Traumgeburt, friedlich, wunderschön... all das war es bei uns nicht. Wahrscheinlich auch nicht die schlimmste Geburt der Menschheitsgeschichte, trotzdem mein persönlicher Albtraum und eine Erfahrung die ich nie wiederholen will und werde.
Ich bin überhaupt kein schmerzempfindlicher Mensch, deshalb dachte ich mir immer "eine Geburt? das ist nur halb so schlimm, schaff ich mit links".
Natürlich war mir klar, dass es wehtun wird, aber ich war wirklich davon überzeugt, dass es (gut) aushaltbar wird und ich es zumindest am Anfang sogar genießen kann.
Da ich eine Wasserratte bin, hätte ich mir auch eine Geburt in der Wanne gut vorstellen können, wollte mich aber nicht festlegen. Alles wäre okay gewesen - Hauptsache nicht im liegen! So dachte ich.
Samstag morgen um 4:40Uhr (39+2 ssw) wache ich von Schmerzen auf. Ich dachte mir erstmal nichts dabei, weil mittlerweile immer mal irgendwas wehtat. Auch wenn dieser Schmerz schon fießer war als üblich. Ich stöhnte etwas auf. Mein Mann (schon die ganzen Tage immer auf der Lauer wann es endlich losgeht) schreckte sofort hoch und fragte ob wir ins Krankenhaus müssen. Da dachte ich noch "Blödsinn" die kommt nicht vor ET und das war bestimmt keine Wehe.
Dann wieder dieser Schmerz und zum ersten Mal der Gedanke "oder etwa doch?".
Ich startete die Wehenzähler-App. Wehen alle 1,5 - 3 Minuten. Baden gehen um zu gucken ob es echte Wehen sind? Das klingt wie ein blöder Scherz, da jetzt schmerztechnisch schon undenkbar. Ins Krankenhaus will ich aber auch nicht, weil ich einfach nicht glauben konnte, dass es Wehen sind. Bis dato hatte ich weder Senk- noch Übungswehen. Ich fing an mich zu übergeben zwischen den Wehen (also in diesen kurzen Pausen in der sich andere angeblich noch normal unterhalten können). Ich versuchte mich zu entspannen, Musik laut aufdrehen, durch die Gegend wackeln, sitzen, liegen, stehen, tanzen... nichts half. Also doch ab ins Krankenhaus.
Angekommen im Krankenhaus, um 6:30 Uhr, merkte man der dort anwesenden Hebamme schon an, dass es jetzt gerade mal so gar nicht passt und sie schon ziemlich gestresst sind. Aber gut, irgendwie ein Raum organisiert und ab ans CTG an dem ich für ne Stunde alleine gelassen wurde. Wehen, gefühlt ohne Pause und falls mal eine Pause da war musste ich mich ständig übergeben. Die Schmerzen waren für mich schon jetzt (!!!!) unerträglich. Also sollte ich schmerzstillende Zäpchen bekommen, selbst das dauerte nochmal eine Stunde. Gebracht hat es absolut gar nichts. Mumu gerade mal 1,5cm geöffnet (wie kann das sein, ich war richtig enttäuscht). Veratmen hat auch so gar nicht geklappt, am liebsten hätte ich nur noch gebrüllt.
Ich konnte mich kaum mehr von a nach b bewegen. Ich wollte nur noch liegen und dass das ganze ganz schnell aufhört. Ich wurde noch zum Arzt geschickt und ehrlichgesagt war alles nur noch ein "irgendwie funktionieren". So richtig wahrgenommen habe ich nichts mehr. Also keine Ahnung, was der Arzt dort überhaupt untersucht hat. Mir wurde aber ein Zugang gelegt.
Zurück im Kreißsaal, war kein Zimmer mehr frei und ich wurde auf die Wochenbett-Station geschickt um mein Zimmer schon mal zu beziehen. Da habe ich es natürlich nicht lange ausgehalten und ich wollte einfach etwas gegen diese Schmerzen haben. Also zurück zum Kreißsaal gekrochen. Dort wurden mittlerweile die Frauen mit Wehen schon nach Hause geschickt, weil es einfach zu voll war. Ich musste draußen warten bis ein Zimmer gefunden wurde. Über eine Stunde mussten wir also auf dem Gang vor dem Kreißsaal warten, mit Schmerzen die direkt aus der Hölle kommen mussten und mit meinem "Kotz-Beutel" als ständigen, treuen Begleiter. Mittlerweile waren es fast 11 Uhr (wo ist die Zeit nur hin?).
