Hallo!
Unser Sohn ist 9 und bei ihm wurde vor 2 Jahren ADS und eine Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörrung diagnostiziert. Er geht zur Förderschule und kommt dort, was das lernen angeht, gut klar. Freundschaften kann er nur schwer schließen, er ist eher der Typ, der von außen beobachtet. Er ist ziemlich anstrengend. Zu Hause ist er immer laut, reagiert oft nicht, wenn er was gefragt wird und ist in letzter Zeit eigentlich immer schlecht gelaunt und fängt wegen jeder Kleinigkeit wie ein kleines Kind an zu heulen. Wir haben noch zwei Kinder mehr, 4 + 1 Jahr. Ichhabe gestern mit seiner Lehrerin gesprochen. Sie meinte, er hätte vielleicht leichte autistische Züge, ich solle das mal beim nächsten Arzttermin ansprechen. Was würde das bedeuten? Kann man Autismus irgendwie therapieren, müßte er dann auf eine extra Schule? Mein Mann hat schon oft gesagt, unser Sohn würde in seiner eigenen Welt leben ohne dass vorher irgendjemand von Autismus gesprochen hatte. . Als er noch kleiner war, so mit 3 oder vier, hat er täglich meterlange Schlange von Autos gebaut. Jedes Auto mußte ganz genau in der Reihe passen und richtig stehen. Das wäre ja vielleicht ein Zeichen für Autismus.
Vielleicht hat ja jemand einen guten Buch- oder Filmtip für mich. Oder vielleicht mag mir jemand von seinen Erfahrungen berichten.
Danke und einen schönen Tag!
Hat jemand ein autistische Kind?
Er ist ja schon auf einer Förderschule, daher denke ich nicht, daß er wechseln müßte...manche Autisten schaffen sogar den Sprung auf eine Regelschule (mit Integrationshelfer)
Autismus ist angeboren, aber man kann viel mit den Kindern arbeiten, um ihre "Problemsituationen" zu bessern; z.B. Blickkontakt halten üben; Umgang mit anderen Kindern; nicht ausrasten etc.;je nachdem wo das Kind seine persönlichen Defizite hat...denn jeder Autist ist einzigartig und anders.
Hier mal ein paar Infos:
***Autismus***
Der Begriff Autismus (gr. „selbst“) bezeichnet eine angeborene und lebenslang bestehende tiefgreifende Entwicklungsstörung des Gehirns, die bei betroffenen Menschen die Fähigkeit zur üblichen Verarbeitung von (Sinnes- )Wahrnehmungen und Informationen beeinflusst. Erste Symptome, die auf Autismus hinweisen können, treten im frühen Kindesalter auf. Die Störung besteht lebenslang.
Unterschieden werden folgende Formen von Autismus:
-Menschen mit frühkindlichem Autismus (Kanner-Syndrom) entwickeln meist keine Lautsprache und fallen durch diverse, oft skurrile Verhaltensmuster auf. Es zeigt sich bei ihnen meistens eine kognitive Behinderung. Erste Symptome treten vor dem dritten Jahr nach der Geburt auf und zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr zeigt sich beim Kind ein „höchst abnormales“ Verhalten.
-Menschen mit Asperger-Syndrom entwickeln eine weitgehend normale Lautsprache und sind nicht kognitiv beeinträchtigt.
-Bei Menschen mit Atypischem Autismus fehlen entweder diagnostisch relevante Symptome, die zur Einordnung in eine der vorgenannten Kategorien vorliegen müssten (es zeigen sich eher sogenannte autistische Züge) oder erste Symptome treten erst nach dem dritten Jahr nach der Geburt auf.
-Der Begriff High Functioning - Autismus wird oft gleichbedeutend mit dem Begriff Asperger-Syndrom verwendet. Als High Functioning - Autisten werden allerdings Menschen bezeichnet, bei denen frühkindlicher Autismus vorliegt, die jedoch keine kognitive Behinderung haben. In Teilbereichen können im Gegenteil sogar überdurchschnittlich hohe Intelligenzleistungen erzielt werden.
