Ist es unfair und egoistisch so zu denken?

Ich brauche mal eure Meinung.

Mein Mann hat das Klinefelter Syndrom und wir haben im November einen Termin zur TESE. Laut Arzt sind die Chancen bei deutlich unter 10 Prozent, dass man etwas findet. Bei mir ist soweit alles okay.

Jetzt erwische ich mich dauernd bei dem Gedanken ob ich nicht fast hoffe das die TESE negativ ausfallen wird. Wenn das der Fall sein sollte wird unser Weg mit Spendersamen so oder so weiter gehen.
Mit Spendersamen müssten wir uns um einen Anwalt kümmern, ggf meinen Zyklus leicht unterstützen und nach 6 Wochen Lieferzeit eine IUI mit Spendersamen machen, die Eigenleistung ist, aber ja insgesamt nicht so teuer.
Wenn die TESE positiv ausfällt müssen wir die Krankenkasse wechseln, müssen Behandlungspläne genehmigen lassen, eine Hormonstimulation und Punktion mit unzähligen Spritzen, Blutentnahmen und Ultraschalluntersuchungen machen und haben die deutlich höheren Kosten der ICSI.
Die IUI könnte mit etwas Glück vielleicht noch in diesem Jahr stattfinden, mit der ICSI wird sich das wohl länger hin ziehen.
Ich habe auch bereits mit meinem Mann gesprochen und er hat mir versichert, dass er super happy damit ist, dass ich das alles mit ihm überhaupt durchziehen will und das solche Gedanken normal sind, denn schließlich ist es gerade für mich ein deutlicher Mehraufwand.
Unsere Chancen sind ja eh schon furchtbar gering und ich bin mir auch zu 100% sicher, dass ich die ICSI durchziehen werde wenn die TESE positiv ausgeht. Wir sind uns beide einig, dass unser Weg sich fortsetzen wird, woran ich auch nicht zweifle, egal welche Richtung er einschlagen wird.
Ich komme mir richtig egoistisch vor denn dabei denke ich nur an mich und was mir bevor steht und gar nicht daran wie es ihm geht nicht der genetische Vater zu sein. Er möchte es trotzdem gerne versuchen, was ich sehr gut verstehen kann, aber kann sich auch gut mit Spendersamen arrangieren wenn sie negativ ausfällt.
Letztendlich werde ich sowieso nur abwarten können und dann sehen wie es für uns weiter geht.

Hattet ihr auch solche Gedanken? Ist das normal?

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Ich denke, dass solche Gedanken vollkommen normal sind. Deine, wie auch seine. Spendersamen ist bei uns soweit kein Thema, da das Problem an mir liegt, deshalb kann ich dir nur meine (ehrlichen aber unwichtigen) 5 Cent dazu geben.

Du hast dich wohl emotional schon mehr mit dem Thema Spendersamen angefreundet als er und wärst schneller bereit es so durchzuziehen, und ich kann deine Gedanken alle sehr gut nachvollziehen. Bei so einem kritischen Thema sollten sich natürlich beide Partner absolut einig sein, damit es funktionieren kann. Ihr habt euren Plan B, aber es steht doch immer noch Plan A im Raum. Dich scheint es ein wenig zu drängen, aber es stehen da auch noch Hoffnungen des Mannes an die TESE und ein genetisch eigenes Kind dazwischen.
Ich würde dem Ganzen etwas mehr Zeit geben, die TESE abwarten, und meinem Mann die Chance geben, mit dem Ergebnis umgehen und (im wahrscheinlichen Falle einer negativen TESE) damit Frieden schließen zu können. Vielleicht würde euch auch eine Beratung oder psychologische Unterstützung in die Richtung weiter bringen.

Mir wäre es die Strapazen der Behandlung und das nötige Geld wert für die Chance, ein Kind zu bekommen, das genetisch auch von meinem Mann stammt. Aber ich würde es nicht endlos versuchen, sondern es dann nach einer für uns stimmigen Zahl an Versuchen auch gut sein lassen.

Früher hätte ich mir eine Eizellspende nie vorstellen können. Mittlerweile bin ich richtig glücklich darüber, dadurch einen Plan B zu haben, falls es sich mit der eigenen Eizellqualität nicht bessert. Es ist dann so, dass das Baby einerseits von Beginn an in mir wachsen, und ich andererseits schwanger sein und es als mein eigenes Kind zur Welt bringen dürfte. Diesen "Luxus" hat ein Mann nicht, wenn er um ein Kind zu haben auf Samenspende angewiesen ist. Deshalb kann ich es gut verstehen, wenn ein Mann erst alles probieren möchte, bevor er sich auf die Familiengründung mit Hilfe von Spendersamen einlässt.

