Romy Sarah - unsere 4. Hausgeburt - diesmal allein

07.Januar 2015: Ich war grummelig, genervt und lebte in der festen Überzeugung, das Grüffelchen würde sich wohl wie Nr.3 17 Monate zuvor noch wochenlang Zeit lassen. Dementsprechend überflüssig fand ich sämtliche Übungs-, Senk- oder Wasauchimmerfür- Wehen die mir den Schlaf raubten.

René hatte noch Urlaub und wir brachten morgens die Jungs in den Kiga und fuhren dann los um noch Räucherwerk und sonstige Seelenstreichler zu kaufen und ein bisschen herumzubummeln.

Nachmittags war ich wie so oft am kramen und wühlen und putzen. Der erste Tag nach den Ferien hatte die Jungs im Kiga ziemlich angestrengt, zumal sie dort den halben Tag mit Schlitten und Poporutscher den Hang rauf und runter unterwegs gewesen waren.

So kehrte Abends recht bald Ruhe ein. Ronja schlief auch schon früh ein und so fand ich mich am frühen Abend strickend auf der Couch wieder. Wir schauten dann noch Herr der Ri*nge auf DVD weil ich wieder Wehen hatte und eh nicht hätte schlafen können. Um Mitternacht gingen wir dann doch ins Bett. René bekam noch eine veratmungswürdige Wehe mit bevor er einschlief und ich versank im Dämmerschlaf. Gegen 3 Uhr stillte ich Ronja, half Robin dabei, seinen Kram wie jede Nacht vom Spielzimmer ins Familienbett zu schleppen, ging nochmal zur Toilette und legte mich wieder hin. Wehen hatte ich da grad mal keine.

4.19Uhr: Ein Knall! Was war denn das? Blasensprung? Ich liege ganz still, lausche in mich rein. Hab ich Wehen? Nix. Ich schiebe mich Richtung Fußende aus dem Bett, stehe auf und spüre wie alles nass wird. Fruchtwasser! Viiiiel davon!

Leise schleiche ich ums Bett, lege René die Hand auf die Schulter. Flüstere:"Schatz? Schahaatz? Schaaaatz!!" Er schaut mich verdattert an. "Meine Fruchtblase ist geplatzt. Mir läuft in Strömen das Wasser die Beine runter, ich geh mal runter, ok?"
Ich geh nach unten, lege mich trocken, fummle die Kontaktlinsen rein, zünde Kerzen an. Zwischendurch kommen die Wehen. Ich schaue nicht auf die Uhr, denn im Grunde ist es ja eh egal welche Abstände sie haben. Für mein Gefühl kommen sie sehr häufig und sind schon recht lang. Außerdem fordern sie meine volle Aufmerksamkeit und kommen mir extrem wirkungsvoll vor. Ich kann die Wehen ganz anders annehmen als bei der letzten Geburt. Kann jede Wehe freudig aufnehmen, begrüßen, mit ihr, statt gegen sie arbeiten. Ich versuche, ganz bewusst locker zu lassen.

Ein paar Leute warten auf Nachricht wenn es losgeht. Ich brauche deren gute Gedanken für mich, verschicke das Foto der brennenden Geburtskerze. Im Verlauf sehe ich später, dass es da genau 5Uhr war.

Zu René sage ich, dass ich froh bin, dass mich der Geburtsbeginn dieses mal nicht so überrennt und ich Zeit habe, in der Situation anzukommen. Im Kopf dauert die Geburt noch ein paar Stunden.

Die Wehen nehmen an Intensität zu. Renés Hände auf meinem Rücken tun nun unglaublich gut und helfen mir durch die Wehen. Bis dahin war ich damit gut alleine klargekommen. René hatte Feuer gemacht, die Zentralheizung aktiviert, Tee gekocht... Irgendwie war ganz klar, er macht seine Arbeit, ich mache meine.

Um halb sechs schlägt das Babyphon an. Ronja ist wach. Und die Jungs dementsprechend auch. Ich kann René gehen lassen, schaffe es auch alleine durch die Wehen, die ich nun auf "Aaaaah" vertönen muss und in denen ich mich winde und das Becken kreisen lasse.

René kommt mit Ronja runter. Fragt, ob die Jungs auch runter kommen können. Ich hab nicht viel Zeit zwischen den Wehen. Sage ihm, er soll ihnen genau erklären was los ist und für sie da sein. Sie sind gut vorbereitet.
Da sind sie, die Spatzen - klauen mir hoch erfreut meinen Pezziball auf dem ich mich abgestützt hatte, trommeln und bringen mich zwischen den Wehen zum lachen. Dann kommt wieder eine - und die hat es in sich. Ich kriege sie kaum in den Griff, aus "Aaaaah" wird "Auuuaaaa"
Auch René spürt die Veränderung. Legt seine Hände wieder auf meinen Rücken. Dann steht er auf um sich um die Kids zu kümmern, da kommt schon die Nächste, noch heftiger - und am Ende der Wehe habe ich das Gefühl, ich müsste pressen? Kann nicht sein! Zu schnell!
René schaut mich an und sagt: "Für mich klingt das nach Übergangsphase, was meinst du?"

