Meine Geburt ist jetzt schon über vier Monate her, und nachdem ich das Ganze selbst verarbeitet habe, habe ich mich entschlossen, hier auch mal einen Bericht zu verfassen.
Der Termin war am 13.08. und ich wartete schon sehnsüchtig darauf, dass sich endlich etwas tat. Aber - nichts. Zur Untersuchung zum FA, Mumu 1cm geöffnet und schön weich.
"Lange dauert es nicht mehr."
Gemessen mit 56cm, 3800g und 34cm KU, CTG unauffällig.
Am nächsten Tag noch einmal zum CTG, wieder nichts erkennbar. Dann folgte erstmal das Wochenende, am Sonntagabend (16.08.) spürte ich ein leichtes Ziehen im Unterleib, dass sich über den Rücken zog und bis in die Oberschenkel.
"Jetzt geht's bald los, vielleicht hab ich morgen um diese Zeit schon mein Baby!"
Also losgelaufen. Treppensteigen, Hunderunde, das Ziehen legte sich wieder. Montag Morgen wieder zur Untersuchung, nichts. Abends wieder das Ziehen. Aber auch das war am Dienstag vergeblich zu suchen.
Am Mittwoch, dem 19.08., musste ich wieder zur Untersuchung. Diesmal gab es wieder einen Ultraschall. Die Maße hatten sich nicht verändert, aber die Plazenta begann zu verkalken und das Fruchtwasser war inzwischen zu wenig.
"Wenn sich bis übermorgen nichts getan hat, schicken wir Sie zur Einleitung ins Krankenhaus."
Nach dieser Aussage sprach ich die Ärztin auf meinen Ausschlag an. Den hatte ich schon seit mehreren Wochen, aber je näher ich der tatsächlichen Geburt rückte, desto schlimmer wurde es. Fast augenblicklich wurde sie blass.
"Das ist natürlich kein gutes Zeichen. Gehen Sie bitte ins Labor, wir nehmen einmal Leberwerte ab, und dann nach vorne zum Blutdruck messen", sagte sie.
Nach dem Termin holte mich meine Schwiegermutter ab. Nachdem ich alles erzählt hatte, sagte sie:
"Weißt du, was wir jetzt machen? Wir fahren jetzt deine Sachen holen und dann bring ich dich ins Krankenhaus. Die haben die Leberwerte heute noch, und einleiten können sie im Zweifel auch gleich."
Gesagt, getan. Vier Stunden später lag ich im Kreißsaal auf so einem Untersuchungsstuhl und hing - mal wieder - am CTG. Die betreuende Hebamme, die ich gerne wieder gesehen hätte, leider aber danach nicht mehr gesehen hab, wollte mich direkt da behalten und einleiten; Verdacht auf Schwangerschaftsvergiftung und zusätzlich das Problem mit Plazenta und Fruchtwasser. Ich wurde über Cytotec und die Anwendung in diesem Krankenhaus aufgeklärt, war einverstanden, und bekam direkt die ersten 25 Mikrogramm, in Wasser aufgelöst. Noch eine halbe Stunde CTG, dann durfte ich aufs Zimmer. Meine Schwiegermutter, die mich begleitet hatte, musste jetzt gehen. Mein Freund wurde später noch einmal kommen. Nach zwei Stunden wieder zum CTG. Die erste Tablette hatte es um 14 Uhr gegeben, um 18 und um 22 Uhr gab es jeweils nochmal 50 Mikrogramm. Keine der Tabletten zeigte auch nur irgendeine Wirkung.
Die Nacht war unruhig, meine Zimmernachbarin hatte ihren Sohn am Abend bekommen und konnte nicht richtig schlafen, noch dazu lagen wir direkt unter dem Dach, es war brühend heiß und ich schleppte immer noch die Kugel mit.
Am nächsten Tag ging das Spiel von vorne los, nur diesmal sollte ich zwischen den CTGs und Tabletten spazieren gehen. Bis nachmittags zog sich das so, dann hieß es "die nächste Dosis sind 100 Mikrogramm". Vorher sollte ich aber noch einmal spazieren gehen. Mein Freund, der mich seit dem Vormittag begleitete, kam auch jetzt mit nach draußen. Wir plauderten locker, und liefen los. Noch keine 200m vom Krankenhaus entfernt merkte ich plötzlich, dass ich saudringend pinkeln musste.
"Schatz, da vorne war doch eine öffentliche Toilette, oder?"
