Schnelle & selbstbestimmte Geburt - zum Mut machen (lang)

Hallo ihr Lieben,

kurz vor der Geburt meiner Tochter habe ich immer mal wieder hier bewusst nach positiven Berichten gestöbert, die mir auch immer viel Mut gemacht haben. Denn obwohl ich keine große Angst vor der Entbindung hatte, ein wenig mulmig war mir schon. Und nun kann ich hoffentlich mit meinem Bericht auch einigen von Euch Mut machen. :-)

Wir schreiben also den 15. Oktober 2014. Mein errechneter Termin ist seit einer Woche verstrichen und sowohl ich als auch mein Umfeld werden langsam ungeduldig. Mich nervt der Bauch, mich nerven die ewigen Fragen, ob sich denn schon was tut und außerdem bin ich neugierig auf mein Baby.

An diesem Mittwoch aber bin ich vor allem faul, träge und lustlos. Ich habe keine Lust etwas zu unternehmen und verbringe den Tag auf der Couch - was sich später noch als gut herausstellt, denn die Nacht wird anstrengend werden.

Abends fahren meine Partnerin und ich noch mit unserem Hund, einer Freundin und deren Hund in den Wald. Es muss so gegen sieben sein, die Runde ist fast zu Ende, als ich spüre, dass es irgendwie feucht aus mir heraus rinnt. Ich will keine Panik machen, erwähne es aber mal. Noch scheint höchstens irgendwo ein kleines Loch in der Fruchtblase zu sein, aber dass Fruchtwasser austritt, da bin ich mir sicher.

Zu Hause angekommen, essen wir noch was, ich gehe duschen, packe meine restlichen Sachen und der Hund wird zu meinen Eltern verfrachtet. Ich bin gar nicht nervös, obwohl ich mir sicher bin, dass es jetzt bald los geht. Komisch, ich hatte gedacht, ich verfalle in Hektik. Aber so ist es natürlich auch gut.

Gegen 20 Uhr kommen wir im Kreißsaal an, wo erstmal ein CTG geschrieben wird. Ich habe Wehen, behauptet das Ding. Und ich frage mich, ob ich möglicherweise das Glück habe, eine besondere Genmutation zu besitzen und Wehen ohne Schmerzen zu haben. Denn ich spüre gar nichts.

Der Arzt macht noch einen Test, ob es Fruchtwasser ist. So ganz eindeutig fällt der nicht aus, aber ich soll einfach mal da bleiben. Meine Frau kann nach Hause, denn alle sind sich sicher, das dauert noch.

Um 23 Uhr liege ich also im Bett. Ich bin gerade drin und will es mir so richtig gemütlich machen, da sitze ich plötzlich in einem kleinen See. Die Fruchtblase ist geplatzt und ich komme in den Kreißsaal.

Und ab da geht dann alles ziemlich schnell. Inzwischen war Schichtwechsel und ich freue mich, weil die nette Hebamme da ist, die ich schon von einem anderen Besuch im Krankenhaus kenne. Sie hatte mir da schon gesagt, dass sie in dieser Nacht arbeiten würde und ich weiß noch, dass ich gedacht habe, bei ihr würde ich gerne entbinden.

Sie untersucht mich also (Muttermund ist bei 2 cm) und ich darf es mir gemütlich machen. Gemütlich? Gemütlich ist gut. Denn erst spüre ich ein leichtes ziehen, was aber relativ schnell stärker wird und bald kann ich nicht mehr leugnen, dass es ein echter Schmerz ist. Ich finde keine wirkliche Position, liegen geht gar nicht, stehen auch nicht. Am Ende veratme ich meine ersten richtigen Wehen halb hockend auf einem Stuhl. Irgendwie schaffe ich es sogar alleine zur Toilette, aber es ist schon alles sehr unangenehm. Die Wehen sind zwar noch auszuhalten, aber die Abstände sind so kurz, dass ich mich nicht erholen kann.

Die Hebamme schlägt ein Bad vor, also ziehen wir um in einen anderen Kreißsaal. In der Wanne ist es herrlich. Die Wehen sind zwar stärker und ich muss tönend veratmen, aber in den Pausen geht es mir so gut, dass wir ganz entspannt plaudern können.

Irgendwann aber muss ich erstmal raus aus der Wanne. Ich werde untersucht und siehe da: der Muttermund ist bei 5 cm. Es wird Zeit, meine Frau anzurufen. Und das wird es wirklich, denn jetzt legen die Wehen zu. Ich kreise auf einen Pezziball vor mich hin, die Hebamme stützt meinen Rücken, mein Oberkörper liegt auf dem Kreißbett und wenn die Wehen kommen, schreie ich laut dagegen an. Ich hatte befürchtet, das könnte peinlich sein, aber es ist mir gerade ganz egal. Der Schrei hilft seltsamerweise gegen den Schmerz.

Da die Wehen immer noch sehr schnell kommen, kann ich meiner Frau nur ein "du musst kommen" durchs Telefon zu stöhnen und außerdem stimme ich dieses Mal zu, dass ich ein Schmerzmittel möchte. Mir wurde immer wieder etwas angeboten, aber tatsächlich waren die Wehen auszuhalten. Jetzt aber bekomme ich eine Spritze von der ich ehrlich gesagt nicht sagen kann, ob sie großartig gewirkt hat.

