Geburtsbericht Jarik
Bevor ich richtig anfange, muss ich etwas ausschweifen, damit ihr mich besser versteht.
Die Geburt meines ersten Sohnes war nicht schön, wenn auch für viele vermutlich keine Horrorgeburt. Falls jemand nachlesen möchte, kann er dies gerne tun: http://www.urbia.de/archiv/forum/th-4360539/gerrik-laesst-sich-zeit-laaang.html
Dieses Mal wollte ich alles „besser“ machen und habe mir gleich eine Beleghebamme gesucht und mit ihr schon in der Schwangerschaft immer wieder über die erste Geburt geredet. Meine Hebamme war insgesamt sehr entspannt und hat mir ein gutes Gefühl gegeben. Ich hatte in beiden Schwangerschaften keinerlei Angst vor der Geburt. Ich empfand eher Vorfreude auf dieses große Ereignis, bei dem ich das kleine Wesen aus meinem Bauch endlich kennen lernen sollte. Ich habe dieses Mal auch keinerlei Vorbereitungen getroffen. Also keine Dammmassage, keine Tees oder was man sonst noch so probieren kann. Ich habe einfach nichts getan.
Errechnet war der 10.12.2015 als Entbindungstermin, ich war mir aber sicher, dass der ET falsch wäre und der Kleine eine Woche später kommen würde. Wie in der ersten Schwangerschaft hatte ich keinerlei Senkwehen und auch keinerlei Übungswehen, die ich gespürt hätte. Mal einen harten Bauch, aber nichts, was mich irgendwie gestört hätte.
Am 9. Dezember legte ich meinen Großen wie immer zum Mittagsschlaf hin. Ich hatte schon den ganzen Tag eine seltsam ruhige Unruhe in mir. Ich ging im Kopf permanent durch, was ich unbedingt noch alles erledigen müsse, aber zur Mittagsschlafzeit legte ich mich auf die Couch und guckte Fernsehen und entspannte mich. Da kamen die ersten deutlichen Wehen. Ich merkte richtig, wie sie sich aufbauten, einen Höhepunkt hatten und wieder schwächer wurden. Aber ich nahm sie nicht ernst. Die Abstände waren riesig und außerdem war es ja noch „viel zu früh“. Ich zog meinen 2 jährigen Sohn nach seinem Mittagsschlaf an und dann fuhren wir mit dem Bus in die Stadt. Die Wehen blieben, aber störten mich nicht. Wir kauften noch mal die letzten Hygieneartikel (Vorlagen für das Wochenbett, Babywindeln und Windeln für den Großen). Danach ging es auf den Weihnachtsmarkt. Wir fuhren mit dem Zug und aßen lecker Mutzen. Wir hatten einen richtig schönen Nachmittag zu zweit. Ich traf dann noch Bekannte und quatschte eine Weile. Auf dem Rückweg kauften wir schnell noch Hausschuhe für das Krankenhaus und Lebensmittel ein. Die Abstände der Wehen wurden kürzer, aber das merkte ich gar nicht richtig. Zumindest habe ich sie nicht bewusst ernst genommen. Unterbewusst wohl schon, sonst hätte ich den Einkauf auf den nächsten Tag verschoben. Beim Tragen der Einkäufe wurden die Wehen erstmals etwas unangenehm. Durch Zufall kam mein Partner gerade mit dem Fahrrad von der Arbeit. Ich drückte ihm die Einkäufe in die Hand und sagte nur: „Hier, ich habe seit heute Mittag Wehen. Die Einkäufe sind mir jetzt zu schwer.“ Der Blick war herrlich. Und so cool wie die Männer immer tun, sind sie dann ja doch nicht… Sein erster Satz war, "das geht nicht, ich muss morgen auf Arbeit noch etwas fertig machen". Der Satz danach… "Wir haben noch gar keinen Namen."
