Geschenke im ungesunden Ausmaß

Ihr Lieben,

da jetzt die Weihnachtszeit ist und das Thema Geschenke sehr präsent würde ich gerne eure Meinung dazu wissen. Weil ich mich langsam hinterfrage.

Ich habe einen Opa, der den Krieg / Armut / Hunger / Wiederaufbau überlebt hat und lebt jetzt gefühlt immer noch im Notfall-Überlebens-Modus lebt. Er hat eine gute Rente, aber das Geld wird immer für irgendein Ramsch bei Flohmärkten etc. ausgegeben. Und es darf nix weggeschmissen werden. Man könnte es ja gebrauchen. Die Ausmaßen nehmen stetig zu und was ich früher lustig fand ist jetzt nur noch anstrengend.

Bsp:
- Tischdecke, zwar schön bestickt aber vergilbt. Die braucht Mama, denn wenn Sie Gäste einlädt, muss Tisch schön gedeckt sein, die Gelbflecken sind unter den Tellern ehe nicht sichtbar.
- Bei Woolworth gab es Salatschüsseln für 2,99 - er kauft gleich zwei. Eine für Mama, eine für mich. Wenn unsere mal kaputt gehen, haben wir gleich Ersatz.
- Die Nachbarin hat alte Hand- und Badetücher aussortiert, wir müssen(!!!!) sie nehmen, dann sie sind doch noch gar nicht löchrig, nur etwas ausgewaschen und aus der Mode gekommen.
- Auf dem Flohmarkt wurde eine Gießkanne ergattert, für gerade mal 0,50€ - die muss man mitnehmen (dass jeder Haushalt schon 2 hat - wenn juckt's)
- Wo ich letztens absolut sprachlos war: Opa hat im Sperrmüll eines Nachbars ein Kamerastativ gefunden. Und den mir aufgedrückt. Weil das ding ja funktioniert. Ich habe nicht mal eine Kamera. Für rationale Erklärungen und die Frage, was ich mit einem Stativ ohne eine Kamera machen soll, war er nicht zugänglich. Er wiederholte immer wieder, dass es ein absolut praktisches und voll funktionsfähiges Teil ist, wie kann der Nachbar bloss etwas von solch einer guten Qualität wegschmeißen.

Ich könnte endlos weiter erzählen...

Es ist phasenweise mal mehr mal weniger. Aber seit ich zurück denken kann, war Opa schon immer so. (Oma ist verstorben als ich 11 Jahre alt war)

Meine Eltern und ich (und mein Mann) haben nach so vielen Jahren immer noch keinen Umgang damit. Manchmal werden die Sachen angenommen und heimlich weggeschmissen. Manchmal weigern wir uns, die Sachen anzunehmen und es wird dann Tage oder gar wochenlang geschimpft.

Meinem Mann und mir ist natürlich klar, dass Opa die schlimme Nachkriegszeit und sein Alleinsein kompensiert. Jedoch sind wir nach so vielen Jahren einfach genervt. Genervt Zeug anzunehmen, dass wir ehe wegschmeißen, genervt von dem Schimpfen, wie blöd wir sind, wenn wir die Sachen nicht annehmen, aber auch langsam von meinen Eltern genervt, denn diese werden nun gegenüber mir übergriffig.

Wenn ich mal sage, ich will nicht die x-te Teekanne annehmen, ich habe keine Lust das tausendste Kleiderbügelset heimlich wegzuwerfen, rücken nun auch meine Eltern mir auf die Pelle und meinen, ich solle mich nicht so anstellen und einfach heimlich weiterhin wegschmeißen. Und wenn mein Mann was sagt und sich auf meine Seite stellt, werfen sie auch ihm vor, dass er kein Respekt und kein Verständnis für die Marotten alter Menschen hat.