Ich kam in eine Art Abstellzimmer und nochmal ans CTG. Die Hebamme war nur kurz im Raum und verabschiedete sich mit den Worten "bin gleich zurück mit Schmerzmitteln für die Infusion". Gleich... "Gleich" ist ein dehnbar Begriff. In diesem Fall bedeutete es wieder eine Stunde.
Da lag ich also, vor Schmerzen absolut nicht mehr Bewegungsfähig und kraftlos, mit Fieber und gefühlt einer Magen-Darm Grippe die man nicht mehr unter Kontrolle hat. Einfach nur elendig. Die Hebamme habe ich in den ganzen Stunden die wir schon im Krankenhaus waren, in total vielleicht 15 Minuten gesehen. Also fühlte ich mich noch dazu allein gelassen.
Als die Hebamme mit den Schmerzmitteln zurück war, kontrollierte sie auch nochmal den Mumu, mittlerweile 8cm geöffnet. Immerhin. Nun sollte ich in den Kreißsaal, nur war noch kein Zimmer frei, aber sie würden sich beeilen eins aufzuräumen "damit ich das Kind nicht in der Abstellkammer bekommen muss".
Achso, die Infusion mit Schmerzmitteln hat natürlich auch genau 0 geholfen.
Dann endlich konnte ich in den Kreißsaal. Mittlerweile 13Uhr. Dann wurde mir zum ersten Mal eine PDA angeboten (na endlich!) Nur um mir dann doch zu sagen, dass dies nicht möglich ist.
Mittlerweile war dort eine neue Hebamme, wobei ich wirklich nichts mehr um mich herum wahrgenommen habe. Ich weiß, dass ich meinen Mann noch gebeten habe, mich bitte jetzt sofort umzubringen weil ich keine Sekunde länger mehr aushalte. Ich war nur noch am weinen, kotzen (sorry, für die Ausdrucksweise) und am schreien.
Die Hebamme hat mich zusammen mit meinem Mann auf die Seite gelegt, alleine konnte ich gar nichts mehr und ich wollte auch nicht mehr. Mir wäre es wirklich lieber gewesen tot zu sein.
Die Fruchtblase war noch nicht geplatzt und ich hatte das Gefühl, das jeder nur darauf wartet. Der Mumu war mittlerweile komplett geöffnet.
Um 14 Uhr ist dann auch endlich die Fruchtblase geplatzt und die Presswehen begannen. Da ich nur noch wollte, das alles endet habe ich die letzten Kraftreserven zusammengenommen und mein bestes (das war nicht viel) gegeben. Es war schmerzhaft aber angenehmer, einfach weil ich wusste, es ist bald vorbei und ich konnte aktiv mithelfen.
Um 14:28 Uhr war unsere kleine dann geboren. Während der Geburt dachte ich tatsächlich, dass ich dieses Kind nicht annehmen werden kann. Ich wollte damit nichts zutun haben (so hart das klingt), aber ich habe mir gewünscht, niemals schwanger geworden zu sein.
Als die kleine da war, war da kein Gedanke mehr in meinem Kopf, es war einfach nur ein Gefühl. Ein Gefühl von bedingungsloser Liebe und "Du bist das beste und schönste was ich je gesehen habe und ich werde dich nie wieder loslassen".
Zumindest in dem Moment waren alle Strapazen und Schmerzen vergessen. Sie wurde mir sofort zum kuscheln auf die Brust gelegt und ich wollte dort nie wieder weg.
Die Hebamme und Ärztin guckten sich mittlerweile meine Plazenta an, redeten von zu viel Blutverlust und dass die Plazenta nicht gut aussieht. Mir war in dem Moment einfach alles komplett egal, Hauptsache die kleine war da, es war vorbei und es ging ihr gut.
