Künstliche Befruchtung

Hallo ihr Lieben

Ich sitze nun - keine Ahnung bereits zwei Stunden vor meinem Laptop um diesem Beitrag zu schreiben.. Tippe... lösche wieder...
Eigentlich habe ich nicht in dem Sinne eine Frage, es geht mir mehr darum mein Schmerz von der Seele zu schreiben - und dann denke ich wieder.. Naja wollen das andere wirklich lesen?
Ich bin 30 Jahre alt - hatte letztes Jahr 3 erfolglose Inseminationen (März - Mai). Beschloss daraufhin mir eine Pause zu gönnen, da die vielen Arzttermine (nebst 80% arbeiten als Sozialarbeiterin in einer Psychiatrie und Masterstudium an der Uni für Psychologie) und die Hormone echt anstrengend waren. Ich hab über 10 kg zugenommen, hab mich alleine gefühlt von meinem Freund, nicht-verstanden von meinem Umfeld und hab dann beschlossen im Juni drei Wochen alleine nach Bali zu reisen. Joga, Surfen und neue nette Menschen kennenlernen - und endlich Mal die Erfahrung machen, ganz alleine auf mich gestellt in ein anderes Land zu reisen. Das hat durchaus gut getan, kam aber zurück und bin in meine erste (und hoffentlich letzte) Lebenskrise geraten. Ich bin seit knapp vier Jahren mit meinem Verlobten zusammen, die Lebenskrise hat ihn natürlich stark mitgenommen, weil ich nicht mehr wusste wo oben und unten war und auch die Beziehung in Frage gestellt habe.
Zu erwähnen ist, dass das Problem betr. Unerfülltem Kinderwunsch bei ihm liegt (zumindest aus medizinischer Sicht) - sein Spermiogramm ist eingeschränkt (sowohl Anzahl wie auch Beweglichkeit). Vielleicht hat aber auch meine mentale Fassung in Bezug auf Schwangerschaft damit zu tun, dass die Inseminationen nicht geklappt haben...
Da ich die Liebe zu ihm nie angezweifelt habe, und wir durch meine Krise endlich in wirklich tiefgründige Gespräche kamen und er wohl auch deshalb endlich Mal wirklich zugehört hat konnten wir wieder zu einander finden. Also gestärkt aus der Krise rauskommen.
Nun wollten wir eigentlich bald wieder mit der KIWU Klinik in Kontakt treten um den nächsten Schritt - die künstliche Befruchtung anzugehen. Aufgrund der Corona Krise ist es aber bis anhin nicht absehbar, wann wir damit starten können.

In meinem Umfeld sind so gut wie alle schwanger - man hat schon beinahe das Gefühl meine Freundinnen werden nur vom Ansehen schon schwanger.
Ich kann mich zwar wirklich noch freuen, missgönne es niemanden aber es belastet mich, dass ich dennoch Gefühle des "unfairness" empfinde. Das belastet mich echt so stark, dass ich mich oft sehr alleine fühle damit. Mein Freund kann mit diesen Gefühlen, dass ich das alles auch unfair finde, nicht wirklich gut damit umgehen, weil er dann wohl ein schlechtes Gewissen bekommt, weil es ja an ihm liegt.

Ich habe Mühe damit, auch wenn ich ein sehr offener Mensch bin und gerne kommuniziere und eine mitteilende Art habe, auch meinen Freundinnen von meiner Gefühlswelt zu berichten, merke ich je länger wir in diesem Prozess sind, dass ich mich hierbei zurückziehe. Ich möchte niemandem das Gefühl geben, dass ich es ihnen missgönne, dass es bei ihnen halt einfach auf normalem Wege klappt.

Ausserdem habe ich - obwohl ich echt tolle langjährige Freundinnen habe; das Gefühl dass ich sie damit belaste wenn ich davon erzähle, dass es an manchen Tagen echt schwierig ist für mich. Oftmals gebe ich dann meinem Zyklus und den Hormonen die Schuld - wobei ich weiss, dass es nicht nur daran liegt.

Ich frag mich manchmal ob etwas mit mir nicht stimmt... Es kommen so viele Gefühle in mir hoch - das ist manchmal echt sau anstrengend - Gedanken die ich eigentlich echt nicht haben möchte.
Da ich ja einen "Vorgeschmack" hab, was solche Hormonbehandlungen mit einem machen, hab ich echt grossen Respekt vor der Künstlichen Befruchtung. Einerseits fand ich es mal wieder unfair, dass genau dann wenn wir starten wollen diese Corona Krise kommt und den Beginn nach hinten verschiebt, andererseits war ich auch irgendwie erleichtert, dass ich nicht bereits diesen Monat wieder so oft antanzen musste und mir täglich Spritzen setzten soll.

Ich bin von meiner Person her, eigentlich keine "Heulsuuse" - eher das Stehaufmännchen, klar - wenn ich ehrlich bin war ich schon immer etwas der "Kopfkinomensch", der sich (zu?) viele Gedanken macht - aber dieses nichtkontrollierbare - diesen unendlichen Wunsch zu haben und es nicht in der eigenen Hand zu haben, gepaart mit diesem Gefühl des Unfairen, des sich nicht verstanden fühlen, das macht mich manchmal echt fertig.
Wenn ich mich so durch die Foren lese, dann hab ich das Gefühl ich bin alleine mit diesen Gefühlen.

