Schöne, erste Geburt im Geburtshaus

Kaum zu glauben, aber die Geburt meiner Tochter ist bereits fast sechs Jahre her und ich denke noch heute gerne an diesen Tag, an diese Erfahrung zurück. Je näher ihr Geburtstag rückt, desto häufiger muss ich die letzte Zeit daran denken, vielleicht wegen der bevorstehenden Einschulung dieses Jahr.
Auch wenn sie schon lange kein Baby mehr, ist dies doch ein riesiger Entwicklungsschritt und ich merke momentan praktisch täglich, wie ihr Kopf arbeitet.

Da ich selber auch so gerne Geburtsberichte gelesen habe, als ich schwanger war, dachte ich, ich berichte auch mal - nach dem Motto: Besser spät, als nie. ;-)


Ein wenig zur Vorgeschichte - Die Schwangerschaft lief so na ja. Zwischenblutungen, Verdacht auf Eileiterschwangerschaft, eingeklemmter Nerv, übermäßige Übelkeit (nur in den ersten drei Monaten? Nix da, fast durchgängig fühlte ich mich wie seekrank) und die Sorge der Unterversorgung (unbegründet, sie war einfach nur winzig, so wie ich).

Aber so anstrengend es war, sobald ich die Bewegungen spüren konnte, war ich mit allem getröstet. Keine Ahnung wieso, aber ich hatte eine Art innerliche Gewissheit, dass die Geburt gut werden würde. Und ich habe es auch herbeigesehnt, denn der Juni 2016 war so unglaublich heiß.. 😁



Wir haben ein paar Tage bei meinen Schwiegereltern verbracht, weil bei uns schon fast alles in Kartons verpackt war für den kommenden Umzug, sind aber am Sonntag nochmal in unsere Wohnung zurück.

Am Montagmorgen gegen 5 Uhr wachte ich zum ersten Mal auf - die Toilette rief. Danach legte ich mich wieder schlafen, um eine Stunde später wieder Pipi zu müssen. Nervig, aber noch nicht ungewöhnlich.
Wieder eine Stunde später merkte ich ein leichtes Ziehen im Unterbauch und Rücken, ein wenig Katze-Kuh, dann konnte ich weiterschlafen, aber beim nächsten Mal drehte sich auch mein Mann zu mir, bereits mit einem Grinsen auf dem Gesicht, ob er wohl bei der Arbeit anrufen und sich abmelden sollte.

Den Donnerstag zuvor hat mir aber der Kontrollbesuch bei meiner Ärztin einen Fehlalarm bezüglich Fruchtwasser eingebracht und ich wollte nicht umsonst alle anrufen. Wir gingen uns also erstmal anziehen und mit dem Hund raus. Auf der kleinen Runde freundete ich mich dann schon mal mit sämtlichen Zäunen und Straßenschildern an, um zu atmen. Es geht also wirklich los.
ABER - wir Erstgebärenden lernen ja Dank Kurs und Buch, das dauert alles noch! 😁
Mein Mann durfte bei der Arbeit anrufen und wir haben uns einen Film angemacht und geplant, wenn der zu Ende ist, mal zu schauen, ob wir bei meiner Hebamme anrufen.

Halbe Stunde und ungefähr 6 Veratmungsrunden später ging ich doch lieber schon einmal duschen, während Mann meine Schwiegermama (unser Fahrer) und im Geburtshaus anrief, wir sollten uns dort in einer Stunde treffen. Ich stand also in der Dusche, ein Bein auf dem Badewannenrand, mit Rasierer in der Hand, um alle drei Minuten mit der Hand zu fühlen, wo noch Haare sind (Frau will ja hübsch sein 😁) und Mann lief panisch in der Wohnung herum und trieb mich an, mich doch zu beeilen.
Ich weiß noch, wie ich komplett in mir geruht habe und schmunzeln musste, weil er so hilflos war, er, der sonst immer so ausgeglichen ist.

Auf dem Weg zum Geburtshaus plante ich dann allerdings den Mord am Straßenplaner - kann man bitte keine Kopfsteinpflaster dort hinlegen?! Aua!
Sobald wir dort angekommen sind, ging es uns allen besser. Mein Mann hat seine Ruhe wieder gefunden und war mir eine tolle Hilfe, indem er mir das Steißbein massiert hat und unsere liebe Freundin und Geburtsfotografin hatte uns Frühstück mitgebracht, sodass ich in den Wehenpausen erstmal was essen konnte.

Meine Hebamme hat zwischendurch mal nachgeschaut und ich war froh, als sie meinte, ich wäre ungefähr bei 6cm. Bisher fand ich alles schmerzhaft, aber komplett aushaltbar, wäre ich aber erst bei 2 oder so gewesen wäre ich wohl in Tränen ausgebrochen. So hat es mich und mein Vertrauen in meinen Körper sehr bestärkt. Mittlerweile war ich bei ungefähr alle 2 Minuten, mit etwas 1 Minute Pause dazwischen und meine Hebamme bot mir die Badewanne an.

Ich bin direkt rein, fand das Wasser auch angenehm, aber der Pool war einfach zu groß. Ich hab mich nicht sicher gefühlt, konnte keine gute Position finden, um die stärker werdenden Schmerzen veratmen  zu können und merkte, wie ich unruhig wurde. Also half mir mein Mann wieder heraus.
Auf dem Weg zurück zum Bett hatte ich plötzlich das Bedürfnis, auf die Toilette zu müssen, obwohl ich davon gelesen habe,  habe ich in diesem Moment nicht daran gedacht, dass es der Kopf meiner Tochter ist, der dort drückt.
Ein kleines Problem hatte ich von der Toilette  - natürlich unverrichteter Dinge - wieder herunter zu kommen, weil ich plötzlich gar keine Pause mehr hatte und eine Wehe auf die andere folgte.

