Wo Hilfe holen?

Hallo ihr Lieben,

Ich hatte vor nicht ganz 2 Wochen die stille Geburt unserer Tochter in der 21. Ssw (med. Indikation). In den ersten Tagen habe ich gedacht, dass ich es ganz gut verkrafte. Dann habe ich jedoch gemerkt, dass ich mich immer mehr zurückziehe. Ich kümmere mich um meine beiden, kleinen Kinder (ich bin noch 1 Monat in Elternzeit). Aber alles andere fällt mir schwer... Ich rede kaum noch mit meinem Mann und kann seine Berührungen nicht ertragen. Ich rede nicht mehr mit meinen Eltern und Schwiegereltern (außer es betrifft die Kinder). Ich bin so wütend und fühle mich in der Trauer um unsere Tochter so allein.

Es sind in der Schwangerschaft so viele Dinge vorgefallen, die mich jetzt mit Macht wieder einholen. Die Schwangerschaft kam überraschend, 4 Monate nach der Geburt unseres 2. Kindes. Mein Mann war 100% für einen Abbruch. Meine Eltern und Schwiegereltern (die es erst später erfahren haben) waren auch für die Beendigung der Schwangerschaft. Ich habe schließlich in der 8. Ssw "beschlossen", dass wir das Kind bekommen. Dann kam der Nipt-Test, gefolgt von der Fruchtwasserpunktion. Dann die endgültige Diagnose des Gendefekts und des Herzfehlers usw. Die Familie war natürlich gegen ein "behindertes Kind".

Ich bin so wütend, weil von Anfang an niemand außer mir dieses Kind wollte. Ich bin so verletzt, dass mein Mann nicht hinter diesem Kind stand, dass er nie meinen Bauch angefasst hat, dass er bei der Geburt nicht dabei war, dass ich das allein durchstehen musste, dass er sich nicht verabschiedet hat, dass er sich nicht die Fotos angesehen hat.

Ich habe das Gefühl, dass ich keinen Halt mehr habe, außer meine beiden Kinder, die von all dem nichts wissen. Ich fühle mich so allein...

Zudem quälen mich die Schuldgefühle, u.a. weil ich wieder einen sehr großen Kinderwunsch verspüre, der sich jedoch (realistisch gesehen) nicht erfüllen wird. Ich werde Anfang nächsten Jahres 40 Jahre alt und mein Mann möchte kein 3. Kind.

Wo könnte ich mir am besten Hilfe holen? Wir wohnen sehr ländlich und jeder Arzttermin erfordert Organisation, gerade wenn ich ihn nur alleine wahrnehmen kann. Freunden möchte ich mich nicht anvertrauen.

Lg, babyelf

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Hi,
frag mal bei der Diakonie oder Caritas an, evtl bieten die auch online oder telefonische Beratung an. Mir hat die diakonie damals sehr geholfen mit vielen einfühlsamen Gesprächen. Du hast auch Anspruch auf eine Hebamme oder du kannst dich an ein Geburtshaus in deiner Nähe wenden.
Alles Gute für dich?

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Mein Beileid zu deinem Verlust! Es tut mir so leid, was du durchmachen musstest. Das kann niemand alleine bewältigen.

Du könntest dich einmal bei deinem Hausarzt schlau machen, ob es Psychotherapeuten im Umfeld gibt, die vielleicht nur das Erstgespräch face to Face machen und ab da Online-Termine. Als Corona losging, haben meines Wissens viele Psychotherapeuten online-Beratung machen dürfen. Aber natürlich bräuchtest du eine Überweisung und müsstest schauen, ob die Wartezeiten vertretbar sind.

Und bis dahin: Könntest du nicht eure Kinder mal einen Tag lang zu den Großeltern "geben" und mit bspw deiner besten Freundin einen Wellness-Tag machen? Deine Seele geht grad durch eine kleine einsame Eiszeit und wenn du mal völlig aus allem rauskommen könntest, würde dir das sicher so viel mehr geben als du jetzt, während du das hier liest, glaubst.

Gib auf dich Acht!! 🍀💚

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Hallo du!

Mein herzliches beileid zu Deinem Verlust.

Dass du scheinbar niemanden hast, mit dem du deine Trauer teilen kannst und der dich unterstützt und für dich da ist, tut mir sehr leid!

Vielleicht wäre zur ersten Entlastung die telefonseelsorge oder das psychologische nottelefon eine gute Anlaufstelle. Die Nummern findest du im Internet. Telefonseelsorge hat bundeseinheitlich die selbe Nummer, das psychologische nottelefon hat je nach Region eine andere Nummer und heißt teilweise auch ein bisschen anders.
Aber beide sind 24/7 erreichbar und das ohne zusätzlichen Aufwand.
Das mal fürs erste.