Verdammt, der Mann hat recht. Kennt mich besser als ich mich selbst. "Du kannst D. anrufen" sage ich - in dem Wissen, dass sie in einer dreiviertel Stunde sowieso zu spät kommen wird.
6.00Uhr. René hat D. am Telefon. Ich bin auf dem Weg zur Toilette, auch mal kurz alleine sein, außerdem drückts so - und tasten will ich auch mal. Ich schaue nochmal aus dem Klo sage René, er soll mal meine Mama anrufen und fragen, ob sie ein bisschen nach den Kids schauen mag.Tür zu - eine Wehe baut sich auf - ich fühle hin - merke dass ich den Pressdrang unterschätzt habe - der Kopf kommt! Ich gehe vor dem Klo in die Hocke, die Hose noch an und die ist blöde im Weg. Ich geleite das Köpfchen hinaus welches ein ziemliches Tempo vorlegt. Spüre vorne mit dem Daumen der rechten Hand die Stirn, Nase - Sternguckerle, - reisse mit der linken Hand die Türe auf:"Schatz! Ich brauch mal Hilfe"

Da rutscht auch schon das ganze Kind heraus und auf den Boden. Das Köpfchen konnte ich abfangen, aber mit diesem Tempo hatte ich einfach nicht gerechnet. René steht 3 Meter weiter in der Küche, sieht das Kind kommen, wirft das Telefon ins Eck und springt herbei um mir beim entwirren von Kind, Hose und Nabelschnur zu helfen. Auch die anderen Kinder stehen im Flur und sehen mit offenen Mündern zu! Ich nehme das rosa Menschlein in den Arm, reibe ihm den Rücken, höre einen quäkenden Schrei und lache und weine gleichzeitig vor Freude.

"Ein Mädchen!" stelle ich fest, während ich vollkommen überwältigt in unserem Klo stehe und nochmal gefühlte Liter Fruchtwasser verliere bis alles unter Wasser steht. René will ein Handtuch holen - und ich vermute, in diesem Moment muss er geflogen sein, denn plötzlich ist DAS rote Handtuch da. Seit Wochen durfte dieses Handtuch mit ins Bett, sollte weichgekuschelt sein und nach Mama riechen und das erste Handtuch für das Grüffelchen sein. Und ich hatte es nach dem Blasensprung garnicht mit runter genommen. Aber nun ist es da.

Ich wickle unser jüngstes Töchterlein hinein. Bleibe einfach stehen, weil ich es für denn besten Indikator für meinen Kreislauf halte. Als ob es einen Schalter umlegt wird aus dem fließenden Fruchtwasser plötzlich Blut. "Ist das normal?" fragt René. Ich lasse ihn die Nabelschnur fühlen. Das pulsieren ist so gut wie verschwunden. "Das muss die Lösungsblutung sein. Wenn du mir ein Handtuch zum drauf laufen bringst, ziehen wir mal auf die Unterlagen im Wohnzimmer um."

Da Knie ich dann, schaue mein Töchterlein an, zähle Finger und Zehen und fühle den Gaumen. Schaue wie sich der Brustkorb hebt und senkt. Immer im Hinterkopf, dass die Geburt noch nicht fertig ist. "Du hast noch zu tun bevor du dich ausruhen darfst!" sage ich zu mir.

Es blutet. Unsere Romy dockt das erste mal an. Und ich reibe etwas meinen Bauch um eine Nachwehe zu provozieren die auch prompt kommt. Ich spüre einen leichten Druck, drücke nur ganz leicht und schon gleitet die Plazenta heraus. Sofort wird die Blutung weniger.

Wir bauen ein wenig um, ich setze mich anders, schaue mir die Plazenta an. Für mich sieht alles vollständig aus. Ich lege sie in eine Schüssel, dann sitzen wir da, stillen und warten auf D. die wie aufs Stichwort eintrifft.

Sie kommt herein, lacht wie immer fröhlich - hatte sich das alles eh schon gedacht. Der Anruf um 6:05Uhr, das Baby sei schon da, hatte sie nicht überrascht.

Ich bitte sie, als erstes die Plazenta durchzusehen.Alles ist gut.

Die Kinder sind ganz aufgeregt. Robin erklärt Raphael, dass das alles ist wie im Buch, also ganz normal. Raphael ist die Situation etwas unheimlich. Er lässt sich von Papa kuscheln und halten. Ronja ist einfach nur neugierig, will "Eiei" machen und alles ganz genau sehen. Sie war so schnell damit, über die Unterlagen zu flitzen, dass sie ganz rote Füße hat.

Auch an mir ist alles bestens. Das weiß ich aber auch so. Eine winzige Schürfung an der Schamlippe die ich beim pinkeln nicht mal merke.

