Superheldinnen werden mit der Hand voraus geboren

Nach längerem Überlegen, habe ich beschlossen, meinen Bericht mit euch zu teilen, weil Geburtsberichte etwas wirklich Besonderes an sich haben und wirklich jede Geburt eine Erfahrung für sich ist.

Meine Tochter wurde für den 30.11.2016 ausgezählt, sollte jetzt also erst einen Tag alt sein. Natürlich kam unser kleiner Sturkopf nicht zum Termin, noch nicht mal annähernd. Ich hatte ab 35+3 vorzeitige Wehen gehabt, die ich selbst nicht bemerkte. Der Gebärmutterhals war jedoch schon auf 2cm verkürzt und der Muttermund fingerdurchlässig. Ich sollte mich also schonen und es im Idealfall bis 36+6/37+0 schaffen. Für mich selbst war nur 36+0 wichtig, da ich erst ab da in meine Wunschklinik durfte.

So wehte ich immer mal ein bisschen vor mich hin, schaffte trotzdem zwei Akupunktur-Termine und schluckte brav Magnesium. An 36+5 scherzte ich mit meiner Hebamme, dass die Kleine bestimmt erst in 2 Wochen kommt. Aber so war's nicht.

An 36+6, nachts um punkt 5 Uhr riss meine Fruchtblase. Ich wachte auf, weil es sich etwas feucht anfühlte, ging auf Toilette und dachte mir schon "das könnte Fruchtwasser sein", ging aber vorsichtshalber nochmal ins Bett und war sehr nervös. Da ich ein gutes Körpergefühl hab, beschloss ich meinen Mann zu wecken. Der war total durcheinander und fragte nur, ob ich sicher bin. Ich sagte, ich weiß es nicht zu 100%, aber ich geh mal eben meine Eisentablette schlucken, wenn dann wieder was läuft, rufen wir den Krankenwagen. Gesagt, getan, schon auf dem Weg zur Tablette kam wieder Fruchtwasser. Ich legte mich sofort wieder ins Bett, denn der Kopf war noch nicht fest im Becken. Wir riefen in meiner Wunschklinik an, wo ich schon vorangemeldet war und kündigten uns an. Dann riefen wir den Rettungswagen. Zwei supernette Rettungsdienst-Mädels trugen mich aus dem 4. Stock Altbau hinunter (die ärmsten!) und ich wurde liegend die 10 Minuten zur Klinik transportiert. Von der Rettungsbarre zum Untersuchungsbett bin ich die zwei Schritte gelaufen, dabei kam der riesigste Schwall Fruchtwasser und setzte meine kompletten Klamotten unter Wasser. Mein Mann war sichtlich schockiert, wie viel das doch ist. Ich wurde untersucht und während der Untersuchung rutschte der Kopf ins Becken, so dass ich wenigstens aufstehen konnte/durfte. Das CTG schrieb minimale Wehen. Es war mittlerweile fast 6:30 Uhr am 8.11.2016. Ultraschall wurde gemacht, Zugang gelegt, Gespräch geführt, dann kam ich ins Wehenzimmer. Ich war mittlerweile bei 3cm Muttermund und 1cm Gebärmutterhals. Doch die Wehen hörten einfach auf. Es tat sich nichts. Um 17 Uhr – 12 Stunden nach Blasensprung – bekam ich eine Vierteltablette zur Einleitung und Antibiose in meinen Zugang. Leider passierte rein gar nichts bis 21 Uhr und die Ärztin schickte mich ins Bett und sagte, vielleicht geht es nachts doch noch los. Ich schickte meinen Mann heim und schlief.

Über Nacht merkte ich nichts, mir wurde Blut abgenommen, Fieber gemessen, Antibiose aufgespritzt, CTG geschrieben. Es ging nicht voran.

Am 9.11.2016 (37+0) um 8 Uhr wurde dann nach dem Frühstück der Wehentropf drangehängt (mittlerweile 27 Stunden nach Blasensprung). Ich war über Nacht komplett schmerzfrei schon bei 5cm Muttermund und verstrichenem Gebärmutterhals. Ein Hoch auf die Akupunktur!
Mir wurde gesagt, dass ich noch eine Vorblase vor dem Köpfchen habe und die verhindert, dass der nötige Druck entsteht und die Wehen stärker werden.

