Hallo ihr alle,
Ich glaub das Thema ist echt brisant, aber ich brauch mal eure Erfahrungen.
meine Tochter Amy ist zwar keine Frühchen, lag aber nach der Geburt 6 Wochen im KH wegen NEC und einer Gedeihstörung. Ich bin jeden Tag zu ihr gefahren (70km pro Strecke) und abends wieder nach Hause, da ich ja noch die große habe. Ich saß stundenlang am Bett und durfte die ersten Lebenstage die kleine nicht auf den Arm nehmen, wegen den ganzen Kabeln, die an ihr hingen....
Als wir sie nach Hause nehmen durften, waren wir die glücklichsten Eltern der Welt. Am Anfang ließ sie sich nur schwer beruhigen und auch ich hatte das Problem sie als "mein" Kind zu erkennen... Mir fehlten irgendwie die Muttergefühle. Nach und nach wurden sie aber stärker und ich liebe die kleine Maus total.
Aber... irgendwie ist das anders als bei meiner großen Tochter. Ich hab das Gefühl, dass ich mich nicht 100% mit der kleinen verbunden fühle.... Wisst ihr was ich meine?
Ist total schwierig zu erklären... Aber es fühlt sich so anders als bei meiner großen an.
Suse
Bindungsprobleme?
hi,
vielleicht hast du selber die damalige zeit, in denen du viele ängste ausgestanden hast, noch nicht richtig verarbeitet. vor allem im hinblick auf den verlust eines deiner kinder muss es für dich unerträglich gewesen zu sein, deine kleine dort so zu sehen. ich kann mir nur schwer vorstellen, was du durch gemacht hast. und auch, wenn alles gut gegangen ist und ihr euren sonnenschein mit heim nehmen durftet, die ängste und sorgen kannst du nicht einfach verschließen. 6 wochen hast du um dein kind gebangt.
hast du dir mal überlegt, zu einem therapeuten zu gehen, der dir hilft, das ganze aufzuarbeiten? der dir hilft, deine kleine anzunehmen! du hast ein kind verloren und hast vielleicht deine ganze angst und trauer von der damaligen zeit auf die kleine mit projeziert. was auch verständlich wäre.
und meist ist es besser, mit einem aussenstehenden zu reden. ich mache zur zeit so viel durch, dass ich weiß, dass ich ohne fremde hilfe damit nicht klar kommen werde. zur zeit kämpfe ich noch, aber wenn alles vorbei ist, dann brauch ich hilfe. und man ist keine schlechte mutter, weil man sich hilfe sucht, schlimmer wäre es, wenn man es nicht tun würde.
ich wünsch dir kraft.
liebe grüße
junisonne10 + (31 SSW)
Hallo,
ich danke dir für deine Antwort und deine lieben Worte.
Ich bin seit dem Tod von meinem Sohn in Therapie. Und eigentlich dachte ich auch, dass ich ganz gut damit klar komme, aber grad in den letzten Tagen, mache ich mir doch wieder häufiger Gedanken drüber. (kann vielleicht auch sein, weil der 3. Todestag kommt)
Eigentlich sollte ich doch die glücklichste Mami auf der Welt sein, immerhin wurde mir nochmal ein gesundes Kind geschenkt, aber ich kann es so nicht sehen und die Bindung zu der kleinen ist zwar da, aber nicht so fest, so wie ich es bei meiner großen erlebe.
Ich wünsche dir für die kommende Zeit viel Kraft, und ich wünsche mir für dich, dass dein Gesundheitszustand noch stabil bleibt. Es ist schrecklich, dass du sowas erleben musst.
