Aus geplanter Hausgeburt wurde eine ungeplante Alleingeburt (Achtung lang)

Guten Morgen,
da ich schon immer gerne eure Geburtsberichte gelesen und darum möchte ich auch meinen letzten jetzt hier niederschreiben.

Es ist die Geburt meines 4. Kindes. Die anderen Kinder sind spontan und zum Teil ambulant im Krankenhaus geboren. Schon beim 3. Kind hätte ich gerne eine Hausgeburt (meine Schwester hat bereits 2 Kinder zu Hause entbunden) gehabt. Auf Grund der Sommerferien war es aber nicht möglich hierfür eine Hebamme zu bekommen. Weil wir damals in der 38/39 SSW noch im Urlaub waren und das Krankenhaus dort schlecht zu erreichen war, hatte ich mich für den Fall der Fälle über Alleingeburten informiert, auch wenn ich dies nie angestrebt habe.

Die Schwangerschaft meines 4.Kindes verlief gut. Anfangs war ich müde, musste aber im gegensatz zu den anderen nicht ständig brechen. Mein ET war der 24.04.2020. Ich habe mich auf Geburt 2,3+4 mit Hypnobirthing vorbereitet und hatte auch dieses Mal wieder geplant, dass meine Mama dabei ist (wie bei all ihren Enkelkindern). Sowohl Hebamme, als auch mein Mann hatten zu guten Zeiten eine Anfahrt von 35-40min - im Berufsverkehr länger. Da ich immer sehr spät erst bescheid sage und die Entphasen der Geburten mit jedem Mal kürzer wurden, äußerte meine Mama schon zu Beginn die Befürchtung, dass wir dieses Kind zusammen, aber alleine bekommen. Ich hatte da gar keine Bedenken und war mir sicher, dieses Mal einfach früher bescheid zu geben und auch dieses Kind mit Papa und Hebamme zu bekommen.

