Ausführlicher Bericht- stille Geburt bei 26+0

Nachdem der schwerste Gang nun hinter mir liegt, bin ich bereit das Erlebte mit euch zu teilen.
Ich bin halt die, die die Statistik erfüllt...

Alles fing am 15.04. an. Ich hatte einen Termin bei meinem Gyn zum CTG und zum Zuckertest.
Das CTG ward da schon auffällig, meine Maus hatte zu dem Zeitpunkt schon einen Herzschlag von über 180. Viel zu hoch, aber alles was mein Arzt sagte war: "Das sieht ja komisch aus." Ganz tolle Aussage.
Die Tage danach hatte ich schon die ganze Zeit ein merkwürdiges Gefühl, aber ich spürte meine Maus noch. Dennoch hab ich wieder öfter den Angelsound benutzt. Ich hörte ihren Herzschlag war für kurze Zeit wieder beruhigt.
Dann kam der Samstag, der 18.04.
Ich spürte meine Lotta, zwar schwächer, aber sie war da und auch ihr Herz schlug. Ich bin noch mit meinem raus um mich etwas abzulenken, allerdings war ich zu dem Zeitpunkt innerlich schon sehr unruhig.
Dann kam der Abend, mein Bauch war still. Ich versuchte meine Maus anzustupsen- nichts. Also holte ich wieder den Angelsound raus. Ich fand keine Herztöne und wurde panisch.
Wir sind sofort ins Krankenhaus.
Die Hebamme belächelte mich erst. Sie dachte, wieder so eine Bekloppte die den Angelsound nutzt. Aber auch sie fand keine Herztöne.
Dann kam die Ärztin mit dem Ultraschall- die Ärztin war toll, hat mich die ganze Zeit begleitet.
Sie setzte an und ich hab sofort gesehen, dass unser Engel leblos ist.
Auch der Oberarzt konnte nichts anderes mehr feststellen.
Ich bin komplett zusammen gebrochen, hab geschrien, getobt. Auch mein Mann war völlig fertig.
Für die Nacht wurden wir wieder nach Hause geschickt, sollten am nächsten Morgen wieder kommen.
Die Nacht war die schlimmste, an Schlaf war nicht zu denken. Ich bin immer wieder in Tränen ausgebrochen. Gegen 2 Uhr bekam ich schon Senkwehen.
Am nächsten Morgen im Krankenhaus bekam ich eine Tablette- Mifegyn- um den Muttermund weich zu machen.
Ich bekam ein Einzelzimmer auf einer Privatstation. Mein Mann durfte die ganze Zeit bei mir sein, er bekam sogar kostenlos ein Bett.
Die Schwestern ließen uns weitesgehend in Ruhe. Es wusste auch niemand, wie man mit mir umgehen soll. Bin rumgelaufen wie ein Zombie, meine Augen waren vor lauter Tränen zugeschwollen.
Am 20.04. bekam ich morgens um 10 Uhr das erste Zäpfchen- jetzt wurde also richtig eingeleitet.
Um 14 Uhr kam das zweite Zäpfchen.
Danach fingen die ersten Schmerzen an, aber noch keine richtigen Wehen. Als ich nach Schmerzmitteln fragte, bekam ich ein Morphium-Tropf.
Hui, da war ich richtig high. Konnte aber noch eine Stunde schlafen.
Um 18 Uhr dann das dritte Zäpfchen. Jetzt bekam ich richtige Wehen. Der Buscopan-Tropf brachte außer Herzrasen nichts.
Es ging richtig schnell. Es kam eine Wehe nach der anderen, hatte keine Zeit mehr zum verschnaufen. Es tat so weh! Hab zu dem Zeitpunkt gesagt, dass ich nie, nie wieder spontan entbinden werde.
Gegen kurz vor 21 Uhr wurde ich nochmal untersucht. Die Ärztin sagte, dass es jetzt los geht.
Ich kam in den Kreissaal. Jetzt wollte ich auch eine PDA. Die bekam ich auch, leider saß sie falsch und brachte somit nichts- das wurde hinterher im OP auch nochmal bestätigt.
Auch mein Morphium brachte keine Linderung mehr.
Die Hebamme war toll. Sehr einfühlsam.
Gegen 22.30 Uhr war mein Muttermund schon bei 5 cm. Mit der nächsten Wehe wurde mir die Fruchtblase gesprengt, es hat richtig geknackt im Bauch.
Danach haben sich die letzten 5 cm innerhalb von 5 Minuten geöffnet und die Presswehen setzten unmittelbar danach ein.
Oh Gott, ich hatte das Gefühl mich zerreißt es innerlich. Nach drei Presswehen wurde meine Maus in Beckenendlage geboren.

So kam sie also am 20.04.2015 um 22.55 Uhr mit 630 g und 30 cm bei 26+0 still zur Welt.

