7 Monate nach Geburt geht es mir Immernoch schlecht

Im Juni 2024 ist meine zweite Tochter zur Welt gekommen. Im gleichen Krankenhaus in dem auch meine erste Tochter geboren wurde. Die erste Geburt war schön - eine liebe Hebammenschülerin die sich Zeit genommen hat und emphatisch war. Das tatsächliche zur Welt bringen hat dann jedoch die leitende Hebamme der Station übernommen - die nicht sehr emphatisch und sehr grob (Kristellern, drohen „wenn sie jetzt nicht richtig pressen holen wir die Saugglocke“) war - da dies aber nur die letzten Minuten waren fand ich die Geburt trotzdem schön.

Bei meiner zweiten Tochter war es anders. Blasensprung am frühen Morgen. Mein Mann fährt mich mit großer Tochter ins Krankenhaus. Ich muss da bleiben. Bekomme ein Zimmer, warte das Wehen einsetzen - alles ok soweit. Nachmittags dann ein Antibiotikum erhalten. Dann fingen die Wehen an schmerzhafter zu werden. Habe alles alleine in meinem Zimmer (nicht Kreissaal) veratmet. Um ca 16:45 Uhr kommen zwei Wehen die ich nicht mehr packe - mein Mann ist zu Hause bei unserer Großen. Ich also vor zur Stationsschwester. Stehe dort weinend- frage ob ich in den Kreissaal dürfe. Ja - durfte ich. Alleine - laufend. Den Weg aussenrum. Den kurzen Weg dürfe man mich nicht gehen lassen. Ich schleppe mich also in den Kreissaal. Muss wegen den Schmerzen anhalten und stehe weinend auf dem Flur. Ich schaffe es zu klingeln - keiner öffnet. Nochmals klingle ich. Endlich kommt jemand. Ich schaue die Frau an - die unemphatische Hebamme (Immernoch Leitung) die meine erste Tochter zur Welt gebracht hat. Ich werde untersucht. Es sind Presswehen. PDA - wie von mir gewünscht - nicht mehr möglich. Ich frage nach anderem Schmerzmittel. Ich versuche meinen Mann zu erreichen. Sobald meine Mutter bei uns zu Hause ist und auf unsere Große aufpasst kommt er. Ich knie auf dem Kreissaalbett. Immer wieder vaginale Untersuchung - ich weiß nicht genau was sie gemacht hat „unten rum“ - aber es tat unendlich weh. Gefühlt ständig ist sie mit ihrer Hand bei mir unten drin. Ich bettle sie an es zu lassen - bettle um Schmerzmittel. Bettle den dazugekommenen Gynäkologen an. Ich werde nur herablassend angeschaut. Als es der Hebamme anscheinend zu blöd wird fragt sie mich ob sie rausgehen sollen. Ich sage natürlich „nein“. Wir einigen uns auf einen Positionswechsel - ich habe das Gefühl ich muss mich übergeben und werde ohnmächtig. Es kommen Kommentare wie „sie gebären ein menschliches Wesen (ach, tatsächlich?) - keine Hand die meine hält. Ich schreie nur noch. Die Hebamme ist weiterhin ständig in mir drin. Ich versuche sie wegzutreten - schaffe es nicht. Um kurz nach 18 Uhr kommt meine Tochter zu Welt. Ich möchte sie nicht auf meiner Brust haben. Ich bin zu geschockt. Es fühlt sich nach nahtoderlebnis an. Ich muss genäht werden. Ich habe Angst. Ich möchte nicht mehr angefasst werden. Der Gynäkologe macht Druck „sie bluten alles voll“ - ich bitte in meiner Not die dazugekommene hebammenschülerin meine Hand zu halten - mein Mann ist noch nicht da. Sie kann nur kurz halten - dann muss sie etwas anderes machen. Ich fühle mich erniedrigt, vergewaltigt und denke nach 7 Monaten immer noch darüber nach. Bin ich keine gute Mutter, weil ich die Schmerzen nicht ausgehalten habe? Ich fühle mich immer noch erniedrigt. Kann die Blicke spüren und die gehässigen Kommentare hören. Ich hoffe nur das Hebamme und Gynäkologe mal in eine ähnliche Position kommen und das selbe fühlen …

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Ach herrje. Solche Kommentare gehen ja überhaupt gar nicht 😵

Ich unterstelle jetzt einfach mal, dass sie nicht zum Spaß in dich reingefasst hat. Es wird einen Grund gehabt haben.

Das hilft dir nur leider kein Stück weiter, wenn die Frau einfach so dermaßen unempathisch war und nicht mit dir gesprochen hat 😕

Bei mir gab es auch einen "manuellen Eingriff", es ist die Hölle, ich weiß. Aber während der Chefarzt eingriff, hatte ich ununterbrochen eine Hebamme bei mir am Kopfende, die mir gut zusprach. Für mich unvorstellbar, wie sich das ohne diesen Rückhalt anfühlen muss 😕

Du musst das unbedingt aufarbeiten. Du kannst bis zu 30 Jahre nach Geburt den Geburtsbericht einfordern. Du könntest den vor Ort besprechen, würde ich dir aber in dem Fall nicht empfehlen... Das Vertrauen ist weg.

