hebamme Aminah in Empfang nahm und mich gleich in die schicken Flügelhemdchen steckte - ich wollte doch aber meine eigenen Klamotten anhaben? Und rumlaufen? Nee, Flügelhemdchen ist bequemer (stimmt ja auch) und ich habe dann eben eins von vorne und eins von hinten angezogen und schon war ich "bedeckt". Kurz vor acht wurde die Nadel in die Hand gelegt (autsch) und der Wehentropf angeschlossen, der im weiteren Verlauf alle zwanzig Minuten bis halbe Stunde höher gedreht wurde.
Da ich ja wie gesagt rumlaufen und meine Wehen veratmen und den Ball nutzen wollte, kam das stationäre CTG für mich nicht in Frage. Nach langem Hin und Her hat dann das mittlerweile dritte W-LAN CTG getan und ich habe verkabelt meinen Infusionsständer durch die Station geschoben. Wehen hatte ich da zwar schon, aber so absolute Mini-Wehen, die ich nicht gemerkt habe. Hätte sie das CTG nicht aufgezeichnet, ich hätte sie nicht bemerkt. Ich war extrem entspannt und locker, wir scherzten mit der Hebamme rum und mein Mann Andreas hat noch gedöst, während ich auf dem Ball sitzend gelesen habe (war nicht so einfach, da dann das CTG-Teil immer den Kontakt verloren hat und keine Herztöne mehr aufgezeichnet hat...)
Um viertel nach neun kam dann meine Ärztin und hat die Fruchtblase geöffnet - absolut schmerzfrei, ich habe NICHTS davon gemerkt. Und da hat sich dann herausgestellt, dass wir keinen Tag zu früh eingeleitet haben: das Fruchtwasser war bereits grün, der Kleine hatte also schon Stress… Da sie gerade "in der Gegend" war, hat Dr Chia dann den MuMu gleich noch auf 5 cm geweitet. War erträglich. Dadurch, dass das FW grün war, wussten wir, dass es insgesamt schnell gehen soll, damit der Kleine nicht zu lange in der Brühe rumschwimmt.
Der Wehentropf wurde also höher gestellt, und zwar innerhalb von 20 Minuten auf vollen Anschlag. Am Anfang war das alles noch ziemlich witzig, ich habe noch dumme Sprüche gerissen und den mitgebrachten Hüpfball wenigstens ansatzweise genutzt. Ich hatte keinen Einlauf, obwohl ich den eigentlich wollte, da ich morgens noch auf der Toilette gewesen war und die Hebamme meinte, das sei dann nicht nötig.
So gegen 10.20 hatte ich dann den dringenden Drang auf die Toilette zu gehen und entleerte mich - Einlauf war also wirklich nicht mehr notwendig. Und dann kamen die absoluten Hammerwehen.
Zwischen 10.30 und 11.00 wurden die Wehen so schlimm und kamen vor allem so schnell hintereinander, dass ich völlig weggetreten war - ich habe es kaum noch aus dem Bad ins Bett geschafft. Ich erinnere mich nicht mehr an die eigentlichen Schmerzen, ich weiß nur noch, dass da nur Schmerz war. Ich habe die Menschen um mich rum nicht mehr richtig wahrgenommen. Aminah versuchte mir Gas zu geben, so wie ich es im Geburtsplan vermerkt hatte, aber ich wollte nur noch eine PDA. JETZT. SOFORT. Ich habe nur noch gestöhnt, geschrien, ins Kissen gebissen und einzelne Worte von mir gegeben.
Wie abgesprochen hat Andreas mich noch mal gefragt, ob ich wirklich sicher bin, dass ich eine PDA will. Und ob!! Also wurde die Anästhesistin Dr Yap gerufen. Die Hebamme checkte derweil den MuMu - 7 cm. Und ich dachte nur: ich halte das nicht aus, bis der ganz auf ist.
Meine Unterschrift unter dem PDA-Formular dürfte nur entfernte Ähnlichkeit mit meiner eigentlichen Unterschrift haben... Andreas musste auch unterschreiben, da ich "keine medizinischen Entscheidungen in eigener Sache" mehr treffen konnte.