Wir sind dann gemeinsam nach Hause gelaufen und haben Abendbrot gegessen. Ich habe noch meinen Großen ins Bett gebracht und dann haben wir einen „Schlachtplan“ entworfen. Ich rief meine Hebamme an, eigentlich nur um zu fragen, wie sie die Situation einschätzt. Meine Mama wohnt gute 200km weit weg und sollte im Idealfall während der Geburt auf den Großen aufpassen. Wir mussten also rechtzeitig anrufen, damit sie eine Chance hatte dabei zu sein. Eigentlich wollte sie am nächsten Tag anreisen. Meine Hebamme fragte mich nach den Abständen der Wehen. Ich hatte keine Ahnung. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich überhaupt keine Zeit darauf zu achten, obwohl die Wehen schon stärker wurden und ich beim Bettenbeziehen (für meine Mama + Mann) innehalten musste. Also sollten wir beobachten und uns in einer Stunde wieder melden. Das war so etwa gegen 20Uhr. Ich entschied dann, dass wir meine Mama doch vor Ablauf der Stunde informieren sollten. Schon alleine, damit sie auf ihr Feierabendbier verzichteten. Also angerufen und Bescheid gesagt. Sie wollten noch schnell etwas essen und dann los fahren. (Gegen 23:30Uhr sollten sie dann da sein)
Beim Aufschreiben der Wehen merkten wir schnell, dass sie noch nicht regelmäßig waren, aber doch mit 3-5 Minuten schon sehr häufig kamen. Die Hebamme entschied sich vorbei zu kommen und einmal nach mir und dem Baby zu sehen. Gegen 21Uhr war sie dann bei uns. Das Baby kam mit den Wehen bestens zurecht und bei mir hatte sich auch schon ein bisschen was getan. Der Muttermund war 2cm geöffnet und der Gebärmutterhals stand noch bei ca. 1cm. (Bei meinem 1. Sohn habe ich dafür sehr sehr lange gebraucht.) Ich war optimistisch. Meine Hebamme fuhr wieder nach Hause und verabschiedete sich mit den Worten: „Ich rechne heute Nacht mit dir, versuch zu schlafen. Ich denke, wir müssen dann auch bald nach Muttis Ankunft in die Klinik.“ Bis dahin war ich noch sehr ruhig gewesen, aber jetzt stieg die Aufregung. Mein Partner war schon im Bett, da unser Sohn nicht zur Ruhe kam und unbedingt bei uns im Bett kuscheln wollte. Ich informierte ihn über den Stand der Dinge und richtete mir dann die Couch her, so dass im Fall eines Blasensprungs nichts passieren würde. Schlafen war natürlich vor Aufregung nicht möglich. Aber ich versuchte es. Die Wehen wurden jetzt deutlich stärker, aber ich konnte sie gut aushalten und mit meiner Atmung kam ich auch super zurecht. So langsam ging es auf 23 Uhr zu und ich veratmete und vertönte so langsam die Wehen. Von den Abständen weiß ich nichts mehr. Ich konzentrierte mich auf mich und das Baby. Er fing immer kurz vor einer Wehe an zu zappeln. Es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Meine Mama kam dann pünktlich, wie vom Navi berechnet 23:30Uhr an. Ich lief zu der Zeit schon durch die Wohnung, weil die Wehen so erträglicher waren. Ich schaffte es in der kommenden Stunde sogar noch ihr eine kurze Einweisung zu geben, wo die Kleidung für den Großen zu finden ist und was sie sonst alles noch so beachten sollte. Dann entschied ich mich, sie ins Bett zu schicken und selber in die Wanne zu gehen. Die Abmachung war, dass sie über Handy erreichbar bleibt, falls ich in der Wanne Probleme bekomme. (Vor Aufregung konnte sie sowieso nicht schlafen). In der Wanne wurden die Wehenabstände deutlich größer und ich freute mich. Doch recht bald wurden sie auch deutlich unangenehmer und mir fehlte der Bewegungsfreiraum und der Halt um mit ihnen umzugehen. Ich hatte mir schon immer eine Wannengeburt gewünscht, aber nun war ich mir nicht mehr so sicher. Später fragte mich meine Hebamme, ob ich noch einmal in die Wanne wolle, darauf antwortete ich nur mit „Weiß ich nicht.“ (Es blieb bei dem einen Bad.) Gegen 1 Uhr kletterte ich also wieder raus und tigerte zurück auf meine Couch. Die Wehen blieben kräftig und wurden wieder häufiger.
