Nachdem ich hier gestern schon an mein Kind geschrieben hab, will ich über meinen missed Abort sprechen.
Gestern früh kam mein Mann aus der Nachtschicht, ich war schon die ganze Woche krankgeschrieben, weil ich in den letzten Wochen viel Stress hatte und es mir gesundheitlich immer schlechter ging. Ich habe noch 1 Stunde lang versucht neben ihm weiterzuschlafen, bin dann aber aufgestanden und zur Toilette. Routinemäßig hab ich in meine weiße (!) Schlafanzughose geschaut - alles weiß. Der sogenannte "Missed Abort" ist mir zu dem Zeitpunkt schon mehrere Tage durch den Kopf gespuckt, deswegen hab ich immer meine Hosen und Unterhosen kontrolliert, ob es nicht doch mal geblutet hat. Ich hab mich beruhigt und sicher gefühlt, wisch ab und hab plötzlich ganz viel Blut auf dem Klopapier...entsetzt bin ich aufgesprungen und hab in die Kloschüssel geschaut, auch da war viel rotes Blut. (In den Tagen vorher hatte ich kleine braune Schmierblutungen, aber FA meinte das wäre normal)
Also hab ich meinen Mann geweckt und wir sind sofort ins nächste Krankenhaus. Die erste Ärztin die mich mit dem Ultraschallgwrät untersucht hat, war kurz vor dem Schichtwechsel und wollte nichts sagen, allerdings konnte ich auf dem Bildschirm schon sehen dass mein Baby zu klein war und ohne Herzschlag. Wir mussten auf den nächsten Arzt warten und der hat uns gleich gesagt, dass unser Baby wohl schon vor ein paar Wochen gestorben ist, aber mein Körper es einfach nicht gehen lassen wollte. Es hat mir das Herz zerrissen, mein schlimmster Alptraum war wahrgeworden... mein Mann war auch zutiefst geschockt und traurig, aber hat versucht mich zu trösten. Dann kam die Frage, was wir machen wollen. Ich habe mich für eine Ausschabung am selben Tag entschieden, weil ich kein schmerzhaftes Abwarten mehr erdulden wollte und mein Mann war auch dafür. Dann die Frage ob wir das Baby mitnehmen und bestatten wollen, aber das konnte ich einfach nicht und für meinen Mann wäre es auch der ultimative Horror gewesen.
Um 7 Uhr wurde ich zum ersten Mal untersucht, dann um halb 10 von dem zweiten Arzt und meine OP fand um 14 Uhr statt. Meinen Mann hab ich heimgeschickt um zu schlafen, ich wollte nicht dass er einen Unfall hat. Also hab ich alleine gewartet und die OP gemacht, jede Schwester und jede Ärztin war ganz besonders mitfühlend, haben mir die Hand gehalten und den Arm gestreichelt, haben gesagt dass sie bereits in derselben Situation waren und ich nicht aufgeben soll, ich würde schon noch ein gesundes Baby bekommen. Vor der Vollnarkose sollte ich an was schönes denken - mir fiel aber gar nichts schönes ein, ich wollte nur endlich betäubt sein und es hinter mich bringen.
In dem Moment als ich wach wurde und noch nichtmal die Augen offen hatte, fragte ich nach ob alles gut gelaufen ist und ja, alles war ohne Komplikationen oder Verletzungen der Gebärmutter gelaufen. Ich war aber nicht betäubt genug, um keine Trauer zu empfinden und so wartete ich still weinend im Aufwachraum bis die Schmerzmittel wirkten und ich auf mein Zimmer konnte.
Auf dem Zimmer wurde ich dann ruhiger, ich bekam endlich etwas zu essen und viel Wasser zu trinken, nach einer Stunde konnte ich unter Aufsicht aufstehen und die Toilette benutzen. Ein bisschen Blut war in der Binde, aber viel weniger als ich erwartet hatte und ich durfte meinen Mann anrufen, dass er mich abholen konnte. Ein Gespräch mit einer Hebamme verweigerte ich und auch wenn ich jetzt nach dem missed Abort Anspruch darauf hab, werd ich es nicht wahrnehmen. Ich habe bereits eine Psychotherapeutin mit der ich einmal in der Woche spreche, ich habe ihr bereits die Situation geschildert und sie wird mir da heraushelfen.