Denn als ca. 30 Minuten später meine Frau eintrifft, bin ich schon jenseits von Gut und Böse. Ich wehe und schreie und die Umwelt nehme ich kaum wahr. Irgendwie schaffen es meine Frau und die Hebamme mich auf das Bett zu bekommen. Der Muttermund ist schon bei acht cm und kurz darauf kann ich nur noch ein: "Ich muss pressen!" hervor bringen.

Im Vierfüßlerstand presse ich, was das Zeug hält, aber die Wehen sind leider nicht mehr stark genug. Ich bekomme einen Wehentropf und werde angeleitet, wie ich mit schieben soll.

Die Presswehen sind verdammt anstrengend, wenn auch nicht mehr so schmerzhaft. Allerdings versucht die Hebamme immer wieder mit den Fingern meinen Damm zu dehnen und das tut mal richtig weh.

Meine Maus kommt nicht richtig voran, daher dauern die Presswehen so lange. Ich bin müde, liege inzwischen in einer ziemlich schiefen Seitenlage, aber ein Umbetten ist unmöglich. Ich kann mich nicht mehr groß bewegen. Außerdem habe ich das Gefühl, es geht alles gar nicht voran. Halbe Stunde Austreibungsphase hieß es doch im Kurs. Die habe ich ja wohl längst überschritten.

Ich frage immer wieder nach, ob es wirklich voran geht, bezichtige die arme Hebamme zwischendurch, sie würde mich anlügen und das Baby käme gar nicht und entschuldige mich immer mal wieder bei den Anwesenden, dass es so lange dauert und es bestimmt langweilig für sie ist.

Von meiner Frau erfahre ich später, dass sie und die Hebamme einige Male ziemlich grinsen mussten wegen meines Gequatsches. Aber beide sind toll. Meine Frau hält meine Hand und ist einfach nur da. Die Hebamme motiviert mich, lobt mich, macht mir Mut und wird im richtigen Augenblick streng als sie sagt: "Jetzt diskutier nicht, sondern schieb mit."

Nach einiger Zeit schlägt sie einen Dammschnitt vor, den ich mit "Nein! Nein! Nein! " abwenden kann, denn vor dem Schnitt habe ich tatsächlich Angst. Der inzwischen hinzu gerufene Arzt, der relativ teilnahmslos daneben sitzt, sagt zum Glück auch nur irgendwas wie: " Das passt schon."

Tja, und den Schnitt hätten sie wohl auch gar nicht mehr geschafft. Denn plötzlich reißt das Gewebe (man merkt davon nichts) und mit einer Presswehe ist das ganze Kind da. Ich war so überrascht, dass die ersten Worte, die mein Kind von mir hörte, waren: " Wo kommt die denn auf einmal her?" :-)

Um 4:37 Uhr, ca. fünf Stunden nach meinen ersten spürbaren Wehen, war meine Tochter Helena plötzlich auf der Welt.

Es dauerte noch fast eine Stunde, bis die Plazenta kam (kam mir aber vor wie 15 Minuten) und das Nähen (Dammriss 2. Grades) fand ich echt fies. Nach der Geburt ist dann noch mein Kreislauf ziemlich abgesackt, weil ich kaum Zeit hatte, etwas zu trinken. Das hat aber vor allem mein Umfeld besorgt, ist selbst habe davon kaum was mit bekommen. Und drei Tage später bin ich trotzdem quietschfidel nach Hause gekommen.

Ihr Lieben, die bis hierher gekommen seid: Erst mal danke fürs Lesen.

Ich hoffe, der Bericht hat rüber gebracht, was ich wollte. Die Geburt ist schmerzhaft und sie ist anstrengend. Aber sie muss nicht schrecklich oder schlimm sein. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Angst oder ein Gefühl von Kontrollverlust. Ich wurde super betreut, durfte selbst entscheiden und wurde zu nichts gedrängt. So konnte ich die Geburt sogar ohne großartigen Schmerzmittel-Einsatz bewältigen. Wobei ich euch auch da rate: hört auf euren Körper. Wenn ihr etwas gegen die Schmerzen braucht, dann verlangt es auch.

Ich wünsche allen eine schöne Geburt und natürlich eine wunderbare Zeit als Familie!

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Herzlichen Glückwunsch zu eurer Helena!!!!
Ich wünsche euch eine schöne gemeinsame Zeiz

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Ein toller Bericht, danke dafür #verliebt und meinen Glückwunsch zur kleinen Maus ^^

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Vielen Dank für diesen toll geschriebenen Bericht :)

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Ein wirklich gut geschriebener Bericht! Alles Liebe euch dreien ????

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Ein schöner Bericht.
herzlichen Glückwunsch zur kleinen Helena...es ist der schönste name:) unsere Helena is nun schon 1 3\4 ...geniesst die Zeit...

wie gross ist sie denn überhaupt und Gewicht?

lg

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Ja, der Name ist sooo schön. Bekommen auch viele Komplimente dafür.

52 cm und 3110 g hatte unser Sonnenschein bei der Geburt. :-)