Der Termin näherete sich und Corona zog ein. Hatte ich bis dato eh keinen Plan, wie die Kinderbetreuung aussehen soll und immer gehofft es wird ein Vormittag und die Kinder sind in Schule und KITA, so wurde schnell klar, die 3 werden zu Hause sein. Mein großer Sohn (10) hatte schon früh geäußert, dass er nicht "wegorganisiert" werden möchte und formulierte seit dem "Hausarrest" immer wieder, dass er gerne dabei wäre. Zu Beginn war mir dieser Gedanke eher komisch, wollte ich ihn doch nicht traumatisieren.
Ich besprach also seinen Wunsch mit Hebamme, meiner Mama und meine Mann. So dass wir beschlossen ihm diesen Wunsch unter Bedingungen zu erfüllen. Zukünftig redeten wir viel darüber, wie die Geburt läuft, wie ich reagieren könnte, was ich mir wünsche und was ich auf keinen Fall möchte, über seine Ängste, Erwartungen, Möglichkeiten etc. Auch er sprach mit unserer Hebamme, wie er mich unterstützen kann, wie er ihr helfen kann etc pp Er brachte sich schon im Vorfeld super ein, wusste wo meine Geburtskiste ist und was drinnen ist, packte meinen Notfallkoffer und kannte auch meine Vorstellungen von der Geburt, so dass wir beide ein gutes Gefühl bekamen und positiv auf die Geburt schauten.
Mit meiner Mutter wettete ich um den Geburtstag. Ich war für den 8 oder 16. April. Sie setzte auf den 13. April.
Mein erstes Datum verstrich... Ostern näherte sich und ich sagte zu meinem Mann, dass ein kleines Osterei doch schön wäre. Ostersonntag war ganz entspannt, das Wetter war gut und mein mittleres Kind beruhig, dass es in ruhe Ostereier suchen konnte. Nachmittags kamen meine Eltern kurz vorbei und tranken draußen und mit Abstand einen Kaffee. Danach wollten sie noch zum Friedhof, wohin ich sie begleitete (hatte meine tägliche Runde Bewegung für den Tag noch nicht abgeharkt). Als wir uns verabschiedeten, sagte meine Mama noch "Ich glaube, es dauert noch, heute kommt mir dein Bauch so hoch vor!". Ich erwiederte noch "Wir werden sehen."(war ich doch eigentlich immer die pessimistischere von uns). Abends brachte ich erst mein kleines Kind ins Bett und sagte noch "Ab morgen wirst du groß sein", sprach es und schüttelte über mich selbst den Kopf. Ging danach ins Bad und entschied mich von meinem runden schönen Bauch noch ein Bild zu machen (hatte fast keine in der Schwangerschaft gemacht), schaute mir das Bild an und schüttelte wieder den Kopf über mich selbst. Ging runter zu meinen großen Kindern und meinem Mann und machte noch einen Spieleabend. Hier fingen die ersten kleineren Wehen im 15-20 min Abstand an und ich dachte noch "Wenn die über Nacht bleiben und stärker werden, dann bekomme ich noch mein Osterei" Noch nie war ich mir so früh schon sicher, dass es losgeht. Lächelte in mich rein und freute mich. Gegen Mitternacht sind wir ins Bett. Ich schlief auch zügig ein. Ab 2 wurde ich alle 15-20 min von deutlich spührbaren Wehen geweckt, so dass ich ab dann nur noch schlummerte. Ab 4 kam ich immer schlechter in den Schlaf, um 5 hielt ich es im Bett nicht mehr aus. Stand auf, putzte meine Zähne, flechtete meine Haare, räumte die Küche auf und deckte den Tisch mit Getränken und Snacks für meine Geburtshelfer. Während dessen veratmete ich alle 3-5 Minuten Wehen. Um 6 rief ich erst meine Mama und dann die Hebamme an. Beschloss aber mit ihr, dass ich mich noch mal melde, wenn Mama da ist und auch sie der Meinung ist, dass wir Richtung Geburt gehen. Mama kam gegen kurz nach halb 7, die Wehen waren stärker und kürzer geworden. Um 7 entschied auch sie, dass wir die Hebamme bitten zu kommen. Ich ging noch mal duschen und sie weckte das große Kind. Als ich aus der Dusche kam (sch***e taten die Wehen unter dem warmen Wasser weh), waren im Wohnzimmer schon überall Kerzen angezündet und der Heizlüfter lief (die interpretation meines Kindes unter einer warmen, gemütlichen und entspannten Atmosphäre). Die Hebamme traf kurz nach halb 8 ein, wenig später wurde auch der rest des Hauses wach. Aber ich war mit mir beschäftigt. Mein Mann organisierte unsere Kinder, die Hebamme füllte ihre Dokumente aus, der Große stoppte mit seiner Wehen App alles mit und meine Mama, war einfach meine Unterstützung. Die Wehen wurden stärker und auch die Abstände kürzer, aber ich hatte trotzdem das Gefühl der Druck ist nicht richtig an der passenden Stelle. Zwischendurch übergab ich mich und kriegte einen Heulflash ohne zu wissen warum. Ich hörte alles mit und mischte mich immer wieder in die Gespräche ein. Mein Papa schrieb, dass ihm Mama fehlt und er davon ausgeht, dass die Geburt begonnen hat, ob er die anderen Kinder holen soll. Ich wollte hier aber keine Unruhe habe und verneinte sein Angebot. Ich musste mich zwar immer stärker konzentrieren und war immer mehr auf die beruhigenden Worte meiner Mama angewiesen und trotzdem war ich frustriert, weil es nicht so voranging, wie ich es mir vorgestellt hatte. Gegen 9:15 Uhr erinnerte ich meine Hebamme daran, dass sie jetzt noch zu ihrem Hausbesuch müsste. Sie fragte mich, ob sie wirklich fahren soll, dem stimmte ich zu. Vorher schickte sie mich noch mal zum WC und bot mich an mich zu untersuchen. Dies lehnte ich jedoch ab, weil ich nicht über das Ergebnis frustriert sein wollte. Wir verabschiedeten uns