Ich hatte noch nicht ausgesprochen, da merkte ich, wie meine Hose nass wurde.
'Na super', dachte ich, 'jetzt hast du dich einpinkelt.'
Vor Verlegenheit fing ich an zu lachen. Und da merkte ich, dass es weiter lief.
Mein Freund sah mich an.
"Warum lachst du?"
"Ich glaube, meine Fruchtblase ist gerade geplatzt."
"Ja nee, ist klar."
Ich konnte nicht aufhören zu lachen, deswegen dachte er, ich würde ihn veräppeln. Das tat ich aber nicht. Ich zwang mich, ernst zu bleiben, und sagte ihm:
"Nein, ernsthaft. Schau dir meine Hose an."
Das tat er, und wurde ganz aufgeregt.
"Was machen wir denn jetzt? Soll ich einen Krankenwagen rufen?"
"Bist du bescheuert? Wir stehen quasi vor dem Krankenhaus!!"
Im Kreißsaal angerufen, alles klar, kommen Sie wieder rein. Da war es halb sechs. Ich bekam ein Netzhöschen und zwei Einlagen, dazu eine der schicken pinken Hebammenhosen, da meine eigene ja versaut war und ich ungern nur im Netzhöschen später in mein Zimmer fahren wollte.
Der Mumu wurde untersucht, nicht ganz zwei Finger weit offen. Ab ans CTG, ab sechs kamen die ersten leichten Wehen, fünf Minuten Abstand. Prima, dachte ich, vielleicht kommt er heute Nacht noch. Vielleicht schaffen wirs noch vor Mitternacht, der 20.08.20 ist doch ein lustiges Geburtsdatum.
Die Abstände sanken schnell auf drei Minuten, langsam musste ich die Wehen veratmen, dann ging es nochmal runter auf zwei Minuten. Die Hebamme sah nach uns, fragte mich, wie ich die Wehen bewerten würde.
"6 von 10?", presste ich hervor, sie lachte.
"Wir sprechen uns nach der Geburt noch einmal."
Die 100 Gabe Cytotec blieb mir dadurch übrigens erspart, da man die Wehen nicht überstimulieren wollte.
So wehte ich weiter vor mich hin, die Hebamme verabschiedete sich.
"Vielleicht sehen wir uns morgen ja, wenn sie ihr Baby haben", sagte sie noch.
Gehen zehn wurde ich noch einmal untersucht. Keine Veränderung. Ich bekam ein Schmerzmittel gespritzt, das nicht nur die Schmerzen verschwinden ließ, und mit ihnen gleich noch die Wehen, sondern auch meinen Kreislauf abschaltete. Ich schaffte es nicht mal mehr die paar Meter bis zur Tür vom Kreißsaal, dann klappte ich zusammen. Die Hebamme und mein Freund fingen mich gemeinsam auf, dann brachte mich mein Freund in mein Zimmer und verabschiedete sich.
Seit dem Blasensprung musste ich auch alle vier Stunden Antibiotika bekommen, so wurde ich um zwei Uhr nachts geweckt, um mir den Tropf anzuhängen. Um sechs Uhr wieder. Da fingen die Wehen wieder an. Und das ganze Spiel noch einen gesamten Tag. CTG, spazieren, Cytotec, CTG, spazieren, CTG, Untersuchung. Bei den Spaziergängen kamen die Wehen fast pausenlos, ich musste mich ständig abstützen, um zu veratmen, aber trotzdem hatten wir es um sechs Uhr abends nur auf 3cm Mumu geschafft. Die betreuenden Hebamme freute sich riesig mit uns, so kam ich um die zweite geplante 100er Gabe herum. (Heute denke ich mir, hätte ich sie mal bekommen, vielleicht hätte es geholfen.)
Am Abend lehnte ich das Schmerzmittel hartnäckig ab. Ich wollte, dass es mal voranging, zumal mir gesagt wurde, dass am Samstag ein Kaiserschnitt gemacht werden würde, wenn das Kind nicht von alleine käme. Ich wehte bis zwölf Uhr vor mich hin, dann bestellte mein Freund ein Familienzimmer, da er mir nicht von der Seite weichen wollte. Da meine Zimmernachbarin schon am Vortag nachhause gegangen war, war es trotz Corona kein Problem.
