Ich habe eine Weile überlegt wie man so einen Bericht am besten beginnt. Eine gute Idee ist mir nicht eingefallen, also fange ich ganz stumpf in der 36. Woche an. Es war eine der heißen Wochen dieses Jahr. Ich vertrug die Hitze nicht sehr gut und lag auf der Couch, als meine Tochter wach wurde und nach mir rief. Beim laufen vertrat ich mich scheinbar und hatte plötzlich starke Leistenschmerzen. Es ging so weit, dass ich keinen Schritt mehr machen konnte und mich mein Mann ins Krankenhaus fuhr. Dort angekommen sollte ich erstmal ans CTG. Dieses fiel ganz schlecht aus. Die Herztöne meiner Kleinen waren bei 200, auch nach einer dreiviertel Stunde wollte sie sich nicht beruhigen. Ich wurde stationär aufgenommen und bekam ein chirurgisches Konsil ohne Befund wegen der Schmerzen. Die Herztöne wurden im Laufe der Tage wieder besser, blieben aber leicht erhöht. Für die Ärzte aber kein Grund mich dazubehalten. Mit den Leistenschmerzen musste ich nun leben.
Bei 37+0 hatte ich dann den Termin zur Geburtsplanung. Da ich Diabetikerin bin wollte ich mich unbedingt schon mal dort vorstellen. Wieder wurde CTG geschrieben und wieder waren ihre Herztöne zu hoch, dazu wurde sie bereits auf 3900g geschätzt. Es war ein Schreck für mich, ich hatte auf einmal große Angst vor der Geburt. Die Oberärztin, die schallte, wollte mich dann dort behalten um die Kleine zu beobachten und ggf. einzuleiten. Sie machte sich Sorgen, wie sie in einem späteren Gespräch dann sagte.
Also hieß es wieder Krankenhaus. Ich hatte es satt und wollte, dass die Kleine endlich auf die Welt kommt. Der Einleitungsbeginn wurde dann für 38+0 angesetzt, bis dahin 3x tgl. CTG und Kraft tanken. In den 7 Tagen habe ich wundervolle Paare kennengelernt, eine Einleitung halb begleitet, bin mit einer Frau schnaubend über den Flur gelaufen und habe oft gratulieren dürfen. Es machte das Warten erträglicher.
Dann kam auch unser Stichtag endlich. Morgens um 8 Uhr sollte ich im Kreißsaal vorbei schauen. Es wurde nochmal ein CTG geschrieben, wieder erhöhte Herztöne. Dann gab es die Aufklärung und im Anschluss die erste Tablette. Es war meine zweite Einleitung, also wusste ich in etwa was zu tun war. Viel Bewegung! Mein Mann kam auch schon früh in die Klinik und so ging das Laufen los. Die Wehen kamen keine halbe Stunde und ich freute mich sehr, dass es schon so gut losging. Treppen rauf, Treppen runter, Treppen rauf, Treppen runter und nach 4 Stunden kamen wir wieder beim Kreißsaal an. Die nächste Tablette und wieder CTG. Wehen waren gut zu sehen und ich spürte sie auch deutlich. Sie waren noch auszuhalten, also nahm ich gerne die nächste Pille entgegen. Wieder 4 Stunden laufen. Durch das viele liegen die Woche zuvor, war ich schneller müde, als mir lieb war. Die Wehen hatten inzwischen einen geringen Abstand und ich musste schon leicht veratmen. Mein Mann telefonierte mit seinem Trauzeugen, der unsere Kleine gemeinsam mit meiner Schwiegermutter betreute. Der Arme hörte mich wohl tönen und wurde schon panisch. Dabei war das doch erst der Anfang.
Gegen 17 Uhr kamen wir wieder beim Kreißsaal an. Es waren ordentlich Wehen zu sehen. Leider waren sie noch zu kurz, also bekam ich noch eine 3. Tablette. Nun wurde es immer schlimmer. Ich hatte starke Schmerzen, konnte zeitweise nicht laufen und war sehr müde. Gegen 22 Uhr kamen wir fürs nächste CTG bei den Hebammen an. Sie waren immer noch zu kurz. Da wurde ich dann das erste mal untersucht. MuMu fingerdurchlässig und GbmH noch sehr lang. Die ganzen Wehen waren für die Katz. Ich bat darum in die Wanne zu dürfen; das half schon bei der Geburt meiner ersten Tochter ganz gut. In der Wanne dann das ernüchternde Ergebnis. Die Wehen waren weg! Wir warteten noch eine Weile, aber sie kamen nicht wieder. Die diensthabende Hebamme wollte die Einleitung abbrechen. Ich war so enttäuscht und frustriert, deshalb bat ich sie darum noch die 4. Tablette zu geben. Ein großer Fehler, wie sich im Laufe der Nacht noch herausstellen sollte. Nach langem hin- und her überlegen gab sie meinem Bitten nach, sprach sich mit einem Arzt ab und gab mir die 4. Tablette. Nach dem CTG schreiben war es dann in etwa 2 Uhr morgens und mein Mann fuhr Heim, um noch ein wenig Schlaf zu bekommen.
