Nach nun fast 3 Jahren möchte auch ich meinen Geburtsbericht hier einstellen. Schließlich laß ich unzählige andere.
Am 15. Juli 2012 sollte unser L. voraussichtlich das Licht dieser Welt erblicken und unser Leben völlig auf den Kopf stellen.
Es verging Monat um Monat einer tollen komplikationslosen Schwangerschaft und es wurde Juli. Ein aufregender Monat. Zu Beginn des Monats hatte ich noch keinerlei Anzeichen einer bald beginnenden Geburt. Keine Wehentätigkeit, geschlossener fester Muttermund, Baby noch nicht im Becken angekommen. Auf Empfehlung trank ich 3 Wochen vor dem 15. Juli Himbeerblättertee. Mehr um das Gefühl zu haben irgendetwas Sinnvolles zu tun, als um die Geburt anzustupsen.
Am 04. Juli verlor ich dann von dem so oft gelesenen und auch im Geburtsvorbereitungskurs gehörten Schleimpfropf. Jetzt kann es entweder ganz schnell losgehen, aber auch noch weitere Wochen dauern. Na toll. Aber immerhin, es tut sich was. Baby befindet sich weiterhin nicht fest im Becken. Bauch bleibt, wo er ist, mein Baby liegt mir direkt unter der Brust.
Ich werde von Tag zu Tag aufgeregter. Bin gespannt, wie sich die Geburt ankündigt und wie die Geburt selbst wird.
Im Laufe der Schwangerschaft entschieden wir uns für eine ambulante Entbindung. Ein stationärer Aufenthalt, wenn auch nur für 3 Tage, kam für mich nicht in Frage. Der Papi sollte von Anfang seinen Jungen bei sich haben. Alles Notwendige dafür konnte ich erfolgreich im Voraus klären. Kinderarzt, HNO-Arzt, Nachsorgehebamme.
Jetzt fehlte nur noch unser kleiner Junge.
Am 10. Juli war ein merkwürdiger Tag. Ich kam zu nichts. War getrieben. Musste mehr denn je zur Toilette. Auch das ein Weiteres Zeichen einer bevorstehenden Entbindung. Aber wirklich daran geglaubt, dass es in den nächsten Stunden losgeht, habe ich nicht. Am Abend gingen wir wie gewohnt, nichts ahnend zu Bett. Während der angehende Papa schon so langsam einschlummert, mache ich mir abermals Gedanken, wie es wohl sein wird. Geht die Fruchtblase zu Hause kaputt? Wann und Wie? Was dann? Gleich in die Klinik? Noch warten? Eventuell ausschlafen? Fragen über Fragen und dann 22:30 Uhr spüre ich und glaube auch es gehört zu haben, wie meine Fruchtblase platzt. Im Bett, einfach so. Unser Baby möchte sich also auf den Weg machen. Endlich! Oh Schreck und nun? Erste Frage an den Papa: „Hast du das gehört??“ „Mir ist gerade die Fruchtblase geplatzt!!“ Gelassene Reaktion von Seiten des Papas. Er hofft ausschlafen zu können, wenigstens noch ein paar Stündchen.
Mein Gang führte erst einmal zur Toilette, wo ich ordentlich Wasser verlor. Dann ging´s zurück ins Bett. Aber an Schlaf war nicht zu denken. Ich bekomme mein Baby und das ziemlich genau in den nächsten Stunden. Wie kann der Papa da seelenruhig nebendran liegen und an Schlaf denken?! Für mich in dem Moment unbegreiflich. Wieder der Gang zur Toilette. Wieder enorm viel Fruchtwasser. Ich halte es nicht aus und rufe 1 Uhr in der Klinik an, was ich denn jetzt tun solle. Unser Baby liegt nach wie vor nicht im Becken, also sollen wir gleich kommen. Ok. Gesagt getan. Papi wecken. Er sichtlich geschockt, kann schließlich nicht mehr weiterschlafen. Leid tut er mir schon, aber jetzt geht´s um unser Baby. Also Mama noch gemütlich unter die Dusche. Dann Sachen geschnappt und ab ins Auto. Ein Handtuch sollte vor größeren Wasserschäden schützen, aber da ging die Rechnung nicht auf. Bei jeder Kurve und jedem Bremsen ging unglaublich viel Wasser ab. Ich hatte das Gefühl auf dem Sitz zu schwimmen. Mit viel Mühe gelang es mir meinen Rock zu sichern.
