Es war Krieg! Aber es gab nur Gewinner;) (Achtung lang!)

Weil ich auch immer die Berichte hier verschlungen habe und vor allem Erstgebärende motivieren möchte, labere ich euch jetzt auch mal voll ;)

(Achtung, lang außerdem frei von Bienchen und Blümchen, will niemandem Angst machen, sondern sagen: trotz widriger Umstände SCHAFFEN WIR FRAUEN ALLES! Hoffentlich viel Spaß beim lesen!)

'Es war krieg!' Oder 'Allies Reise'

Am 21.1.17 bekam ich bei 41+0 morgens um 8:00 leichte Wehen ... Also schmerzhafte, denn Vorwehen/ Übungswehen hatte ich seit Ende der 36. sw
Ich hatte mich schon gefreut, denn wir warteten schon eine Woche über Termin und außerdem wurde immer gesagt, wir werden eh vor Termin entbinden. Die letzten zwei Wochen waren mein Mann und ich noch öfter im Kino, bei Freunden, haben uns einfach abgelenkt. Trotzdem war die Warterei und die ständigen Fragen von anderen echt nervig.
Der ET kam und ging und nichts passierte. Alle zwei Tage ctg und jedes Mal wieder von meiner Ärztin gehört "wir machen einen Termin, aber zu dem sehen wir uns eh nicht mehr!" Ja ja.... Der letzte Termin am Freitag den 20.1... Ab Sonntag 22.1. sollten die Kontrollen im KH stattfinden, ich machte für 9:00 einen Termin aus.
Am Samstag gegen 8:00 wachte ich auf, weil die bekannten Übungswehen irgendwie stärker wurden , hatte ich desöfteren schon mal, hat jedes Mal nach einer Stunde wieder aufgehört. Diesmal nicht. Abstände waren 6-7 Minuten. So ging das den ganzen Tag. Mittags wollte ich mich nochmal hinlegen, aber nach 20 min Schlaf waren die Wehen stärker als zuvor und ich konnte nicht mehr liegen. Überhaupt war ich die ganze Zeit mobil, hab getanzt, die Hüfte gekreist.... Damit das Köpfchen gut ins Becken findet. Gegen 00:00 (seit 8:00 war ich am veratmen, seit 14:00 waren sie schon knackig ) waren die Wehen im 3min Abstand und wir entschieden loszufahren. Autofahren mit Wehen ist nicht lustig!!
Im KH angekommen, waren die Abstände auf 10 min hoch, die Untersuchung ergab 1cm geöffnet .... Nach einem ganzen Tag Wehen... Wtf? Da war ich das erste mal sehr deprimiert. Sollte nicht das letzte mal sein. Ich könne jetzt stationär bleiben und vor mich hin wehen oder ich fahr nochmal nach Hause.... Ich dachte mir: in gewohnter Umgebung wird es sicher besser klappen als im KH Zimmer, also wieder ab nach Hause (Wehen im Auto immer noch nicht lustig!). Zuhause angekommen, steigerte sich die Intensität der Wehen, auch die Abstände wurden geringer... An schlafen war nicht mehr zu denken. Im Stehen und Gehen, waren die Wehen halbwegs zu ertragen/veratmen war möglich. Im Sitzen, Liegen waren sie unerträglich (haha, das war ja noch gar nix ;) ). Meinen Mann hab ich ins Bett geschickt und ich bin durchs Wohnzimmer getigert. Irgendwann zw 6:00 und 7:00 hab ich dann eine Position im Sessel gefunden, in der ich wenigstens in den Pausen (6-7min) noch kurz eingenickt bin ... Ich war sicher, dass diese Wehen jetzt richtig was erreicht haben, so sind wir morgens gegen 9:00 wieder in der Klinik gewesen, die Wehen kamen jetzt im Abstand von 3-4 Minuten (vor der Autofahrt, nochmal: Autofahren nix gut aua aua), in der Klinik wieder Abstände von 8-11 Minuten :( ich hatte eine nette ältere Hebamme, die mich untersuchte: immer noch 1cm! Was?? Nach fast 10 Stunden zuhause immer noch 1cm??? Sie sagte direkt, das einzige was jetzt noch helfe , wären PDA und Wehentropf - zwei Sachen, die ich vorher schon AUF GAR KEINEN FALL WOLLTE!! (Anmerkung: bei meiner Schwägerin führte das letztendlich zum KS, weil alles still stand irgendwann...ich wollte so wenig wie möglich Eingriffe in die Geburt!)

Ich brach schluchzend in Tränen aus, ich war am Ende und fühlte mich einfach machtlos.

Fazit bis hier her: über 24h fast ohne Schlaf und mit Wehen, die eigentlich rein gar nichts gebracht haben, stand ich vor keiner Wahl und es sollte sich zu meiner Albtraum Vorstellung einer Geburt entwickeln - wenn es nach dieser Hebamme gegangen wäre.