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Ich verstehe was du meinst. Wir sind beide absolut im reinen mit der Spende, trotzdem möchte er verständlicherweise alle Optionen ausschöpfen. Wir werden das jetzt auch durchziehen und ich fühle mich auch nicht schlecht mit Plan A, trotzdem wäre Plan B für mich persönlich einfacher. Ich bin schon sehr beruhigt, dass alle hier ähnliche Gedanken haben oder hatten

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Huhu,

unerfüllter Kinderwunsch ist für eine Beziehung leider immer belastend. Ich denke daher solche Gedanken sind normal und es immerhin gut, dass ihr darüber reden könnt. Mein Mann hat zwar Spermien, allerdings sehr wenige und 0% Normalgeformte. Nach der Diagnose habe ich mich direkt gefragt, wie es damit klappen soll. Jetzt ist der 3. Transfer (2. Icsi) gescheitert und unsere KiWu-Klinik wird gefühlt immer pessimistischer. Habe mir als Limit gesetzt, den 3. und letzten bezahlten KK-Versuch noch mitzunehmen und dann auch auf Spendersamen zu gehen.

Tatsächlich habe ich mir auch schon des öfteren gewünscht, wir hätten gar keine Spermien - gefühlt fällt einem dann die Entscheidung leichter. Mit vorhandenen Spermien ist ja zumindest die Mini-Chance auf ein gemeinsames Kind da. Sehe mich aber psychisch und körperlich auch nicht im Stande zig Versuche durchzuziehen, Respekt an alle, die das schaffen. Ich bin manchmal richtig sauer und wütend auf meinen Mann, dass er mir das "antut", frage mich womit wir das verdient haben, wünschte es wäre alles normal wie bei allen anderen Paaren, die wir kennen, und schäme mich dann im nächsten Moment.

Mach dir keine Gedanken, wir sind alles nur Menschen und das Thema ist sehr sehr schwierig. Alles Gute euch!

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Ich kann deine Gedanken auch gut nachvollziehen und habe großen Respekt vor denen die das durchziehen. Wir haben noch gar nicht richtig angefangen und je nachdem wo ich im Zyklus stehe gehe ich daran kaputt und weine dauernd oder bin optimistisch.
Ich bin gespannt wie wir damit umgehen wenn es wirklich los geht. Unser gesamtes Umfeld weiß auch über unsere Umstände Bescheid und wir reden auch mit anderen oft drüber.
Wie du auch, weiß ich natürlich, dass unsere Männer nichts dafür können. Meine Kollegin sagte am Anfang das genau festgelegt ist welche paare so ein Schicksal trifft, weil das Schicksal weiß wer stark genug ist um das durchzuhalten 💪🏻

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Hallo,

Ich kenne deine Gedanken tatsächlich sehr gut. Mein Mann hat Azoospermie und einen erhöhten FSH Wert. Wir haben auch eine Tese machen lassen, die negativ ausgefallen ist. Für uns war auch vorher klar, das wir auf Spendersamen ausweichen würden, falls die Tese negativ ist. Aber wir sind sowieso auf eine Isci angewiesen gewesen also hätte das keinen Unterschied gemacht ob mit Tesematerial oder Samenspende. Aber warum ich trotzdem oft froh bin ist, dass Spendersamen natürlich eine viel bessere Qualität haben als Tesematerial. Ich war froh, da auch ich Baustellen haben, die Befruchtungsrate bei uns mit den Spendersamen sehr gut war. Mittlerweile bin ich in der 35. Ssw und wir sind sehr glücklich diesen Weg gegangen zu sein. Wäre es Tesematerial könnte es sein, dass wir immer noch im Behandlung wären. Mein Mann freut sich sehr auf unser Baby und ihm sind die Gene egal. Was uns aber bewusst ist, ist dass wir mit dem Thema Samenspende immer konfrontiert sein werden, da wir unser Kind auch von Anfang an aufklären wollen.

Liebe Grüße
Happygirl 🤰 34+4

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Ganz lieben Dank. Ein Thema wird es tatsächlich immer wieder sein. Herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft

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Finde ich absolut nachvollziehbar.