-Menschen, bei denen ein autistisches Spektrum bzw. eine Autismusspektrumstörung (ASS) diagnostiziert wird, zeigen Übergänge zwischen verschiedenen Autismus-Formen.
Im Folgenden soll es um die „klassische“ Form des Autismus, den Frühkindlichen Autismus (Kanner-Syndrom) gehen
Inhaltsverzeichnis
1 Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom)
2 Merkmale des frühkindlichen Autismus
3 Merkmalsbereich 1: Auffälliges Kontaktverhalten
4 Merkmalsbereich 2: Eingeschränkte Kommunikation
5 Merkmalsbereich 3: Gleichförmige Bewegungen und Aktivitäten, gleichförmige Interessen
6 Merkmalsbereich 4: Veränderte Reizverarbeitung
7 weitere Merkmale
8 Diagnostik
9 sonstiges
Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom)
Erste Anzeichen, die zur Diagnosestellung herangezogen werden können, treten bei Kindern mit frühkindlichem Autismus bereis vor dem dritten Jahr nach der Geburt auf. Durchschnittlich 17 von 10.000 Kindern entwickeln diese Form von Autismus. Drei von vier betroffenen Kindern sind männlich.
Merkmale des frühkindlichen Autismus
Bei keinem Menschen mit dem Kanner-Syndrom treten alle Symptome auf. Auch die Intensität der Ausprägung ist unterschiedlich. Es gibt nicht „den typisch autistischen Menschen“. Die Symtomatik des Autismus lässt sich in vier Merkmalsbereiche einteilen:
1. auffälliges Kontaktverhalten
2. eingeschränkte Kommunikation
3. gleichförmige Bewegungen, gleichförmige Aktivitäten, gleichförmige Interessen
4. veränderte Reizverarbeitung
Merkmalsbereich 1: Auffälliges Kontaktverhalten
kein soziales Lächeln (Widerlächeln)
oft deutlich mehr Interesse und Bezug zu unbelebten Objekten als zu Menschen und Tieren
weitgehende Unfähigkeit, entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen
seltenes Eingehen auf Kontaktangebote, eher Abwehr von Kontaktangeboten
oft Unvermögen, Stimmungen, Gesten und Minenspiel anderer Personen zu deuten, kein erkennbares Einfühlungsvermögen / Empathie bezüglich der Bedürfnisse und Empfindungen anderer Personen
oft Unfähigkeit, sich selbst und anderen Personen sozio-emotionale Zustände zuzuschreiben und entsprechende Grenzen zu akzeptieren (Gedanken, Gefühle, Meinungen, Stimmungen usw.; alles, was nicht greifbar ist), Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit, mangelndes Verständnis für soziale Signale
Unvermögen, anderen Personen Dinge, die für diese von Bedeutung sind, zu zeigen, zu bringen oder darauf hinzuweisen, keine Verwendung der „Zeige“-Geste
keine oder stark eingeschränkte Verwendung nonverbaler Verhaltensweisen wie z. B. Blickkontakt, Gesichtsausdruck, Körperhaltung und Gestik zur Steuerung sozialer Interaktionen
oft abweisende Körperhaltung und Körpersprache
seltene Suche nach Blickkontakt, kaum Verfolgen der Blickrichtung, eher Blickrichtung auf Mund und Hals des Gegenübers
seltene Suche nach Körperkontakt, da dieser aufgrund der häufig bestehenden Überempfindlichkeit des Tastsinnes oft als unangenehm, teils sogar als schmerzhaft, empfunden und daher vermieden bzw. abgewehrt wird
wenn selbstständige Kontaktaufnahme, dann manchmal auf (sozial) unangemessene Art und Weise (z.B. durch Stören, aggressives Verhalten, Belecken oder Beriechen der Person, Beschädigung von Gegenständen)
oft Funktionalisierung von Personen zur eigenen Bedürfnisbefriedigung ohne weiterreichenden sozialen Kontaktwunsch
seltene Suche nach Aufmerksamkeit, keine Verwendung der „Zeige“-Geste
Unvermögen, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen Menschen zu teilen
seltene Reaktion auf verbale Ansprache. Oft erfolgt eine Reaktion nur dann bzw. vergleichsweise schnell, wenn die verbale Ansprache von eindeutigen Gesten oder Körperkontakt (z.B. kurz am Arm berühren) unterstützt wird.