Dann solltest du unbedingt mit deinem Hausarzt darüber sprechen, dass du aufgrund der Situation psychologische Unterstützung benötigst, die Hausärzte können oft Anlaufstellen nennen, je nach Region musst du aber mit einer Wartezeit von mindestens 6 Monaten bis Zum ersten Termin rechnen.

Ansonsten kannst du dich auch noch bei euren örtlichen Kirchengemeinden schlau machen, Caritas, Diakonie etc. bieten auch oft psychologische Beratung für alle Lebenslagen und ggf gibt's in eurer Nähe auch eine selbsthilfegruppe für verwaiste Eltern, falls das was für dich ist.

Ich wünsche dir alles Gute!

LG waldfee

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Liebe Babyelf,

Ich verfolge deine Beiträge, ich bin froh zu lesen dass du deine Gefühle endlich zu lässt und aufhörst so unheimlich stark bzw. Verständnissvoll für alle zu sein! Ich glaube nur so wirst du aus diesem Albtraum rauskommen. Ich drück dich super feste, als ich den ersten Beitrag las hab ich geweint und dich bewundert wie man eine stille Geburt trotz Partners alleine durchsteht, durchstehen muss, weil er nicht möchte. Jetzt musst Du nicht nur die Trauer um dein Kind bewältigen sondern auch noch die aufkommenden Eheprobleme.
Ich würde euch raten, vlt nicht sofort aber definitiv, gemeinsam zu einer dritten neutralen Person zu gehen. Aber erst musst du dich um dich selbst kümmern.
Als erstes würde ich mit Hausarzt oder FÄ reden. parallel dazu ProFamilia, Caritas, DRK, hier kannst du auch telefonisch Kontakt aufnehmen.
Und gerade wenn du mit der Familie nicht sprechen kannst, Freunde. Du möchtest es zwar nicht, aber gerade deine direkte Umwelt sollte dein größter Halt sein. Je mehr du darüber redest, es rauslässt desto besser kannst du verarbeiten!
https://www.fehlgeburtforum.de/ Die Seite war mir extrem hilfreich!
Mir hat der Austausch mit Gleichgesinnten richtig gut getan, Paare die so was noch nie erlebt haben können sich da einfach nicht reinversetzten. Selbst ich selber kann immer noch nicht begreifen was da passiert ist, wie soll das jmd ders nie erlebt hat tun.
Du hast an gar nichts Schuld, absolut gar nichts!!!!! Es ist total normal, mein Wünsch ist noch viel größer als vorher und ich wünsche mir sehnlichst ein Kind.
Ich drück dich einfach weiter. ♥️♥️♥️♥️

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Tut mir leid, dass sich die Situation bei dir zuhause nicht verbessert. Das macht es soooo viel schwerer. Ich kenne das Gefühl sich durch das Erlebte von der Familie zu entfernen, auch wenn es bei mir andere Gründe hat (Schwangerschaft der Schwester). Mich belastet das auch sehr, aber ich muss auf mich selbst schauen und wenn mir der Kontakt nicht gut tut, dann lasse ich es. Es ist in Ordnung Abstand zu nehmen. Halte Abstand von den Leuten, die dir nicht gut tun! Vielleicht kommt irgendwann eine Zeit, in der du dich wieder annähern kannst. Aber noch nicht jetzt.

Natürlich sollst du auch nicht alleine sein. Das schafft keiner alleine. Aber wenn du Hilfe suchst, wirst du Hilfe finden. Ich hatte dir auch schon ProFamilia empfohlen. Schnapp dir dein Handy und schreib denen eine Mail! Ich habe dort auch unsere Geschichte per Mail hingeschrieben. So konnte sich die Mitarbeiterin schon darauf einstellen und es ist einfach leichter zu schreiben als es auszusprechen. Im Anschluss ist sicherlich ein Telefontermin möglich und sinnvoll, sobald du bereit bist. Versuche kleine Schritte zu machen. Es wird ein langer Weg. Manchmal machst du zwei Schritte vor und manchmal machst du auch einen zurück. Die normalsten Dinge sind plötzlich ganz schwer und eine riesige Herausforderung. Es gibt plötzlich ganz viele erste Male seit der Geburt. Der erste Einkauf, der erste Smalltalk mit Bekannten, die erste Familienfeier usw. Sei auf jedes erste Mal stolz, das zweite Mal wird schon leichter. Hab nicht so hohe Erwartungen an dich selbst und stecke dir kleine Ziele.