Nach der Untersuchung, die wieder keine Veränderung zeigte, stellte die Hebamme uns vor eine Wahl: Entweder, ich machte so weiter, und riskierte, nicht genug Kraft für die richtige Geburt übrig zu haben, ich nahm noch einmal das Schmerzmittel, oder ich ließ mir eine PDA legen.
Nach einem Telefonat mit meiner Schwiegermutter und einem Treffen mit meiner Schwägerin in spe, wo mir alle sagten, ich solle mir die PDA legen lassen, saß ich mit meinem Freund draußen. Schweren Herzens entschied ich mich für die PDA.
(Zur Erklärung - ich hatte panische Angst vor den Nebenwirkungen, oder davor, dass ich danach für immer gelähmt sein könnte.)
Also ab in den Kreißsaal. Die Hebamme fragte mich dreimal, ob ich das wirklich wollte. Sie rief extra den Oberarzt aus der Bereitschaft dafür.
Vorher fragte sie nochmal, ob ich das auch wirklich wollte.
"Wenn ich den Doktor jetzt aus dem Bett klingele, und er kommt her und Sie sagen dann, dass sie das doch nicht wollen, dann Vin ich meinen Job wahrscheinlich los", scherzte sie. Sie wusste um meine Ängste und wollte mir helfen.
Die Assistentin kam mit dem Anästhesiewagen, bereitete schonmal alles vor. Irgendwann trudelte, eine halbe Stunde später als angekündigt, der Oberarzt ein. Er war sehr freundlich, klärte mich nochmal einmal kurz über die Risiken auf, die mich fast zum Heulen brachten, und schloss schließlich "Aber das passiert alles nicht, wir setzen Ihnen jetzt einfach die PDA und dann haben Sie schon bald Ihr Kind auf dem Arm."
Es dauerte eine Ewigkeit, mein Freund setzte sich hinter den Stuhl, da er nichts sehen sollte, und ich wurde von der Hebamme und der Assistentin des Anästhesisten geradezu zusammengeklappt. Ich hatte schon immer Wirbel, die sehr schlecht zu sehen und zu spüren waren, und die 35kg plus durch die Schwangerschaft machten das nicht einfacher. Irgendwann lag der Katheter, Arzt und Assistentin verabschiedeten sich, und ich wartete. Die Schmerzen blieben, die Wehen blieben. Nachdem ich nach einer Stunde immer noch nichts merkte, kam eine Assistenzärztin der Anästhesie.
"Der Katheter liegt komplett falsch. Ich muss den wieder etwas herausziehen."
3cm, sagte sie hinterher. Danach wirkte die PDA erst einmal, inzwischen war es halb fünf, mein Freund schlief schon seit anderthalb Stunden auf dem Stuhl für die werdenden Papas, und auch ich schlief jetzt ein, nachdem die Hebamme mir den Geburststuhl in eine angenehme Position gestellt hatte.
Kurz nach acht wurde ich wach, und dann ging erstmal das Gewusel los. Der Oberarzt der Gynäkologie untersuchte mich, Mumu immerhin schon bei 5cm, es ging endlich voran. Mir wurde ein Tropf mit Oxytocin angehängt, und dann gingen die Wehen erst richtig los. Veratmen half nicht mehr, erst stohnte ich, irgendwann brüllte ich los. Die PDA wirkte nur einseitig, rechts spürte ich gar nichts, dafür schien sich all der Schmerz in meiner linken Hüfte zu sammeln. Die zu dem Zeitpunkt diensthabende Hebamme erklärte mir, ich solle mir meine Kräfte für die Geburt aufsparen, und drehte den Tropf hoch. Mein Freund hielt Händchen, er fühlte sich hilflos. Ich schrie meinen Schmerz weiterhin heraus, brüllte meinen Freund und die Hebamme an, dass ich einfach nur noch sterben wollte, dass sie mich bitte einfach aufschneiden sollen, ich halte das nicht mehr aus. Um neun wurde ich noch einmal untersucht, sechs Zentimeter. Um zehn das gleiche Ergebnis.
"Wir warten jetzt bis zwölf", erklärte mir der Oberarzt, "wenn sich bis dahin nichts getan hat, machen wir einen Kaiserschnitt."
Ich bekam schonmal vorsorglich ein OP-Hemdchen an, mein drei Tage alter Zugang wurde gezogen und in die andere Hand ein neuer gelegt. Um zwölf Uhr tauchte der Arzt wieder auf, inzwischen war ich nur noch resigniert, ließ die Wehen über mich ergehen und wollte weiterhin nur noch sterben. Die Hebamme lobte mich für meine plötzliche Schmerztoleranz.. Bei der Untersuchung lobte mich dann auch der Arzt.