Zuhause ging es mir dann viel besser und ich musste nicht mehr weinen, ich war froh zuhause zu sein und mein Mann hat sich erstmal zurückgezogen. Und ich hab den Rat der Schwester befolgt, hab mir ein Gläschen eingeschenkt und in meine geliebte Salami gebissen, die ich die ganze Zeit nicht essen durfte - ein kleiner Trost, aber wirkungsvoll.
Ich habe mir eine kleine Box bestellt, in der ich das Ultraschallbild aufbewahren werde, zusammen mit ein paar Briefen und Fotos. Ich will diese Sachen nicht ständig vor der Nase haben, aber ich will auch Zugriff darauf haben.
Ich glaube, mein Körper wusste schon, dass etwas nicht stimmt. Am Tag zuvor habe ich z. B. angefangen ein Fotoalbum fürs Baby zu machen, aber es hat sich total komisch und falsch angefühlt, dass hab ich auch meinem Mann gesagt und dass ich mich plötzlich nicht mehr über die Schwangerschaft freue und ich nicht verstehe warum. Jetzt weiß ich es.
Ich bereue trotzdem keinen Tag meiner 80-tägigen Schwangerschaft, es war meine erste Schwangerschaft nach 10 ÜZs, sie hat mir gezeigt, dass mein Mann und ich sehr wohl schwanger werden KÖNNEN und deswegen kann ich mich mit dem Gedanken trösten, dass wir es nochmal hinbekommen und dass wir ein Regenbogenbaby bekommen werden, das gesund ist 🌈👶🏻
Meine Schwiegermutter hat auch ihr erstes Kind verloren, aber danach 3 gesunde Kinder zur Welt gebracht, deswegen werd ich mit ihr auch darüber sprechen.
Heute kommt meine beste Freundin vorbei um sich um mich zu kümmern, sie hat sich nach der gestrigen Nachricht sofort freigenommen und leiht sich ein Auto um zu mir zu kommen, dafür bin ich so dankbar ❤️🩹
Ich hoffe dieses Sternenkind ⭐️ bleibt das letzte und dass unser Regenbogenkind 🌈 nächstes Jahr eine Chance bekommt.
Ich hoffe, dass mein Mann den Verlust gut verarbeiten kann und ich ebenfalls, aber ich bin soweit auf einem guten Weg. Niemand hatte Schuld daran.
Vessa mit ⭐️
Mein missed Abort bei 11+3
Dein Verlust tut mir so leid und vieles daran spricht mich so sehr an und hab ich wahnsinnig ähnlich empfunden.
Mein Missed Abort bzw. die Ausschabung mit meinen Zwillingen war an 10+3 und ich war davor einfach sehr verhalten, vorher im Urlaub ist zu einem Punkt die Übelkeit zurück gegangen und ich hatte kein gutes Gefühl, ich wollte mir auch kein Schwangerschaftsbuch und nichts für die Babys bestellen und habe meinem Mann kurz vor der Feststellung gesagt „Ich kann es irgendwie nicht sehen oder glauben, dass wir nächstes Jahr Eltern von Zwillingen sind“. Natürlich hab ich trotz allem gehofft, dass es nur Angst ist und alles gut wird. Nachdem klar war, dass beide Herzchen nicht mehr geschlagen hatten, hatte ich auch eine Ausschabung und war froh darüber das ganze nicht langsam und schmerzvoll zuhause durchmachen zu müssen. Danach gabs auch erstmal Sushi, einfach was machen was nicht erlaubt war, ein kleiner Trost 😔 und mit der Freundin am nächsten Tag ein Aperol Spritz. Auch wenn ich mir jedes mal dachte „ich will das garnicht essen oder trinken, ich will einfach wieder schwanger sein“.
