Es kommt nicht immer gut - Warum werden Erstgebärende nicht aufgeklärt?

Ich schreibe diesen Geburtsbericht und über die Zeit nach der Geburt, weil ich zuvor keine Ahnung hatte, was alles auf mich zukommen würde. Wahrscheinlich geht es vielen Frauen so, nie redet jemand über mögliche Komplikationen, auch nicht während des Geburtsvorbereitungskurses. Ein Experte rät sogar Frauen ab 35 Jahren zum Kaiserschnitt. Aber wer sucht schon nach solchen Informationen vor seiner ersten Geburt? Vielleicht blendet man dies auch absichtlich aus, wird ja schon alles gutgehen.

Die Geburt wurde um 9.00 Uhr morgens eingeleitet (ET+10), da sich mein kleiner Sohnemann nicht selber auf den Weg machen wollte. Bereits zwei Stunden nach der Einleitung bekam ich heftigste Wehen, als ob es meine Gebärmutter zerreisst. Der Wehenabstand war von Anfang an 1-2 Min. Die Hebamme hat mir angeboten, dass ich entweder sofort Opiate erhalte (die jedoch nicht bis zur Geburt wirken würden) oder sobald der MM bei 5cm ist, eine PDA bekomme. Zu diesem Zeitpunkt war der Muttermund bei 2cm. Ich war unschlüssig, wollte einfach, dass diese Schmerzen aufhörten. Jetzt kam auch mein Freund von der Arbeit und ich wurde in den Kreissaal gerollt.
Mittlerweile war der Muttermund genug auf, dass ich eine PDA erhalten konnte. Leider wirkte diese anfangs überhaupt nicht. Die Anästhesistin hat etwas nachjustiert und dann wirkte sie halbseitig. Wegen den enormen Schmerzen, bat ich um einen Kaiserschnitt. Die Hebamme verneinte, da ich jetzt plötzlich schon ganz offen war (MM 10cm) und die ganze Arbeit ja umsonst gewesen wäre. Ich sagte der Hebamme noch, dass ich kein Instrumente wollte, da ich extrem Angst vor einem Dammriss hatte. Sie entgegnete, dass bei ca. 40% der Geburten Instrumente benutzt wurden. Jetzt endlich wirkte die PDA mit dem Resultat, dass ich keine Wehen mehr fühlte.

Jetzt waren wir also im Kreissaal, Muttermund war ganz offen, aber nichts geschah. Die Hebamme meinte, dass wir etwas warten bis sich mein Sohn senken würde. Sie sprengte jetzt auch die Fruchtblase (das Fruchtwasser war schwarz, aber das sagte sie mir erst später). Aber wirklich weiter ging es trotzdem nicht. Ich fragte, ob ich pressen sollte, wenn die Wehen auf dem CTG angezeigt wurden. Sie fand das eine gute Idee und wir versuchten es so, doch es ging nicht wirklich vorwärts. Nach einer Weile fragte ich, ob ich es mal im Vierfüsserstand probieren kann, da ich gelesen habe, dass dies sehr effektiv ist und es so weniger Verletzungen gab. Also versuchten wir es so weiter. Dann plötzlich war ein Gynäkologe da, sagte ich soll mich wieder auf den Rücken legen. Ich habe dies gar nicht wirklich wahrgenommen, mein Freund erzählte mir das später. Das CTG sackte ab und er ordnete die Saugglocke an. Ich schrie nur "nein". Dann nahm er eben die Zange. Als dann die Zange in mir war, wollte er wohl die Schere holen für einen Dammschnitt. In dem Augenblick (15 Uhr) kam mein Sohn rausgeschlossen; mit der Hand neben dem Gesicht. Niemand war da um meinen Damm zu schützen. Ich bin komplett(!) gerissen und wurde sofort in den Operationstrakt gebracht, wo ich zwei Stunden genäht wurde. Ich weiss noch, wie er mir dann sagte, dass es möglich ist, dass ich für immer inkontinent sein werde. Erst dannach durfte ich endlich meinen wunderschönen und kerngesunden Sohn kennenlernen.