Nach etwa 2 Stunden am Tropf platzte die Vorblase, ich durfte meinen Mann anrufen und sagen, dass es bald losgeht. Bis er gegen 11 Uhr da war, waren die Wehen schon deutlich spürbar geworden. Um 11:30 Uhr bat ich um ein Schmerzmittel und bekam ein Zäpfchen. Um 12 ging es in den Kreißsaal, weiterhin unter Wehen und mittlerweile ohne Wehentropf. Kurz nach 12 musste ich auf Toilette und das Zäpfchen verabschiedete sich wieder, ohne gewirkt zu haben. Ich lief im Kreißsaal auf und ab wie ein Tiger und veratmete auf verschiedenste Gegenstände und das Kreißbett gestützt meine doch ziemlich heftigen Wehen. Mein Mann reichte mir regelmäßig was zu trinken und streichelte über meinen Rücken. Etwa 20 Minuten waren wir völlig alleine im Kreißsaal und es war bis auf meine heftige Atmung ganz ruhig, was ich toll fand. Draußen regnete es und es war ein typisch grauer Novembertag. Noch dazu hatte ich im Wehenzimmer gelesen, dass Trump gewählt wurde – was ein Tag..!

Um 12:50 Uhr wurde ich untersucht. 8cm. Nachdem ich erstmal auf dem Bett war, wollte ich unter diesen Schmerzen nicht mehr runter. Eigentlich hatte ich vor im Vierfüßler zu entbinden, aber ich wendete mich unter den Wehen in alle möglichen Positionen und wurde auch dazu von der Hebamme animiert, damit das Kind gut in den Geburtskanal rutschen kann. Schon um 13 Uhr hatte ich das Bedürfnis zu pressen. Trotz 8cm Muttermund durfte ich schon ein wenig schieben. Um 13:20 Uhr war der Muttermund komplett eröffnet und die Presswehen deutlich spürbar, doch das Kind flutschte einfach nicht. Um 14:30 Uhr kam eine zweite Hebamme dazu. Unter Presswehen wurde ich von beiden zum Turnen auf dem Kreißbett animiert, während ich meinem Mann die Hand zerdrückte, oder wahlweise mich an diesem, von der Decke hängenden, Tuch hochzog (Muskelkater des Todes zwei Tage später!). Die Hebammen machten während meiner Wehen ihre Schichtübergabe und ich wurde wieder an den Tropf gehängt, weil ich meinte, meine Wehen sind zu kurz. Die Hebamme lachte, das hätte noch keine jemals zu ihr gesagt, dass sie gerne längere Wehen hätte.

Um 15:10 Uhr blieb nur die zweite Hebamme da, der Kopf bewegte sich Millimeterweise weiter. Zu meinem Erstaunen fluchte und schimpfte ich nicht, ich war ruhig, oder schrie unter Wehen, aber ich konnte mich nicht mehr artikulieren. Ich wollte einfach nur, dass sie endlich rauskommt. Gegen 15:30 kam eine Assistenzärztin und eine weitere Hebamme dazu. Ich wurde gedreht und gewendet, die Ärztin schob von außen ein wenig mit. Dann ging es plötzlich schnell, ich wusste nicht, was los war, ich wurde von Ärztin und Hebamme rumgeworfen, Beine hoch, Beine runter, Hocke, liegen, örtliche Betäubung, das fürchterliche Geräusch des Dammschnitts, noch zwei Presswehen und der Kopf war da, noch zwei oder drei Presswehen und Lily war geboren. 15:59 Uhr, 35 Stunden nach Blasensprung und nach fast 3 Stunden reiner Presswehen.

Die Nabelschnur wurde sofort von der Ärztin durchtrennt, alle waren in heller Aufregung, die Oberärztin kam dazu, sie nahmen Werte ab, gaben mir die Kleine auf die Brust und sagten, sie müssten den Kinderarzt verständigen, der Nabelschnur-PH-Wert wäre zu sauer und die Atmung noch etwas schwer. Bis der Kinderarzt kam, hatte sich mein Baby relativ gut erholt – die Atmung ging gut, sie war rosig, wach und sah kerngesund aus. Es frustrierte mich unheimlich, dass der Arzt sie dennoch mitnahm und in meine Hassklinik brachte, die aber eben eine Kinderstation hatte... Nur zwei Stunden nach der Geburt war mein Baby mir entrissen worden. Ich lag blutüberströmt und emotionslos auf dem Kreißbett und wartete, bis für mich ein Zimmer bereit war...

