ELS - und die Familie versteht's nicht...

Liebe Leidensgenossinen,

Anfang November wurde bei mir eine ELS festgestellt in der 9. SSW. Es war auch so eine Hoppla-di-hopp-Sofort-OP-Geschichte, weil ich mich mit starken Schmerzen viel zu lange rumgequält hatte. Wie sich das alles anfühlt und was es mit einem macht, muss ich euch nicht erklären ....

Vor einigen Jahren habe ich sehr heftig unter Depressionen gelitten, und war auch fast 2 Jahre in Therapie (bis 2012), daher hatte ich selbst meine Bedenken, wie ich das ganze wegstecke - aber da ich einen wunderbaren Lebensgefährten habe, der mich unsagbar aufgefangen und mit mir zusammen verarbeitet hat, klappt das besser als gedacht. Klar, das heulende Elend kommt immer wieder, aber die Abstände werden immerhin schon größer. Auch meine Eltern können mich (leider!) sehr gut verstehen, nach einigen FGs und einer Stillgeburt. Mit meiner Mutter konnte ich daher über alles reden. Leider wohnen meine Eltern fast 600km weit weg, während meine Schwiegerfamilie quasi um die Ecke wohnt.

Normalerweise habe ich sie sehr gerne, und wir kommen auch gut miteinander klar. Oder vielleicht muss ich sagen "kamen klar", denn seit der ELS ist irgendwie alles anders.

Meine Schwägerin war schon im 4. Monat mit ihrem zweiten Kind, als das ganze passierte. Mein Freund hatte nachdem ich aus dem KH entlassen wurde, seinen Eltern und seiner Schwester Bescheid gegeben, auch mit der Info, dass ich momentan weder nen Babybauch noch nen putzmunteres Kleinkind ertragen kann, und die Schwester daher um Abstand gebeten. Das wurde auch erstmal soweit akzeptiert, dass nur ab und an irgendwelche SMS kamen, z.B. Feiertagsgrüße. Aber zwischendurch, sogar im Dezember schon, immer wieder Einladungen mal vorbei zu kommen und sowas. Mein Freund hat die Bitte um Abstand dann noch mehrmals wiederholt, jetzt war die letzten Tage auch erstmal Stille.

Dazu kommt Schwiegermutter, die an sich ne herzensgute Frau ist, und mir gleich anbot, ich könne mit ihr reden oder Zeit verbringen, wenn mir das hilft - aber als ich das versuchte, ging's voll daneben. Ich kam kaum zu Wort - ("Nun, jetzt sind wir ja schon wieder bei dem blöden Thema, lass uns doch lieber über was schönes reden") dabei wollte ich doch einfach offen und ehrlich sagen dürfen, dass ich trauere!

Und sie verglich irgendwie Äpfel mit Birnen was so Situationen anging; es war kein Verständnis da, dass ich mir nicht Sorgen darum mache, nicht irgendwann doch ein gesundes Kind zu haben, sondern dass ich einfach darum trauere, dass mein Baby gestorben ist, und dass man es mir aus dem Bauch schneiden musste weil mein Körper nicht in der Lage war, seine Aufgabe zu erfüllen ....

Der Hammer war aber dann, als sie mich dann ermunterte, mich bei meiner Schwägerin zu melden und ihr für die Entbindung doch das Krankenhaus zu empfehlen, wo ich wegen der ELS operiert wurde.... Soviel Unsensibilität konnte ich gar nicht fassen.

Mein Freund hat dann auch eingegriffen und mich nach Hause gebracht, wo ich dann wirklich nur noch geheult habe.

Es ist schon schwierig genug, den Alltag in den Griff zu kriegen und nicht wieder einfach im Bett liegen zu bleiben, wie ich das früher getan hätte, als ich krank war. Insbesondere, da um mich herum der Schwangerschaftsvirus ausgebrochen scheint - eine Kollegin, die genauso weit ist wie ich (Darf es also quasi hautnah beobachten, was gewesen wäre wenn...), eine andere Kollegin nun auch, und auch im Umfeld noch zwei Paare.

Ich habe immer gedacht, es wäre schwer, Situationen zu meistern, in denen Menschen nicht wissen, was man erlebt hat und einem unbewusst weh tun.