D. teilt meine Einschätzung, dass es schon ziemlich viel Blut war. Die Unterlagen sind voll, sie sieht sich auch die Handtücher aus dem Klo noch an. Es läuft auch noch reichlich. Sie möchte gerne, dass ich mal aufstehen und zur Toilette gehe. Gut, dass sie mich begleitet, denn kaum angekommen rasselt mir leider der Kreislauf in den Keller, die Ohren rauschen, alles wird dunkel - ich hör sie nur ganz fern und spüre, wie sie mir einen kalten Waschlappen ins Gesicht drückt. Ich sitze schon auf dem Klo, es kommt nochmal reichlich Blut und Koagel - Pipi auch. Es wird immer leiser. Sie zieht mich hoch, ich kämpfe mit der Dämmerung in meinem Kopf, schaffe es bis ins Wohnzimmer auf eigenen Beinen, hinlegen, Beine hoch, tief atmen - dann wird die Welt langsam wieder lauter und farbiger. Ich lache. Jetzt gehts mir besser. Auch die schier unerträglichen Nachwehen bis dato werden sofort viel milder. Das hat wohl noch raus müssen.

Wir lassen uns viel Zeit. Reden, messen zwischendurch mal, wiegen. René und die Jungs halten zu dritt die Schere und schneiden nach fast 3 Stunden die Nabelschnur durch.

Romy Sarah
3990 Gramm
53cm

35cm Ku

Ich bin wahnsinnig glücklich mit dieser Geburt. Für mich hat das alles wunderbar gepasst so. Ich konnte alles tun und lassen wie mir eben danach war. Keiner hat irgendwann irgendwo was tasten wollen, alles lief rein instinktiv wie ich es mir gewünscht hatte.

Diese Geburt war der wunderbare Abschluss einer komplikationslosen harmonischen Schwangerschaft. Dafür bin ich dankbar und voller Demut vor der Kraft, die diese Geburt hatte und die ich nun in mir spüren kann.

Ich schick das jetzt mal so ab, auf die Gefahr hin, dass mein Tab mir evtl. wieder Worte in den Mund gelegt hat, die ich garnicht schreiben wollte.

1

Oh, mein Gott ist das schön. Ich sitze hier gerade unter Freudentränen.....einfach rührend.

Ich bin auch mit dem vierten Schwanger in der 35 SSW und eigentlich wünsche ich mir auch ne Hausgeburt. Wir lassen es auf uns zukommen.
Euch nen tollen Start.

2

Dankeschön! Ich wünsche dir eine wunderschöne Hausgeburt. #verliebt

3

Herzlichen Glückwunsch! Toller Bericht! Schöne Namen! Beginnt dein Vorname auch mit R?
Lg

5

#winke Nein, ich bin die Einzige, die nicht mit R beginnt.

4

Liebe magic,
wie wunderbar von Dir zu lesen. Es war so still um Dich in den letzten Wochen.
Herzlichen Glückwunsch zum kleinen Grüffelchen. So ein wunderschöner Bericht! Das klingt nach einer absolut traumhaften, selbstbestimmte Geburt :) Alles alles Liebe für die erste Zeit!!!

Würmchen14, die auch schon ganz gespannt ist, wann es endlich losgeht (ET +5)

6

Wunderschöne, ganz bewusste Geburt die jedem Leser viel Hoffnung macht! Herzlichen Glückwunsch!!!

7

Herzlichen Glückwunsch zur Geburt!
Habe vor kurzem ein Video bei YouTube gesehen. Ganz nebenbei; kann es sein, dass ihr die Geburt aufgenommen habt?

9

Nein, leider nicht. Wir haben leider auch nicht so viele Bilder gemacht wie ich ursprünglich wollte. Ich hab in vielerlei Hinsicht einen klaren Kopf bewahrt, auf das Kind und mich geachtet - da hab ich garnicht mehr dann gedacht.

8

Wow, ab dem Zeitpunkt, an dem deine Kids mit offenen Mündern dastanden, kullerten mir die Tränen. So einen wunderschönen geburtsbericht hab ich bis jetzt noch nicht gelesen. Ich wünsche euch von Herzen alles Gute und eine schöne Kuschelzeit!

Lg

10

Was für ein toller Geburtsbericht! #freu

Liest sich seeehr gut! Toll, wie ihr das alles gemeistert habt, alle zusammen, jeder mit seinen Aufgaben. Ich kann richtig gut mitfühlen. *Tränchen in den Augen hab*

Meine Hebamme meinte gestern, dass ich nach so einer Entbindung im KH (hier macht keine mehr Hausgeburten und auch Geburtshaus keine mehr, meine ersten zwei durften noch im GH kommen) durchaus auch alleine entbinden könnte.

Ich wünsch euch alles Liebe und Gute und wundervolle Babyflitterwochen! #verliebt

LG erdbeerchen und die 2 Räuber (5 Jahre+5Mon. & 6 Jahre+5Mon.) und Prinzessin (43 Tage)