Förderschullehrer/in hier?

Ich habe eine Frage zu den Kriterien für den Besuch der Förderschule für Soziale und Emotionale Entwicklung?
Ist ein Kind mit geistiger Behinderung (IQ 64) dort richtig aufgehoben?
Was ist mit der Förderschule Lernen?
Bedingt das eine das andere?
Kann ein Test bzgl. Kognition (CFT1 ?) gut ausfallen, wenn der IQ so niedrig ist und daher keine Lernbehinderung vorhanden sein?
Konkret: Kann ein Kind mit geistiger Behinderung trotzem gut lernen und ist daher für die zweitgenannte Förderschule nicht geeignet?

Wäre dankbar für Antworten!

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Hallo,

meines Wissens bedingt die Förderschule für Soziale und Emotionale Entwicklung NICHT, dass ein Kind einen niedrigen IQ hat. Ich habe dort schon sehr intelligente Kinder gesehen, die aber eine soziale Störung hatten nd daher nicht in einen normalen Unterrichtsbetrieb ntegriert werden konnten. Es wurde auch nach dem Lehrplan der Regelschule unterrichtet.

Kinder mit einer deutlichen niedrigren geistigen Begabung als der Durchschnitt gehen an die Förderschule lernen. Soweit ich das in Erinnerung habe sind das Kinder, die vom IQ 100 zwei Standardabweichungen haben (also um die 30 IQ-Punkte) und somit als lernbehindert gelten.
Wobei man aber auch an einer Regelschule unterrichtet werden kann, je nachdem, wo der Förderstandort festgelegt wird - Volksschule oder eben Förderschule.

Da der CFT 1 ja ein Intelligenztest ist, denke ich nicht, dass er gut ausfallen kann und man dennoch als lernbehindert eingestuft wird oder umgekehrt, dass er schlecht ausfällt und man dennoch intelligent ist.
Diese Tests sind eigentlich schon valide.
Zudem misst der CFT die crystallized und die fluide Intelligenz, also "angeborene" Intellgenz und was daraus "gemacht" wurde/ wird.

Sicher können auch lernbehinderte Kinder in den ihnen durch ihre Lernbehinderung gesteckten Grenzen gut lernen. Aber dass man einen niedrigen IQ hat und der Test gut ausfällt, kann ich nicht glauben, da ja der CFT ein Intelligenztest ist. Es kann sein, dass die NOTEN schlecht sind und der Test gut ausfällt, dann aber haben die schlechten Noten andere Gründe (falsche Motivation und ungünstige Attribuierungsmuster, vielleicht ist derjenige ein underachiever, ...)

Konkret zu dener letztgenannten Frage: Ein Kind kann als Förderschüler entweder an der Förderschule selbst unterrichtet werden, was bei dem genannten IQ sicher die günstigere Entscheidung wäre, da dort zum einen Sonderpädagogen arbeiten und zum anderen die Klassen kleiner sind.
Es kann aber auch an einer Regelschule unterrichtet werden, wobei da zu bedenken ist, dass die Lehrer KEINE entsprechende Ausbildung haben und die Klassen fast dreimal so groß sein können. Die paar Stunden, die dann ein Förderlehrer der Volksschule Zeit für das Kind hat oder die paar Stunden, die dann der Mobile Sonderpädagogische Dienst an die Volksschule kommt und das Kind unterstützen würde, sind auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn von einer derartigen Lernbehinderung wie oben angesprochen (IQ 64) die Rede ist.
Wir haben immer mal wieder sehr gute Förderschüler bei uns an die Schule bekommen, die haben dann die Hauptschule ganz passabel durchlaufen. Wir haben aber auf Elternwillen hin auch schon schwache Förderschüler gehabt, die sich dann mit den Noten 4 - 6 in allen Fächern begnügen mussten, was nicht gerade zur Motivation beigetragen hat.



Liebe Grüße,
delfinchen

PS: Weiß aber nicht, ob das von Bundesland zu Bundesland variiert bzw. ob ich alle "Fakten" noch richtig in Erinnerung habe. Also bitte ich diejenigen, die sich beser auskennen, keine Steine zu werfen, wenn nicht alles stimmt, sondern mich zu korrigieren, damit auch mein Wissensstand wieder auf dem neusten/ richtigen Stand ist :-).

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Hab vergessen zu sagen, dass ich KEIN Förderlehrer bin :-)

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Hallo,

ich bin auch "nur" normale Grundschullehrerin.