Ich fragte nach anderen Optionen. Sie sagte mir, es gäbe keine. Ich könnte jetzt hier noch liegen und Vl mit einem Schmerztropf versuchen, die Wehen auszuhalten und wir gucken, ob sie was bringen, aber sie machte mir kaum Hoffnungen, die wären einfach nicht stark genug (hallo?! Frechheit ;) ). außerdem würde das Medikament auch beim Baby ankommen. Ich bat sie, es mich bis 14:00 probieren zu lassen, ich hatte inzwischen also 3 Stunden Zeit, um das Ruder noch rum zu reißen.
Sie willigte ein, ich kam in den Kreißsaal, sie legte mir einen Zugang und nahm Blut für eine -falls doch nötig- PDA. Im Liegen waren die Wehen ja schon zuhause zu krass zum aushalten, im KH dachte ich, schlimmer geht's nicht (aber schlimmer geht immer! Haha). Ich hab schon gut getönt, mir war das alles so scheißegal mittlerweile... Mir wurde ein Schmerztropf angeboten (geiles Zeug!!) und ich nahm inzwischen dankbar, was ich kriegen konnte. Ich hatte die schönsten Trips in den Wehenpausen, hab meinem Mann erzählt was ich alles sehe (was gar nicht da war) und hatte den geilsten Minutenschlaf immer wieder. Nur leider taten die Wehen überhaupt nicht weniger weh. Nach einer Stunde: 3-4cm! Yes! Da geht was!! Nach einer weiteren Stunde (Zeitgefühl war sowas von weg!) erneute Untersuchung: 7cm!! Ich war so stolz (und high)! Hebamme wechselte zu einer super netten, bin jetzt noch ganz verliebt in ihre Art! Aber warte mal: was sind das für Wehen? Locker lassen, wegatmen, sich hingeben ... War nicht mehr möglich! Ich fragte wimmernd die Hebamme, was das denn jetzt sei und sie meinte, das sind Presswehen! Was?! Doch nicht bei 7cm! (Es stellte sich später heraus, dass sich eine Vorblase in den Geburtsweg vorwölbte und deshalb den Körper schon so früh zu den Presswehen anreizte.)
Mittlerweile war es ca 17:00 und ich durfte noch nicht mitpressen, die Schmerzen und das Gefühl des Drucks waren inzwischen so stark, dass ich gegrölt habe, wie eine angeschossene Elchkuh, ich hab mich echt heiser gebrüllt (hätte ich nie von mir erwartet!). Ich hab gebettelt um eine PDA, ich hab geheult, gewimmert, ich konnte einfach nicht mehr (so eine Art kenne ich von mir gar nicht!). Ich könne jetzt eine PDA haben, aber wir befinden uns auf der Zielgeraden, das würde jetzt alles nur noch länger dauern eh der Anästhesist das alles fertig hat. Nix da länger! Sagte ich. Dann halt jetzt ran an die Bouletten! (Dank des geilen Schmerzmittels hatte ich in den Wehenpausen meinen Humor zum Glück nicht verloren!)
Irgendwann durfte ich pressen und gab echt alles was ich konnte (mein armer Mann! Ich hab mich so an ihm hochgezogen, festgekrallt, geschrien.... Und er mich immer mit sanfter Stimme motiviert...). Leider wurden die Abstände zwischen den Presswehen immer länger, mein Körper versagte zunehmend. So bekam ich dennoch einen leichten Wehentropf. Das Köpfchen war schon im Geburtsweg. Nach 2,5std Austreibungsphase endetet die Geburt mit einer Saugglocke und einem Dammschnitt (beides habe ich quasi richtig bewusst erlebt, ich wünschte ich hätte es ausblenden können, aber man kann unter der Geburt nicht entscheiden, was man mitkriegt und was nicht).Unsere wunderschöne Allie wurde um 19:28 geboren. Sie hatte zwei mal die Nabelschnur locker um den Hals, was aber kein Problem war. Ich war völlig überwältigt von den Ereignissen, von den Bildern, den Schmerzen... Es war Krieg! Und dann lag sie da auf meiner Brust, mein Mann an meiner Seite hatte Tränen in den Augen. Ich war einfach im Schock und konnte gar nichts fassen. So lagen wir da und die Zeit stand kurz still.

Ich wurde genäht (Betäubungsspritze tat überhaupt nicht weh, waren wirklich nur kleine Piekse) und verpackt und dann haben sie uns da liegen lassen in unserer Zeitblase. Allie hat schon das erste mal getrunken und ist dann eingeschlafen. Irgendwann wurde sie vermessen und angezogen und ich durfte unter die Dusche. Danach kam eine Schwester von Station (kann heute 5 Tage später schon nicht mehr sagen, wer das war) und man fragte mich ob ich im Rollstuhl ins Zimmer gebracht werden will. Da konnte ich dann schon wieder Witze reißen, dass das ja mein erstes Mal im Rollstuhl ist! Die Hebamme gab mir noch irgendwelche Globuli und ich fragte, ob sie nicht noch ein wenig "Zeug" von vorhin übrig hätte, weil der Trip so nett gewesen sei.