Jedenfalls kam dann die Anästhesistin und sie wurde in den nächsten 10 Minuten zu einem meiner ewigen Lieblingsmenschen… ich hatte vorher so Schiss vor dem Schlauch im Rücken und dass ich dann wirklich wie ein Käfer auf dem Rücken gebären müsste, dass ich keine Presswehen spüren würde und alles nur passiv über mich ergehen lassen müsste... ABER: Dank Dr Yap hatte ich eine absolut Weltklasse-PDA, keine Schmerzen mehr, konnte aber meine Beine bewegen und bekam auch keinen Katheder (die Hebamme hat nur kurz vor den Presswehen mittels eines Einmalkatheders die Blase geleert). Ich hatte Kraft in den Beinen und hätte auch rumlaufen können, wenn ich das gewollt hätte. Die PDA wurde von unten dosiert, d.h. sie wurde langsam gesteigert bis ich zwar schmerzfrei war aber noch volle Muskelkontrolle hatte.
Naja, den Rest der Zeit verbrachten wir wartend/ scherzend, nur zwischendrin bekam ich mal etwas Sauerstoff, da die Herztöne vom Kleinen ein bisschen runtergegangen waren, aber wir waren wieder echt extrem entspannt – ernsthaft, das hatte Kaffeeklatsch-Charakter. Zwischendrin kam dann sogar noch eine KH-Mitarbeiterin und fragte, was wir zum Lunch zu essen haben wollen. Hä? Essen? Ich meinte dann nur: mein Baby! (Tatsächlich waren wir später kaum auf Station als jemand mit zwei Tabletts ankam...)
Gegen zwei, bei vollständig geöffnetem MuMu, sagte Aminah dann, ich solle mal "probeweise" pressen, ob der Kopf schon tief genug sei. Und dann Andreas: oh, da ist ja schon der Kopf! Und er hat blondrote Haare!!
Um Viertel nach zwei kam dann Dr Chia wieder. Sie stieg in ihre weißen Gummistiefel, band sich die weiße Schlachterschürze um und zog dann noch einen Kittel drüber. Außer ihr waren - glaube ich - drei Hebammen/ Schwestern im Zimmer, da alle dachten, ich könnte wegen der PDA vielleicht nicht pressen.
Ha, denkste! Ich hatte keine Schmerzen, merkte aber die Wehen und konnte mitpressen. Die Ärztin und vor ihr eine Hebamme haben den Kopf noch im Geburtskanal gedreht, da unser Mupfel meinte, als Sterngucker kommen zu wollen (letztendlich kam er dann aber doch mit dem Hinterkopf zuerst). Dr Chia und die Hebammen im Raum gaben mir dann – wenigstens unisono! – Kommandos und die Schwestern drückten mir auf den Bauch, damit Mupfel rauskam. Das Pressen hat insgesamt ca. 20 Minuten gedauert. Ich hatte keine Schmerzen, habe aber die Wehen gemerkt und konnte aktiv mitarbeiten. Andreas stand an meiner rechten Seite und hat alles ganz genau gesehen - und dabei dachte er selbst immer, er könnte das nicht und hatte Angst, zusammen zu klappen...
Als der Kopf durch war, wurde er gleich abgesaugt, da er das grüne Fruchtwasser nicht in die Lunge kriegen sollte. Dann kamen die Schultern und der Rest vom Kerle, der mir dann sofort auf den Bauch gelegt wurde. Andreas und ich haben beide erst mal geheult. Ich war total überrascht und konnte es nicht glauben, dass er endlich da war... Das war um 14.40 Uhr.
Das Abnabeln hat Andreas übernommen. Ich hab das genauso wenig mitgekriegt wie die Geburt der Plazenta (aber wir haben sie gesehen) und das Nähen (ich war gerissen und habe ein paar Stiche bekommen). Und das Baby lag auf meinem Bauch und wir haben uns alle drei erst einmal in die Augen geschaut und geknutscht...
Der Süße war übrigens keineswegs übertragen, er war noch voller Käseschmiere. Er wurde dann gemessen und gewogen, seine Fußabdrücke wurden genommen und da er ein bisschen wenig geschrien hat, bekam er dann etwas Sauerstoff über die Maske. Ich wurde in der Zwischenzeit gewaschen und frisch eingekleidet und Dr Chia verabschiedete sich, nachdem sie das Gewicht noch gehört hatte (sie wollte wissen, wie sie mit ihrer Schätzung von 2800 gr lag)
So gegen fünf/ halb sechs sind wir dann zu dritt auf die Wöchenerinnenstation umgezogen (wir haben ein Familienzimmer) und gewöhnen uns aneinander. Die Kinderärztin kam am Abend noch und hat Sohnemann untersucht, alles gut. Stillen klappte so einigermaßen, noch im Kreißsaal hatte ich ihn zum ersten Mal angelegt.