"Der Muttermund ist offen, nur noch ein kleiner Saum."
Kaum hatte er die Finger aus mir draußen, bekam ich das Gefühl, pressen zu müssen. Unsinn, sagte die Hebamme, der Muttermund ist noch nicht ganz offen, sie können nicht pressen!
Also ließ ich den Pressdrang, der mit jeder Wehe stärkte wurde, einfach über mich ergehen. Inzwischen war ein Hebammenwechsel. Hebamme T., die mich nun bis Geburt begleiten würde, war sehr freundlich. Sie hörte mir aufmerksam zu, als ich ihr den Pressdrang beschrieb, und endlich wurde ich von meiner "Hilfloser Käfer" - Lage erlöst. Ich durfte mich hinknien und mit den Händen an der Lehne festhalten, und endlich durfte ich mitpressen!
Die Presswehen waren anstrengend, aber nicht mehr mal halb so schmerzhaft. Im Gegenteil, ich war so weit entspannt (und todmüde) dass ich nach jeder Wehe kurz einnickte. Einmal schnauzte ich meinen Freund an, der mir bei jeder Wehe erklärte, wie toll ich das machte, er solle endlich seine Fresse halten. Hielt ihn aber nur kurz vom Trösten ab, und dafür war ich im Endeffekt sehr dankbar. Mir wurde nach zwei Stunden Presswehen erklärt, dass sie schon die Haare sehen konnten.
Dann plötzlich gingen die Herztöne meines Sohnes schlagartig herunter. Erst auf 90, dann kurzzeitig auf 60, wieder auf 80, und dort blieben sie dann auch. Ich bekam eine Sauerstoffmaske ins Gesicht gedrückt, das CTG wurde abgemacht und ein internes gelegt (ein Draht oder so etwas wurde mir eingeführt, der die Herztöne direkt vom Kopf des Kindes abnahm), aber leider war es kein Lesefehler gewesen, die Herztöne waren wirklich dermaßen niedrig.
MBU, hörte ich den Arzt zu seiner Kollegin sagen. Ich bekam Panik ohne Ende, denn ich wusste was das hieß. Die erste Geburt meiner Schwiegermutter war genauso verlaufen wie meine bisher und endete in einer Notsectio und wochenlangem Krankenhausaufenthalt für das Kind, wegen dem starken Sauerstoffmangel. Die beiden anwesenden Ärzte bereiteten die MBU vor, die Hebamme erklärte uns inzwischen die Sachlage.
"Wir untersuchen jetzt den Sauerstoffgehalt ihres Babys, und je nachdem wie das Ergebnis ist, kommen Sie sofort in den OP. Durch die Wehen hat es Stress, deswegen sind die Herztöne so niedrig, und dadurch wiederum kann ein Sauerstoffmangel entstehen, der lebensgefährlich ist."
Das Ergebnis der MBU war schnell da, der Sauerstoffgehalt war an der unteren Grenze.
"Wir werden die Saugglocke zur Unterstützung nehmen, dann geht es schneller."
Begeistert war ich nicht, aber naja, mein Kind war wichtiger. Die Beinstützen wurden angeschraubt und meine Waden darauf gepackt, ich wurde einmal mehr zusammengefaltet. Zwei Wehen brauchte der Arzt für den Dammschnitt, ich spürte nur ein kurzes Ziepen. Ich hatte meiner Mutter nie geglaubt, dass man das nicht spürte, aber es war wahr. Dann packte er die erste Saugglocke aus, die Assistenzärztin half ihm, die Hebamme wendete in der Zwischenzeit den Kristellergriff an. Der Arzt zog an der Saugglocke, es gab ein "PLOPP", und der Arzt fiel fast rückwärts, als ihm die abgerissene Saugglocke - ohne Kind - ins Gesicht sprang. Also los, zweiter Versuch. Das Rumgedrücke der Hebamme war unangenehm, ich sollte mir das Atmen beim Pressen verkneifen und meine ganze Kraft hineinlegen, von unten zog der Arzt mit der Saugglocke und irgendwann merkte ich, wie der Kopf kam.
"Los, noch einmal pressen, dann ist er ganz da!"