Suse
es wird immer weh tun und dich ein leben lang begleiten. es gibt keine worte und auch keinen, der deinen schmerz nachvollziehen kann. und es wird immer tage geben, an denen der schmerz kaum auszuhalten ist und du das gefühl hast, dass es dich innerlich zerreißt, aber das ist in ordnung. und diese tage wird es auch in 10 jahren geben. Sie sind nur ausdruck deines schmerzes und deiner trauer. man kann soetwas nicht einfach mal so verarbeiten - es begleitet dich.
du darfst um deinen sohn trauern, egal wie lange es her ist. und wenn du getrauert hast, dann warten zwei wunderbare geschöpfe auf dich, denen du deine ganze liebe schenken kannst.
und das die bindung zu deiner kleinen anders ist, ist nicht schlimm, das heißt auch nicht, dass du eine schlechte mutter bist. deine große hatte ganz andere voraussetzungen, als sie ins leben kam. bei der kleinen musst du ja todesängste in der schwangerschaft ausgestanden haben. konntest du dich denn da richtig drauf einlassen?
ich merke es jetzt bei mir. erst seit der 27 ssw fange ich an, dieses kleine wunder in mir als meine tochter wahr zu nehmen. seit dem fangen wir an, das kinderzimmer einzurichten. klar, ich hab mich vorher gefreut, aber die angst mich auf dieses kind einzulassen war so enorm, ich dachte, ich verliere es und wollte so lieber auf abstand gehen, damit der schmerz nicht so weh tut.
aber wir können den schmerz nicht ausblenden. nimm deine süße maus in den arm, gib ihr einen dicken kuss, schau in ihr lachendes gesicht und fühl dich nicht schuldig. allein dass du dir gedanken machst, du könntest dich nicht richtig auf sie einlassen, zeigt doch, wie sehr du sie liebst und ich denke, du machst dir bei ihr nur so viele gedanken, weil du erst den tot deines kindes verarbeiten musstest und dann auch noch die sorge um sie.
du schaffst das.
junisonne10 + (31 SSW)
Hallo,
ich kann gut verstehen, was du meinst. Ich hab zwar erst ein Kind und so keine Vergleichsmöglichkeit, aber derartige Gedanken haben mich sehr beschäftigt und tuen es heute manchmal auch noch. Meine kleine wurde neun Wochen zu früh geholt, in einer Not OP, da ich einen Blinddarmdurchbruch hatte....ich hab sie erst am nächsten Tag sehen können, hatte ja selbst mit meiner Gesundheit zu tun, so dass ich gar nicht so richtig ankommen konnte in der "Mama-Sache". Ich hab einfach alles getan, was so auf der Intensivstation üblich war...Milch hab ich gepumpt, war zu jeder Tages und Nachtzeit zum kuscheln da....die ersten zweieinhalb wochen, wo wir unter einem Dach lagen, ging es auch echt gut...als ich aber dann entlassen wurde und meine Maus in die Kinderklinik verlegt wurde, hatte ich echt Probleme. Jetzt musste ich auch jeden Tag fahren, wir waren eben nicht mehr unter einem Dach...
Der Alltag in der Klinik spielte sich schnell ein, hinzu kam noch, dass ich dann auch KG machen musste, Vojta natürlich :(((
Ich hab das Gefühl, dass mein MamaDasein von Anfang an fremdbestimmt war. Ich weiß ja gar nicht, ob ich mich auch so verhalten hätte, wenn wir nicht noch sechs Wochen Kinderklinik hinter uns gebracht hätten. Die Tatsache, dass ich 10 Mon vier mal am Tag Vojta KG mit meiner Tochter gemacht habe, trägt nicht unbedingt zu einem guten Gefühl bei.
Es ist alles anders, als ich mir vorgestellt habe. Und ich habe ganzbestimmt nicht diesen wundervollen Moment erlebt, von dem immer alle berichten, die einfach ganz normal ein Kind bekommen haben: wenn man das Kind auf der Brust liegen hat...Und lange Zeit war ich fest davon überzeugt, keine richtige Bindung zu haben: Aber ich denke, es ist schon eine Bindung da: dass wir gemeinsam um unser Leben gekämpft haben, dass ich 8 Mon gepumpt habe, damit sie Mumi bekommt, dass ich jeden Tag mit ihr zusammen Vojta gekämpft habe....Wir haben soviel durchgemacht, das ist mindestens genausoviel wert, wie dieser erste Moment und die erste Zeit, die Mutter/Eltern und Kind genießen und die so wichtig fürs "bonding" sind.
glg, meckerli
Hi,
danke dir für deine antwort.