oft dauert es mehrere Sekunden, bis Lautsprache „verstanden“ wird, d.h. der Klang wird sofort wahrgenommen, die Bedeutung der Worte wird aber erst nach einigen Sekunden entschlüsselt, sodass eine entsprechende Reaktion / Handlung erst nach einigen Sekunden erfolgen kann.
Auffälligkeiten im Bereich von Stimmungen und Affekten (oft keine objektiv angemessenen Emotionen in bestimmten Situationen, z.B. keine als solche erkennbare Trauerreaktion beim Tod einer nahestehenden Person und kein Verlangen nach Trost)
situationsunangemessene Affektausbrüche oder auch objektiv gesehen weitgehende „Gefühllosigkeit“
häufig Inaktivität, Initiativlosigkeit oder auch Impulsivität
häufiger Rückzug aus dem Gruppengeschehen (auch im familiären Kontext), „Für-sich-sein-wollen“, oft als Möglichkeit der Kontaktvermeidung oder als Schutz vor Reizüberflutung
kein / kaum erkennbares Reagieren auf akustische Reize (oft entsteht dadurch zunächst der Verdacht auf Schwerhörigkeit oder sogar Gehörlosigkeit), oft aber besondere Vorliebe für bestimmte Geräusche
Merkmalsbereich 2: Eingeschränkte Kommunikation
Die meisten Menschen mit frühkindlichem Autismus entwickeln keine Lautsprache bzw. nutzen sie nicht, zeigen aber auch kein direktes Bedürfnis, das Fehlen bzw. die Nichtnutzung der Lautsprache durch die Verwendung alternativer Kommunikationsformen zu kompensieren (wenn, dann weniger sozial, als vielmehr bedürfnisorientiert, z.B. durch Ziehen und Reißen einer Person)
Wenn Lautsprache entwickelt wird, dann nur wenig und dann meist verzögert entwickelt, oft selbstbezogen und stereotyp (z.B. Lautieren und Selbstgespräche ohne objektiv erkennbaren Sinn und Adressat oder in unpassenden situativen Zusammenhängen, Echolalie, ungewöhnliche, gleichtönige Stimmmelodie, schwer verständliche oder auffallend exakte Aussprache)
häufig Probleme, ein Gespräch anzufangen, ihm zu folgen und es angemessen fortzuführen (z. B. oft stereotype Verwendung bestimmter Sätze oder Satzbausteine)
oft fehlerhafter Satzbau und Pronomenvertauschung (Ich-Du-Verwechslung)
Wortneuschöpfungen, „Privatsprache“
Probleme, Fragen zu stellen und Antworten im ganzen Satz zu geben
Schwierigkeiten damit, Ja/Nein-Antworten zu geben. Bestätigung oft durch Wiederholung des Gesagten
Schwierigkeiten damit, zwischen Alternativen zu wählen
kaum erkennbares Verständnis für Ironie, Sarkasmus, Komik usw., meist wird alles wortwörtlich genommen
wenig Nutzung von Minen, Gesten und Körpersprache zur Verständigung
oft keine Reaktion auf rein verbale Ansprache (schlechtes Sprachverständnis? Kann sein, muss aber nicht! Ist gerade bei nichtsprechenden Menschen nicht leicht, das herauszufinden). Oft erfolgt eine Reaktion nur dann bzw. vergleichsweise schnell, wenn die verbale Ansprache von eindeutigen Gesten oder Körperkontakt (z.B. kurz am Arm berühren) unterstützt wird.
oft dauert es mehrere Sekunden, bis Lautsprache „verstanden“ wird, d.h. der Klang wird sofort wahrgenommen, die Bedeutung der Worte wird aber erst nach einigen Sekunden entschlüsselt, sodass eine entsprechende Reaktion / Handlung erst nach einigen Sekunden erfolgen kann.
