Bewältigungsstrategien gesucht

Ihr Lieben,

es schmerzt mich immer sehr eure Geschichten hier zu lesen und ich muss einfach bewundern, mit wie viel Kraft wir uns immer wieder aus dem Tief der Trauer und Hoffnungslosigkeit ziehen und voller Mut auf ein weiteres Wunder hoffen!

Nun ist es so, dass ich vor 10 Tagen meine dritte FG (bei 6+4, Embryo war eine Woche zurück, Fruchthöhle eher zwei) in Folge erleben musste, am Montag beim US waren auch Fruchthöhle und und Embryo bereits abgegangen. Meine Blutung ist dieses Mal schon sehr lang, bzw. immer noch da. Bei den vorherigen Abgängen hatte ich nur einen echt stark blutenden Tag und dann noch ca eine Woche leichte Blutungen. Das es für meine Verhältnisse so lange dauert, macht mir auch vermehrt zu schaffen. Ich möchte wieder nach vorne schauen und den nächsten Versuch starten, doch diese nervigen Blutungen erinnern mich jeden blöden Toilettengang wieder an mein "Versagen" und ich bin emotional schwach. Letzten Freitag hatte ich einen kleinen Breakdown und seitdem esse ich fast ununterbrochen. Das ist natürlich wenig zielführend und auch ziemlich ungesund... Jedenfalls benötige ich deshalb Ideen zur Trauerbewältigung, die ich ausprobieren kann. Was hat euch geholfen?

- Ich werde mir auf jeden Fall ein personalisiertes Schmuckstück anfertigen lassen, damit ich meine Sternchen dann auch "greifbar" habe (Insgesamt habe ich 6 Sternchen, aber auch drei Kinder an der Hand).
- "Sei froh, dass du schon gesunde Kinder hast." oder "Wenn es schon mal geklappt hat, dann klappt es auch wieder." bringen mir nichts. Ehrlich. Ich bin dankbar und ich weiß das, dennoch bin ich grade unendlich traurig und habe eines meiner Kinder verloren.
- Ich arbeite von 7 bis 15 Uhr und habe auch ein Hobby, Ablenkung ist also eigentlich da, das ist aber auch irgendwie nicht, was ich brauche.
- Mein Gyn ist sehr verständnisvoll und empathisch und startet jetzt verschiedene Untersuchen, angefangen mit einem Test auf Gerinnungsstörungen. Kann ich sonst noch etwas tun? Ich werde bald 36, ist das schon zu alt?

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Du liebe,
fühl dich gedrückt. Es tut mir sehr leid. Und du hast nicht versagt !!!!!!! Ich kann dir auch nicht sagen, dass alles gut wird und ein weitetes Kind kommt, das weiss leider niemand. Und ich finde es nicht Fair solche hoffnung zu schüren.... Ich hatte mitte August meine 5te FG und ich kann dir sehr gut nachfühlen. Mein Sohn half mir weiter zu machen, zu funktionieren. Nach der 3. FG ging es mir richtig schlecht. Ich war bei einer Hebamme die mich in Körper und Trauerarbeit begleitete. Das half mir sehr, da sie einfach all meine Trauer/Gefühle legitimierte. Ich darf Traurig sein, Ich darf wütend sein und ich darf den Kinderwunsch haben, auch wenn da schon ein Kind ist. Der Wunsch ist nicht weniger zu gewichten. Eine Zeitlang gings mir psychisch und physisch nicht gut.
Jetzt brauche ich täglich ein kleines Ritual um mir den Platz zum trauern zuzugestehen. Ich nehme mir jeden Morgen paar Min. zeit und packe meine Gedanken in eine Kiste. Ich sitze dan tatsächlich mit einer kleinen Kartonschachtel auf dem Bett und nehme mir die Zeit die Gedanken "los zu werden". mir hilft das durch den Tag den Kopf frei zuhaben fürs Leben.
Ich merkte, dass mir dieser Kinderwunsch stress nicht gut tut. Ich wollte es ändern und es gelang mir in dem ich anfing mir gutes zu tun (akupunktur, Freundetreffen, Klangmassagen , ohne schlechtes Gewissen nichts tun usw.) Da wurde es besser, mir ging es besser und auch wenn die nächsten SS nicht hielten. Natürlich war ich traurig, wütend, aber es macht mich nicht mehr kaput. Ich schaffe es nachvorne zuschauen. Wie genau? keine Ahnung.
ich drück dich und alle starken Frauen da draussen, die das selbe erleben müssen.