Darf ich überhaupt "meckern" - dass die ganze Behandlung eigentlich an mir liegt. Ich werde diejenige sein, die täglich sich Hormonspritzen verabreichen muss, ich werde diejenige sein die mehrfach in der Woche die ärztlichen Kontrollen hat.. Ich sollte doch eigentlich glücklich und dankbar sein, dass es diese Möglichkeit gibt. Darf man da überhaupt solche Gefühle hegen? Darf ich überhaupt Schwäche zeigen? Man ist sich doch von mir gewöhnt, dass ich doch mit allem psychologischen so gut umgehe, weil so reflektiert und vom Fach?!
Ist es Fair meine Freundinnen oder meine Schwester, meine Schwägerin mit meiner Traurigkeit, meinen Gefühlen überhaupt zu belasten, wenn sie alle Schwanger sind... Mögen die überhaupt noch zu hören? Mache ich ihnen insgeheim ein schlechtes Gewissen?
Sollte ich mich nicht schon lange damit abgefunden haben, dass dies nun Mal der Weg ist, dass wir auf künstlichem Weg (hoffentlich) schwanger werden...
Wie viele Versuche verkrafte ich überhaupt? Darf ich dann, wenn es klappen sollte und ich Mama bin auch Mal das Mama sein anstrengend finden? Oder muss ich immer strahlend durch die Gegend und dankbar sein? Aber was ist wenn es gar nie klappt?
Scham, Trauer, manchmal sogar Wut übernommen mich in gewissen Momenten und dann muss ich weinen, weinen für mich alleine.. Auch wenn ich Ventile habe wie Joggen, Yoga oder mich ablenken, irgendwie fehlt mir der Austausch, der Austausch mit jemanden der es im besten Falle vlt. auch nachvollziehen kann....
Vielleicht doch irgendwelche Tips oder gute Gedanken die ihr euch angeeignet habt, bei dem ganzen Prozess...

Ich weiss nicht ob mein Text wirklich verständlich ist... Ich glaube aber ich bin auf der Suche nach Frauen, die ähnliches erleben.. Die ihre Gedanken mit mir teilen, mir ehrlich berichten, wie sie sich fühlen, ob diese Gefühle normal sind?

Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn sich die eine oder andere mit mir austauschen möchte..

Ach ihr Lieben, ich wünsch Euch auf jeden Fall eine gute Zeit, bitte bleibt gesund und all denjenigen, die sich gerade in einer Behandlung befinden wünsch ich nur das aller beste und drücke die Daumen!!!

Alles Liebe
Raschel*

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Hallo liebe Raschel,

viele der Gefühle die Du beschreibst kennen wahrscheinlich die meisten Frauen mit langjährigem und unerfülltem Kinderwunsch. Es ist völlig normal und nur menschlich wütend, traurig und auch mal neidisch zu sein auf sich selbst, den Partner oder auf diejenigen die nur vom angucken schwanger werden und diesen beschwerlichen Weg und die Gefühle die dabei entstehen noch nicht einmal ansatzweise verstehen können.

Ich erkenne mich selbst in vielen Punkten die Du beschreibst wieder. Damit bist du auf keinen Fall alleine.

Ich habe kein Rezept dafür wie wir diese Tiefs überwinden können, aber letztlich ist es der große Wunsch Mutter werden zu dürfen der uns irgendwie immer weitermachen lässt.

Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass man sein Leben als Mama auch mal doof und nervig finden darf! 😉

Fühl dich gedrückt, Du bist nicht allein.

Liebe Grüße,
Laura

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all deine gedanken, sorgen, ängste und gefühle sind völlig normal und ich finde es sehr mutig, dass du sie ‚aussprichst‘!

mir hat es immer geholfen, viel darüber zu reden! mit meinem partner, meiner mama u auch engen freundinnen! du musst nicht stark sein u wenn du deine gefühle erklärst, sollte dafür auch jeder verständnis haben!

für die beziehung ist denk ich wichtig, dass ihr es als gemeinsames problem seht! für deinen mann ist es sicher die hölle, dass du wegen ihm all das durchmachen musst!

habt ihr denn auch bei dir diverse untersuchungen gemacht?

bei einer iui hat man leider nur eine höchstens 10%ige chance, da wundert es mich nicht, dass es noch nicht geklappt hat! finde gut, dass ihr zu ivf/icsi wechselt!
ich habe die hormone immer halbwegs gut vertragen! ja natürlich ist es ein härtet für uns frauen, aber dafür fühlen sich die männer machtlos, was auch nicht schön ist!

es gibt leider sehr sehr viele frauen, die auf unterstützung angewiesen sind! allein in meinem freundeskreis 4!
bei uns haben alle schon kinder u nie würde ich jemanden diesen schweren weg wünschen, aber natürlich hab ich mal neid empfunden! aber ich hab mir dann immer überlegt, ob ich tauschen würde.....niemals... ich liebe mein leben, meinen partner, meinen job, usw! viele sind neidisch, weil wir zb so eine tolle beziehung haben!

glaube daran, dass du mal mama wirst, wenn nur das spermiogramm eingeschränkt ist, habt ihr die besten chancen! vor allem seid ihr ja noch jung! u ja du darfst dann als mama jammern! 😉

drück dir die daumen, dass ihr bald erfolgreich seid! 🍀🍀🍀

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Danke für diesen Beitrag!
Ich schreibe hier in der Regel auch immer nur meine Sorgen rein.
Auch wenn ich deswegen schonmal ein wenig kritisiert wurde.
Hier ist mein Platz für meine Wut, Verzweiflung, Trauer, Neid etc etc.

An manchen Tagen laufe ich auch durch die Straßen und habe das Gefühl der ein oder anderen Mutter oder schwangeren unvermittelt in die Fresse zu hauen ;-)
... Mach ich natürlich nicht und ist nicht ganz ernst gemeint ;-)

Die Hormone habe ich bisher bestens vertragen. Trotz Höchstdosis und langer Stimulation!

Das Gefühl von Leben verraten worden zu sein, kommt immer mal auf. Das gehört leider alles zu diesem Weg, den wir hier gehen.