Aber diese geballte Ignoranz und Unsensibiltät der Menschen, die Bescheid wissen, und die mir eigentlich nah stehen, versteh ich einfach nicht. Ich habe meine Wünsche doch eigentlich klar geäußert - bzw. wir als Paar haben das ....

Nun muss ich neben der Trauerarbeit also auch noch damit klar kommen, dass ich mir einen Weg suchen muss, wie ich auf die im März errechnete neugeborene Nichte reagieren soll - denn auf Sensibiltät meiner Schwiegerfamilie kann ich ja anscheinend nicht bauen.... Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit mir einen Schlachtplan auszudenken.

Momentan zerreisst mich der Gedanke, dass ich im März zu ner Geburt gratulieren und dann ggf. noch Kind begutachten soll, und eigentlich kann ich dann auch gleich meinen Therapeuten von damals kontaktieren, denn dass ich das nicht aushalten werde, weiß ich jetzt schon......
Mein Freund weiß auch keinen Rat - natürlich freut er sich auch irgendwie für seine Schwester, aber er trauert genauso, und dafür ist seitens seiner Familie offenbar noch weniger Verständnis da als für mich.

Im Moment steht als einzige Option, bald den Kontakt abzubrechen, wenn unser Wunsch nach etwas Ruhe (ich meine...Hallo..das war im November, und es ist gerade mal Januar) nicht endlich mal respektiert wird. Aber wer will das schon wirklich ... Insbesondere weil ich hier soweit von Zuhause entfernt sonst noch kaum Anschluss habe.

Vielleicht hat irgendjemand von euch schonmal was ähnliches erlebt und kann mir ein paar Tipps oder gedankliche Anregungen geben, wie ich mit der Situation besser umgehen kann?

Gerne auch per PN ...

Vielen lieben Dank im Voraus und eine gute Woche euch!

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Es tut mir erst einmal wahnsinnig leid, dass es dir so schlecht geht und hoffe sehr, dass dein Leben bald wieder glücklicher wird. #klee

Nun zu deiner Geschichte und auch wenn es hart klingt:

Niemand von den Anderen will dir mutwillig etwas böses. Du schreibst auch, dass Akzeptanz da war, Rücksicht genommen wurde, deine Schwiegermutter dir ihre Hilfe angeboten hat... ect.

Ich finde das von deiner Umwelt schon ennorm. Das es irgendwann abnimmt, die Leute auch ihre eigenen Sorgen haben ist ja auch normal. Verurteile sie nicht.

Nicht die Anderen sind Schuld, sondern du musst meines Erachtens einen Weg finden, mit deiner Trauer umzugehen. Du machst dich sonst fertig. Du kannst nicht allen Schwangeren, frischen Babys oder Kleinkindern permanent aus dem Wege gehen. Du wirst überall damit konfrontiert werden.
An deiner Stelle würde ich mir professionelle Hilfe holen.

Du versinkst in Selbstmitleid, sorry, auch wenn es hart klingt. Das hat leider nur noch nie jemanden geholfen.
Vielleicht könnte auch eine Selbsthilfegruppe helfen?

VG

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hallo und mein herzlich tiefempfundenes beileid.

Es tut mir sehr leid was du durchmachen musstest und immer noch musst, und ich will auf keinen fall herzlos oder verständnislos klingen

ich War selbst vor 3 jahren schwer depressiv und kann mit vorstellen wie es dich umhaut.

Es war dein kind und du hast es geliebt und es musste weggemacht werden.Und das ist furchtbar schlimm

Aber erstmal darfst du dir nicht die schuld dafür geben, du kannst nichts dafür das das befruchtete ei seinen richtigen weg nicht gefunden hat.
Solche dinge passieren leider nicht nur bei dir bei vielen Frauen.

und an deiner Stelle würde ich meinen psychologen mal anrufen und einen termin machen du bist schon tief unten das wird dir vielleicht auch nochmal helfen das geschehene besser zu verarbeiten.

und sei nicht so hart mit den Leute die das nicht verstehen können , vielleicht wissen sie einfach nicht wie sie damit umgehen sollen und verhalten sich deshalb so und wollen darüber nicht reden oder denken sie sind hilfreich..

Die zeit bleibt nicht stehen und die Leute leben weiter , vielleicht solltest du dich an den Gedanken gewöhnen das alle um dich herum schwanger sind und versuchen damit zu leben es wäre leichter für dich.

ich wünsche dir alles Gute und viel Glück für die nächste Schwangerschaft

ganz liebe grüße und kopf hoch

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Hallo,

Mein herzliches Beileid für deinen Verlust.