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Ich fühle genau wie du. Wirklich, ich sehe mich in allen Beschreibungen wieder. Ich habe zwei gesunde Kinder. Ich höre die gleichen Sätze wie du, die einen doch sich allein fühlen lassen. Mit all den Gedanken, körperlichen u. hormonellen Veränderungen, die auch seelisch etwas mit einem machen. Keiner kann das verstehen (wie auch?), bis auf die Frauen, die sich in uns sehen, weil auch sie solch eine Erfahrung gemacht haben.
Du bist nicht allein in diesem Kampf. Halte durch!
Ich schreibe gerne zwischendurch wie ein kleines Tagebuch. Nicht jeden Tag einen Eintrag, aber es hilft etwas.

Liebe Grüße

Bearbeitet von Hibba
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Hallo du Liebe,
ich habe gerade mein drittes Sternchen verloren. Diesmal eine ELS.. d.h. ich hatte auch noch eine OP und ich bin wütend auf meinen Körper.. dabei hat er mir auch zwei gesunde Jungs geschenkt.. es ist einfach schwierig dieses Wechselbad der Gefühle.. Beim ersten Mal musste ich auch diese Sprüche hören, die du beschreibst. Es hilft überhaupt nicht und ich habe angefangen kaum noch jemandem von den Verlusten zu erzählen. Dabei soll es ja kein Tabuthema sein. Aber der Umgang von anderen mit Fehlgeburten ist einfach wenig hilfreich.
Ein Schmuckstück ist schön. Ich denke über ein Tattoo nach.. beim ersten Mal habe ich mir viel Zeit genommen zum Trauern.. aber irgendwie wird es schwieriger und ich bin so sauer und frustriert. Und wenn man dann noch Schwangere sieht, die es nicht zu schätzen wissen, wie glatt es bei Ihnen lauft. Das ist echt hart.. gerade fühle ich mich wieder ziemlich verloren und muss mich erst sammeln und neuen Mut schöpfen. Wenn man schon Kinder hat finde ich es fast noch schwerer, weil man sich ja nicht total hängen lassen kann..

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Ich kenne das zu gut. Ich hatte letzten Monat die 3.biochemische Schwangerschaft dieses Jahr insgesamt das 6. Sternchen, 3 Kinder an der Hand.
Ich höre mir die Sprüche auch an, und leider gibt mein Mann jetzt auch auf. Ja wir haben 3 gesunde Kinder und unser Nachzügler ist unser Glück auf das wir 8 Jahre warten mussten. Wir hätten uns aber noch den 4.Platz gewünscht. Jetzt die weißen Tests zu sehen tut weh.
Bei mir findet sich auch kein Grund, alle Diagnostik gelaufen .
Nun war es das wohl und ich werde mir Ende des Jahres noch den Eileiger von der ELSS entfernen lassen, da der jeden Monat triggert.

Bisher hab ich leider keine gute Strategie gefunden, damit umzugehen. Hoffe, dass kommt jetzt bald mit Hilfe einer Psychologin.

Ich drücke dir die Daumen, dass du das Wunder bald nochmal erleben darfst.

Nele

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Mir hat das Kontextualisieren meines missed aborts sehr geholfen: ich hatte bereits einen gesunden Sohn und habe nach meinem MA wieder einen gesunden Sohn bekommen. Ich habe lange Jahre meines Lebens in anderen kulturellen Kontexten (meist Afrika, ich war in der Entwicklungszusammenarbeit) verbracht, und wenn ich eins gelernt habe, dann dies: ein frühes Ende ist nicht selten, sondern sehr häufig und einfach ein natürlicher Prozess, den es genauso zu durchleben gilt, wie eine intakte Schwangerschaft. Bei frühen Abgängen ist mit fast hunderprozentiger Sicherheit ein genetischer Fehler oder ein "Unfall" bei einem bestimmten Schritt der Zellteilung schuld. So ist es eben. Wir Menschen sind ja keine Roboter. Ich war - ehrlich gesagt - im Nachhinein eher froh, dass mein Körper entschieden hat, die nicht intakte Schwangerschaft abzubrechen, ich konnte das sehr gut annehmen und denke an diesen frühen Abort (bei mir 13. Woche, der Embryo hatte aber wohl schon früher aufgehört, zu wachsen) auch nicht an ein "Kind". Das ist für mich einfach nicht so. Nicht in diesem frühen Stadium und mit dem Wissen darum, dass da wohl einiges schief lief. Etwas sehr anderes sind für mich Fehlgeburten in späteren Stadien. Damit käme ich vermutlich schwerer klar. Also: ich habe es rationalisiert. Es hilft mir. Ich denke auch nie an ein "Sternenkind" oder das Datum... . Ich guck mir lieber meine beiden Söhne an und freu mich, dass sie da sind. Nichts ist selbstverständlich.