Wenn man sich vergessen fühlt

Ich bin über's lange WE allein.
Genieße das sehr.
Werde ein bisschen arbeiten, mit der Bettdecke auf dem Sofa liegen.
Zum pferd und schwimmen gehen.
Gestern war ich 10 Stunden bei meiner Freundin mit ivf Zwillingen.
Eine andere Bekannte kam noch kurzzeitig dazu.
Es war ein schöner Babytag.
Ich liebe die Zwillinge!
Bin Patentante. Die Kinder hat meine Freundin mit ihrer Frau nach ewigen Zeiten endlich bekommen.
Dann zu früh. Fast vier Monate.
Es war die Hölle.

Ich bin gerne da. Bringe Essen mit, Wickel, fütter, spiele.
Mit der anderen Bekannten waren wir dann noch spazieren.
Es wurde über die Babys geredet, über Kinderbetreuung, Teilzeit in Elternzeit, reifen vom Wagen, Partner im Umgang mit den Kindern, berufliche Situationen der Männer und Frauen, über Taufe, Ansichten anderer Eltern etc etc.

Ich versuche immer mitzureden.
Meine eigene Perspektive zu beschreiben, die der anderen anzunehmen etc.
Über wickeln, essen, Brei, Obstbrei, Haferbrei, Fleisch ja oder nein zu diskutieren.

Ein wenig habe ich mich aber nicht gesehen gefühlt.
Klar, für alle anderen ändert sich bei mir ja auch nichts. Es muss halt der neue Versuch gemacht werden und vorher die letzten Untersuchungen.
Das wissen die beiden von gestern bereits.

Wahrscheinlich gibt es für sie nichts zu berichten.
In meiner Welt sind Brei, Flasche, Kinderwagen, erstes Wort etc eben andere Themen

Seit heute nehme ich wieder Medikamente.
Nicht für einen neuen Versuch sondern für die Biopsie.
Wir sind mittlerweile Selbstzahler.
Das Konto schmilzt vor sich hin.
Wie es mit damit geht fragt keiner.
Wenn ich was erzähle wollen natürlich alle Mut machen.
"Das wird schon" "glaube dran"...

Manchmal wünsche ich mir, dass mir auch mal wer einen Auflauf vorbeibringt.
Sich mit mir auf die Couch setzt. Den englischsprachigen Antrag für den ERA Test durchgeht, ob ich alles richtig gemacht habe.
Mit mir googlet wo ich Medis billig herbekomme

Lange war das auch die Welt meiner Freundin.
Jetzt nicht mehr.
Die sagt selbst, sie kann sich daran kaum noch erinnern.
Weiß den Unterschied zwischen ovitrelle und orgalutran nicht mehr...
Das ist gut und richtig so!!!

Aber ich habe meine verbündete verloren.
Es ist nicht mehr ihre Welt.
Das ist schön. Für sie und ich bin dankbar für den intensiven Kontakt zu ihren Kindern.
Aber mir fehlt was.

Ich müsste früher nicht aktiv mit dem Thema anfangen. Es war da.
So wie jetzt die Themen"Brei, Windel etc"

1

Liebe Mara,
dein Post hat mich gerade sehr berührt und ich fühle, obwohl wir uns nicht kennen, mit dir mit. Es ist schwer auf dem Schiff zu verbleiben, wenn andere längst Rettung erfahren haben und das nicht einmal gesehen wird. Tolle Ratschläge und Floskeln a la "wird schon" schenke ich mir jetzt, aber eine Sache sag ich doch: du bist nicht allein, wir sind hier und stehen dir, wenn auch unbekannterweise, zur Seite...

Liebe Grüße

2

Ich kann so gut mit dir fühlen.
Mir geht es sehr ähnlich wie dir.
Hab am Mittwoch meinen Bluttest. Aber bin eher negativ eingestellt.
Jeder will mir helfen und mir Ratschläge geben.
Aber so wie du sagst: mit mir mal hinsetzen und was zu Essen vorbei bringen, macht niemand.
Es wird sich nur Reihenweise zum Frühstück eingeladen, weil ich bin ja krank geschrieben, brauch Ablenkung und hab Zeit.
Hab mich jetzt etwas zurück gezogen, auch falsch.

Hm, ich weiss ja auch nicht. Drück dich mal unter Vergessenen. 😘

3

Liebe Mara,

wie vermutlich viele hier, kann ich deine Gefühle sehr gut nachvollziehen.
Es ist alles eh schon so schrecklich anstrengend und mit unter auch irgendwie gemein - und wenn man seine Verbündete verliert ist das sogar grausam.
Egal wie doll man sich freut, hab einen ähnlichen Fall und bin auch Patentante geworden. Auf der einen Seite ist das eine wahnsinnige Ehre und ich freu mich riesig.
Aber als ich sie das letzte mal auf dem Arm hatte, fragte ich mich auch, ob ich einen eigenen Kind niemals näher kommen werde als in dieser Situation.
Es heißt ja immer 1 von 7 Paaren... bei uns ist es eher 1/25 oder so.
Viele starten bereits die zweite Runde- wir warten weiter....