Irgendwie schaffte ich es zurück zum Bett, wo mich plötzlich die Panik überrollte, irgendwas war anders, aber ich konnte es nicht greifen, ich hatte nur Angst auf einmal und war überfordert. Bis zu diesem Moment hatte sich meine Hebamme komplett rausgehalten und mich und meinen Mann machen lassen, jetzt merkte sie, dass wir - ich - sie brauchen und das war toll. Sie beruhigte mich und sprach mir Mut zu.

Nachdem der Kopf meiner Tochter mehrfach im Vierfüßler zurückgeflutscht ist (Aua!), wechselten wir die Position. Mein Mann sollte sich hinter mich stellen, mich von hinten unter den Armen halten und bei der Wehe ging ich in die Hocke, sodass er mein Gewicht halten konnte. Ein paar sehr laute, tiefe Töne (So was kann ich?) von mir und ich merkte, wie der Kopf geboren wurde.
Das Gefühl der Erleichterung war überwältigend,  gefolgt von Ungeduld, es kam nämlich keine Wehe mehr, also drückte ich einfach so weiter und meine Tochter rutschte in die Hände meiner Hebamme. Sie drehte sie und legte sie vor mir auf den Boden, sodass ich sie mir nehmen konnte. Zusammen mit ihr und meinem Mann legte ich mich in das Bett und waren erstmal einfach nur sprachlos, ob der Erfahrung, die wir gerade erlebt haben.
Während die Nabelschnur auspulsierte, suchte unsere Tochter bereits nach meiner Brust.

Eine Weile durften wir kuscheln, dann durchtrennte mein Mann die Nabelschnur. Mit ein wenig rumzuppeln kam auch noch die Plazenta aus mir raus und konnten sie uns in Ruhe erklären lassen. Die zweite Hebamme kam zu spät, weil es doch so flott ging und füllte währenddessen die Papiere aus. Beim anschließenden Duschen machte mein Kreislauf etwas schlapp, sodass ich das im Sitzen erledigte.

Nach zwei Stunden verließen wir überglücklich das Geburtshaus, um zu der frischgebackenen Oma zu fahren (Opa holte ab), weil bei uns ja schon alles in Kartons verstaut war, durften wir uns dort eine Woche umsorgen lassen bis wir in unsere neue Wohnung konnten.


Ich habe keine Glöckchen und Engelsgesänge gehört ;-), aber bekomme jedes Mal vor Ehrfurcht Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie unglaublich so eine Geburt einfach ist.
Auch heute schaue ich manchmal meine Tochter an und fühle, wie sehr sich die Liebe, die immer da ist, in manchen Momenten unermesslich ausdehnt und ich an diese ersten Stunden zurückdenken muss. An diese plötzliche Angst, ob der riesigen Verantwortung, der starke Wunsch, diesem winzigen Wesen auf den Weg zu einem glücklichen Erwachsenen zu begleiten, diese Irritation, dass der Bauch leer und dieses Bündel ein echter Mensch ist, das Gefühl, der Verbundenheit, obwohl wir uns ja kaum kannten.
 
Wieviele Bücher, Blogs ich gelesen, Videos ich gesehen habe, darauf hat mich nichts vorbereiten können, aber vermutlich macht es das auch so besonders,  dass man es einfach selbst erleben muss und es auch dann einfach jeder anders empfindet.

Ist ziemlich lang geworden, falls Jemand bis hier gelesen hat - vielen Dank und hab' noch einen schönen Tag! 😊

1

Du hast deine Erfahrungen/Geschichte in sehr schöne Worte gefasst. Das eine bestimmte Gefühl,hat man wirklich nur, wenn man es selbst schon mal erlebt hat...
Ich wünsche dir alles Gute 💐

2

Oh mann wie schön sich das liest.
Stehe kurz vor der Geburt unserer Tochter und hatte jetzt echt Tränen in den Augen.
Danke dafür ❤

3

Ich danke dir. 😊 Genieße die letzten Bewegungen, so sehr ich die Geburt herbei gesehnt habe, so sehr habe ich das doch vermisst als mein Bauch leer war. Aber es war toll nicht mehr überall gegen zu stoßen 😂

4

Auf Beschwerdefreies aufstehen freue ich mich 🤣 fühl mich mittlerweile wie ein Waal 🤣

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6

Oh wow… so rührend 🥲
Danke für diesen wundervollen Bericht. Auch wenn er so viele nach der Geburt geschrieben ist, merkt man trotzdem, wie sehr du bei dir warst und welch ein erfüllendes Erlebnis die Geburt für dich war. Nicht zu vergessen, wie sehr du dein Kind liebst. Wundervoll… vielen Dank und alles alles Liebe für euch 🍀❤️

Lotti 🤰🏼12+1🍀🙏🏻

7

Es freut mich, dass er das rüberbringen konnte. Danke für die netten Worte und dir auch alles Gute!

8

So eine schöne Geburt. Ich hoffe meine zweite wird genau so 😍

9

Wann ist es denn bei dir so weit? Wünsche euch alles Gute 😊