1:20 Uhr habe ich dann meine Hebamme angerufen, weil ich mich nicht mehr wohl gefühlt habe, so alleine. Meine Mama weckte meinen Freund, der sofort hellwach war, sich anzog und seine Sachen für die Klinik einpackte. Meine Mama versorgte mich derweil mit ein bisschen Wasser und saß ansonsten recht hilflos neben mir. Berührungen ertrug ich zu der Zeit nicht.
1:32Uhr klingelte meine Hebamme mich dann auf dem Handy an, damit ich die Tür öffnen konnte. Das übernahm meine Mama. Ich kämpfte mit meinen Wehen, fühlte mich dabei aber immer noch sehr fit. Als die Hebamme im 5. Stock angekommen war, guckte sie mich an und meinte, "los wir fahren in den Kreißsaal, ich nehm dich mit". Ich glaube sie hatte zwischendurch noch mal nach den Herztönen gehört, aber das weiß ich nicht genau, ich war wie in Trance. Mein Freund war deutlich überfordert. Er wusste gar nicht, was er jetzt alles mitnehmen sollte… Ich zog mich an und schaffte es irgendwie die Wehen im Treppenhaus zu veratmen ohne das Haus zu wecken und saß dann nach einer gefühlten Ewigkeit im Auto. Dort hatte ich zum Glück nur eine Wehe. Ich glaube der Ortswechsel hat die Wehen irgendwie gestoppt. Auf dem Weg zum Kreißsaal hatte ich auch erstaunlich wenig Wehen, was mir in dem Moment gut passte.
Im Kreißsaal angekommen (2Uhr) zog ich mich um und nahm dankend das Krankenhausnachthemd an, was meine Hebi mir anbot. Dann sollte ich für 20 Minuten ans CTG. Meine Hebamme erklärte mir noch, dass der Arzt kommen würde und das Aufklärungsgespräch mit mir führen würde. Ebenso bereitete sie mich darauf vor, dass er wohl einen US machen wollen würde. Sie empfahl mir diesen abzulehnen. Das Baby wurde erst 2 Wochen zuvor gründlich untersucht und sie konnte die Lage ja gut ertasten. Da ich kaum Wehen hatte, konnte ich mit dem Arzt sogar noch „streiten“, dass ich keinen Zugang gelegt bekommen wollte. Sein Argument war immer: „Für eventuelle Schmerzmittel.“ Ich meinte immer nur, dass ich keine Schmerzmittel wollte und keinen Zugang brauchte. Er versuchte mich wieder zu bequatschen, aber ich blieb stur und er „gab auf“.
Die Wehen wurden weiter immer stärker und ich tönte inzwischen recht laut und war sehr auf meine Atmung konzentriert. Während der Wehen wollte ich nicht angefasst werden, aber in den Wehenpausen nahm ich die Rückenmassage meines Liebsten dankbar an und wollte sogar etwas trinken. Irgendwann wurde es wirklich unangenehm und ich fragte nach meiner Hebamme und wollte nun doch Schmerzmittel haben. Meine Hebamme meinte dann ganz lieb, ruhig und verständnisvoll, dass es dafür wohl zu spät wäre, aber dass wir nach dem Gang aufs Klo noch mal gucken könnten. Ich sagte aber auch gleich, dass ich auf keinen Fall eine PDA wolle. Auf der Toilette sollte ich noch mal die Blase leeren, damit das Köpfchen genug Platz hätte und dann eine Wehe lang sitzen bleiben. Dabei „platzte“ dann die Fruchtblase. Eine minimale Menge Fruchtwasser ging ab. Meine Hebamme war zufrieden. Ich durfte wieder ins Kreißbett mit der Ansage: "Bald hast du dein Baby im Arm." Durch das Platzen der Fruchtblase hatte ich plötzlich einen ordentlichen Druck. Während ich vorher immer schön zu meinem Kind in den Bauch atmen konnte und ich jede Wehe gut überstand indem ich dachte, es dauert nur ca. eine Minute und jede Wehe bringt dich deinem Baby näher, wurde es nun schwer sich zu konzentrieren. Die Wehen waren so anders. Ich hatte bei