Ich kann verstehen dass du trauerst und dazu hast du alles Recht und auch das Rdcht dir dazu die Zeit zu nehmen die du brauchst.

Ich denke allerdings nicht dass deine Familie kein Verständnis für euch hat, sondern dass es euch so geht wie wahrscheinlich vielen anderen auch. Für euch steht die Welt still. Im Moment bist du in einer Blase der Trauer und siehst dass für alle um euch die Welt weitergeht.

Dass deine Schwägerin auch schwanger ist und hoffentlich bald ein gesundes Baby hat macht sie ja nicht absichtlich um euch wehzutun. Und dass deine Schweigerfamilie sich mit ihr mitfreut ist auch normal. Neben der Trauer um euer Baby ist halt auch die Freude über das Baby deiner Schwägerin vorhanden.

Wenn du so Angst vor dem Kontakt mit deiner Schwägerin hast würde ich an deiner Stelle vielleicht Kontakt zu einem Therapeuten aufnehmen und mit ihm Möglichkeiten durchgehen wie du mit der Situation umgehen kannst.

Unser Sohn ist im Mai in der 33Woche still geboren nachdem sein Herzchen einfach aufgehört hat zu schlagen. Meine Schwägerin hat 4 Wochen vorher eine Gesunde Tochter entbunden. sowohl am Abend nach der Diagnose war sie mit Baby bei uns.

Ich bin 12 Stunden nach dem Geburt heim gegangen und auch da saß sie mit ihrem Baby bei uns im Wohnzimmet und erzählte über die Kleine und dass sie nicht durchschläft etc. zwei Stunden später kam unsere Nachbarin mit ihrem Baby (1Woche alt zu dem Zeitpunkt) worum es in den Gesprächen dann ging kann man sich vorstellen. Zusätzlich durfte ich dann noch Getränke holen etc denn schließlich waren beide ja noch im Wochenbett.

In den drei Wochen nach der Geburt unseres Kleinen sind dann noch 5 Babys im Freundes und Familienkreis geboren. Für mich war es wichtig mich trotz meiner Trauer um mein Kind auch mit meiner Familie oder meinen Freundinnen über ihre Kinder zu freuen.

Bei meiner Nichte bin ich sogar Patentante geworden und bei Freunden von uns ist mein Mann Pate geworden.

Unser Sohn ist leider verstorben und das tut uns enorm weh und auch jetzt einige Monate später denke ich täglich an ihn und gehe regelmäßig an sein Grab, aber es ist auch schön die Klein meiner Schwägerin im Arm zu halten und mit ihr zu spielen oder die Kleinen meiner Freundinnen mal zu hüten.

Ich weiß dass es am Anfang sehr sehr schwer ist, war es für mich auch. Aber Abstand wäre der falsche Weg für uns gewesen. Da hätte ich mich wohl schon alleine in mein Zimmer verkriechen müssen und den Kontakt sowohl zu Familie wie auch zu Freunden abbrechen müssen.

Evtl kann aber ein/e Therapeut/in mit dir Wege ausarbeiten wie es für dich erträglich sein kann weiterhin Umgang mit deiner Schwägerin zu haben, nicht dass du nachher ziemlich isoliert und alleine dastehst.

LG und alles Gute für dich

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Erstmal möchte ich dir mein Beileid aussprechen und viel Kraft für die nächste Zeit wünschen.

Ich habe Ähnliches mit meiner Schwägerin erlebt und möchte dir kurz berichten, wie ich es gehandhabt habe. Ein Großteil meiner Geschichte kannst du ein paar Beiträge weiter unten lesen (vom Kinderwunsch zum Burnout)

Als meine Schwägerin von meiner Schwangerschaft erfahren hat, kam nur ein "Aha". Mein Bruder hat sich gefreut und meinte, das es dieses Mal schon klappen wird ( nach MA im 4. Monat im Januar).
Dann sagte mein Bruder meinem Mann im vertrauen, dass meine Schwägerin auch schwanger sei.
Im Juni entpuppte sich die SS als eine ELSS mit Not OP.
Meine Schwägerin war vier Wochen weiter.