und sie sagte, dass sie in ca 1,5 std wieder da ist. Ich wollte mich noch mal auf Sofa lege und mir ein Wärmekissen von meinem Sohn bringen lassen. Ich war mittlerweile so müde und traurig und sollte versuchen mich auszuruhen. (haha lustig mit den Wehen). Ich legte mich auf Sofa, mein Sohn betüdelte mich und ich schlief binnen von sekunden ein. Nach gefühlten 30 Min (in wirklichkeit 10-15min) wachte ich von unglaublichen Schmerzen auf. Ich jammerte und wusste nicht wohin mit mir. Ab da war vorbei. Mit jeder Wehe bekam ich angst, dass ich damit nicht umgehen kann. Meine Mutter kannte das bereits von mir und wusste, dass es auf das Ende zu ging und hoffte inständig, dass die Hebamme sich beeilte. Mein Sohn streichelte meinen Rücken, meine Mama redete beruhigend auf mich ein und sagte mir immer wieder, dass ich mich auf den Atem konzentrieren soll.. Gar nicht so leicht mit den Schmerzen. Ich jammerte lieber und erzählte blödsinniges Zeug a la "können wir nicht übermorgen weitermachen, ich will jetzt nicht mehr", "Ich will ins Krankenhaus und einen Kaiserschnitt"(meine absolute Horrorvorstellung), "Kann nicht jemand diese Kack-Fruchtblase aufmachen, es tut soooooo weh" Heute kann ich darüber lachen, weil ich genau weiß, dass ich das a nie ernst gemeint habe und b das immer kurz vor den Presswehen erzähle. Um einen anderen Fokus zu bekommen, zählten meine beiden Helfer immer wieder 1,2,3 ein.. 1,2,3 aus... und ich dachte nur "Wollen die mich verarschen? ich bin doch hier nicht beim Walzer", aufhören durften sie aber auch nicht, weil es mir gut tat und ich mich darauf konzentrieren konnte.
Während ich auf dem Sofa kniete und jammerte, knallte es irgendwann und die Blase war endlich auf, was war das für eine Erleichterung. Ich schaute noch auf die Uhr (10:24 Uhr) und dachte hoffentlich dauert es nicht mehr lange.. Mein Sohn diskutierte mit seinem Vater welche Nummer er anrufen muss. Er informierte die Hebamme und diese sagte, dass sie bereits auf dem Weg zu uns ist. Ich pellte mich mit Hilfe meiner Mama aus dem Klamotten, mein Mann deckte das Sofa unter mir neu ein. Nach zwei weiteren Wehen, sagte ich dass gleich die Presswehen beginnen, mit einem Blick auf meinem Damm, bestätigte meine Mama meine Vermutung. Mein Schimpfen wurde doller, so dass mein Sohn, der mir bis dahin lieb die Hand hielt, vorzog sich lieber in den Flur zu setzen. Mein Mann packte die Handtücher zusammen und bei mir rollte die erste Presswege an. Mit der Wehe, legte ich meine Hand zwischen die Beine und merkte schon wie sich der Kopf kam. Es war unglaublich dies so intensiv zu fühlen. Mit der zweiten Wehe hielt ich den Kopf in der Hand, meine Mama leitete mich gut an und sagte mir, dass keine Nabelschnur um den Hals zu sehen war. Während mein Mann die Maschiene Wäsche anstellte, kam die dritte Wehe und der Körper wurde geboren und unsere Maus fiel in die Arme ihrer Oma. Als mein Mann aus dem HWR kam, hörte er bereits ihren ersten Schrei. Er fragte "Was machen wir den jetzt?!" Meine Mutter antwortete "Schau auf die Uhr, wie spät es ist!", mein Sohn der bereits das Handy in der Hand hatte und dabei war die Hebamme anzurufen, sagte "Wir brauchen die Handtücher aus dem Backofen". Meine Mama half mir, mich zu drehen und hinzulegen und mir mein Baby zu geben. Um 10:33 Uhr ist unser 4. Kind zu Hause im beisein Ihrer Familie mit 3440 g, 51 cm und einem KU von 35cm geboren. Kurz vor 11 kam dann die Hebamme und gratulierte. Sie nabelte dann zusammen mit unserem Großen ab, untersuchte die Plazenta und das Baby und schaute nach mir.
Ich hatte keinerlei Geburtsverletzungen, der Maus ging es super und auch die Nachgeburt kam zwar nicht optimal und auch nicht so schnell wie im Krankenhaus, aber ohne Stress.
Es war eine wirklich schöne und harmonische Geburt!
Ich kann jedem der über eine Hausgeburt nachdenkt, es zu machen. Alles ist viel ruhiger und stressfreier. Schon alleine in meinen Kissen zu liegen, vom Sofa nicht aufzustehen, mein WC und meine Dusche zu benutzen und alles dazuhaben was man möchte war ein Traum.
Auch wenn ich keine Alleingeburt planen würde und auch alles gut gegangen ist, muss ich schon sagen, dass Gefühl sich voll auf seinen Körper verlassen zu können und so intensiv zu spühren wie das Kind auf die Welt kommt, war beeindruckend.
Ich hatte ein super Geburtsteam und bin vorallem auf unseren Sohn mächtig stolz, aber auch auf meine Mama und meinen Mann, die zu keiner Zeit mich ihre Bedenken spüren lassen haben und mich super umsorgt haben.

1

Oh wie schön. Herzlichen Glückwunsch.

2

Herzlichen Glückwunsch :)
Dein Bericht liest sich unglaublich toll <3
Ich bin zum ersten Mal schwanger und vertraue auch darauf, dass ich das schaffe. Ich möchte auch so natürlich wie möglich gebähren.
So ein positiver Bericht macht wirklich Mut :-)

3

Sehr schöner Geburtsbericht.
Herzlichen Glückwunsch.

Ich weiß was du meinst ^^ ich wollte auch immer einen KS.
Ich hatte ein paar fast Hausgeburten ^^

4

Ist ja total süß, wie dein Sohn sich eingebracht hat!
Danke für den schönen Bericht.

5

Wunderschöne Geburt! #herzlich

Kleiner Gedankenanstoß, für alle, die einen Trockner haben: da werden die Handtücher ganz ohne Pommesduft fluffig und warm. ;-)