Ich hab auch keine guten Ratschläge für dich (oder für mich) - nur die Gewissheit, dass wir viele sind. Hier sind die 1 von 7 versammelt und keiner muss sich allein fühlen.
Ich wünsche dir viel Kraft weiterhin - und natürlich schnellen Erfolg ;)

4

Ich kann sehr gut verstehen wie du dich fühlst. Mein Freund und ich waren letztes Jahr mit Freunden und deren Kindern im Urlaub und wir waren das einzige Paar ohne Kind. Und es ist megaschön mit den Kids zu spielen und ich finde all diese Elternthemen auch null schlimm, denn schließlich ist es ja das, was ich auch will und was mich hoffentlich in einiger Zeit selbst beschäftigen wird.
Trotzdem hat man keine eigenen Erfahrungswerte und die Gespräche sind somit nicht auf Augenhöhe. Eltern wollen sich über solche Themen mit Eltern austauschen.

Als es bei den anderen mit den ersten Babys losging, da wurden wir noch gefragt, wann es denn bei uns soweit ist, ob wir nicht auch Kinder wollen. Nach einiger Zeit sind die Fragen verstummt und es haben sich wohl alle gedacht, wir wollen entweder keine oder es klappt nicht und sie fragen besser nicht mehr nach.

Wir haben unsere Kiwu-Behandlung lange für uns behalten und jetzt - einfach weil wir es anders nicht mehr wollten und ertragen konnten - die Katze aus dem Sack gelassen. Ich bin sehr gespannt wie sich die Gesprächskultur jetzt in der Folge verändern wird. Außer „das wird schon“ kann man vielleicht auch gar nicht mehr erwarten. Es sind alle auf natürlichem Weg schwanger geworden und von denen kann sicher niemand nachvollziehen, wie es uns geht und wie aufreibend die behandlungen sind.

Vielleicht ist es auch Selbstschutz von deiner Freundin, die selbst ivf gemacht hat, möglichst alles zu verdrängen. Vielleicht geht es dir und uns bald auch so, dass wir anderen, die in Kiwu Behandlung sind, sagen „das wird schon!“

Ich wünsche es uns allen!

5

Liebe Mara,

Beim lesen stiegen mir gerade die Tränen in die Augen.... die blöden Hormone :D

Ich hatte heute den Transfer unserer 1. ICSI. Wir haben niemandem was erzählt.
Ich bin schon mal auf natürlichem Wege schwanger geworden und hatte eine Fehlgeburt in der 20. Ssw.
Während ich schwanger war, war im Freundeskreis alles wunderbar.
Bei der Fehlgeburt zeigte sich deutlich, dass keiner wusste wie er mit mir umgehen sollte.
Das machte die Lage für mich noch schlimmer =/
Und danach wurde ich fast 3 Jahre lang nicht schwanger - alle anderen um mich herum schon. Die Themen drehte sich nur noch um Babies, Brei & Co.
Ich habe mich zeitweise auch raus gezogen. Es war besser für mich.
Ich kann dich daher sehr gut verstehen.
Aus diesem Grund bin ich hier gelandet :)

Aber selbst hier ziehe ich mich manchmal nen Tag wieder raus, wenn ich merke, dass es bei einigen nicht geklappt hat.

Ich würde auf dein Bauchgefühl hören :-*

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Mir geht es da genauso. Ich habe mich auch von allem sehr zurückgezogen. Ich muss mich selbst schützen habe ich gemerkt. Ich wünschte oft ich könnte anders damit umgehen.

Alle um mich herum bekommen Kinder, das tut oft sehr weh.
Hier fühlt man sich verstanden.

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Kopf hoch - bald schafft ihr es auch und dann weißt du auch den Unterschied zwischen Orgalutran und Ovitrelle nicht mehr. 😊

7

Das wäre schön.

Trotzdem bleiben welche übrig.
Das verdrängen wir alle sehr gerne!
Ja es wird in Kürze den nächsten Versuch geben. Ja, vielleicht dann sogar noch einen ... Keine Ahnung.

Aber manchmal wäre es schön, wenn ungefragt jemand da ist.
Sich einfach mal neben einen setzt und da ist, wenn es einem schlecht geht.
Muss man immer versuchen, es positiv zu sehen?
Ich kann will das nicht mehr.
Ich will es einfach auch mal schlimm finden dürfen ohne schlechtes Gewissen.

9

Ich finde das dürfen wir auch. Es geht nicht immer nur positiv zusehen, zumindest nicht für mich. Wir sollten uns zwar immer wieder aufraffen und nach vorne schauen um weiter zu machen. Aber wir sollten auch einfach mal traurig sein dürfen. Es ist kein einfacher Weg den wir gehen. Ich hab auch immer wieder mal Zeiten wo mir einfach alles zuviel ist. Wir geben uns hier gegenseitig Kraft 🤗