Zu diesem Zeitpunkt war ich aber sonst noch sehr gefasst und einfach glücklich dass die toten Babys erstmal raus sind, danach kam mit dem Abfall der Hormone aber die härteste Woche, da hab ich fast nur geweint und auch teilweise wegen allem, ich hatte einfach komplett keine Kontrolle mehr über meine Gefühle. Danach habe ich auch beschlossen mit einer Psychtherapeutin zu sprechen, in diesem Fall eine die mit meiner Kinderwunschklinik zusammen arbeitet. Ich will bei einer erneuten Schwangerschaft nicht nur in Angst leben und will mich dann über unser Regenbogenbaby freuen können.
Mir hat auch meine Schwiegermutter Trost gespendet, sowas hatte sie auch mal, aber das Nächste mal wird es klappen und sie hätte sich mitso viel Hormonen oft fast depressiv gefühlt, das wäre nicht ungewöhnlich. Und meine Freundinnen, die die selbst schon durchmussten und auch die, die es nicht mussten ❤️
Danke für das Teilen deiner Geschichte und du bist nicht allein! Das ganze ist bei mir 4 Wochen her und es wird besser , auch wenn man es sich manchmal kaum vorstellen kann! 😔💕
Liebe Grüße, Looneyluns mit ⭐️⭐️⭐️
Danke Lonneyluna für deinen Beitrag und mein herzliches Beileid für deine Verluste! ❤️🩹 Es gibt viele die sagen, man solle keine Ausschabung machen und lieber auf den "natürlichen Weg" warten, aber ich war sehr, sehr froh dass ich diese Möglichkeit hatte und es positiv in Erinnerung behalten werde, so wie du. Die Trauer und Verzweiflung vor der OP war ganz anders als danach. Man weiß, dass man jetzt wieder für sich ist und es "wie vorher" wird. Erleichterung, weil das große "Was wäre wenn" nicht mehr im Raum steht, denn der Worst Case ist ja bereits passiert.
Ich habe auch meinen Kollegen ganz transparent darüber bescheid gegeben, denn ich werde bestimmt noch einige Wochen ausfallen und ich wollte dass sie wissen wieso und dass bei meiner Rückkehr keine triggernden Fragen kommen. Alle waren sehr traurig und hatten vollstes Verständnis und ich soll mir meine Zeit nehmen. Das war mir wichtig, einfach zu wissen dass die Kollegen bescheid wissen und keine Fragen stellen werden und ich guten Gewissens zuhause bleiben kann, bis ich einigermaßen geheilt bin. Jetzt kann keiner mehr versehentlich in ein Fettnäpfchen treten ("Was hattest du denn?"), weil ich glaub bei so etwas wäre ich zusammengebrochen und das wär für mein Gegenüber auch ein ziemlicher Schock.
Meine Ärztin hatte mir gleich zur Ausschabung geraten, vielleicht auch wegen Zwillingen, aber ich wusste von den anderen Optionen und hätte sie auch nicht gewollt und wie du auch schreibst ich wollte auch keine Beerdigung oder so, ich will einfach nur eine Erinnerungsbox und ein Armband mit Sternchen, dass ich mir geholt habe.
Ich habe mich im Endeffekt nur 2 Tage krankgemeldet, Ausschabung war eh Freitag und Dienstag war ich wieder im Büro, bin auch nach dem US wo feststand dass es ein Missed Abort war ins Büro…das war völlig falsch aber ich stand unter Schock und habe nur funktioniert. Ich habe nur meiner Kollegin im Projekt Bescheid gegeben, meinem Chef hätte ich es eigentlich gerne gesagt, wir haben ein gutes Verhältnis, aber ich habs einfach emotional nicht geschafft mit nochmal jemand darüber zu sprechen… würde ich rückblickend natürlich anders machen, wir waren zum Glück kurz darauf mit Freunden im Urlaub und das hat dann richtig gut getan 😊 ich find das super dass du das so offen kommuniziert hast und dir die Zeit nimmst, das ist auch wichtig 🙏🏻