In der ersten Nacht war er für zwei Stunden im Babyzimmer, da er ein bisschen kalt war. Am Dienstag hatte er dann seinen Hörtest (alles super, hören kann er, nur gehorchen muss er noch lernen) und die erste Impfung (Hepatitis). Gestern wurde er gegen Tuberkulose geimpft und heute wurde Blut für Stoffwechseltests entnommen.
Heute ist er also schon drei Tage alt... der Hammer. Das Stillen ist ein bisschen problematisch, aber heute habe ich Milcheinschuss und ich hoffe, dass wir es dann bald hinkriegen. Ist halt eine Lernsache.
Heute abend werden wir das KH verlassen und uns zu Hause einleben...
Wer bis jetzt durchgehalten hat: alle Achtung!
Ich muss ehrlich gestehen: bei allen Problemen in der Schwangerschaft, eine solche Geburt hätte ich gerne jederzeit wieder. Ich habe keine Probleme damit, dass ich eine Einleitung und eine PDA hatte, denn alle meine Befürchtungen (das geht tagelang, endet mit Glocke und/oder KS, ich kann nicht laufen, bin hilflos allen ausgeliefert) haben sich nicht bestätigt.
Und das Wichtigste: unser Sohn ist gesund und munter da! Ich muss schon wieder heulen...
Hier noch die Daten:
Clemens Niu Benedict
geboren am 29.06.2009 im Mount Elizabeth Hospital Singapur, mit einem Startgewicht von 2670 gr (da lag Dr Chia doch ganz gut?!) und einer Gesamtlänge von 47 cm (KU 33 cm).
Liebe Grüße
Singa mit Clemens
Horrorschwangerschaft mit Traumgeburt im Ausland
Ganz vielen Dank für diesen wunderbaren Bericht.
Ich mußte zwar heulen, aber Du hast mir Mut gemacht !
Alles Liebe für Euch
Zinnober
So ein toller Bericht!
Wünsche Euch alles Gute und viel Spaß beim kennenlernen!
Wunschi
schöner bericht aber warum wurde er schon so früh geimpft????
lg kleinemaus mit lenny *13.2.09*
Hi Singa,
herzlichen Glückwunsch zu eurem Sohnemann.
Da sieht man mal wieder das eine Einleitung gar nicht so schlimm ist..
Hatte auch eine Einleitung nach vorzeitigem Blasensprung..und würde sie so wie sie war jederzeit wieder machen lassen. (Erst Wehencoktail, dann Akupunktur, dann Einlauf, dann Wehentropf)
...Und es war eine Traumgeburt.
LG Diana + Johanna 6 Wochen
Hallo Singa,
oh in Singapur muss es ja schön sein zu entbinden! Das Krankenhaus war bestimmt super ausgestattet. Um das W-LAN CTG beneide ich dich echt. Hatte auch eine Einleitung mit Wehentropf und musste die ganze Zeit wegen des CTGs still liegen (war aber trotzallem bei mir auch eine traumhafte Geburt).
Frag mich nur, ob die ganzen Probleme, die während der Schwangerschaft aufgetreten sind, hier in Deutschland überhaupt entdeckt worden wären?
Gruß Maisa
Hei
Ein toller geburtsbericht - Danke und Herzlichen Glueckwunsch!!
Musste doch schon ganz schoen lachen als ich gelesen hab das du dein baby zum lunch haben wolltest aber gott sei dank habt ihr doch noch was anderes zu beissen bekommen
LG
Herzlichen Glückwunsch zum kleinen Sohnemann. Nach der schweren Schwangerschaft hast du dir aber eine schöne Geburt auch wirklich verdient!
Ich habe auch im Mount Elizabeth entbunden und würde es immer wieder machen! Toller Service und nette Ärzte! Es war wirklich traumhaft!
Alles Gute für euch 3 und genießt die erste Zeit zu dritt - sie ist so besonders!
LG, Mei
Hallo Singa,
auch hier nochmal Glueckwunsch zum Sohnemann
Da haben wir uns wohl wirklich knapp verpasst ... Als Du gegangen bist, haben sie mich eingeliefert.
W-Lan CTG ... das die sowas haben, wusste ich gar nicht und wurde mir auch nicht gesagt. So musste ich diesmal wieder mit den Guerteln ueberm Bauch im Bett ausharren.
Naja, habs ja trotzdem geschafft und ich glaub, so schmerzUNempfindlich wie Du bin ich lange nicht
Bin auch am dritten Tag entlassen worden (gestern). Das Essen ist einfach nicht gut genug
LG, C.