Von Wehen war weiterhin nicht wirklich was zu spüren. Nur ein leichtes Ziehen im Leistenbereich. Aber mit guter Atmung sehr sehr erträglich.
In der Klinik angekommen, ging es gleich in den letzten noch freien Kreißsaal von 6. CTG wird geschrieben, keine Wehen. Ich merke jedoch ein schon stärkeres aber unregelmäßiges Ziehen. Dann noch die Untersuchung von der diensthabenden Ärztin. Kind nicht im Becken, aber auf dem Weg dahin. Fruchtwasser noch vorhanden, wenn auch deutlich weniger. Unser Sohn wird vermessen. Geschätzte Größe 52cm und 2900g Gewicht. Wir sind gespannt.
Es geht zurück in den Kreißsaal, wir bekommen ein zweites Bett und sollen versuchen zu schlafen. Unmöglich für mich. Ich brauche Bewegung. Muss meine „Wehen“ veratmen, die ich immer wieder spüre, aber auf keinem CTG zu sehen sind. Die Nacht vergeht, der Tag bricht an. Scheinbar nix hat sich getan, außer dass ich weiter Fruchtwasser verliere, sobald ich vom Sitzen aufstehe.
Wir werden zum Frühstück geschickt. Toll. Jetzt an Essen denken, scheint genauso unmöglich, wie zu schlafen. Trotzdem der Tag könnte lang werden, also sollte wenigstens ein Brot runter. Während dem Essen veratme ich weiter die leichten Wehen. Ich vermute inzwischen Senkwehen. Laut Hebamme und Ärztin sind es schließlich keine richtigen Wehen.
Der Weg zurück in den Kreißsaal bescherte mir noch eine Peinlichkeit. Ich verliere beim Aufstehen vom Frühstückstisch wieder Fruchtwasser. Das muss doch mal alle sein?!
Mit Quarzpulver alle halbe Stunde 1 Msp. wird versucht Alternativ die Wehen in Gang zu bringen. Tut sich bis 12 Uhr nix, wird über Einleitung nachgedacht.
Alles was ich spüre, ist weiter unregelmäßig und findet wenig Beachtung bei den Hebammen. Sie sind die Experten, denke ich. CTG unauffällig. Also warten bis Mittag und den Tag rumbringen. Ich sehe mich schon im OP liegen.
Es wird 12 Uhr. Alles Quarzpulver half nix. Es kommt die diensthabende Ärztin, ich werde über Einleitung aufgeklärt und erhalte eine ¼ Tablette zur Förderung der Wehen. Jetzt kann es ganz schnell gehen, oder aber ich bekomme in 4 Stunden die nächste Tablette. Zusätzlich gibt es Antibiotika. Riesiges Ding im Vergleich zu dem kleinen Krümel für die Einleitung. Nützt ja nix.
Mittag soll ich essen. Hunger bzw. Appetit Fehlanzeige. Nachdem Frühstück übergebe ich mich und so auch nach dem „tollen“ Mittag (grauer!! Spinat).
Der Papa will nichts zum Mittag. Versucht zu lesen. Geht mit mir, zwischen dem CTG schreiben, spazieren. Wirkt etwas verloren. Der Ärmste. Was wohl in seinem Kopf vor sich geht?
Nach der Einleitungstablette wurden die „Wehen“ spürbar stärker. Ich veratme stärker. Kann dabei nicht liegen. Jedes CTG-Schreiben ist für mich unerträglich. Ich muss aufstehen. Aber Wehentätigkeit zeigt das Mistding keine an.
