Vaginale Zwillingsgeburt SL/BEL mit Unterstützung (Saugglocke, Entwicklung)

Unsere Zwillinge hatten sich großartig entwickelt, unkomplizierte Schwangerschaft, konkordantes Wachstum. Das führende Baby lag in Schädellage, das zweite in BEL. Ich war fit und bis zur 38. SSW gekommen und freute mich auf die Geburt.

Nachdem ich bei 37+5 in unserem Wunschkrankenhaus (kleine Klinik, wo ich eine Beleghebamme gehabt hätte) plötzlich gesagt bekam, dass man sich hier trotz bester Voraussetzungen die vaginale Geburt doch nicht zutrauen würde und ich einen Termin für den Kaiserschnitt bekam, war ich ziemlich verzweifelt.
Also Plan B, andere Klinik. Bei 37+6 dort vorgestellt, sie ließen sich auf die vaginale Geburt ein, und bei 38+0 platzte um 4 Uhr morgens die Fruchtblase.

Wir sollten zur Klinik kommen, ich hatte noch keine Wehen. Normalerweise ist dort die Geburtshilfe für den Fokus auf natürliche Geburtsverkäufe bekannt, doch bei Zwillingen waren alle sehr in dem Modus, "Dinge tun zu müssen", damit es vorangeht und schnell und sicher vorüber ist. Ich bekam Prostaglandine alle 2h zur Einleitung. Außerdem einen Einlauf. Wir ruhten uns noch aus, gingen spazieren. Es kamen irgendwann Wehen, die jedoch allen nicht regelmäßig genug waren und so wurde immer wieder nachdosiert. Schließlich hatte ich nach einem Spaziergang gar keine Pausen mehr. Das ständige CTG-Schreiben war furchtbar, weil mir mein Ischias zusätzlich zu den Wehen zu schaffen machte und ich es kaum aushielt, zu liegen. Untersuchung um 19 Uhr, Muttermund kaum auffindbar und max 1-2 Finger offen. Nach einem weiteren CTG bat ich um ein Entspannungsbad. Dort wurden die Wehen deutlich entzerrt, besser auszuhalten, ich konnte zwischendurxh halbwegs entspannen. Nach 2h kam die Hebamme und wollte mir Opiate oder so geben, damit ich nochmal schlafen können. Vorher ging es aber in den Kreissaal, um einmal zu untersuchen. Siehe da, im Bad hatte sich der MuMu auf 6cm geöffnet und ich durfte dort im Kreißsaal bleiben und weitermachen. Nicht lange und ich merkte beim Veratmen im Stehen, dass ich pressen musste. Durfte ich aber noch nicht und musste für eine sehr lange Zeit den Pressdrang wegatmen, weil der MuMu noch nicht vollständig war. Die Hebamme turnte mit mir verschiedene Positionen durch. Irgendwann untersuchte die Ärztin, schob das letzte Stück Muttermundrand beiseite und leitete mich in Rückenlage an, zu pressen. Ich bekam einen Wehentropf für mehr Wumms, der ständig hochgeschraubt wurde. Es waren zwei Hebammen, zwei Ärztinnen und eine Kinderärztin anwesend.

Das erste Kind schaffte es bis Beckenausgang, dann kam eine Saugglocke zum Einsatz, wegen auffälliger Herztöne. Die Ärztin zog mich auseinander, gab mir eine Betäubungsspritze in den Damm. Mit ganzer Kraft schob ich mit und sie kam fit zur Welt und auf meine Brust. Dammriss 2. Grades, hatte davon aber nichts gemerkt bei all der Action. Der Wehentropf wurde hochgejagt, die Fruchtblase von Kind 2 eröffnet, Kind 1 ging zum Papa und ich merkte wieder Wehen.

Kind 2 war in völliger Fußlage. Da ich auf dem Rücken lag, musste die Ärztin Spezialhandgriffe anwenden, zog die an den Füßen herunter, riss die Beine in verschiedene Richtungen, drehte sie am Po, sodass der Kopf durchs Becken kam. Die Beine und der Po waren ganz blau danach. Ich bekam wenig mit davon, aber mein Partner meinte, es sah brutal aus. Ich presste mit, wie es nur ging. Sie brauchte einen Moment, um sich zu berappeln, aber atmete dann. Beide kamen zu mir. Die Platzenten kamen mit etwas Druck auf die Gebärmutter und Zug an den Nabelschnüren fix hinterher.