Es tut mir leid, dass niemand außer dir das Kind wollte. Aber sei dir sicher, dass es deinem Kind reicht, dass DU es liebst und es von Herzen wolltest! Dein Baby hat deine Liebe gespürt und weiß auch jetzt, dass du nicht aufhören wirst es zu lieben. Auch unser Baby hatte einen Gendefekt und wir haben die Schwangerschaft nicht abgebrochen, obwohl wir auch mit der Situation gekämpft haben. Es ist nur wichtig, dass DU mit deiner Entscheidung leben kannst. Es ist egal, was die anderen denken. Du hast nichts falsch gemacht.

Falls es dir hilft, dich hier anzuvertrauen, kannst du mir auch gern privat schreiben.
Ich selbst habe natürlich auch noch viele schlechte Tage und habe für vieles noch keine Lösung, was noch vor mir liegt. Bei einem Austausch unter Betroffenen geht es auch nicht immer darum eine Lösung für alles zu haben, sondern auch darum einfach mal zuzuhören und mitzufühlen.

Ich zünde gleich eine Kerze für deine kleine Maus an, dann denken wir zusammen an sie💕

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Liebe babyelf,

Deine Geschichte hat mich sehr mitgenommen.
Wir haben viele Gemeinsamkeiten. Bei mir war es eine stille Geburt in der 17. Ssw, auch medizinische Indikation.
Auch bei uns waren mein Mann, seine und meine Eltern von Anfang an für einen Abbruch und ich hatte als eine der wenigen nur auch den Gedanken an die Fortführung.
Wir hatten schon in der Zeit der Entscheidung Beratung bei der Diakonie. Die haben auch Spezialisten für Pränataldiagnostik.
Das war zuerst telefonisch, dann per Videocall.
Parallel hatte ich noch ein Telefonat mit pro familia. Das war auch sehr "angenehm ", da ich aber mit der Frau von der Diakonie super zurecht kam, sind wir bei ihr geblieben.
Wir hatten anfangs wöchentlich telefoniert und nun werden die Abstände größer. Ich bin froh, dass ich sie habe.
Mein Mann hat kein Interesse mehr oder kein Bedürfnis. Für ihn ist das Thema "erledigt ". Was ich traurig finde. Aber er ist so ein Mensch, nicht so emotional.

Vor 2 Wochen hat bei uns auch eine trauergruppe für trauernde Eltern gestartet. Ich hoffe, dass es mir weiter hilft. Ich gehe alleine hin, weil mein Mann kein Bedürfnis hat.

Ich würde dir aus meinen Erfahrungen heraus empfehlen, mit Diakonie oder pro familia Kontakt aufzunehmen.
Die sind recht schnell terminlich verfügbar, per Telefon hast du keinen großen Aufwand bzgl Anreise und sind übrigens auch kostenlos.

Ich wünsche dir alles Gute!

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Liebe Babyelf,
Es tut mir wahnsinnig leid für dich!
Deine Gefühle sind nachvollziehbar und jedes einzelne hat seine Berechtigung.
Dass du von deinem Mann enttäuscht bist, kann ich verstehen. Es würde mir nicht anders gehen. Ich bin immer wieder traurig, wenn ich in diesem Forum lese, dass die Männer ihre Frauen die stille Geburt alleine durchstehen lassen, weil sie „es nicht ertragen können“. Als Frau hast du keine Wahl und musst da durch. Unterstützung ist hier so wichtig, es ist eine absolute Ausnahmesituation. Ich denke, ihr müsst diesen Konflikt in einer Paartherapie besprechen, ansonsten wird es immer zwischen euch stehen. Letztendlich wird es darum gehen, ob du ihm sein Verhalten/ seine Einstellung zu eurem Kind verzeihen kannst.
Von Eltern/ Schwiegereltern erwartet man mehr. Zumindest dass sie deine Trauer verstehen, sie haben ja selbst Kinder. Leider ist das häufig nicht so und das Feingefühl fehlt.
Dein Baby ist geboren worden und hat jede Sekunde seines Lebens gespürt, dass es von seiner Mutter geliebt wird. Mutterliebe ist eine starke Liebe über den Tod hinaus!!
Sprich am besten mit deiner Hebamme oder Frauenarzt über deine jetzige Situation. Sie sollten eigentlich wissen, welche Hilfsangebote in deiner Nähe sind.
Ich wünsch dir alles Gute 🍀