Jenaplan oder Waldorf in Würzburg Erfahrungsberichte

Hallo zusammen :-)

Wir überlegen uns unseren Sohn (jetzt 3,5 Jahre) später auf eine Privatschule zu schicken und wollen anfangen uns zu informieren denn so eine Entscheidung soll ja langsam reifen... Wer von euch kennt sich aus mit Waldorf bzw. Jenaplan-Schule?
Wer war vielleicht selbst dort oder hat Kinder oder kennt welche die auf die genannten Schulen gehen?
Ich bin für alle Antworten dankbar, positive und negative; vielen Dank im voraus euch allen!
Viele Grüße !!

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Hallo (mein erster Beitrag hier, nachdem ich lange stille Mitleserin bin),

ich kann dir was zu Waldorf sagen:

meine Tochter geht dorthin.

Vorteile:
- Handarbeiten, Werkstattarbeit fest im Stundenplan
- viel Bewegung
- viel Natur
- Wertevermittlung
- integrative Klassen
- kein Frontalunterricht
- kein 'Druck' bei Schwächen
- Förderung künstlerischer Fähigkeiten
- Hauptfächer in Epochen aufgeteilt

Nachteile:
- Privatschule = Schulgebühr, staatliche Institutionen greifen bei Problemen nicht ein
- keine Noten
- Elternabende in regelmäßigen, kurzen Abständen (4-8 Wochen)
- Elternarbeit wird groß geschrieben
- Vorurteile in der Gesellschaft

Und nun zu meinen persönlichen Erfahrungen: am Anfang wurde ich von allen Seiten belächelt. Ständig die Frage, ob wir auch schon alle unseren Namen tanzen können (Eurythmie).
Ich gebe zu, ich war sehr skeptisch und bin es heute immer noch zum Teil.
Die Elternabende mache ich nicht mit, weil zeitlich nicht möglich. Lehrerin rief mehrmals an, inzwischen scheint sie es verstanden zu haben.
(Ganz ehrlich: 'bringen' tut das niemandem etwas, wenn man sich alle paar Wochen zusammensetzt und darüber diskutiert, ob gekochte Möhren besser schmecken, als rohe.)

Es ist alles ein wenig anders bei Waldorf.

Eckige Räume gibt es nicht, grelle Farben findet man auch nicht. Es gibt Jahreszeitentische, morgendliche Rituale, viel Zeit draußen.

Warum war/bin ich skeptisch?
Ich finde Noten eigentlich ziemlich wichtig. Von mir aus nicht in der Grundschulzeit, aber irgendwann muss eigentlich ein Anreiz kommen, der zum Lernen animiert.
Bewertungsbögen sind zwar ganz nett, aber ein Kind weiß damit einfach nicht viel anzufangen.

Zudem ist das Schulgeld+Klassenkasse nicht gerade wenig. 190€ im Monat bei uns.

Es gibt dann noch so Sachen, wie z.B. Eurythmie. Das ist dieser 'Bewegungstanz'.
Wenn die Kinder das machen, sieht es noch ok aus. Wenn man aber Erwachsene in den Sportschläppchen sieht, dann bekomme ich nach wie vor ein Fremdschämgefühl.

Für mich war wichtig, dass die Schule einen Bildungsauftrag erfüllt, der dem staatlichen nahe kommt.
Desweiteren wollte ich, dass mein Kind in eine integrative Klasse kommt.

Und letztendlich habe ich mich für diese Schulform entschieden, weil meine Tochter unbedingt wollte. Sie fand es super und hätte alles verkauft, was ihr heilig ist.

Für mich war es am Anfang ein Experiment. Hätte ich festgestellt, dass sie nicht zurecht kommt, hätte es die Möglichkeit gegeben, auf eine staatliche Schule zu wechseln.
Aber Kind ist nach wie vor glücklich und da nehme ich mich dann auch gerne zurück mit meiner Ansicht.

Und falls jetzt ein verzerrtes Bild von mir entstanden ist: ich trage keine Batiksachen, ich kaufe nicht mehr Bio, als andere.
Wer mich sieht, würde nicht vermuten, dass ich Waldorfmutter bin ;)

