Hallo,
unser Sohn (7) geht in die 1. Klasse einer zweizügigen Grundschule, wo immer eine Klasse eine Inklusionsklasse ist. Unser Sohn geht in die Nicht-Inklusionklasse.
Wir haben auch noch eine Tochter in der 4. Klasse auf dieser Schule. Wir kennen die Schule und viele Lehrer also schon länger.
Jetzt ist es so, dass die Lehrerin der Inklusionklasse in Jahrgang 1 die Klasse nicht in den Griff bekommt, obwohl sie erfahren mit Inklusionsklassen und recht resolut ist. Mit diesen Kindern gibt es auch Probleme auf dem Schulhof, weil ständig Prügeleien stattfinden. Es gibt regelmäßig verletzte Kinder. In der Inklusionklasse wollen mittlerweile zwei oder drei Mädchen aus Angst nicht mehr in die Schule.
Da wird Kindern mit Gips ein Bein gestellt, Kindern mit voller Absicht ins Gesicht getreten, ein Kind, was schnell ausrastet aus Spaß so geärgert, dass kein Lehrer es mehr beruhigen kann, es fliegen wüste Beschimpfungen und Sprüche, wie "Ich schlag' Dich tot!".
In Unterricht wird sich auch beschimpft und geprügelt, obwohl die Lehrerin daneben steht.
Es gibt offenbar einen harten Kern aus drei oder vier Jungs plus einen Haufen Mitläufer plus ein paar Jungs aus der Klasse unseres Sohnes, die sich in der Pause anstacheln lassen, mit gleicher Münze zurück zu zahlen.
Durch ein Angebot, eine Pause pro Woche den Sportplatz zum Fußball spielen in der Pause zu nutzen und gemeinsame Unternehmungen hat sich zumindest das Verhältnis der beiden Klassen untereinander etwas entschärft.
Jetzt soll ein Training mit "Regeln des Zusammenlebens" für beide Klassen stattfinden, weil die Lehrerin der Inklusionsklasse mittlerweile völlig ratlos und verzweifelt ist.
Das machen Trainer, von außerhalb, die auch mit Jugendlichen in Brennpunkten solche Kurse machen.
(Wir wohnen hier eigenlich in einem netten Dorf mit Einwohnern, die vor allem aus der Mittelschicht stammen und Akademikern.)
Das ist ja soweit schön und gut. Nur frage ich mich, ob das diese Härtefälle tatsächlich mit einfängt.
Mit deren Eltern finden und fanden natürlich auch Gespräche statt, nur sind die offenbar nicht willens oder in der Lage, ihre Kinder einzufangen. Das Problem muss ja schon im Kindergarten aufgefallen sein. So ein Verhalten fällt ja nicht vom Himmel.
Wenn die Trainer weg sind, wird die Lehrerin nach wie vor 25 Kinder inklusive dieser Härtefälle alleine unterrichten müssen.
Schulbegleiter stellt das örtliche Jugendamt für solche Kinder nicht. Die Direktorin hat schon mit denen gesprochen. (Das Jugendamt hier ist sowieso in jeder Hinsicht unfähig.)
Eigentlich müßte ein Sonderpädagoge dauerhaft mit in diese Klasse, aber das geht, laut Direktorin, auch nicht.
Wir selbst sind ja nicht so ganz direkt von diesem Problem betroffen. Unser Sohn hat sich nur ganz am Anfang an den Prügeleien mit der Parallelklasse beteiligt, und hält sich jetzt, nach ein paar strengen Ansagen von uns, da raus. (Weder die Lehrerin noch die OGS sieht bei ihm ein Problem in dieser Richtung.) Unsere beiden Kinder können sich aber durchaus gegen solche Rabauken wehren bzw. haben durch die OGS Kinder in allen Jahrgängen, die ihnen helfen würden (den Fall gab es schon).
Aber ich frage mich ganz grundsätzlich, wie die Herrschaften von der Landesregierung NRW sich das vorstellen, wie ein einzelner Lehrer mit mehreren erziehungsschwierigen Kindern plus ein paar Kinder mit Konzentrations- und Lernproblemen plus ein oder zwei Kinder, die kaum Deutsch können, plus 15 andere zurecht kommen soll?
Früher hat man so extrem erziehungsschwierige Kinder auf Sonderschulen für Erziehungsschwierige und Lernbehinderte verwiesen, wo sich ein entsprechend ausgebildeter Sonderschulpädagoge in Klassen von ca. 10 Kindern mit ihnen auseinander gesetzt hat. Und auch die haben schon geklagt, dass sie den lernbehinderten Kindern nicht gerecht werden könnten. (Ich hatte mal mit einer solchen Lehrerin privat zu tun.)