der ersten Entbindung die Presswehen aufgrund der PDA nicht gespürt. Irgendwann verstand ich dann, dass ich nun Presswehen hatte und fing an mitzuarbeiten und zu pressen. Dabei merkte ich tatsächlich, wie sich mein Sohn immer ein kleines Stückchen Richtung Ausgang bewegte. Meine Hebamme drückte unter dessen irgendetwas Warmes und Feuchtes gegen meinen Damm, was ich als sehr angenehm empfand. Das Voranschreiten des Köpfchens brannte und war trotzdem so unbeschreiblich. Wenn das Brennen zu unangenehm wurde, sollte ich einfach aufhören zu pressen. Das ging erstaunlich leicht. Ich weiß nicht, wie viele Presswehen ich brauchte, bis sein Köpfchen geboren war, aber es dauerte nicht lange. Meine Hebamme zeigte mir sogar, dass er die Nabelschnur locker um den Hals gewickelt hatte und beruhigte mich gleich, dass keine Gefahr für den Kleinen bestünde. Da hing mein Kind dann halb geboren zwischen meinen Beinen und meine Hebamme ging zum Telefon, um den Arzt zu informieren. Bei der nächsten Wehe sollte ich Bescheid sagen. Sie kam dann wieder zu uns und mit der nächsten Wehe war der Kleine dann geboren. Er kam zu mir auf die Brust und dort lag er dann, ganz friedlich und ohne großes Theater. 3:20 Uhr nach nicht mal 1,5 Stunden im Kreißsaal durfte ich meinen 2. Sohn abnabeln. Etwa 5 Minuten später kam schon die Plazenta.
Der Arzt kam natürlich (wie von meiner Hebamme beabsichtig (?)) zu spät. Ich hatte bis auf einen Kratzer keine Verletzungen davon getragen und musste nicht weiter behandelt werden. Unser Sohn hatte leider etwas Anpassungsstörungen. Laut Hebamme und Kinderarzt war die Geburt für ihn zu schnell, er hatte zu wenig Stress und schrie deswegen nicht. Da er zusätzlich noch Fruchtwasser eingeatmet hatte, wurde er vom Kinderarzt kurzzeitig druckbeatmet (der Papa war zum Glück dabei) und durfte dann aber zum Stillen und Kuscheln gleich wieder zu uns zurück.
Nach knapp 38h haben wir die Klinik dann verlassen und sind zum großen Bruder nach Hause gefahren. Hätte der Kleine nicht die Probleme nach der Geburt gehabt, hätte ich mich wohl für eine ambulante Entbindung entschieden.
Für mich war diese Geburt einfach perfekt und so, wie ich es mir vorgestellt und gewünscht habe. Ich habe keinerlei Schmerzmittel gebraucht und war die ganze Zeit über selbstbestimmt und sicher in dem, was ich tat. Vieles schreibe ich auch dem guten und vertrauten Verhältnis zu meiner Hebamme zu.
Jarik *10. 12. 2015
Kopfumfang: 35cm
Größe: 50cm
Gewicht: 3490g
Jarik - ganz entspannt und traumhaft schön (sehr lang)
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Ich freue mich so mit euch
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Danke Mausi
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Liebe aellin,
Glückwunsch zur Geburt vom kleinen Jarik.
Schön das alles so gelaufen ist wie du es dir gewunscht hast.
Alkes liebe euch und ein schönes Weihnachtsfest mit einem guten rutsch ins neue Jahr.
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Herzlichen Glückwunsch, das klingt wirklich nach einer tollen Geburt und auch nach einer tollen Hebamme
7
Danke!
Bei dem Gedanken an die Geburt werde ich immer richtig glücklich. Schade, dass nicht jede Frau diese Erfahrung machen kann.
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herzlichen glückwunsch, das war ein wirklich toller bericht.
lg
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Danke.