Ich ging wieder auf mein Zimmer und wartete auf Wehen. Gegen 3 Uhr kamen sie dann, im Rücken und von 0 auf 100 mit unglaublicher Stärke. Ich krallte mich bis morgens um 6 am Bett fest und veratmete. Sie blieben gleich, wurden nicht stärker und die Nachtschwester wusste Bescheid, sah auch ab und zu nach mir.
Um 8 Uhr sollte ich wieder beim Kreißsaal sein. Da ich aber nicht mehr liegen konnte tapste ich ins Bad um mich schon mal fertig zu machen. Da dann der nächste Schreck. Ich hatte Blutungen… ohne groß nachzudenken rief ich meinen Mann schnell an und bestellte ihn zu mir. Dann ging ich so schnell ich konnte zum Kreißsaal. Unglaublich wie schnell man werden kann, trotz starken Wehen. Dort platzte ich natürlich mitten in die Übergabe der Hebammen. Sie blieben gelassen und hingen mich erstmal wieder ans CTG. Im Nachhinein erfuhr ich dann, dass Blutungen auftreten können, wenn sich der Muttermund beginnt zu öffnen. Ich wusste das nicht und hatte große Angst um meine Tochter. Als ich dann ihr Herzchen schlagen hörte und sah, fiel mir ein riesen Stein vom Herzen. Mein Mann kam dann auch recht schnell zu mir.
Ich berichtete der Hebamme dann, dass ich die Nacht über starke Wehen hatte und sie untersuchte mich dann nochmal. Der Befund war aber immer noch unverändert. Es war zum heulen!
Sie gab uns dann pflanzliche Tabletten mit, die ich lutschen sollte, wenn eine Wehe vorbei war. Ich glaubte nicht an so ein Zeug, also ging ich ziemlich frustriert wieder aufs Zimmer zurück. Dort ging das gewehe weiter. Vielleicht war es meine pessimistische Einstellung, aber es schien noch furchtbarer zu sein.
Nach einer Stunde hielt ich es nicht mehr aus und so gingen wir wieder zum Kreißsaal zurück. Die freundliche Hebamme, Swantje hieß sie übrigens, sah uns schon und kam uns entgegen. Ich fühlte mich hundeelend und bat um Schmerzmittel. Es war mir mittlerweile egal ob die Wehen blieben oder nicht. Ich wollte nur eine Verschnaufpause haben.
Um zu entscheiden welches Mittel passend für mich wäre musste sie aber nochmal untersuchen. Ich rechnete wieder mit einem unveränderten Befund, wurde aber positiv überrascht. Wir waren bei 3 – 4 cm. Ich durfte nun wählen zwischen einem Tropf und einer PDA. Ich entschied mich für den Tropf.
Wir wechselten also endlich in ein Kreißzimmer. Es war das Selbe, in dem ich bereits meine erste Tochter zur Welt brachte. Als das Mittel dann endlich wirkte, konnte ich sogar die Augen etwas zu machen und durchatmen.
Keine 5 Minuten, nachdem die Schmerzen nachließen, platzte mir dann die Fruchtblase. Ein merkwürdiges Gefühl. Ich war grummelig, da die Wehen sofort wieder stärker wurden und die Pause rum war. Swantje kam dann breit grinsend wieder und untersuchte nochmal. 8cm! Keine 5 Minuten später hatte ich schon Presswehen. Mir war das Tempo nicht geheuer, also fragte ich erstmal, ob ich auch wirklich schon pressen dürfe. Sie sagte: „Wenn der Drang da ist, lass deine Tochter raus.“ Puh, endlich ging es los.
Die Pressphase war dann noch einmal eine Herausforderung, meine Süße wollte nämlich nicht so schnell auf die Welt, wie wir es dann hofften. Naja, sie hatte es ja schon die Tage vorher gezeigt. Kurze Zeit später kam dann noch ein Arzt dazu und wir unterhielten uns während der Wehen. Swantje und der Arzt fanden das wohl recht amüsant, dass ich während dem pressen noch fluchen konnte.