Wenn das keine Wehen sind, wie fühlen sich dann Wehen an??
Mittlerweile kenne ich die Spätdienst Hebamme begleitet von einer liebevollen Hebammenschülerin. Ich soll mich melden, wenn ich glaube, ich brauche Hilfe. Na toll. Woher weiß ich denn, dass es jetzt soweit ist. Egal. Ich veratme lauter meine „Wehen“. Spüre unglaublichen Druck nach unten. Ich fluche, weil es immer wieder heißt „keine Wehen“. Das macht mir Angst. Dann endlich 16 Uhr. Die Hebamme kommt, will CTG schreiben und ich spüre wieder diesen Druck und muss geräuschvoll veratmen. Hebamme prüft das erst Mal seit meinem Klinikankunft den Muttermund. Offen. Na bitte. Also doch Wehen. Endlich darf ich dahin pressen, wo es hin drückt, nämlich nach unten. Was das Ganze nicht angenehmer macht. Der Druck wird stärker, aber keine Schmerzen. Ich knie mich auf das Gebärbett, Arme über die Lehne. Später versuche ich im Stehen zu pressen, dann wieder die erste Position. Es kostet mich alle Kräfte. Der Papa kühlt mir die Stirn mit seinen kalten Händen. Die Schülerin massiert die Beine und ich bekomme einen herrlich warmen Waschlappen auf den Damm. Und ich habe einen mega hunger. Denke an ein leckeres Eisbein mit Sauerkraut und Kloß. Stattdessen werde ich zum Trinken angehalten und auf Toilette geschickt.
Es geht alles zu schnell. Ich soll nicht so powern. Muss ich aber. Unser Baby will einfach raus. Jetzt soll ich das Becken höher halten, wie den Kopf. Um Himmelswillen. Ich habe das Gefühl jeder erreichte Fortschritt rutscht mit jeder Wehe wieder zurück. Die Hebamme versucht mir eine Infusionsnadel zu legen. Ich soll Buscopan erhalten, damit der Muttermund weicher wird und unser Kind es leichter hat. Es kostet sie alle Mühe die Nadel richtig zu platzieren.
Dann ist die Rede von Betäubung, weil mir die Kräfte schwinden. Mir ist alles egal. Ich stimme zu. Ärztin wird informiert. In der Zwischenzeit geht der Muttermund wieder ein Stück zu. Das gibt´s doch nicht. Während die Hebamme versucht, alles für die PDA vorzubereiten, muss ich super stark Pressen. Wahnsinn, dass dieser Druck noch stärker werden kann, als er bereits war. Hebamme schaut und gibt Kommandos, die ich kaum höre. Bringt nicht viel, außer dass es für eine PDA zu spät ist. Gott sei Dank. Die Ärztin kommt. Ich muss in die Rückenlage. Wurde uns doch im Vorbereitungskurs davon abgeraten. Jetzt ist es mir egal. Dann erhalte ich von der Ärztin Motivation, sie wird jetzt alles tun, damit unser kleiner Junge endlich da ist. Die Frau schickt der Himmel! Eine Einmalkatheterisierung bleibt mir nicht erspart. Unglaublich, wie das Betäubungsgel dafür brennt. Meine Blase wird geleert, damit das Köpfchen allen Platz erhält, den es braucht. Es reicht nicht. Eine Art Saugglocke muss her. Kiwi genannt. Kenne ich nicht, Hauptsache es ist bald geschafft. Meine Kräfte sind am Ende, die letzten Wehen schmerzen höllisch. Ich presse um mein Leben. Die Ärztin gibt Anleitung. Unter unbeschreiblichem Druck und einem brennenden, reißenden Schmerz wird das Köpfchen mit samt den Händchen geboren. Zum Freuen bleibt keine Zeit. Der Rest von unserem Baby muss schließlich auch auf die Welt. Von wegen nach dem Kopf wird es leichter. Noch einmal dieses Stechen wie 1000 Nadelstiche und Brennen wie Feuer. Und dann ist es endlich geschafft.