Jetzt begann der richtige Albtraum: die Wunde infizierte sich. An Heilung war monatelang nicht zu denken. Meine Frauenärztin weigerte sich, mich zu behandeln und wies mich wieder ans Krankenhaus: die sollen schauen, was sie da angerichtet haben. Im mittlerweile verhassten Krankenhaus wurde ich wochenlang von einer ahnungslosen Assistenzärztin zur Nächsten gereicht. Behandelt wurde ich nicht wirklich und meine Fragen konnten sie auch nicht beantworten. Ich fühlte mich so hilflos und von den Ärzten im Stich gelassen. In dieser Zeit wollte ich nur noch sterben.

Mittlerweile ist das Ganze schon über ein Jahr her und es geht mir wieder gut. Der Körper braucht Zeit und kann viele Wunden heilen, jedoch leider nicht alle... Ich wünschte, ich hätte einfach einen Kaiserschnitt gemacht.

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Es tut mir sehr Leid, dass du so eine Erfahrung machen musstest...
Psychologische Unterstützung um das Ganze aufzuarbeiten kann sicherlich helfen.
Eine generelle Veurteilung einer "natürlichen" Geburt ab 35 Jahren ist allerdings Blödsinn. Ein Arzt mag diese Meinung vertreten, aber die Mehrheit sicherlich nicht und das zu Recht. Ein Kauserschnitt (auch ein geplanter) birgt immer noch mehr Risiken als eine vaginale Entbindung, hier u.a. zu nennen sind Anpassungsstörungen beim Kind, Wundheilungsstörungen, ein erhöhtes Risiko für Folgeschwangerschaften (Uterusruptur), Verwachsungsprobleme, lebensbedrohliche Fruchtwasserembolie, Nachblutungen ...
In deinem Fall hätte ein Kaiserschnitt möglicherweise zu weniger Problemen geführt, wissen kann man es nicht und deshalb eine generelle Aussage zu treffen ist schlichtweg falsch.
Ich wünsche dir für deine Aufarbeitung und das Leben mit deinem Kind alles Gute 🍀

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Kannst du deine Behauptungen auch wissenschaftlich belegen? Ich habe noch nie gelesen, dass ein KS mehr Langzeitfolgen hat als einen Spontangeburt.

Welche Quellen hast du?

Das Problem ist, dass es vielen Frauen peinlich ist über die Langzeitschäden der Spontangeburt zu reden: Harninkontinenz, Stuhlinkontinenz, Verdauungsprobleme durch die BB-Senkung, Organsenkungen, weniger Gefühl beim Sex da man weiter ist...

Es gibt Frauen, die erleiden einen Abriss des Levator ani (ein wichtiger BB-Muskel). Die können überhaupt keinen Sport mehr machen, geschweige den der Haushalt wird zum Problem...

Ich glaube, dass beide Geburtswege Risiken haben und man nicht pauschal sagen kann, dass KS mehr Risiken hätte

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Es tut mir sehr leid, was du durchmachen musstest bzw. noch musst.

Ja, es gibt schlimme Geburten, die müssen nicht immer nur körperlich schlimm sein, auch auf dem Papier völlig normale Geburten können in einem Trauma enden.
Aber gerade, wenn so viel interveniert wird, wie bei dir und dann auch noch im Nachhinein so viel schief läuft, ist ein Trauma absolut nachvollziehbar.
Ich hatte auch eine traumatische erste Geburt im Krankenhaus und kann dir etwas Mut machen. Meine zweite (Haus-)Geburt hat mich für alles entschädigt, was bei der ersten schief lief. (Meinen Bericht hab ich gestern hier veröffentlicht).