Meine Nachsorgehebamme bietet so eine Aufarbeitung auch an. Vielleicht findest du eine liebe Hebamme, die das mit dir durchgeht?

Meine Nachsorgehebamme bietet auch eine "Wiederholung" des Geburtserlebnisses an. Frag mich nicht nach Details, aber man badet auf jeden Fall mit dem Baby und geht in entspannter Atmosphäre nochmal durch, als hätte man nochmal ein gemeinsames Geburtserlebnis.

Wünsche dir alles Gute, und dass deine seelischen Wunden heilen 🍀

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Danke dir. Also soweit ich das beurteilen kann, ging es meiner Tochter gut, sodass ich die Notwendigkeit dauerhaft ihre Hand in meinem Intimbereich zu haben stark anzweifle. Den Geburtsbericht habe ich angefordert - da stehe so Sachen drin wie „nach langem Kampf macht Patientin endlich dies oder das“ - also auch sehr „sachlich“ und „emphatisch“. Will mir das Ding nicht mehr ansehen. Gibt mir einfach wieder das Gefühl, dass ich zu schwach war oder etwas falsch gemacht habe. Mit meinem Umfeld kann ich nicht wirklich reden („Hauptsache dem Kind geht es gut“, „so sind Geburten nunmal“). Beim Krankenhaus habe ich mich tatsächlich nach meiner Entlassung beschwert. War allerdings kurz nach der Entbindung nicht bereit das weiter zu verfolgen. Nochmal diese Hebamme für eine Aussprache zu treffen würde ich auch nicht wollen. Ich habe dieses Forum jetzt einfach mal „missbraucht“ mir das von der Seele zu schreiben. Also nochmal Danke, dass du dir Zeit genommen hast das zu lesen!

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Hallo du,

ich umarme dich, ich kann deine Schmerzen, körperlich und seelisch so nachfühlen.
Was dir da passiert ist, ist so traurig. Es ist dir passiert, du trägst keinerlei Schuld und hast keinen Fehler gemacht. Als Frau zur Geburt vertrau ich doch dass ich gut aufgehoben bin und betreut werde. Mir ist bei meiner ersten Geburt auch etwas Schlimmes passiert und es hat sehr lange gedauert bis ich ohne Tränen von der Geburt erzählen konnte. Wie lange kann ich gar nicht sagen, langsam ist es besser geworden und nun ist es nur mehr eine dumpfe Erinnerung. Ich habe viel darüber geredet.
Deine beiden Töchter haben eine wunderbare starke, feinfühlige Mama.
Mir hat sehr geholfen von anderen Frauen zu lesen, die auch so etwas erleben mussten. Es gibt den Roses Revolution Day jedes Jahr am 25.11., auf Facebook gibt's eine Gruppe,da geht's um Gewalt unter der Geburt. Ich habe sogar schon einmal eine Rose 🌹 vor dem Krankenhaus abgelegt Bei mir war es auch die Leiterin der Hebammen.
Es ist schlimm und es ist gut wenn das aufgezeigt wird. Die Schülerin ist vielleicht auch ohnmächtig daneben gestanden und konnte sich nicht der mächtigen Leiterin widersetzen.wie auch immer ich wünsche dir dass der Schmerz verblasst, du darüber reden kannst, das Geschehene hinnehmen kannst und wieder zu dir findest.
Alles Liebe, eine Verbündete du bist nicht allein.

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Ich denke die Interventionen werden bitten Haus gewesen sein, aber: was auf keinen Fall geht sind: fehlende Aufklärung, ruhiger, wohlwollender Ton, Fragen.

Ich hatte tatsächlich eine schmerzhafte, sehr lange Geburt, eine PDA die nicht saß, null Schmerzlinderung, Kreisteller Handgriff durch eine Hebamme, Saugglocke, Scheidenriss und Dammschnitt, weil es am Ende um das Leben meines Kindes ging und für einen Kaiserschnitt war es schon zu weit (15 Minuten später geboren).

Aber: ich habe es nicht als traumatisch erlebt. Selbst als die Herztöne vom Kind abfielen, hielten alle inne und es wurde ganz still, und eine Hebamme nahm meine Hand und fragte "ich sehe dass du nicht mehr kannst - darf ich von oben mithelfen zu drücken? Ich werde mit dem Arm dies und das machen, ist das OK für dich?" Und ich bejahte nur, weil ich echt nicht mehr konnte. Es war ganz selbstbestimmt, es wurde mein Einverständnis erfragt. Das macht einen riesen Unterschied. Den Dammschnitt habe ich überhaupt nicht mitbekommen, da laut meiner jetzigen Hebamme das Köpfchen das Gewebe so unter Spannung setzte dass die Nerven quasi betäubt waren. Den Scheidenriss habe ich dadurch auch nicht wahrgenommen, ebenso wenig dass meine Blase voll war. Die Saugglocke war nötig da das Kind auch feststeckte, daher auch der Kristeller Handgriff, weil er bereits unter Sauerstoffmangel war, ich keine Wehen mehr hatte und keine Kraft mehr zu pressen. Kaiserschnitt und zurückziehen durch den Geburtskanal ging nicht mehr. Durch die liebevolle Art der Hebammen und der ruhigen, unhektischen Art des männlichen Arztes, der keine Panik verbreitet hat, obwohl eine Hebamme rausrannte (!) um ihn zu holen, war auch dies nicht unangenehm für mich.