Ich tat wie geheißen, und mein Sohn glitt zur Welt. Er schrie nicht, ächzte nur seltsam vor sich hin, war schneeweiß. Der Arzt drehte ihn sofort auf den Bauch, rieb seinen Rücken ab, blies ihm mit einem Plastikröhrchen Luft in die Lunge - nichts. In der Zwischenzeit wurde der Kleine abgenabelt. Das Telefon zwischen Schulter und Ohr geklemmt rannte der Oberarzt mit unserem Sohn heraus. Mein Freund erzählte später , dass er auf dem Weg nach draußen etwas wie "Anästhesist - sofort - Notfall - Wiederbelebung" ins Telefon schrie, ich bekam nichts mehr mit, sag einfach nur an die Decke und betete, dass unser Junge leben durfte...
Mein Freund war in Tränen ausgebrochen, hing irgendwo auf meiner Schulter, die Hebamme tröstete ihn, die Ärztin versorgte mich weiter. Da ging ein Brüllen durch den Flur, und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen - das war definitiv mein Sohn gewesen.
Die Plazenta machte keine Anstalten, nachzukommen, und es tauchte auch keine Wehe mehr auf, deswegen half die Hebamme nach, indem sie rhythmisch am Nabelschnurrest zog. Da kam die Plazenta, die Hebamme erklärte sie uns, fragte uns, ob wir sie mitnehmen wollten. Wir verneinten. Plötzlich kam ein Schwall Blut aus mir geschossen, der Oberarzt war inzwischen wieder da, drückte mir probeweise auf den Bauch, da kam der nächste Schwall. Der Arzt stopfte mir beiläufig eine Kompresse in den Dammschnitt, während die Ärztin und die Hebamme Medikamente vorbereiteten, nur um zu merken, dass ich mir den Zugang unter der Geburt wohl herausgerissen hatte. Blitzschnell wurden mir gleich zwei neue gelegt, rechts Oxytocin, damit sich die Gebärmutter zusammenzog, links Traubenzuckerlösung für den Kreislauf. Mir war schwindelig, ich war müde, ich wollte nur zu meinem Kind, mein Freund war inzwischen nach draußen zu ihm geschickt worden, er lag im Inkubator zur Überwachung. Ich hatte schon wieder Panik, ich hatte noch nie so viel Blut auf einmal gesehen, später im Entlassungsbrief las ich, dass es nur ca. 700ml gewesen waren.
Nachdem die Blutung endlich gestoppt war, wurde ich genäht. Zusätzlich zum Dammschnitt hatte ich noch einen tiefen Scheidenriss. Ich bekam keine Betäubung, sie drehten nur die PDA noch einmal hoch, dass sie kaum wirkte, merkte ich auch jetzt, aber ich ertrug die Stunde des Nähens mit zusammengebissenen Zähnen, wenigstens ein Betäubungsspray wurde noch auf die Wunde gegeben, das aber auch nicht viel brachte. Als ich endlich fertig war, holte die Hebamme meinen Freund mit unserem Sohn herein. Ich war absolut fasziniert von diesem kleinen Menschen, der da auf meiner Brust lag. Wir verschickten die ersten Fotos an die Familie, nahmen Anrufe entgegen, Glückwünsche. Irgendwann kam die Hebamme, badete den Kleinen, nahm die Maße ab, fragte uns nach dem Namen. Vier Stunden nach der Geburt kamen wir aufs Zimmer, mein Freund blieb danach noch drei Stunden, bevor er abgeholt wurde. Ich genoss den Abend mit meinem kleinen Mann und die Nacht, in der ich einmal halbwegs schlafen konnte. Der Kleine schlief in dieser Nacht von 23 Uhr bis 4 Uhr, er war wohl genauso erschöpft wie ich auch.
Am nächsten Tag bestand ich darauf, nachhause zu dürfen, ich hatte die Nase voll von Krankenhäusern. Mit vielen Ratschlägen und deutlich entgegen ihrer Empfehlung entließen sie mich nachmittags. Ich hatte die Woche danach noch stark mit meinem Kreislauf zu kämpfen, aber auch das war bald überstanden. Fünf Tage nach der Geburt riss mir die Dammnaht, aber das Ganze sollte einfach offen abheilen, was es auch problemlos tat.
Inzwischen habe ich das erste Weihnachten mit meinem Söhnchen gefeiert und wir sind nach wie vor alle überglücklich. Ich habe eine Weile gebraucht, um die Geburt für mich selbst zu verkraften, aber inzwischen bin ich einfach nur froh, dass alles gut gegangen ist.