Gefühlte 20 Presswehen später war dann endlich der Kopf da. Auf einmal wurde es sehr hektisch. Swantje packte meine Tochter am Kopf und sagte ich soll pressen, Wehe hin oder her. Ich tat was sie sagte und drückte, sie zog an der Kleinen und holte sie auf die Welt. Sie war dunkelblau, hatte die Nabelschnur einmal um den Hals und schrie nicht. Im Arztbrief stand, dass sie schlapp war und animiert werden musste zu schreien. Beide pusteten ihr ins Gesicht, sprachen mit ihr. Ich war so erschöpft, dass ich es kaum richtig mitbekam. Dann fing sie nach paar Minuten an zu quängeln. Sicherheitshalber wurde aber noch ein Kinderarzt gerufen, der sie sich noch einmal anschaute.
Währenddessen wurde ich dann versorgt. Die Plazenta hing fest und kam einfach nicht. Es stand der Verdacht im Raum, dass sich meine Gebärmutter umgeklappt hatte. Was das bedeuten könnte wusste ich nicht, aber es kam sehr schnell noch ein Arzt, der mir über den Bauch schallte. Es blieb zum Glück nur bei dem Verdacht. Die Plazenta wollte aber immer noch nicht. Es kam noch eine zweite Hebamme dazu, beide drückten auf meinem Bauch rum und zogen an der Nabelschnur. Es tat so weh, auch weil ich starke Nachwehen bekam. Selbst die musste ich veratmen. Als die Plazenta dann doch endlich geboren war, hatte ich schon viel Blut verloren. Im Mutterpass stehen 800ml, im Vergleich zu den 250ml bei der ersten Geburt, schon eine ganze Menge mehr.
Aber endlich durften wir kuscheln. Es wurde wieder ruhiger und mein Mann und ich durften unser zweites Kind richtig begrüßen. Ein wunderschönes, immer noch meckerndes, Mädchen.
Kurz darauf wurde mir aber schwindlich. Ich hörte nichts mehr und kam nur noch mit Müh und Not an die Klingel. Sofort war Swantje wieder da und hing mich an einen Beutel Kochsalz. Der Arzt kam auch wieder und fragte mich dauernd ob ich ihn hören könne. Ich konnte es, aber es war wie durch eine Dose. Mir war sowas noch nie passiert.
Ich schätze es vergingen ungefähr 15 Minuten, bis ich wieder voll da war und nahm meine Tochter wieder in den Arm. Währenddessen ging mein Mann telefonieren. Im Kreißsaal war ein Funkloch, also musste er etwas weiter laufen. Als er dann wieder kam, sagte er, dass er nach Hause müsse um seine Mutter abzuholen. Sie wolle das Kind sehen und würde dann gleich kommen. Mich machte es wütend, da er ja bei der Geburt dabei war und sich doch denken konnte, dass ich erstmal meine Ruhe möchte. Hielt ihn aber nicht davon ab loszufahren.
Nach einer Weile wurden die Kurze und ich dann auf die Wochenstation verlegt. Dort wollte ich erstmal ins Bad, damit ich nicht ganz so schlimm aussehe, wenn sie dann hier auftauchen würden. Mit Hilfe einer Schwester dort ging ich dann hin (da hätte ich aber sonst was machen können, eingefallene Augen und kreidebleich wie ich war). … und kippte um. Ich sagte ihr noch, dass es dunkel wird und das Nächste, woran ich mich erinnern konnte, war auf dem Zimmerboden zu liegen und an die Decke zu starren. Ausgerechnet dann klopfte es an der Tür. Die Schwester rief noch zu, dass niemand reinkommen sollte, da stand mein Mann auch schon im Zimmer und kniete über mir. Beide hoben mich dann ins Bett zurück und ich bekam ein absolutes Verbot alleine aufzustehen. Selbstverständlich hielt es den unerwünschten Besuch nicht davon ab reinzuplatzen und das Baby zu begutachten. Ich war so müde, dass ich alles über mich ergehen ließ und auf Durchzug stellte.
Als sie endlich alle weg waren, konnten wir schlafen.
Die erste gemeinsame Nacht verlief sehr unruhig und meine Tochter unterzuckerte ständig. Morgens, als ihr Blutzucker wieder zu tief war, kam dann eine Kinderärztin und nahm sie mit auf die Neugeborenenintensiv. Ich kannte es schon von meiner ersten Tochter, war aber trotzdem am Boden zerstört. Wieder keine normale Krankenhauszeit! Mittags erfuhr ich dann noch, dass sie eine Infektion hatte und mindestens 5 Tage dort bleiben musste. Ich fragte die Kinderärztin was ich denn falsche mache, da es schon das zweite Mal passiert war. Sie konnte es auch nicht sagen und bezeichnete es als Pech. Das tröstet nicht unbedingt…
Durch meinen starken Blutverlust blieb ich noch 5 Tage dort. Bekam die Anweisung weiter Eisen zu nehmen und mich zu schonen. Da meine 23- Monate alte Tochter ja noch Zuhause war, entschied ich mich aber dafür nach Hause zu fahren und 1-mal am Tag zur Kleinen zu fahren. 2-mal fuhren wir noch ins Krankenhaus und dann kam der Tag, an dem wir sie endlich Heim holen durften. Ein wundervoller Tag, trotz Regen.