Es wurde dann nur etwas hektisch. Ich musste sofort in den OP und wegen dem Blutverlust und da die Blutung nicht stoppte, musste das alles passieren mit möglichst wenig Bewegung meinerseits. Im OP waren bestimmt 5 Ärzte und jeder redete mit mir und versuchte mir zu erklären was da nun passiert. Also Plazentareste waren noch in der Gebärmutter und das heißt Ausschabung. Unter vollnarkose wurde ich dann auch genäht. Ich hatte einen hohen Scheidenriss, Dammriss 2. Grades, Atonie und einen Labienriss. Was mir alles herzlichst egal war und schmerzhaft war nichts davon. Bzw. habe ich unter der Geburt nichts davon gespürt.
Auch kam die kleine als Sternenguckerin zur Welt. Zum Glück immerhin ohne Saugglocke oder ähnlichem.
Festgestellt wurde das auch erst als sie schon fast da war. Aber da sie schon seit Wochen so liegt und ich es im US immer gesehen habe, kam das tatsächlich wenig überraschend für mich.
Wir durften dann nach der OP ziemlich direkt auf unser Zimmer und ich war einfach nur noch froh und dankbar für die kleine Maus.
Leider hatte sie dann eine Neugeboreneninfektion und musste verlegt werden. Also meine Maus, nicht mehr bei mir. Daran hatte ich extrem schwer zu knappern. Die kleine dann an den ganzen Kabeln zu sehen und nicht jede Sekunde bei ihr sein zu können... das hat mir wirklich mein Herz gebrochen.
Die erste Woche im Wochenbett war also der absolute Horror nach eine für mich auch Horrorgeburt.
Verdacht für mein Fieber während der Geburt und die Neugeboreneninfektion, war ein hoher Blasenriss der nicht bemerkt wurde. Sicher weiß man es aber nicht. Aber natürlich macht man sich Vorwürfe.
"War der vermehrte Ausfluss vielleicht doch Fruchtwasser und es ist alles meine Schuld?"
"Hätte ich gestern nicht mehr in den Pool gehen sollen?"
"Hab ich mir vielleicht eine Magen-Darm Grippe eingefangen die ich hätte verhindern können?" ...
Ich weiß, dass andere Mütter noch viel schlimmeres durchmachen, auch während der Geburt. Das will und kann ich mir gar nicht vorstellen.
Ich muss tatsächlich schon diese Geburt erstmal verarbeiten und hab damit zu kämpfen obwohl es eben vergleichsweise harmlos klingt.
Meine Hebamme meinte später zu mir als sie sich den Mutterpass anschaute, dass ich hier jetzt nicht mehr sitzen würde wenn die Ärzte nicht schnell reagiert hätten und die OP so schnell stattgefunden hätte. Das so zu hören war auch nochmal ein komisches Gefühl. Ehrlicherweise habe ich mich bis heute nicht genauer damit beschäftigt, was genau alles gemacht wurde und was alles doof gelaufen ist.
Das positive: wenn meine Maus jetzt die ganze Nacht durch schreit oder Party macht, erinnere ich mich daran, dass ich dieses kleine Monster über alles liebe und niemals austauschen würde, ganz egal wie wenig Schlaf ich bekomme und wie sehr es an den Nerven zerrt. Ich bin sehr dankbar hier mit ihr im Arm knuddeln zu dürfen. Gesund.
Einmal und nie wieder - Geburtsbericht (nicht positiv)
Oh je, was du alles durchhalten musstest! Aber vielen Dank für den ausführlichen Bericht, insgeheim denke ich, dass das alles so eher „normal“ ist - Schmerzen, übervolles Krankenhaus wegen Petsonalmangel etc… Und du hast ganz sicher nichts falsch gemacht!
Atonie sagt mir was. Die Gebärmutter zieht sich nicht zusammen und es verursacht Blutverlust. Ich werde das als Risiko nach meinem Kaiserschnitt haben (wegen großem Myom), bin erst in der 23 ssw. Hoffentlich werden meine Ärzte darauf vorbereitet sein. Habe Angst, meine Gebärmutter zu verlieren. Dass man daran verstirbt, ist zwar auch nicht ausgeschlossen, aber heutzutage doch recht selten.