Alle waren wohlauf, beide Kinder wogen ca. 2800g, und doch war die Geburt deutlich interventionsreicher, als ich mir das vorgestellt und gewünscht hatte. Auch dass ich auf meine Beleghebamme Last Minute verzichten musste und das Personal mich dort in der Klinik eher pathologisierte, schmerzte etwas. Der Bonding-Moment war jetzt auch nicht so Bilderbuch-mäßig. Ich war fasziniert und erleichtert, aber nicht von Liebe überschwemmt. Das entwickelt sich jetzt eher Stück für Stück.
Dennoch bin ich super dankbar, dass es mir ermöglicht wurde, vaginal zu gebären. Es war keine Traumgeburt, aber auch nicht traumatisch. Ich konnte mit allem gut umgehen.

Leider ist man als Zwillingsgebärende/BEL-Gebärende immer ein Risiko und wird entsprechend lieber mehr behandelt als zu wenig. Dennoch möchte ich allen werdenden Zwillingsmamas Mut machen, dass es sich lohnt, für den Wunsch nach einer vaginalen Geburt einzustehen (wenn man das möchte). Sich aber auch mit den möglichen Interventionen und den eigenen Wünschen gut auseinander zu setzen, um mit allem gut umgehen zu können.

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Hallo rhabarber,

Da haben wir ja recht ähnliche Erfahrungen. Ich habe Zwillinge in der 37 ssw entbunden nach Einleitung. Zwilling 1 SL und Zwilling 2 BEL. Z2 wurde dann 30 Minuten nach Geburt von Z1 an den Füßen rausgezogen als es schon um Notkaiserschnitt ging. Sie wurde mir nicht mal richtig gezeigt, musste sofort abgesaugt werden und hat lange noch gelitten und viel geschrien dir ersten Monate.Ich habe sehr viel Blut verloren und musste danach nochmal in den OP. Meine Zwillinge konnte ich die ersten Tage nicht betreuen oder versorgen.
Meine Erkenntnis ist daher eher nicht auf Teufel komm raus auf eine vaginale Geburt zu bestehen. Ich würde mit meinem heutigen Wissen mich nicht nochmal für eine Vaginale Geburt entscheiden unter solchen Voraussetzungen. Wir tragen große Verantwortung für unsere Kinder und das beginnt mit der Schwangerschaft und bedeutet auch bei der Geburt nicht nur an seine Wünsche zu denken, sondern alle Risiken abzuwägen.

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Hallo Cosmic,

danke fürs Teilen deiner Erfahrung. Es tut mir leid, dass das bei dir so beschissen lief am Ende :/
Selbstverständlich, eine Geburt ist immer eine Abwägung von Risiken und niemand gefährdet freiwillig seine Kinder. Gleichzeitig lässt sich eine Geburt nie vollständig vorhersehen oder planen. Auf ärztlichen Rat zu hören ist daher unumlässlich und der Grund, warum ich mich nicht für eine Alleingeburt im Wald, sondern die Geburt in einem erfahrenen Krankhaus entschieden habe mit Ärzt*innen, die sich die Situation klar zutrauen. Ich bin einfach dankbar, dass alles gut funktioniert hat, ich denke für mich war es das bestmögliche Outcome unter den Umständen.

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Gratulation 🎉 und danke für deinen Bericht.

Ich bin zwar nicht schwanger mit zwillingen aber auch eine Verfechterin der vaginalen Geburt.
Mein 2. Sohn lag in BEL und ich habe es 6h versucht bis die Herztöne weg waren - mein Arzt hat mich darin bestärkt es normal zu versuchen da ich schon ein Kind normal bekommen habe - leider endetet es in einer Not-Sectio.

Jetzt bin ich wieder schwanger - 3 Jahre nach der sectio - und ich darf wieder normal in die Geburt gehen 🙏🏼 bin gerade 40+0

Ich bin fest davon überzeugt, dass es das beste für
Kind und Mama ist !

Danke für deinen Bericht 🙏🏼 wünsche euch eine schöne kennenlernzeit und viele viele kuschelstunden

Bearbeitet von Lausam