Mein Mann durfte die Nabelschnur durchschneiden und ich bekam meinen leblosen Engel auf die Brust.
Sie war so wunderschön, perfekt. Pures Glück und tiefe Trauer zugleich.
Sie hatte strahlend blaue Augen, hellblonde Haare. Ihre Haut so zart und weich. Grenzenlose Liebe!
Nach einer Stunde musste ich in den OP, da sich die Plazenta nicht gelöst hat. Die Hebamme nahm in der Zeit unseren Engel zum vermessen mit. Sie machte Fotos und Fußabdrücke.
Nach der OP haben wir unseren Engel in einem Moseskörbchen wieder bekommen.
Wir haben sie in unsere Decke gewickelt, in der auch schon unser Sohn schlief. Auch ihre geliebte Spieluhr haben wir ihr mitgegeben und meine Kette.
Gegen 4 Uhr morgens bin ich auf mein Zimmer gekommen und wir schliefen vor Erschöpfung ein.

Am nächsten Morgen sind wir wieder in den Kreißsaal um uns ein letztes mal von unserer Lotta zu verabschieden. Sie sah so friedlich aus, als wenn sie nur schlafen würde.
Wir lieben dieses kleine, wunderhübsche Wesen.
Eine Obduktion lehnten wir ab. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen mein Mädchen aufschneiden zu lassen. Sie sollte makellos bleiben.

Jetzt hieß es die Beerdigung zu planen. Eine Sammelbestattung wollten wir ebenfalls nicht. Ich wollte alles perfekt für meine Maus.
Der Bestatter kam bereits am Nachmittag. Wir haben ihr einen wunderschönen Sarg ausgesucht- einen Sternenhimmel. Die Beisetzung sollte unsere Pastorin durchführen. Bunte Rosen sollten sie begleiten.

Am nächsten Morgen wurde ich entlassen. Die Ärztin war einfach wundervoll. Hat mich zum Abschied sogar umarmt.

Zu Hause wurden wir von meiner Hebamme weiter begleitet. Seelisch war ich ein Wrack, aber die Gespräche taten mir gut. Zwischenzeitlich habe ich auch erfahren, dass mein Gyn nachdem auffälligen CTG ein Doppler hätte machen MÜSSEN. Das sagten bereits die Ärztin und auch meine Hebamme.

Natürlich stellt sich jetzt die Frage: Könnte meine Maus noch leben, wenn mein Arzt gehandelt hätte?
Denn so wie es sich jetzt darstellt, habe ich eine Gerinnungsstörung. Untersuchungen hätte mein Arzt schon längst anordnen müssen, nach den vielen Frühaborten die ich hatte.
Dieser Arzt sieht mich auch nie wieder.
Meine Hebamme hat mir aber eine gute Praxis empfohlen und dank ihr habe ich bereits am 12.05. einen Termin bekommen, dann wird direkt mit der Diagnostik begonnen.
Ja, trotz der tiefen Trauer haben mein Mann und ich auch Hoffnung. Hoffnung darauf, dass wir irgendwann noch ein gesundes Baby zur Welt bringen.

Unsere Lotta kann natürlich niemand ersetzen, aber hier fehlt noch jemand...

Gestern um 10 Uhr war die Bestattung. Der schlimmste Tag in meinem Leben.
Als die Sargträger mit dem kleinen Sarg ankamen, bin ich zusammengebrochen. Meine Gedanken fuhren Achterbahn. Es ist so unfair!!! Meine kleine Maus.
Die Pastorin sprach einen Psalmspruch und nun gingen wir zur Grabstelle.
Es war wunderschön hergerichtet. Bunte Blütenblätter zierten die Grabstelle.
Die Pastorin hielt eine sehr schöne Rede, in der auch unser Sohn mit einbezogen war.
Mein Sohn war übrigens nicht mit. Wir haben ihn die Wahl gelassen, er wollte lieber zur Schule.
Nach der Rede habe ich mich ein letztes Mal verabschiedet.
Ich habe meiner Tochter einen Brief mitgegeben und ein Foto von uns drei, damit sie uns immer bei sich hat.

Nachdem wir gestern wieder zu Hause waren, habe ich ein merkwürdiges warmes Gefühl, wenn ich an meine Maus denke und ihre Fotos anschaue. Ein Gefühl, dass es ihr jetzt gut geht, wo sie ist. Ja, ich glaube an den Himmel und ich weiß meine Maus ist jetzt dort und schaut zu uns herab und passt auf uns auf. Ihr geht es gut, dass spüre ich.

In der ganzen schweren Zeit steht unsere Familie hinter uns und trauert mit uns.
Auch eine tolle Seelsorgerin und meine Hebamme sind für uns da.

Tut mir leid, wenn ich wirr geschrieben habe. Aber ich schrieb, wie mir die Gedanken gekommen sind.