Ja, wir mussten die erste Zeit funktionieren.... Ich hab mich am Anfang auf der Intensiv auch total fehl am Platz gefühlt, da die schwestern ja fast alles übernommen haben. Die kleine durfte die ersten drei Wochen nichts essen, trotzdem hab ich abgepumpt...
Die Versorgung wurde auch die erste Zeit von den Schwestern übernommen, tja und ich sass am Bett und hab nur gestreichelt... Bis ich wieder fahren musste. Die Bindung sank von Tag zu Tag....
Du hast recht, dass wir viel mit unseren Kindern geschafft haben und das das genauso viel Wert ist, aber ich würde mir schon wünschen, dass ich mich so fühle, wie bei meiner großen Tochter.
Dir alles liebe
Suse
Hallo Suse,
ich kann mir deine Gedanken gut vorstellen, vor allem wenn du die Vergleichsmöglichkeiten mit deiner Großen hast und wie es sich mit ihr anfühlt.
Ich denke, dass es vor allem an den schwierigen 6 Wochen im Krankenhaus liegt, wo du einfach jeden Tag zwar bei ihr warst, aber dann immer wieder hjeim musstest und dir somit dieses richtige Muttergefühl, wo du dich rund um die Uhr um dein Baby kümmerst, gefehlt hat. Außerdem war da sicher auch das Gefühl, dass du die Große vernachlässigst, was dich noch mehr zu der Großen hingezogen hat.
Zudem kommen noch die Ängste um deine Kleine dazu, die du ausstehen musstest und die dich vielleicht distanzierter gehalten haben, weil du im Unterbewewusstsein gedacht hast, es wäre leichter sie gehen zu lassen, wenn es sein müsste.
Mir ging es am Anfang auch so, dass ich mich an den Gedanken, plötzlich ein Baby da zu haben (Per wurde ebenfalls in einer großen OP geholt und ich konnte ihn 7 Tage nicht sehen), zu gewöhnen und ihn dann zu sehen, war befremdlich und gleichzeitig auch schön.
Da ich im KH mit ihm zusammen war, konnte ich mich schnell an ihn gewöhnen und seine Pflege übernehmen, sodass sich die Muttergefühle schnell eingestellt haben.
Die 7 Tage fehlen mir aber nach wie vor ein bisschen und ich sprech da viel mit meiner Psychologin drüber.
Vielleicht wäre das ja für dich auch eine Alternative, dir psychologische Hilfe zu holen. Immerhin habt ihr einiges durchgemacht.
Ich wünsch euch weiterhin alles Gute und ganz viel Kraft!
Liebe Grüße
Hannah mit Niklas und Sarah fest im Herzen und Per ganz fest im Arm (8Wochen alt)
Hallo Hannah,
danke dir für deine antwort.
Ich bin schon mal beruhigt, dass es anderen Mütter ähnlich ergangen ist. Ich kann es auch gar nicht verstehen, warum es überhaupt so ist.
Ich liebe die kleine echt total, aber es ist halt einfach nur anders... Vielleicht liegt es auch daran, dass ich auch Angst habe, dass ihr noch etwas passieren kann?
Ich denke, dass ich es vielleicht mal bei meiner Therapeutin ansprechen sollte... Nur ich schäme mich dafür... Ich sollte dich mích doch glücklich schätzen, dass wir überhaupt noch mal das Glück hatten ein gesundes Kind zu bekommen....
Suse
Ich kann Dich total verstehen und mir geht es LEIDER auch so!