Hey,
Ja ich sehe es tatsächlich auch als durchschnittliche "normale" Geburt auf die ich einfach nicht vorbereitet war und im Zusammenhang mit der Neugeboreninfektion danach dann in meinem Kopf als Horror abgespeichert wurde 😄 deswegen ja auch nur mein persönlicher Horror, für andere vielleicht normal.
Ja genau, die Ärzte wissen heute eigentlich genau was sie tun und ich denke auch hier ist es eher ein "Standart-Eingriff". In dem Moment kann man eh nichts anderes außer den Ärzten zu vertrauen.
Ich wünsche dir auf jeden Fall auch alles gute für die Geburt 🍀 die Zeit verfliegt jetzt wahrscheinlich bis dahin.
"Normal" ist relativ.
Wenn ich von Frauen lese, die direkt nach der Geburt vom nächsten Kind träumen oder womöglich sogar wirklich direkt nachlegen oder die wenige Wochen nach Geburt ernsthaft Sport treiben, da denke ich immer, hmm, dann hattet ihr wohl ne leichtere Geburt als ich.
Und ich selbst bin schon mit unbemerktem Knochenbruch rumgelaufen - an der Schmerzempfindlichkeit kanns also kaum liegen 🤷
@Pomsky: tut mir leid für dich, dass du von Beginn an solche Schmerzen hattest. Bei mir war es umgekehrt - die Eröffnungsphase war zwar fies, aber aushaltbar, dafür die Pressphase zwei Stunden in der Hölle.
Dass dir vom Personal wegen Mangel an selbigem nicht geholfen werden konnte, tut mir echt leid. Eine PDA wäre sicherlich ein echter Segen gewesen.
Erstmal herzlichen Glückwunsch !!
Und es tut mir sehr leid für dich, dass das nicht so wie erwartet ablief :/..
Bezüglich der Schmerzen will ich aber nochmal etwas anmerken. Eine Freundin von mir hat kürzlich ihr 3. Kind bekommen und dachte sie sei ja ein „alter Hase“ und würde das locker über die Bühne bringen..
letztlich war aber auch dieses Kind ein sternengucker und sie meinte, dass die Schmerzen auf jeden Fall nicht vergleichbar waren und sie zwischendurch nicht wusste, was da eigentlich los ist weil sie auch so starke Schmerzen hatte!!
Fühl dich gedrückt und eine tolle Zeit mit deinem Zwerg :)
Ähnliches wollte ich auch schreiben. "Sternengucker" ist das Stichwort. Sei stolz auf dich, dass du das gemeistert hast, denn das war eben keine normale Geburtserfahrung.
Ich würde dir empfehlen, im Krankenhaus um eine Nachbesprechung der Geburt zu bitten. Das Personal kann dir bestimmt helfen, das alles einzuordnen und besser zu verarbeiten.
Alles Gute euch,
Und ich wünsche Dir, dass du dieses Trauma gut verarbeiteten kannst!
Danke für deinen Bericht.
Herzlichen Glückwunsch!
Mensch du hast einiges mitgemacht. Für eine Geburt muss man sich wohl fühlen, aber du hattest keinerlei Chance. Dein Umfeld war leider gar nicht dafür geeignet, du wurdest nur von A nach B geschoben und konntest gar nicht richtig ankommen. Zu allem Überfluss noch ein Sterngucker und die Infektion. Da kommt einiges zusammen das erst mal verarbeitet werden muss! Nimm dir die Zeit und bespreche es noch mal nach.
Für dich war es eine traumatische Erfahrung und es ist egal, das andere ggf noch eine schlimmere Geburt erlebt haben. Was zählt ist deine Empfindung!
Das mit Schmerzen war bei mir sehr ähnlich - schon bei 1 cm Muttermundöffnung konnte ich mich absolut nicht mehr bewegen und war kaum ansprechbar. Ich lag einfach auf dem Bett und nur noch geschrien.
Und als ich dachte, dass es schlimmer nicht mehr gehen kann kam die vorzeitige Plazentalösung und es wurde alles doch noch schlimmer - Schmerzen und dazu noch 2,5 Liter Blut. Am Ende hatte ich einen Notkaiserschnitt.
Ich lese, dass manche Frauen während der Geburt viel laufen um alles zu beschleunigen oder Badewanne nehmen oder sogar Wasser trinken, das alles war bei mir von Anfang an undenkbar.