Die Geburt verlief so schwierig, weil sie eine Hand am Kopf hatte und stecken geblieben ist. Wie eine kleine Superheldin mit der Hand voraus...

Nach 1,5 Tagen bin ich nach Hause gegangen (bis auf den Dammschnitt hatte ich keine Geburtsverletzungen und auch den Schnitt habe ich gut weggesteckt) und täglich zu meinem Baby in die andere Klinik gefahren, habe Milch abgepumpt und das beste aus der Situation gemacht.

Die Klinik, in der Lily lag, war und ist furchtbar und dank einer "tollen" Fehldiagnose (Streptokokken positiv, obwohl das gar nicht gestimmt hat), wurde ihr eine Antibiotikumkur verabreicht, weshalb wir sie erst nach 7 Tagen mit nach Hause nehmen durften, obwohl sie bis auf die kleinen Startschweirigkeiten kerngesund war. Es war eine harte Woche, aber seit dem 16.11.16 kuscheln wir zuhause und ihr geht es prächtig. Glücklicherweise habe ich trotz allem eine sehr enge Bindung zu ihr und auch das Stillen klappt problemlos :-)

Obwohl es laut Schwestern und Hebammen "eine sehr schwere Geburt" war, habe ich davon kein Trauma davongetragen und auch keine Angst vor einer weiteren Geburt. Ich bin eher von der Situation in der Kinderklinik traumatisiert. Unfreundlich, inkompetent und erdrückend.... Ich hoffe wir müssen soetwas nie mehr erleben.

Lily B.
09.11.2016
15:59 Uhr
51 cm
3140 gr
34 cm Kopfumfang
exakt 3 Wochen zu früh.

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Herzlichen Glückwunsch zur Geburt deiner Maus!

Die letzten Stunden klingen wirklich nicht angenehm und beunruhigend. Auch die Aussage, dass du dich nicht mehr artikulieren konntest, hat mir etwas Bammel gemacht ;-)

Umso schöner zu lesen, dass du dennoch keine Angst vor einer zweiten Geburt hast. Und natürlich dass alles gut ausging, wenn auch leider etwas verspätet.

Wir waren auch für gestern ausgerechnet aber es tut sich nichts.
Nicht mal der Schleimpfropf ist abgegangen bisher. War auch nur zweimal bei der Akupunktur bis jetzt. Mal schauen wann es soweit ist. Lg

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Dankeschön! Ich denke die wenigsten haben so lange Presswehen, bzw ein stecken gebliebenes Kind, das nicht mit Kaiserschnitt geholt wird. Ich habe mich auch bis eine halbe Stunde vor Geburt noch gut verständigen können in den Pausen, nur irgendwann war ich so fix und alle und hab mich so sehr darauf konzentriert, die Geburt zu schaffen, da war mir nicht nach irgendwelchen Äußerungen :D

Ich weiß nur, dass ich gejammert hab, warum das denn so ewig dauert (der Kopf wurde mir schon kurz vor drei mit "oh so viele Haare" angekündigt).

Und hinterher, wenn man zuhause mit seinem Bündel Glück ist, ist alles egal. Aber liest sich wahrscheinlich doch recht dramatisch.. Sorry.

Ich wünsche dir, dass es bald losgeht und du dein Wunder auch bald im arm hast!

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Trotz der Schwierigkeiten ein sehr schöner Bericht. Du ruhst so in dir, trotz allem was so passiert ist. Respekt! Dass Lily in diese doofe Klinik musste, tut mir sehr leid. Ich hoffe ihr habt jetzt eine sehr schöne Zeit und ich beglückwünsche euch zu eurem kleinen supergirl ;)

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?lichen Glückwunsch! Oh da habt ihr ja richtig was durch gemacht

Meine lag mlt der Hand vorran allerdings dazwischen die nabelschnur .wurde ein ks!

Sie ist bei 36+4 geboren !

Super Maße für 37+0

Lg Sarah