nicht lügen können
Merkmalsbereich 3: Gleichförmige Bewegungen und Aktivitäten, gleichförmige Interessen
ausdauernde Beschäftigung mit einem oder mehreren gleichförmigen und sehr begrenzten Interessen, wobei Inhalt und Intensität ungewöhnlich sind
kurze bzw. stark motivationsabhängige Aufmerksamkeitsspanne und / oder „innere Abwesenheit“ bei vielen Aktivitäten (mit Ausnahme von jenen, die stereotyp durchgeführt werden oder ein besonderes Interesse wecken; dann oft ungewöhnlich lange Beschäftigung)
monotone, stereotype Aktivitäten, ohne Hilfe meist z. B. kein objektiv sinngemäßes, sinnvolles Spiel möglich
oft nur sinnfremde Beschäftigung mit Teilaspekten von Sachen / Spielzeugen, ohne sie als ganzes in ihrer angedachten Funktion zu nutzen (z. B. werden Bauklötze nach Farben, Größen o.ä. sortiert anstatt das mit ihnen etwas gebaut wird, Schmusetiere werden beleckt, geschüttelt o.ä. statt mit ihnen zu spielen und zu schmusen)
wenig Neugier auf Neues, eher Abwehr von Ungewohntem
kaum Imitation, eher mechanisches Nachmachen
meist beobachten statt mitmachen
kaum soziale Spiele wie z.B. Spiele in Gruppen, Fantasiespiele, „Als-ob-Spiele“
kaum Spaß an Fantasierreisen, Geschichten usw. (wenig Verständnis für bzw. Interesse an abstrakten Dingen)
Unvermögen, sich aktiv in Spiele einzubringen, keine Kenntnis bzw. keine Umsetzung der ungeschriebenen Regeln sozialer Spiele, Schwierigkeiten damit, zu verlieren
oft Ungeduld, Verlangen nach sofortiger Bedürfnisbefriedigung
oft keine Verteidigungsgesten bei verbaler und / oder körperlicher Provokation
oft Beschäftigung mit Katalogen, Zeitschriften, Papierschnipseln oder Bindfäden
oft lange Fixierung bestimmter Muster, kratzen und betasten bestimmter Oberflächen, drehen und wedeln von Händen oder Gegenständen im Gesichtsfeld
oft intensive Beschäftigung mit in sich strukturierten Themengebieten (z. B. Geschichtsdaten, Zahlen, Geografie)
oft Sammeln von vergleichsweise seltsamen Dingen (z. B. tote Insekten)
oft Ordnungsspiele / Spiele mit bestimmten Systematiken (z. B. Steckspiele, Puzzles, Zuordnungsspiele, klar strukturierte, überschaubare Spiele)
oft Vorliebe für sortieren, aufreihen, Muster einhalten, „in Ordnung bringen“ (z. B. offen stehende Türen und Fenster schließen, wegräumen von Dingen anderer Personen, die die eigene Ordnung stören usw.)