Ich weiß nicht, was für dich der richtige Weg ist, vielleicht tatsächlich ein geplanter KS beim nächsten Mal. Wenn ihr überhaupt noch Kinder wollt. Aber auf jeden Fall würde ich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, denn ich lese (verständlicherweise) noch viel Wut in deinem Bericht. Das muss nicht unbedingt ein Psychiater sein. Es gibt auch Hebammen mit Extraausbildung. Das war für mich die richtige Ansprechperson, weil sie einfach wusste, was bei Geburten passieren kann und ich nicht glaube, dass jemand, der keine Geburten erlebt hat, wirklich nachvollziehen kann, was da psychisch passieren kann.

Ich wünsche dir, dass du ganz bald das Thema aufarbeiten kannst und freue mich für dich, dass du mit diesem Bericht schon den ersten Schritt gewagt hast, nach der langen Zeit 😘
Alles Gute für dich und deine kleine Familie 🍀

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Welche werdende Mutter möchte denn mit Horrorstories über mögliche Risiken traktiert werden? Jeder wweiß normalerweise, dass eine Geburt ein hohes Risiko birgt. In der Vergangenheit und in manchen Ländern sogar ein nicht geringes Sterberisiko.
Die Medizin hat Geburten sicherer gemacht. Garantien gibt es keine.
Würde man sich nun so bewusst mit den Risiken befassen, dann wäre man ja total verkrampft und es käme womöglich umso schlimmer.
Viele Mütter blenden die Risiken auch bewusst aus. Ansonsten würden nicht noch so viele den Weg einer Hausgeburt oder eines Geburtshauses wählen.

Es ist schlimm, was dir passiert ist. Hier gab es Komplikationen, dann ist was ganz dummes passiert und dann kam bestimmt noch eine ganz große Portion menschlichen Versagens seitens der Ärzte dazu.

Das was du beschreibst, ist zum Glück nicht der Normalfall. Bei Kaiserschnitten gibt es übrigens auch eine nicht geringe Liste an Risiken, über diese wird man dann zwar aufgeklärt, da es ein geplanter Eingriff ist, im "nicht Normalfall" kann es einen aber ebenfalls ganz schön hart treffen.

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Genau so ist es. Ich habe während der Geburt mit einem Schwall 700ml Blut verloren- es war harmlos. In einem Geburtshaus bzw zu Hause hätte ich dann ein Problem gehabt.

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Hi,
es gibt gute Geburtsvorbereitungskurse und eben auch schlechte.

Ich hatte eine ehrliche Hebamme, der es wichtig ist, Mutter und Kind, gesund aus der Geburt zu bekommen, und da gab es die Hebamme meiner Schwägerin, der es wichtig war, das es kein Kaiserschnitt gibt, "egal" wie es kommt.

Meine klärte auf, zeigte Bilder, Videos. Sie sprach davon, daß es in jedem 2. Kurs spätestens eine stille Geburt gibt, und auch Frühchen. Sie zeigte die Saugglocke, Zange usw.

Wir haben hier in der Gegend, noch nie viele Hebammen gehabt, aber eine war auch zu "es geht alles gut". Dort gingen die Frauen oft beim 1. Kind zum Geburtsvorbereitungskurs. Lernten sie dann im KH "meine" kennen, nahmen sie bei der 2.,diese. Weil die auch über die unangenehmen Sachen aufklärte. Es geht nämlich nicht immer gut. Oder es gibt Komplikationen, aber wenn man schonmal gehört hat, was man dann wählen kann, ist man nicht so überrascht, als wenn man noch nie was davon gehört hat.

Ich finde eine gute Hebamme wichtig.

ich finde auch wichtig, wenn nicht alles "schön" geredet wird. Viele sind dann entsetzt von der Realität. Nach dem Motto "die Babys schlafen doch den ganzen Tag am Anfang", warum meines nicht. Warum kann ich nicht stillen, ich habe doch 2 Brüste. Warum bin ich schwanger geworden? Ich stille doch noch?

Deine Geburt war nicht schön ! Da gibt es viel aufzuarbeiten für Dich. Warst Du in einem Geburtsvorbereitungskurs? Was sagt deine Hebamme? Sag ihr, was Dir gefehlt hat, im GVK!