Wie ich im Zimmer angekommen bin und was da noch so alles war, daran kann ich mich nicht mehr erinnern, aber das ist auch egal.

Fazit des ganzen: ich habe bekommen was ich wollte - keine Einleitung,keine PDA, kein Wehentropf (naja ok, einen leichten zum Schluss), keinen Kaiserschnitt ... Eine natürliche Geburt mit Ecken und Kanten.

Die Saugglocke war nötig, weil ich nach über 36Std Wehen einfach am Ende meiner Kräfte war. Mental ist es schwer für mich zu verarbeiten, dass ich meiner Tochter dieses Erlebnis nicht ersparen konnte. Sie hat dadurch ein ziemlich großes Hämatom am Kopf gehabt, was wahrscheinlich ihre Neugeborenengelbsucht verstärkt hat. Auf meinem Krankenhausblatt stand "Vakuum-Ex aufgrund Geburtsstillstand in Austreibungsphase"... Ein starkes Stück, denn ich hatte mir solche Mühe gegeben seit Samstag früh und da fühlte sich das Wort "Stillstand" dann schon wie ein großes Versagen an. Ebenso, dass ich dann in den ersten Tagen zu wenig Milch hatte, um meine Tochter ordentlich zu versorgen. Daran werde ich wohl noch eine Weile zu knabbern

Aber sie macht alles wett. Sie ist wunderbar, so lieb und kräftig. So sanft und einfach schön. Ich genieße, wie sie immer mehr aufblüht und ich genieße meinen Mann, wie er der tollste Papa aller Zeiten ist!

Vergesst nicht: die Geburt ist so individuell wie die Schwangerschaft auch! Habt keine Angst, egal was kommt, ihr steht das durch! Und ich wünsche jeder Frau eine schöne und für sie leichte Geburt!

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Oh man, ich sollte solche Berichte nicht mehr in öffentlichen Cafés lesen. Von Lachen bis Pippi in den Augen war alles dabei und hat mich stark an meine erste Geburt erinnert. Hatte 56 Std. Allerdings von dem Zeitpunkt als ich im Krankenhaus ankam und schon 4 cm offen war. Am ende war auch Ich am Ende und die Saugglocke musste ran. Du hast deine Süße gesund und munter im Arm. Alles andere ist bald vergessen. Du weißt doch. Was im Kreißsaal passiert bleibt im Kreissaal. Ich bin im übrigen auch der Typ der sich heißer schreit. Meine jüngere Schwester stand beim letzten Mal vor dem Kreissaal und meinte ich hätte mich schlimmer angehört wie bei den Filmen Saw und Hostle zusannen. Heute bin ich in der 38.SSW angekommen und bekomme langsam wieder bammel vor der dritten Geburt...

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Es ist schön zu wissen, das man nicht allein ist mit dem erlebten, sondern dass es viele Mamas da draußen gibt, die die Erinnerungen so oder so ähnlich teilen.

Für die kleinen tut man alles, für die kleinen lohnt sich jeder Schmerz.

Ich wünsche dir für die anstehende Geburt alles Gute, du wirst das wieder großartig machen! Hut ab vor dir und deiner Stärke!!

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Danke, lieb von dir. In die zweiter Geburt bin ich echt entspannt rein weil ich dachte, schlimmer als die erste kann es nicht werden. Hehe schlimmer geht aber immer. Dass meine Tochter als Sternengucker kam hatte niemand bemerkt. War zwar nicht so lange aber aber deutlich intensiver. Deshalb bin ich jetzt nicht mehr so entspannt. Wer weiß was mich diesmal erwartet.

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Allie ist aber ein außergewöhnlicher und seht hübscher Name @->--- alles Gute für euch

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Dankeschön :) er passt zu 100% zu ihr, das ist echt der Wahnsinn :)
Alles Gute dir und LG

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Ein sehr schöner Bericht, hat Spaß gemacht ihn zu lesen :-) Hast du gut gemacht und dich tapfer gehalten.

Ich hab noch etwas länger Zeit aber bin auch schon ganz gespannt wie eine geburt so ist. Man kann es sich nicht vorstellen. Ich möchte wenn möglich auch keinen ks, keine pda usw. Sondern die Geburt bewusst erleben.

Ich wünsche euch eine schöne kuschelzeit

Lg birnchen mit kleinem Bauchprinzen 18+2

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Lieben Dank!! So ist der Bericht auch gedacht: nicht geschönt, so wie es eben war, aber trotzdem nicht abschreckend.
Ich wünsche dir eine tolle Geburt und freue mich, dass du das ähnlich siehst wie ich, alles natürlich und bewusst erleben. Du wirst sehen, wie es ist. Aber am Ende wirst du es schaffen, vertraue auf deinen Instinkt.

Liebe Grüße :)