kaum zeigen / präsentieren der Aktivität oder der Ergebnisse, „Für-sich-machen“, kein erkennbares Verlangen nach Lob und Aufmerksamkeit
kaum Spontaneität, eher besondere Vorliebe für gleichförmige Abläufe, Wiederholungen, Rituale, Fixierungen (z. B. in bezug auf Tagesablauf, Bezugspersonen, Kleidung, Ordnungen)
ungewöhnlich starres Festhalten an bestimmten meist nichtfunktionalen Gewohnheiten, Ritualen und Abläufen. Unerwartete Abweichungen führen oft zu starker Verwirrung und Verunsicherung ("Chaos im Kopf"), da meist keine alternativen Strategien zum Umgang mit der Veränderung vorliegen
oft Bewegungsstereotypien (z. B. Klatschen, Reiben, Biegen und Wedeln der Hände, Schaukeln, Wippen, Augenverdrehen, Halsverdrehen oder andere komplexe Bewegungen mit dem ganzen Körper)
oft unsicheres, steif und staksig wirkendes Gangbild, Gleichgewichts-/ Balanceprobleme, Unvermögen auf Stufen im Wechselschritt zu gehen, Zehenspitzengehen
oft Vorliebe für langes, ausdauerndes Schaukeln (auf dem Spielgerät und mit dem Körper) und im Kreis herumgehen
oft Vorliebe für Rhythmen, Rituale, Gleichbleibendes, oft Fixierung auf bestimmte Abläufe und Strukturen, bei Veränderung oft aggressive oder ängstliche Reaktionen
oft Schwierigkeiten, freie, nicht (vor-) strukturierte Zeit allein zu gestalten
oft motorische Unruhe und starker Bewegungsdrang bis hin zur Hyperaktivität, aber auch Phasen tiefer Apathie
oft können bestimmte Willkürbewegungen nicht ausgeführt werden, da die Nerven die notwendigen Impulse nicht richtig weiter leiten („motorischer Blackout“). Eine Hilfe zur Motorikkontrolle kann eine körperliche Stütze sein, wie sie z.B. beim gestützten Schreiben oder beim gestützten Malen eingesetzt wird
oft können bestimmte Bewegungen nicht kontrolliert werden und werden unwillkürlich ausgeführt („motorischer Kurzschluss“). Eine Hilfe zur Motorikkontrolle kann eine körperliche Stütze sein, wie sie z.B. beim gestützten Schreiben oder beim gestützten Malen eingesetzt wird.
viele Bewegungen gelingen spontan ohne Probleme, aber auf Kommando gar nicht und erst recht nicht mit Druck und Hetze
oft Unvermögen, ganzheitlich und kontextbezogen zu denken, wahrzunehmen und zu handeln
Merkmalsbereich 4: Veränderte Reizverarbeitung
oft Überforderung durch subjektiv empfundene „Überflutung“ durch Umwelt- und Körperreize, da kaum eine Reizfilterung stattfindet (Reizaufnahme in der Regel physiologisch unproblematisch, Probleme bereiten Filterung, Einordnung, Wiedererkennen und Versehen der Reize mit einer situativ passenden Bedeutung und die Auslösung einer angemessenen Reaktion)
oft Bevorzugung eines Sinneskanals (häufig des visuellen, da beständiger und weniger sozial; dort manchmal besondere Gedächtnisleistungen) und oft extrem starke Ausblendung der anderen zur Vermeidung von Reizüberflutung
oft extreme Unter- oder Übersensibilität in den einzelnen Wahrnehmungsbereichen bzw. bei bestimmten Reizen (z. B. können viele Menschen mit Autismus ihre Körpereigengeräusche hören wie etwa Herzschlag, Verdauung und Blutfluss). Kann auch phasenweise auftreten.
bestimmte Sinnesreize wie Geräusche, Berührungen, Gerüche usw. werden als sehr unangenehm empfunden. Oft Abneigung gegen oder sogar Angst vor durchschnittlich intensiven, alltäglichen Geräuschen, Berührungen, Gerüchen usw. (z. B. bestimmte Ton-/Stimmlagen, Handschütteln, Streicheln, Parfüm, Schweiß)
bestimmte Sinnesreize wie Geräusche, Berührungen, Gerüche usw. werden als sehr angenehm empfunden. Oft Vorliebe für ungewöhnliche bzw. sehr intensive Geräusche, Berührungen, Gerüche usw. (z. B. Baustellengeräusche, Staubsauger, „gequetscht“ werden, Kot, Urin, scharfe Speisen)