Gruß

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Hallo,
Deine Erfahrungen klingen wirklich schlimm. Ich würde dir raten das ganze mit professioneller Hilfe zu verarbeiten. Außerdem würde ich das Geburtsjournal anfordern (die komplette Akte mit allen Unterlagen) und mit einem Anwalt überlegen, ob da so richtig vorgegangen wurde.

Dass die Hebamme deine Wünsche nicht respektiert hat und dich nicht informiert hat klingt nicht gut. Schwarzes Fruchtwasser Klingt für mich als Laien extrem ungesund.
Wie geht es dir denn jetzt körperlich?

Alles Gute 🍀

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Was du meinst ist der Geburtsverlaufsbericht. :-)

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"Aber wer sucht schon nach solchen Informationen vor seiner ersten Geburt?"

Ehrlich gesagt wundert es mich, dass die allermeisten sich scheinbar nicht informieren, was da alles mit dem Körper passieren kann.

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Ja wer möchte denn sowas lesen/hören? Man bekommt so schon ungefragt ständig Horrorszenarien erzählt, wer möchte denn da noch etwas dazu lesen? Ich z.B habe mich gut informiert und war am Ende völlig schockiert über das was alles passiert ist. Das hört sich sehr vorwurfsvoll an was du da schreibst, ein bisschen Mitgefühl wäre da angebrachter.

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Ich danke euch allen für eure Antworten. Einige nehme ich mir wirklich zu Herzen für die Verarbeitung.

Hier wird einfach oft die natürliche Geburt glorifiziert und gewünscht. In einem Spital entscheidet aber der Arzt, ob eingegriffen wird, die Frau ist da wehrlos, der Zettel mit Geburtsplan interessiert niemanden und mit den Konsequenzen muss sie dann Leben. Der Arzt sagt vielleicht «ups», was interessiert ihn das schon!?

Wenn jetzt eine Frau aber von einer natürlichen/vaginalen Geburt überzeugt ist und mögliche Folgen kennt (z.B. Senkungen, Gebärmutter und Blase fällt zur Scheide raus, Urin- und Stuhlinkontinenz, jahrelang Schmerzen beim Sex), dann kann sie ja durchaus darauf bestehen. Aber einer Frau, die Zweifel hat, einem KS nicht abgeneigt ist und mit den genannten Problemen nicht leben möchte, die sollte vielleicht auf ihre innere Stimme hören und auf einen KS bestehen. Ein Kind profitiert mehr von einer gesunden Mama als von einer erzwungenen Passage durch den Geburtskanal. Anpassungsstörungen sind wohl eher folge einer unreifen Geburt und nicht eines KS

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So sehe ich das auch- die Frauen sollten über ihren Körper mehr entschheiden dürfen und besser aufgeklärt werden. Eben weil Geburten keine so einfache Sachen sind, und doch finde ich tun viele so. Nur weil viele Menschen Kinder bekommen wird das als "natürlichste Sache" der Welt angepriesen, obwohl schon einige Probleme und ja sogar gefährliche Dinge passieren können.
Faktisch ist es natürlich tatsächlich so dass die Gesamtmortalität und -morbidität bei einem Kaiserschnitt höher ist, aber die Frage ist ja auch für wen was wie schlimm ist, also subjektiv...zB. eine INkontinenz.

LG und alles Gute

Es tut mir leid was du durchmachen musstest!

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Ich stimme absolut zu. Leider werden natürliche Geburten glorifiziert und auch die Kliniken dazu angehalten, eine möglichst geringe Kaiserschnittrate zu haben. Vor einem Kaiserschnitt werden einem ausführlich die möglichen Komplikationen erläutert - vor einer natürlichen Geburt meist nicht! Ich würde mir wünschen, wir Frauen würden neutral aufgeklärt werden über pro und contra für beide Entbindungsmethoden und frei entscheiden können.

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