Meine Eltern sind auch wahnsinnig genervt, aber nehmen alles an und schlucken ihren Ärger, weil Opa sonst verletzten oder wütend wäre.
Darüber zu reden, dass Opas Verhalten nicht gesund ist und Opa gar nicht glücklich ist, geht nicht. Da wird alles abgeschmettert, weggelächelt, wegmoderiert und wenn ich beharrlich das Thema doch besprechen will, wird irgendwann mit lauter Stimme mir hingeschmettert, ich soll die die Klappe halten, wer weiss was ich für Marotten haben werde, wenn ich mal alt bin..

Nun, bis auf diese komische Kauf- und Schenksucht ist Opa gesund. Lebt allein. Weigert sich aber konsequent mal bei einem Verein oder Club mitzumachen. Obwohl wir mitten in einer Großstadt leben und es auch in unmittelbarer Nähe echt viele schöne Angebote für Senioren gibt. Buchclubs, Spaziergang Gruppen, Seniorentheater und und und. Er hat auch keine Freunde. Wenn er zu uns kein Kontakt hätte, würde er wohl nur mit Kassierern oder auf FLohmärkten mit Menschen kommunizieren.

Ich will da langsam nicht mehr mitmachen. Und mir wird schon komisch wenn ich an Weihnachten denke. Letztes Jahr hat er gleich ne ganze Einkaufstasche Kramm angeschleppt. Schüssel, Kugelschreiber, Kerzenhalter etc... Aber ausgerechnet jetzt an Weihnachten das Fass aufmachen und ausgerechnet jetzt verkünden, dass ich die Schnauze voll habe und keine "Geschenke" mehr will...

(Ah ja, aus dem Weg gehen ist schwierig, wir wohnen in einer Großstadt, aber alle tatsächlich fußläufig voneinander im selben Stadtteil... was vor 10 Jahren noch richtig toll war, ist heute irgendwie ungünstig)

Ah weiss selbst nicht. Wie würdet ihr mit so einem Opa umgehen. Brav alles annehmen und heimlich entsorgen oder irgendwann doch konsequent "Stop" sagen?

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Hallo,

ich würde weiter mitmachen und ihm die Freude machen. Er meint es absolut gut und will seine Familie versorgt wissen - kann man es ihm verdenken, bei dem, was er erlebt hat? Ja, es ist unnötig, nicht "normal", ungesund, es nervt. Aber er ist alt.

Ich würde da wirklich kein Fass aufmachen.

Und wenn er bei einem Senioren Kaffeetrinken nicht mitmachen will, ist das eben so. So war mein Opa auch. Zwingen kann man ihn nicht.

Ich würde also, wie gesagt, weiter mitmachen und daran denken, dass er es gut meint.

Alles Gute.

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Hi,

die Tante meines Mannes ist auch ein Kriegskind. Auch sie hortet Dinge, die andere entsorgen. Das hat vermutlich tatsächlich mit der Vergangenheit und den Nachkriegsjahren zu tun. Wir nehmen alles an und entsorgen oder verwenden die Sachen dann. Wobei man fast nix verwenden kann. Alternativ könntest du dich vielleicht bei einer psychologischen Beratungsstelle beraten lassen. Die gibt's oft von der Caritas, Diakonie oder ähnlichem.

Liebe Grüße

Isabel

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Das ist es ja, was ich seit Jahrenv ersuche durchzusetzen, Beratung, Hilfe, irgendwas... aber meine Eltern verschließen die Augen davor, dass es ein Problem ist und Opa selbst will nicht einmal zu einem harmlosen Senioren-Buch-Club gehen. Ich denk, wenn ich ihm auch noch so was wie Beratung vorschlage, rastet er absolut aus.

Tatsächlich wäre mir die Situation sogar egal, wenn er z.B. immer nur meinen Eltern Zeug andrehen würde und ich außen vor wäre, Oder wenn er ein Nein akzeptieren würde und dann nicht immer so schimpfen müsste

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Der Vorschlag war, dass DU dich bezüglich der Situation beraten lassen sollst, nicht deine Eltern oder der Opa.