Was würde ich in deinem Fall tun? Ich würde trotzdem das Qualitätsmanagement, was jedes Krankenhaus hat, in Anspruch nehmen. Du redest meist mit jmd anderen, und dies würde ich auch verlangen, außer du möchtest Kontakt mit der Hebamme. Du kannst aber auch mit jmd com Qualitätsmanagement reden und das Verhalten aufzeigen. Wenn du auch das nicht möchtest, kannst du auch einen Brief schreiben. Dieser darf ruhig formlos sein statt höflich, und die darfst alles niederschreiben was dich belastet hat, wie oben. Den Gedanken freien Lauf lassen.

Wichtig ist auch, das mit der Nachsorgehebamme noch al duchzusprechen. Ggf nach Adressen zur Hilfe fragen. Evtl Hausarzt und psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Das würde ich machen.

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Ich weiß nicht ob mein Vorschlag hilft, aber vielleicht ist es eine Idee einen Brief zu schreiben das du diese Erfahrung bereits 2x gemacht hast, beim zweiten Mal aber richtig übel und das du es so mehr als bescheiden findest wenn man mit Schwangeren so umgeht. Von wegen du blutest alles voll. Ja sorry ich nehm nen Stöpsel und unterbinde es oder drehe den Hahn zu?! Wie hättest du hier was ändern können. Ehrlich ich finde diesen Umgang grauenvoll und würde das auch dem Krankenhaus schreiben. Selbst wenn sich hinterher nichts ändern würde (was sicherlich traurig ist) aber vielleicht tut es dir gut diese Sachen auszusprechen an den richtigen Stellen.

Ela

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Hi,

deine Geburtserfahrung tut mir sehr leid!
Ich habe auch negative Erfahrungen machen müssen, obwohl weder der Kristeller Handgriff, noch die Saugglocke zum Einsatz kamen. Aber ganz viel Drohen und Vorschreiben, wie ich zu gebären habe und andere Interventionen die nicht notwendig waren. Auch wurden Dinge über meinen Kopf hinweg gemacht, ohne mein Einverständnis einzuholen. Ich hatte keine Wahl. Weiter unten schreibt jemand, es wurde ein Dammschnitt gemacht ohne zu fragen. Auch wenn die Person damit kein Problem hatte, es gar positiv darstellt, es ist übergriffig und Gewalt! Das ist unser System. Es ist nicht für Frauen, die selbstbestimmt gebären möchten und glaub mir, so viele Eingriffe die unter Geburt ungefragt gemacht werden, erfahren diese Frauen niemals oder per Zufall Jahre später (selbst oft erlebt). Das ist leider die Realität. Man fragt sich, wieviele Hebammen die in unseren Kreißsälen arbeiten wohl überhaupt schon völlig ungestörte Geburten erlebt haben.

Ich hatte an meiner ersten Geburt auch viel zu knabbern und habe deshalb bei der zweiten Geburt alles in die Hand genommen, was ich konnte. Die zweite Geburt fand vor wenigen Monaten im Geburtshaus mit meiner Hebamme statt, die mich seit Anfang der SS liebevoll betreut hat. Es war eine absolute Traumgeburt, kraftvoll, heilsam, super intim und friedlich.
Was mir über meine erste Geburt hinweg geholfen hat war reden, reden, reden. Hinterfragen, wie es wozu kam. Was genau gemacht wurde. Mich dem zu stellen. Ein Geburtsverlauf ist so unfassbar sensibel und kann durch den kleinsten Störfaktor zerstört werden. Das kann die Hand sein, die gerade in deiner Vagina ist. Das kann das grelle Licht sein. Es kann der Ortswechsel sein. Es kann das Misstrauen der Hebamme gegenüber sein, die diesen geschützten Raum betritt. Ich sehe es heute so, dass die erste Geburt mich verändert hat und stark gemacht hat. Bitte denk nicht, dass du zu schwach warst oder sonstiges. Du hast dich vielleicht einfach nur alleine gefühlt und warst ohne die notwendige mentale Unterstützung diesem überwältigen Erlebnis ausgesetzt. Wir werden die Umstände in unseren Kreißsälen nicht ändern können, aber ich wünsche dir, dass du dein Geburtserlebnis aufarbeiten kannst. Es gibt viele erfahrene Hebammen oder Doulas die das anbieten.
Alles Gute dir!