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Hallo,

dem Beitrag oben kann ich nur beipflichten. Aber in unseren Elternabenden sprechen wir nie über gekochte Möhren ;-), sondern über wirklich wichtige Dinge.
Ich finde diese Elternabende sehr wichtig, dort wird die Pädagogik sehr gut erklärt, dass man dem Kind bei den Hausaufgaben auch mit dem Hintergrundwissen helfen kann. So versteht man Sinn und Zweck des Unterrichtes und die Fachlehrer stellen sich vor.
Ohne diese Elternabende würde man bei den Hausaufgaben ganz falsch handeln, da viele Eltern vorher auf staatl. Schulen waren.
Unser Sohn geht in die 3. Klasse und ist dort total zufrieden, wir können uns keine andere Schule für ihn vorstellen. Er lernt ohne Druck und den Lehrern ist es total wichtig wie es den Kindern psychisch geht. Unser Klassenlehrer möchte sogar öfter angerufen werden, ihm ist es so wichtig, dass es ihm psych. und phys. gut geht.
Ich kann die Waldorfschule nur wärmstens empfehlen :-)
Liebe Grüße Meike

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Hallo Schnurrkatze erstmal vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag. Da bekommt man gleich einen guten Einblick und es bestätigt den Eindruck den ich bis jetzt von Waldorf hatte.

Was mich ein bisschen abschreckt sind die häufigen Elternabende und die Elternarbeit (kannst du dazu noch was schreiben? wieviel wird denn da von den Eltern erwartet?) Denn wir sind beide beruflich ziemlich eingespannt und haben nicht sehr viel Zeit die wir investieren könnten. Wird einem das dann übel genommen wenn man nicht zu den Elternabenden kommt?
Und wie berechnen die das Schulgeld, denn alle Eltern scheinen ja unterschiedlich hohe Beiträge zu zahlen.
Also du findest im Nachhinein dass Waldorf die richtige Entscheidung war, das ist ja schonmal ein positiv.
Wie läuft denn dieses Aufnahmegespräch ab? Weisen die mein Kind ab wenn ich selbst nicht so drauf bin wie die? Ich bin echt kein Öko und mein Sohn zockt auch mal gerne auf dem I-PAD rum...Lernspiele natürlich! Aber davon wird ja bei Waldorf meines Wissens auch nicht viel gehalten oder?

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Hallo,

von Waldorf halte ich persönlich gar nichts - das hat viele Gründe, einer davon ist der vorher gelobte Epochalunterricht in den Hauptfächern.

Mit Jenaplan kenne ich mich zu wenig aus, um das beurteilen zu können. Allerdings meine ich zu wissen, dass Jenaplan eine reformpädagogische Strömung ist und das ist ja grundsätzlich schon mal positiv - die Waldorf-Pädagogik ist in meinen Augen stagniert.

Wenn ich mich für eine "alternative" Schule entscheiden müsste, dann wäre das wohl Montessori.

LG
delfinchen

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Kennst du dich denn mit Montessori aus? Was ist dort anders/besser? Ich dachte das wäre eher was für lernbehinderte / entwicklungsverzögerte Kinder oder ist das etwa ein Gerücht?

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Hallo,

das ist ein absolutes Gerücht - es werden lernbehinderte Kinder oder auch anders gehandicapte Kinder integriert, aber das ist an anderen Schüler mittlerweile ja auch so.

Ich habe meine Kinder im Montessori-Kindergarten, werde sie aber aus bestimmten Gründen nicht an die entsprechende Schule geben, sondern an eine ganz normale Regelschule, das hat aber nichts mit der Pädagogik, sondern mit dem unsrigen Schulsystem zu tun. Außerdem arbeiten bei uns die "normalen" Grundschulen auch zu weiten Teilen nach Montessori-Prinzipien und/ oder haben sogar das entsprechende Material, das ich gerade in Mathe für hervorstechend wertvoll halte.

Wenn die Montessori-Pädagogik so umgesetzt wird, wie ursprünglich gedacht, ist das eine hervorragende Sache, allerdings muss man aufpassen, denn nicht überall, wo Montessori draufsteht, ist Montessori auch tatsächlich "drin".

Montessori ist zudem nicht für alle Kinder geeignet, wir kriegen bedauerlicherewise immer wieder Kinder, die für dieses Konzept nicht geeignet waren. Allerdings gehen auch viele Montessori-Kinder an eine Realschule oder ein Gymnasium und fallen dort durch ihre selbstständige Arbeitsweise positiv auf.

Manchen Kindern fehlt die Struktur, die ihnen eine normale Schule bietet, manche sind mit der "Freiheit", die ihnen an der Montessori-Schule geboten wird, überfordert und scheitern daran.

Kindern, zu denen die Montessori-Pädagogik in jeder Hinsicht passt, sind an einer Montessori-Schule, die diesen "Titel" auch verdient hat, sicher bestens aufgehoben. Auch ich würde meine Kinder an eine solche Schule schicken, wenn hier unser Schulsystem inklusive Übertritten etwas anders geartet wäre.

LG,
delfinchen

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