Inzwischen ist die Geburt beinah 6 Wochen her. Ich nehme immer noch Eisentabletten und sehe zeitweise aus wie ein Geist. Die Geburt und die Zeit drum herum sind mir gut in Erinnerung geblieben und ich kämpfe manchmal mit mir. Es fällt mir schwer es als schön zu bezeichnen, so glücklich ich auch über mein zweites Kind bin. Ich hoffe, dass es mir beim Überwinden hilft, wenn ich mir so viel wie möglich von der Seele schreibe.
Aber nun das Wichtigste:
Johanna, geboren am 14.08.2014 um 11:47Uhr. 58cm, 3850g und ein Kopfumfang von 36cm. Ein großes Mädchen, das bis gestern noch in Klamöttchen Gr. 56 passte.
Damit hatte ich dann eine schöne und eine schlimme Einleitung. Ob diese Erfahrungen reichen und wir bei zwei Kindern bleiben, weiß ich noch nicht. Dafür ist aber auch noch ein wenig Zeit. Ich hoffe, dass ich Müttern, die eventuell davor stehen eingeleitet zu werden, nicht zu viel Angst gemacht habe.
Liebe Grüße
Johannas schwerer Start ins Leben
Hu hu erstmal herzlichen Glückwunsch zu Geburt. Darf ich dich mal was fragen du hast ja ne menge Blut verloren und man sag ja immer ab ner gewissen Menge wird es kritisch wäre da ne Transfusion nicht sinvoller gewesen den wie du ja schreibst geht es dir ja noch nicht super ich frag deshalb da ich bei meinem KS 450ml verloren hatte und sie gemeint haben wenn es en bissel mehr gewesen wäre dann hätte man mit Eisentabletten nix machen können sondern zur Transfusion greifen müssen . Ganz viel Glück für euch ....
Huhu,
eine Transfusion war bei mir nie ein Thema gewesen. Als ich las wie viel es am Ende war, habe ich auch darüber nachgedacht, aber da war ich schon entlassen.
Mir wurde von den behandelnden Ärzten gesagt, dass ich die Tabletten weiter nehmen soll und der Eisenwert bei der Nachsorge nochmal kontrolliert werden muss. Damit war das Thema für sie aber auch abgeschlossen.
LG
Ich würde eher deinen Fall (also das Krankenhaus) als "eigenartig" bezeichnen. Bei einer Blutspende (na klar, die man als Schwangere nicht machen darf, aber nur so zum Vergleich) "verliert" man um die 500 ml (wenigstens 350 ml). Da passiert ja (im Normalfall) auch nicht viel. Da mit einer Transfusion zu "drohen", finde ich richtig übertrieben...
Ich habe NACH meinem KS unbemerkt in den Bauchraum geblutet. Wieviel es war, weiß aber keiner. Mein HB lag bei 3,8 (4,0 ist Transfusionsgrenze). Aufgrund meines aber noch "zu guten" Allgemeinzustands verzichtete man aber darauf (ist ja auch immer ein Risiko). Der leitende Oberarzt meinte jedoch, Eisentabletten helfen nicht viel.
Er "verschrieb" mir einen blutbildenden Cocktail (Rotwein, Traubenzucker, rohes Ei). Das half tatsächlich!
Herzlichen Glückwunsch
Schade, dass der Start so chaotisch war für euch. Wünsche euch alles Gute für die Zukunft.
Über deine Schwiegermutter (und in dem Zusammenhang auch leider deinen Mann der es zugelassen hat) kann ich echt nur mit dem Kopf schütteln. Unmöglich...ich weiß schon, warum ich meine aus meinem Leben gestrichen habe und ich über jeden einzelnen der 600km froh bin den sie entfernt wohnt, aber das ist ein anderes Thema...
Alles Gute!!
Marie 40+3
So weit bin ich mitlerweile auch schon. Mehr als das Nötigste ist nicht mehr drin. Leider sind es bei uns nur um die 200km Entfernung, aber besser als nichts.
Eine schöne Geburt dir.