Ich lag noch in der Klinik als ich mit ihr telefonierte. Da sagt sie mir doch allen ernstes, ihr gehe es ja so schlecht, dass sie sich manchmal wünscht, dass ihr Baby abgeht!?!! Ich habe das Telefonat dann umgehend beendet. Das muss ich mir ja wohl nicht anhören, oder? Wie unsensibel kann ein Mensch bitte sein?

Ich habe den Kontakt zu meinem Bruder und ihr so gut es ging reduziert. Mit ihr habe ich seit damals gar nicht mehr gesprochen.

Jetzt kam meine Nichte vor drei Tagen zur Welt. Natürlich mit live-Ticker über whatsapp im Familienchat...
Was hab ich meiner Schwägerin nicht alles gewünscht! Als das Kind dann da war hab ich nur kurz "Glückwünsche!" geschrieben, mehr ging nicht. Am nächsten Tag hatte mein Bruder Geburtstag, ich konnte und wollte nicht anrufen. Ich heulte seit Tagen, da ich ja wusste, dass der Tag kommen wird.
Ich hab ihm dann geschrieben. Habe ihm gratuliert und mitgeteilt, dass ich mit der Geburt gerade nicht zurecht komme und es mir sehr schlecht geht und ich deshalb nicht anrufe.
Es kam eine verständnisvolle Nachricht zurück und seit dem hab ich meine Ruhe (außer der live-Ticker im Familienchat).

Ich werde mir das Kind erst in ein paar Monaten anschauen können.

Und ob ich mit meiner Schwägerin jemals wieder normal reden kann bezweifel ich stark. Sie hat mich einfach nur zu tiefst verletzt.

Für mich fühlt es sich so gerade richtig an. So kann ich für mich gerade mit der Situation gut leben.

Ich hoffe, dass du auch einen Weg für dich findest, der dich das ganze leichter ertragen lässt.

Ganz liebe Grüße

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Also ich finde du bist ein bisschen ungerecht. von Ignoranz und Unsensibilität lese ich hier gar nichts.

Deine Schwiegerfamilie versteht dass du trauerst und sie wollen dir helfen. Sie bieten dir an mit dir zu reden - gut man kann nicht mit jedem solche Gespräche führen (auch wenn es angeboten wird). Sie wollte dich dann aufmuntern, das Thema auf was anderes lenken. Ich finde das kann man ihr nicht vorwerfen.

Auch wenn es schwer fällt - das Leben geht weiter, deine Schwägerin ist schwanger und entbindet im März und JA ich würde erwarten, dass du gratulierst und auch kannst du nicht ewig erwarten, dass sie dich meiden muss.
Ich finde es nett, das sie sich meldet und euch einlädt.

Ich finde auch nichts schlimmes daran ihr ein KH zu empfehlen, wenn man sich dort gut behandelt gefühlt hat.

Ich würde dir empfehlen, dich vielleicht doch an einen Therapeuten zu wenden.

Ich hatte nach meiner FG 2-3 ausgewählte Leute mit denen ich abwechselnd gesprochen habe, das hat mir geholfen das ganze aufzuarbeiten, damit umzugehen und auch wieder ganz normal in den alltag zu finden.
Und das musst du auch.
Das ist jetzt fast 3 Monate her bei dir - ich würde dich verstehen wenn du eine stille Geburt kurz vor ET gehabt hättest - da kommt man nicht so schnell drüber. Aber eine ELS in der 9.SSW, ist nicht der Nabel der Welt.
Tut mir Leid wenn meine Worte etwas hart sind.

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Hallo-Also erstmal herzliches Beileid. Es ist sehr schlimm wenn man sein Kind verliert.

Aber ich finde es nicht richtig von dir, von den anderen zu verlangen mit dir zu trauern und deine Familie ist für dich da-das kann man aus dem Beitrag herauslesen.

Du willst dich aber nicht mit ihnen freuen. Was kann denn deine Schwägerin und vor allem ihr Kind für dein Schicksal.

Sei eine gute Tante und Knuddel deine Nichte oder Neffen und kümmere dich um sie.

Eines Tages kommt auch deine Zeit und drin Kind und andere müssen ihr Kind ziehen lassen.

Wenn du das nicht verstehen kannst, denke ich es wäre echt gut deinen Therapeuten zu kontaktieren.

Alles Gute und viel Kraft und Stärke wünsche ich dir. LG h.