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Dieses Verhalten wirst du nicht ändern, ganz egal was du sagst. Beratung für dich-nicht für deinen Großvater-klingt sinnvoll. Du kannst nur deinen Umgang damit ändern und das fällt dir offensichtlich schwer.

Ich hatte so eine Schwiegermutter. Ich habe das Zeug dann sortiert und entsorgt, was brauchbar war, wurde genutzt oder weitergegeben.

Schone deine Nerven. Zu dem Kram auch noch das Gemecker ist anstrengend und dem Kram entgehst du sowieso nicht.

Du hast mein volles Mitgefühl

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Ich kenne das von meinen Großeltern auch, allerdings waren sie eher die Schnäppchenjäger die Bei den Discountern rumgefahren sind und Zeug gekauft haben. Verschenkt haben sie aber auch nicht so viel, weil sie mir Garten und Haus doch eine Beschäftigung hatten.

Hat dein Opa schon immer in der Großstadt gelebt? Gibt es vielleicht Dinge aus deinem Leben wie Hobbys die man aufgreifen kann? Meine Großeltern wären auch nie in einen Buchklub aber Gartenarbeit oder Pilze sammeln (sich selbst versorgen) haben sie gern bzw. oft gemacht. Vielleicht gibt es ja einen Kleingartenverein oder sowas bei euch.

Ansonsten würde mir einfallen vielleicht mir ihm mal einen Stand beim Flomark zu machen. vielleicht ist das was, weil er ja Geld bekommt. Oder Ebay Kleinanzeigen, je nachdem wie fit er bei Technik ist.

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Du wirst da nichts mehr ändern. Alle unsere Macken werden mit dem Alter immer schlimmer, und je mehr du nun versuchst, ihn da in Schranken zu weisen oder zu überzeugen, desto größer wird der Streit. Es schadet euch doch nicht, es nervt höchstens. Wir haben eine Kiste für solche Geschenke und nutzlosen Kram der Kinder. Die wird regelmäßig dann geleert, wenn nach einer gewissen Zeit niemand mehr danach gefragt wird. Ich würde mir den Stress nicht antun, darüber zu diskutieren. Es bringt nichts.

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Ja das ist leider auch etwas was ich tagtäglich erlebe ... Diese Menschen sind schwer traumatisiert, dazu dann auch oft noch der Verlust eines langjährigen Partners und professionelle Hilfe wird konsequent abgelehnt ..." Alle anderen haben ja keine Ahnung, sind einfach nur dumm, oder sollten erstmal in dieses Alter kommen...".

Jemand der, wie hier sein Trauma nicht Aufarbeiten will, den kannst du nicht umstimmen. Das erlebte ist so stark verdrängt, dass diese Mensch gar nicht sehen können, das sie ein Problem haben, oder ihr Verhalten ungesund und für andere anstrengend ist. Sie nehmen es schlichtweg gar nicht war, denn sie haben es nicht anders gelernt haben(schau weg, es geht sich nichts an, immer nach vorne und weiter geht's)

Hier wirst du mit reden nicht weiter kommen, außer dass du Schimpf Triaden vom feinsten aushalten musst, denn "als dummes Kind des Überflusses weißt du ja gar nichts von wirklichen Leben"

Hier gibt's tatsächlich nur 2 Möglichkeiten, entweder du machst ne klare Ansage und reduzierst den Kontakt auf ein Minimum. Oder du machst es wie deine Eltern, lächelst und wirfst es einfach weg, spendest oder bringst sie zurück ins Geschäft (Thema neu gekaufte Salatschüssel).

Bearbeitet von sweetdreams0308
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Hallo Kaufzwang,

das hört sich sehr belastend und ungesund an und ich würde nicht "nichts" machen.

Ich bin zwar komplett "inkompetent" in diesem Bereich und kann Dir nicht aus Erfahrung raten.

Was ich persönlich aber machen würde, wäre erstmal eine Hilfsstelle für Angehörige zu kontaktieren. Ohne Deine Eltern und seinen Opa, wohlgemerkt.