Bei uns ging es nicht um Spendersamen, sondern um eine Eizellspende.

Mein Mann war sofort dafür, hatte aber wiederum Bedenken, dass es für mich komisch sein könnte. Ich habe mich gedanklich intensiv damit beschäftigt und bin jetzt mit dem Thema absolut im Reinen.

Nehmt es an, wie es kommt, es ist beides gut und richtig 🙂💕🍀

LG Luthien mit ⭐⭐⭐🤰💙 23+6

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Danke. Und Glückwunsch, dass es bei euch geklappt hat

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Dankeschön 😘

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Die Gedanken sind normal und OK.
Vor allem weil du sie reflektierst!

Meine Gedanken dazu:
Du denkst aktuell an das hier und Jetzt.
An das, was dich persönlich jetzt betrifft. An deine aktuellen Umstände und die notwendigen Aufwendungen. Alles bezieht sich auf den körperlichen Bereich dich betreffend und die finanzielle Situation euch als paar betreffend.

Was du aktuell ausblendest ist der psychische Bereich. Deinen persönlichen als auch den deines Mannes UND des noch ungeborenen Kindes.

Du umgehst aktuell den Gedanken an ein gemeinsames Kind.
Das habt ihr dann nicht.
Es ist dann kein Kind aus euch beiden.
Und das Kind mit Spendersamen ist nicht verwandt mit deinem Mann.
Diese Chance vergibst du euch allen, wenn ihr keine icsi versucht.

10% ist nicht viel. Aber auch nicht nichts.
Ich würde das versuchen.
Und dann weitersehen, wenn es nach ein paar Versuchen nicht klappt.

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Warum wechselt ihr nicht jetzt schon pro forma die Krankenkasse, damit ihr die "Kündigungszeit" von 2 Monaten schonmal weg habt?

Sollte es doch so kommen dass ihr auf Spendersamen ausreicht, habt ihr ja nichts verloren, für den anderen Fall aber einfach schon ein bisschen Zeit aufgearbeitet.

Ich wünsche euch viel Glück

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Weil wir erstens in einer sehr guten KK sind und diese nicht unbedingt wechseln wollen und zweitens weil die Chance dass wir überhaupt diesen Weg können bei ca 2-3 Prozent liegt

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Hallo,
ich kann dich und die Aussagen aus den Beiträgen verstehen. Ich habe mich auch mal sagen hören: Mir wäre es lieber, wenn es gar keine Möglichkeiten in der KiWu gäben würde und man sich einfach mit der Kinderlosigkeit abfinden muss. Denn auch eine KiWu Klinik ist keine Garantie für ein (eigenes) Kind. Aber garantiert hat man den ganzen Trouble, der dazugehört.
Denn ja, es IST unfair, dass man als Frau die ganze Behandlung über sich ergehen lassen muss, weil das Sperma nicht in Ordnung ist. Es IST unfair, dass andere Paare 3 Kinder haben und manche Paare keins. Das darf man ruhig aussprechen. Nur weil man sagt, dass es unfair ist, hasst man ja nicht den eigenen Partner oder die kinderreichen Freunde. Wir sind auch ICSI Kandidaten aufgrund des Spermas. Eine IUI wäre uns auch lieber, aber man muss mit den Karten spielen, die das Leben einem ausgeteilt hat. Bei meinem Mann steht die genetische Untersuchung noch aus. Aber ich bin mir noch nicht sicher, was das Ergebnis daraus verändern soll. Wir haben uns auch noch nicht für die ICSI entschieden. Vielleicht lassen wir es sein. Ich weiß zwar, dass sich der Aufwand und der Stress und die ganzen Frustrationen sich für ein Kind lohnen werden, aber eine Garantie hat man leider nicht. Aber ich scheue auch den Aufwand einer ICSI und wünschte es würde einen leichteren Weg gehen.
Tut mir leid für die negative Stimmung. Bei mir ist alles noch recht frisch. Ich wünsche dir alles Gute und ganz viel Kraft. Auch deinem Mann. So eine TESE ist ja auch nicht das angenehmste.
Liebe Grüße Naseweis

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Danke für deine Antwort. Wir haben die Diagnose schon seit Januar und trotzdem sind wir nicht wirklich weiter. Es ist einfach hart aber es tut gut zu hören wie es anderen geht. Danke für deine Antwort