18:55 Uhr begrüßt uns unser kleiner Engel L. mit einem kleinen quietschenden Schrei und einer Ladung Kindspech.
Ich bin fix und fertig und wahnsinnig beeindruckt, was der Körper im Stande ist zu leisten. Endlich bekomme ich unser Baby auf die Brust. So klein, so warm, so wunderschön. Der Papa weint Freudentränen und ich bin so voller Adrenalin. Die Nabelschnur durchtrennt natürlich der stolze frischgebackene überglückliche Papa.
Jetzt bekommen wir ein wenig Zeit zum Bestaunen. Unser L. ist hellwach, aber total erschöpft. Wir helfen ihm den Weg zur Brust und somit zur ersten Muttermilch zu finden. Mit Erfolg. Nur die Nachgeburt braucht noch Zeit. Leider hat die Hebamme keine. So bekomme ich mit L. auf dem Bauch eine Infusion und bevor ich mich versehe, muss ich wieder stark pressen. Damit habe ich nicht gerechnet. Aber was geschafft ist, ist geschafft. Plazenta ist da. Alles vollständig.
Danach kommt der kleine Mann auf die Waage:2810g
Es folgt die Vermessung: 51cm klein und Kopfumfang 33cm.
Während der Papa seinen Jungen nicht aus den Augen lässt, muss die Mama an den Labien genäht werden. Auauaua. Die Betäubung wirkt nicht richtig. Auch so kurz nach einer Geburt befinden sich an den empfindlichsten Stellen Nerven.
Der Papa ganz geschockt, will das gar nicht sehen, kann aber so schnell nicht fliehen. Meinem armen Schatz bleibt nix erspart. Ich bin so stolz auf ihn!
Nachdem nun unser kleiner Mann vermessen ist und die Mama versorgt, geht´s ab ins normale Bett. Wir beschließen aufgrund der Uhrzeit, dass ich über Nacht in der Klinik bleibe. Leider ist kein Platz für den Papa.
Ich komme auf die Wochenstation. Der Papa begleitet mich und seinen Sohn noch auf das Zimmer und muss sich dann aber leider verabschieden.
Die Nacht verlief ohne Schlaf meinerseits. Hatte ich doch mein kleines Baby zu bestaunen.
Am nächsten Morgen mussten wir dann immer wieder um einen Arzt betteln, damit wir endlich nach Hause gehen dürfen. 15 Uhr wurden wir dann endlich mit unserem kerngesunden Jungen nach Hause entlassen.
ambulante Entbindung (Nr. 1) 07/2012 - *lang*
Hallo
erstmal Glückwunsch zu deinen beiden Kindern!
Eine Frage habe ich, da ich prinzipiell auch gerne ambulant entbinden möchte. Was hattest du mit dem HNO-Arzt zu klären? Welche Funktion hat er bzw. kann er haben?
Liebe Grüße!
Hallo
nach der Geburt wird ein Hörscreening gemacht.
http://www.hno-aerzte-im-netz.de/untersuchungen/neugeborenen-hoerscreening.html
LG
Manu
Hallo papaver,
wie schon geantwortet wurde, wird in der Klinik ein Neugeborenen Hörscreening gemach. Dieses macht aber paar Stunden nach Entbindung wenig Sinn, da oftmals noch Käseschmiere oder Fruchtwasser im Gehörgang ist, so dass die Tests nicht funktionieren.
Ich kann dich nur bestärken, ambulant zu entbinden. Es ist so toll gleich zu Hause in der gewohnten Umgebung sein. Ich fühlte mich sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten amb Entbindung nicht einmal unsicher oder alleine gelassen.
Soviel Ruhe wie daheim, hätte ich auf der Wochenstation nicht gehabt.
Alles Gute für euch!!