oft Vorliebe für besondere visuelle Reize (z. B. grelles oder blinkendes Licht, Lichtreflexe auf Wasser oder Glas, Schattenbewegungen)
oft intensive Wahrnehmung von Details, Bemerken kleiner Veränderungen. In Verbindung mit der häufigen Schwierigkeit, Abweichungen vom Gewohnten zu akzeptieren und ihnen angemessen zu begegnen, können selbst geringe Umgestaltungen zu großer Verunsicherung führen
oft Erkundung von Dingen und Personen durch Mund und / oder Nase durch daran lecken und / oder riechen
oft gesteigerte Unempfindlichkeit gegenüber Schmerz, Extremtemperaturen (Kälte) und unangenehmen Geschmacksreizen (z. B. sehr scharfen oder bitteren Nahrungsmitteln)
oft paradoxe Reaktion auf Sinnesreize (z. B. Augen zuhalten bei einem unangenehmen Geräusch)
oft Ablehnung von bzw. Vorliebe für ganz bestimmte Nahrungsmittel (z. B. nur Nahrungsmittel mit einer bestimmten Farbe, einer bestimmten Geschmacksrichtung oder nur bestimmte Nahrungsmittelkombinationen werden gegessen und andere völlig abgelehnt. Kann auch phasenweise auftreten)
manchmal Verzehr von unessbaren Dingen (z. B. Plastik, Haare, Erde, Sand)
oft Selbstverletzung (als extremem Reiz) zur Selbststimulation und Körperwahrnehmung, aber oft auch als Kompensationsmöglichkeit für Anspannung und Stress (z. B. Kopf gegen harte Oberflächen schlagen, sich beißen, in den Augen bohren, Wunden aufkratzen)
oft fällt die Orientierung im Raum schwer (häufig bei wechselnden Bodenbelägen, oft stehen bleiben an den „Grenzen“ eines Raumes, z. B. der Teppichkante oder Türschwelle)
weitere Merkmale
Folgende Besonderheiten sind bei Menschen mit frühkindlichem Autismus überdurchschnittlich häufig zu beobachten:
Linkshändigkeit
Epilepsie bei ca. drei von zehn Menschen. Z.B. wird gehäuft bei Kinder eine autistische Störung festgestellt, bei denen die Temporallappen im Gehirn durch eine Tuberöse Sklerose verändert sind und das West-Syndrom vorliegt / vgl. Freitag, 2008; Bolton et al. 2002; Bolton/Griffiths, 1997.
Angst vor objektiv gesehen in der Regel harmlosen Situationen und Dingen (z. B. Plastikpflanzen, Puppen)
Furchtlosigkeit vor objektiv gesehen (potentiell) gefährlichen Situationen und Dingen (z. B. Straßenverkehr)
mitunter lang andauernde Wein- oder Schreiphasen oder auch Phasen großer Euphorie ohne objektiv erkennbaren Grund
Abneigung gegen das Tragen neuer Kleidung (kann ggf. mit einer Überempfindlichkeit gegen bestimmte Stoffsorten oder -strukturen zusammenhängen, aber auch Ausdruck einer generellen Abneigung gegen Neues und Veränderung sein)
oft ist Hilfestellung bei Verrichtungen des täglichen Lebens nötig (z. B. An- und Ausziehen, Körperpflege, Toilettengang, Zubereitung von Mahrzeiten, Einschütten von Getränken, Orientierung außerhalb der gewohnten Umgebung)
oft bestehen Schwierigkeiten im Bereich der (Fein-) Motorik und dabei, Abläufe in der richtigen Reihenfolge durchzuführen. Oft reicht eine präzise formulierte verbale Unterstützung oder es braucht zusätzlich dazu noch eine konkrete Hilfestellung.
oft kein Kauen, sondern Schlingen und Stopfen beim Essen (führt häufig zum Verschlucken)
oft gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus (Ein- und Durchschlafprobleme, langes Wachliegen, nächtliche Aktivitäten, z. B. Herumlaufen, Stereotypien)
manchmal gutes Gedächtnis für z. B. Namen, Wege, (Geschichts-) Daten, Zahlenkombinationen, Texte, Ordnungen, visuelle Muster, Melodien, Tabellen o. ä.