Da ich vermute, dass er unter einer Form des pathologischen Hortens leidet, habe ich jetzt spontan mal auf der Seite www.zwaenge.de folgendes gefunden:

Wichtige Adressen
Bundesweites Messie-Hilfe-Telefon (H-Team e.V.): 089-550 64 890

Selbsthilfegruppen für Angehörige von Menschen mit Messie-Syndrom:
http://www.angehoerige-messies.de/selbsthilfegruppen/

Adressen von Selbsthilfekontaktstellen für Betroffene:
www.nakos.de

Für die Schweiz:
Verein, der sich gegen das Messie-Syndrom einsetzt: https://www.lessmess.ch

Für Österreich sind noch keine überregionalen Seiten bekannt.

Hilfe
Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V.
Beratungstelefon: Montag bis Freitag von 10:00 bis 12:00 Uhr, Rufnummer: 040-689 13 700

Literatur
Anne Katrin Külz, Ulrich Voderholzer
Pathologisches Horten
‎Hogrefe Verlag, Göttingen 2018 / ISBN : ‎ 978-3801727857 / 95 Seiten / Preis: 19,95 Euro

Autorin: Dr. Anne Katrin Külz, Freiburg


Ich würde mal dort anrufen und mich beraten lassen.

Wenn Du einfach alles ignorierst, wirst du irgendwann vor Wut wahrscheinlich ausflippen. Das tut weder dir noch deiner Familie gut.

Außerdem ist das keine niedliche Marotte eines gut meinenden Opis, sondern eine ernsthafte Erkrankung.

Liebe Grüße und alles Gute
Scabra

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Ich bin sonst immer für konsequent Grenzen setzen.

Dein Opa wird aber schon über 80 sein. Da verstärken sich Marotten. Und ändern tun sie sich auch nicht mehr.

Ob der Opa glücklicher ist, wenn du alles ablehnst - ich bezweifle es. Er wird dadurch, dass du ihn ablehnst, eher beleidigt und unglücklich sein.

In so nem speziellen Fall wäre ich milde. Würde es dankend annehmen und entsorgen 😅 wenn er fragt, hast du es grade verliehen, weils so praktisch ist.

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Hallo!

Dir wird nichts anderes übrig bleiben als einen Weg für dich (!) zu finden, mit diesen Marotten klar zu kommen.

Dein Opa ist traumatisiert und hat so seinen Zwang. Gleich nach dem Krieg war weder das Bewusstsein für solche Störungen da noch war die Zeit dafür noch hätte es Möglichkeiten gegeben, dagegen anzugehen. Es musste erst mal weiter gehen. gelitten hatte man genug.Natürlich hat sich das manifestiert und natürlich ist es für deinen Opa jetzt zu spät. Er kann nichts mehr ändern. Wie alt ist? Was soll deiner Meinung nach in einer Therapie für ihn passieren? die wäre auch ein Prozess, der nicht von heute auf morgen abgeschlossen ist. Es kommt während der Therapie zu Verschlechterungen, weil Dinge aufgewühlt werden, die er bisher erfolgreich verdrängen konnte. Denst du, ihm wäre geholfen, wenn mitten in so einem Prozess verstirbt? Was wäre das für ein Unglück!

Du musst also fein unterscheiden, was dein Problem ist und was die Probleme deines Opas sind. Er hat für seine einen Weg gefunden. Der ist nicht optimal, aber er hat sich eingerichtet udn fühhlt sich damit wahrscheinlich irgendwie sicher. Du hast ein Problem mit seinen Problemen. Das kann er aber nicht lösen, das musst du selbst tun. Er hat kein Problembewusstsein.

Allerdings denke auch ich, dass du ihn und seinen Zwang weiter so aushalten solltest wie ihr das bisher getan habt. Wenn er nicht mitkriegt, dass ihr heimlich entsorgt, ist doch alles fein. Ein bisschen umständlich udn nervig, schon klar, aber was soll er denn machen???

Du kannst ihn nicht ändern, aber du kannst deine Haltung dazu ändern.