Meine VP hat dich schon gut informiert. Eins möchte ich hinzufügen:

Ich hab schon von mehreren Sonderpädagogen gehört, der CFT sei mit Vorsicht zu genießen. Die Testleiterin kann ihn, wenn sie es drauf anlegt so durchführen, dass er "zu gut" ausfällt.

Ich habe dies vor einigen Jahren bei einem Kind erlebt, bei dem wir AO-SF mit dem Förderschwerpunkt "Lernen" eingeleitet haben.

Das Kind hatte laut CFT einen normalen IQ, Antrag wurde abgelehnt.

Das Kind wiederholte das Schuljahr, seine Leistungen blieben jedoch katastrophal. OBWOHL wir zu der Zeit traumhaft personell besetzt waren und das Kind mehrmals wöchentlich EINZELFÖRDERUNG bekam, ein totaler Luxus für eine Regelgrundschule.

Ein Jahr später war das Kind völlig unglücklich, wurde richtig verhatensauffällig... wir haben also nochmal AO-SF eingeleitet. Und siehe da, beim 2. IQ-Test kam ein ganz anderes Ergebnis raus.

Später erfuhren wir, dass die Förderschule, auf die das Kind gehen sollte völlig überbelegt war... nun, ich bin wahrlich kein Freund von Verschwörungstheorien... aber wer sähe DA keinen Zusammenhang...? #kratz

LG und alles Gute für dein Kind!!!

PS.: Seine Verhaltensauffälligkeiten hat das Kind auf der LB-Schule wieder abgelegt. KLAR gibt es einen Zuammenhang zwischen häufigen Frusterlebnissen und Verhaltensauffälligkeiten. Ich wünsche euch, dass ihr eine gute Schule für euren Sohn findet!!!

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Stimmt, ich finde den CFT auch nicht so toll und bevorzuge den PSB, da er mehr mit den Schulleistungen korreliert und man nach der Auswertung auch zu einigen Bereichen was sagen kann: logisches Denken, Wahrnehmung, Konzentration, Sprache, ...
Aber den kann man erst ab der 4. Klasse durchführen.

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Hallo,
es ist tatsächlich oftmals so, dass das Ergebnis beim CFT besser ausfällt als bei anderen Tests, sprich beim CFT ein IQ von 85 - in bekannter Atmosphäre vielleicht durchgeführt- kann bei einem anderen Test auch schon mal ´ne 75 ergeben. Die Überweisung an die Förderschule hängt aber ja nicht nur am IQ, sondern von verschiedenen Faktoren ab.
Ein Kind mit dem IQ würde ich persönlich an eine Schule mit Schwerpunkt geistiger Entwicklung überweisen. An einer Fördeschule für soziale und emotionale Entwicklung kann man dann überweisen, wenn dieser Bereich schwerwiegender ist. Aber in der Regel nimmt die FS G Kinder mit diesem IQ auf. Aber es kommt auch vor, dass Kinder an der Förderschule Lernen landen, weil sie Genzfälle sind. Ich persönlich würde mein Kind mit diesem IQ weder an die Förderschule Lernen noch an die Förderschule soziale und emotionale Entwicklung geben.
LG Anika

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Was genau ist denn der Unterschied zwischen einer Schule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung und einer Förderschule lernen?

Würde mich echt interessieren, da ich darüber in meinem Studium nicht informiert wurde.

LG,
delfinchen

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Es geht um die Unterscheidung zwischen lernbehindert und geistig behindert.

IQ 65 ist SEHR niedrig. Ich hab mich auch schon gefragt, ob das nicht eher in Richtung geistige Behinderung geht.

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Vielen lieben Dank für eure ausführlichen Antworten!

Es ist zwar nicht mein eigenes Kind, um das es hier geht, aber die Sache liegt mir doch sehr am Herzen.

Mich wundert auch sehr, das der CFT so gut ausgefallen ist, aber das scheint ja dann ein bekanntes "Problem" zu sein.

Also, das Kind um das es geht, hat eigentlich eine sehr gute Auffassungsgabe, "vergisst" allerdings alles ganz schnell wieder.
Er ist ein extremes Frühchen (geb. in der 24 SSW) und hat - wie ich finde - dafür super Fortschritte gemacht, ist z.B. motorisch altersgerecht entwickelt. Ich weiß auch nicht, ob sein ADHS nicht oft der Grund für seine Schwierigkeiten beim Lernen ist...
Das SPZ sagt allerdings, dass die Unkonzentriertheit und das unruhige Verhalten auf die Intelligenzminderung zurückzuführen sind...
Was definitiv ist: Seine soziale Reife entspricht nicht seinem Alter!
Daher besucht er wohl auch die FS für soziale und emotionale Entwicklung..