Mein 1. Sohn kam in der 30. SSW und musste auch sofort auf die Kinderstation. Er lag dann dort 2 Monate, bis er nach Hause konnte.
Mein 2. Sohn kam in der 38. SSW und ich hatte ihn gleich nachdem ich zugenäht war (KS) auf die Brust und danach war er die 4 Tage auch bei mir im Zimmer, wo ich noch im KH bleiben musste.
Ich habe zum 2. Sohn eine engere Bindung als zum Großen, obwohl ich den Großen auch abgöttisch liebe...
Denke es kommt schon davon, dass er einfach gleich nach der Geburt in den Inkubator und auf die Kinderstation gekommen ist und ich ihn nichtmal kurz zu Gesicht bekommen hab. Erst Stunden später durfte mich mein Mann mit Rollstuhl zu ihm fahren und auch dann durfte ich ihn nur ansehen...
Liebe Suse,
ich überlege nun schon die 2 Tage ob ich Dir dazu was schreibe. Vor ein paar Wochen hat schon mal jemand über das Bindungsproblem geschrieben und die Antworten waren meist (nicht immer) mehr als verständnislos. Auch ich habe ein wenig über mich und meine Tochter erzählt, aber das hätte ich mal lieber gelassen, naja, zu spät...
Zumindest kenne ich das Problem sehr gut und kommt ganz sicher davon, daß wir sie so lange nicht im Arm halten konnten.
Wir durften erst nach 6 Wochen das erste mal Känguruhen weil es ihr so schlecht ging und auch danach gab es immer wieder mehrere Tage am Stück wo es einfach nicht ging.
Es ist so wie Du sagst, einfach wahnsinnig schlecht zu erklären, eigentlich nämlich gar nicht. Es ist einfach anders.
Deswegen sind wir aber keine schlechten Mütter und lieben unsere Kinder "von hier bis zum Mond und wieder zurück"
Ganz liebe Grüsse von mir!!!!
Hallo Suse,
auch wenn meine Kleine nicht im KH lag, kenne ich das Gefühl irgendwie.
Ich habe in der Schwangerschaft irgendwie keine Bindung zu ihr aufbauen können, aus lauter Angst, sie auch wieder zu verlieren.
Die Geburt habe ich 2 Wochen vor ET einleiten lassen, weil ich diese Angst einfach nicht mehr ertragen konnte.
Dann war sie da und ich irgendwie überrumpelt.
Klar, ich war unheimlich froh, glücklich und hätte die Welt umarmen können.
Aber trotzdem blieb da diese "innere" Distanz. Und auch die Angst.
Ich habe sie umsorgt, mich gekümmert, sie geschmust und gestillt usw. - aber alles mehr "mechanisch, automatisch" (das klingt so böse ).
Ich glaube, ich konnte mich erst nach 8 Wochen so nach und nach auf sie einlassen und habe auch erst da begriffen, dass sie nun wirklich "da" ist und es geschafft hat.
Trotzdem würde ich auch heute behaupten, dass die Bindung zu ihr eine andere ist.
Aber sie ist deshalb nicht schlechter!
Das ist einfach das Resultat dessen, dass man so furchtbar Angst um dieses Kind hatte, oder? Vielleicht traut man sich einfach nicht, sich so ganz tief darauf einzulassen?
Ich habe heute noch ständig Angst, dass ich sie nichtatmend in ihrem Bettchen finde oder so.
Und bei Dir kommt dann noch der lange räumliche Abstand hinzu...das ist völlig klar, dass das Spuren hinterlässt.
Aber wichtig ist doch, dass wir sie lieben! Und das tue ich abgöttisch!
Vielleicht kann es Dir ja wirklich helfen, wenn Du mit Deinem "Therapeuten" darüber sprichst. Zumindest, dass man die kleinen Vorwürfe und das schlechte Gewissen etwas los wird.
Alles Gute wünscht
Stepke