manchmal besondere künstlerische Fähigkeiten (z. B. im Bereich Malen oder Musik)
manchmal besondere mathematische und technische Fähigkeiten
generell mehr Interesse an solchen Dingen, die geringe soziale Komponenten haben und sich durch Absehbarkeit und Regelmäßigkeit kennzeichnen
Diagnostik
Die Diagnose einer autistischen Störung wird von Fachärzt/innen vorgenommen. Ansprechpartner/innen für die Diagnostik sind Praxen und Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es gibt standardisierter Interview- und Beobachtungsverfahren, mit denen eine autistische Störung diagnostiziert oder ausgeschlossen wird:
Ein wichtiger Baustein der Diagnostik ist die strukturierte Beobachtung des Kindes / Jugendlichen. Neben der reinen Beobachtung kommt auch die Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (Autism Diagnostic Observation Schedule / ADOS) zum Einsatz. Dabei werden in einem Zeitrahmen von etwa 30 bis 45 Minuten durch die Inszenierung von Situationen, Elementen, Aktivitäten und Gesprächen mit allgemein hohem sozialen Anreiz die Fähigkeiten des Kindes / Jugendlichen zur Kommunikation, zu sozialer Interaktion und zum Spielverhalten oder Fantasiespiel überprüft. Die Untersucherin / der Untersucher wählt dazu aus den vier standardisierten Untersuchungsstrategien (Modulen) des ADOS eines aus, das sich am Alter und am Sprachniveau des Kindes / Jugendlichen orientiert.
Wenn es möglich scheint, wird auch ein Intelligenztest mit dem Kind / Jugendlichen gemacht.
Ein weiterer wichtiger Baustein der Diagnostik ist seit 2006 das Diagnostische Interview für Autismus - Revidiert (Autism Diagnostic Interview - Revised / ADI-R). Es handelt sich dabei um eine gezielte, entwicklungs- und symptomorientierte Befragung der engen Bezugspersonen des Kindes / Jugendlichen (meistens der Eltern). Dieses umfangreiche Interview dauert je nach Ausprägung der Symptomatik beim Kind / Jugendlichen bis zu drei Stunden.
Frühkindlicher Autismus heißt frühkindlicher Autismus, weil die spezifische Symptomatik der Störung schon früh erkennbar ist. Darum ist insbesondere beim Interview für die Erfassung und zur Differenzialdiagnostik von Störungen des autistischen Spektrums das Verhalten des Kindes zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr von ganz entscheidender Bedeutung. Denn bei einem autistischen Kind ist in diesem Alter ein „höchst abnormales“ Verhalten in den vier Merkmalsbereichen zu beobachten (vgl. S. Bölte und F. Poustka, in: Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 29 (3), 2001, 221-229). Deshalb wird beim ADI-R dieser Altersspanne besondere Aufmerksamkeit geschenkt, um eine autistische Störung von anderen psychiatrischen Störungen so sicher wie möglich abgrenzen zu können.
Eine Autismus-Diagnose vor dem dritten Lebensjahr des Kindes gilt als differenzialdiagnostisch eher unsicher.
Die Diagnose des Autismus ist Voraussetzung für den Anspruch auf autismusspezifische Förderungsmaßnahmen.
sonstiges
Die Vereinten Nationen haben den 2. April eines jeden Jahres zum Welt-Autismus-Tag erklärt. Er wurde 2008 erstmals begangen und von vielen Vereinen und Verbänden dazu genutzt, auf das Thema Autismus verstärkt öffentlich aufmerksam zu machen.
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Nicht jedes Merkmal trifft zu und sie sind unterschiedlich stark ausgeprägt
LG, Minkabilly!
WOW! Vielen Dank für diesen tollen Beitrag!
LG
Mir hat es sehr geholfen, denn ich stand vor einem Jahr auch noch "unwissend" da,
dann kam die Zeit der Testung beim Kinderpsychater, wo dann auch rauskam, daß mein Sohn frühk. Autist ist (vom Kopf her ist er aber fit).
So eine Diagnose verändert schon sehr viel; ich verstehe das Handeln meines Sohnes viel besser und mittlerweile läuft der Alltag bei uns recht angenehm ab, so daß wir uns entschieden haben unseren größten Wunsch doch zu erfüllen.
LG und Alles Gute für euch!