Samuel
22.08.2020
15:08 Uhr
ET+9
51cm
3850g
37cm KU
Vaginale Geburt mit Saugglocke (Vaginale Operation) nach Einleitung
Geburtsbericht - Vorsicht, sehr sehr lang und nichts für schwache Nerven!
Wahnsinn, was du da geleistet hast! Und beeindruckend, wie du das verarbeitet hast und damit umgehst, zumindest liest es sich so.
Ich glaube, wenn unsere Familienplanung nicht abgeschlossen wäre, hätte ich mich nicht getraut zu Ende zu lesen.
Dein Bericht ist aber wirklich gut geschrieben, man fiebert richtig mit!
Herzlichen Glückwunsch noch nachträglich zur Geburt!
Vielen Dank! :)
Ja, es war für mich ziemlich heftig, noch dazu erstes Kind, und ich bin erst 19... Ich habe seit der Geburt immer mal psychische Rückschläge, und die ersten paar Wochen habe ich quasi jedes Mal anfangen zu heulen, wenn ich den Kleinen nur angeschaut habe. Aber mittlerweile ist das alles in den Hintergrund gerückt und ich versuche, mich einfach nur an dem kleinen Racker zu erfreuen. Aber vergessen werd ich das nie. Aber von meinem "sowas tu ich mir nie wieder an" bin ich tatsächlich schon wieder runter, ein zweites Kind soll in ein paar Jahren noch folgen :D
Ich hätte nicht gedacht, dass du noch so jung bist.
Bei mir ging übrigens die 2. Geburt (am 15.08., unsere Kinder sind also fast genau gleich alt) schneller und deutlich einfacher als die erste. Toll, dass du jetzt schon sagen kannst, dass du es nochmal wagen möchtest.
Alles Gute für euch!
Wow, hab deinen Bericht verschlungen. Es ist schon der Wahnsinn was eine Mutter bei einer Geburt alles durchmachen kann. Schön, dass alles gut ausging ❤️
Wenn ich jetzt drüber nachdenke finde ich es nur noch halb so schlimm wie direkt danach. Aber ich muss zugeben, ich hab es direkt nach der Geburt nicht geglaubt, aber auch bei mir griff der Schutzmechanismus der Frau. Ich weiß, dass ich geschrien habe, ich weiß, dass es höllisch wehtat, aber ich kann den Schmerz nicht abrufen, wenn du verstehst, wie ich das meine. Es ist einfach weg.
Und ja, ich bin auch wahnsinnig froh. Zumal danach noch die Neugeborenengelbsucht zuschlug, aber auch da war schnell alles wieder okay, und er ständig Probleme mit dem Bäuchlein hatte, aber auch die sind wieder weg :)
Ich weiß genau wie du das meinst :)
Habe auch vor dreieinhalb Wochen entbunden, ich hatte zwar zum Glück eine "einfache" Geburt, aber sofort danach dachte ich noch "Von wegen, wenn das Baby da ist sind alle Schmerzen vergessen, das stimmt ja gar nicht". Aber dann sind sie doch soo schnell verblasst
Danke für diesen ehrlichen und ausführlichen Bericht.
Zum Glück ist alles gut ausgegangen! Meine erste Geburt (ich war 20) war für mich auch richtig schlimm und ich habe sie lange nicht verarbeitet. Aber die Zweite war ein Traum! Da weiß der Körper dann was zu tun ist..
Ich wünsche euch alles Gute!
Dankeschön! Ich hoffe, dass es bei einem zweiten dann auch besser wird :) Vor allem sagt man ja, dass das zweite schneller kommt, vielleicht setzen die Wehen ja dann mal von allein ein. Ich hatte nach der Geburt echt Angst dass ich eine Wehenschwäche habe, aber nach dem Blasensprung war laut Hebamme das Cytotec schon abgebaut und trotzdem hatte ich Wehen, da kann das ja kaum sein.
Und ich hasse es selbst, wenn man so etwas beschönigt - ich habe während meiner Schwangerschaft bestimmt fast sämtliche Berichte hier verschlungen, auch wenn mir manche Angst gemacht haben, aber ich wollte die Erfahrungen von anderen wissen. Deswegen die Warnung am Anfang. Ich hatte auch einige Freunde die keine Details wissen wollten, weil sie später selbst noch Kinder wollen, aber ich wollte es einfach so schreiben, wie es war - einmal um es von der Seele zu haben und zudem, um es zu teilen.