Das kann doch nicht wirklich so gedacht sein, wie es hier auf der Grundschule läuft, oder? Da muss doch ein zweiter Pädagoge angefordert werden können, der dauerhaft anwesend ist.
LG
Heike
Inklusion NRW, Wie soll das funktionieren?
Früher hat man auch gedacht, das die Zukunft besser ist
Zitat: "Früher hat man so extrem erziehungsschwierige Kinder auf Sonderschulen für Erziehungsschwierige und Lernbehinderte verwiesen, wo sich ein entsprechend ausgebildeter Sonderschulpädagoge in Klassen von ca. 10 Kindern mit ihnen auseinander gesetzt hat. Und auch die haben schon geklagt, dass sie den lernbehinderten Kindern nicht gerecht werden könnten. (Ich hatte mal mit einer solchen Lehrerin privat zu tun.)"
Früher wurden Grundschüler mit schlechten Noten automatisch auf die Sonderschule geschickt. Da wurde kein Aufhebens über irgendetwas gemacht, da musste man noch nicht einmal zu den Schlägern, etc. gehören. Was DAS besser?
Lernbehindert waren schon die Kinder die Legasthenie hatten....nur mal so zur Info, denn Halbwissen kann arg gefährlich sein.
Sicherlich ist es heute schwieriger, weil viele Lehrer einfach keine Fachausbildung für schwierige Kinder haben. ABER solche Kinder gibt es auch in normalen Klassen.
Oftmals liegt es aber am Lehrer und an der Leitung, wenn die keine klare Linie verfolgen, dann machen diese Kids was sie wollen.
Solches Verhalten sieht man schon im Kiga.
Achja, bei uns auf der Grundschule, Zweizügig, Dorf, kein Problemviertel, etc. da waren die Akademiker Kinder meistens die am wenigsten erzogenen Kids. Dann gab es noch zwei Verwahrloste aber die Eltern waren auch Beratungsresistenz und ja, sogar ein liebes nettes Mädel, war die brutalste schlecht hin. Die war super geschickt und kein Lehrer dachte, das sie soooo schlimm sei.
Und wenn ich lese "die Lehrerin steht daneben" ....sorry, hat jetzt das Kind Schuld oder die Lehrerin, die sich nicht traut hier mal ein Wörtchen zu sagen?
LG
Lisa
Es nervt irgendwie, dass bei dir immer die Lehrer Schuld sind. Dann werde doch selbst einer und mach es besser. Und auch die Pauschalisierung mit den Akademikerkindern kann man doch nicht einfach so stehenlassen. Das ist Schubladendenken.
Klar gibt es schlechte Lehrer aber das ist nicht immer der Fall. Wenn sich eine entsprechende Dynamik in der Klasse entwickelt hat, kann selbst der Terminator nicht mehr viel ausrichten. Es gibt nämlich auch einfach ziemlich ätzende Kinder. Glaubst du, es wäre einfach sich mit 25-30 Schülern auseinanderzusetzen?
Danke!
Bin kein Fan von Inklusion. Solange das Kind beschulbar ist und lernfähig - ok. Aber manche sind das eben nicht und gehören auf meine Regelschule.
Auch sind manche Kinder, z.b. Blinde auf Blindenschulen besser aufgehoben, Frontalunterricht ist da eher schwierig. Das Unterrichtsmaterial und alles drum und dran ist einfach nicht auf einzelne Kinder ausgerichtet. Auf spezialisierten Schulen kommen manche Kinder besser weg - und man kann auf einer z.b. Blindenschule auch ein Abi machen! Das ist keine Schule für "Dumme".
Auch wenn jetzt sich welche drüber aufregen - für mich sieht es nach Einsparung an der falschen Stelle aus in vielen Fällen.
Bei uns gibt es nur noch 1 GE,1 KME 2 Schulen für Lernen und außerdem eine Regelschule mit einem Sprachheilzweig (1 Klasse pro Jahrgang). Alle anderen Förderschulen wurden geschlossen. Die jetzt noch existierenden sollen bis auf die GE und eventuell auch noch die KME auch noch alle geschlossen werden.
Eine Förderschule Sehen oder hören gibt es nicht. Hat das eigene Kind das, müsste es auf ein Internat irgendwohin und dort beschult werden. Das wären die Konsequenzen...oder man versucht es eben doch mit Inklusion.
Wenn alles geschlossen wird ist das gerade in meinen Augen das einsparen an der falschen Stelle.
http://ich-du-inklusion.de/trailer/
Das ist eine Doku zu dem Thema. Wurde in NRW über einen längeren Zeitraum gedreht. Die kommt demnächst ins Kino. Ist, den Trailern nach ziemlich kritisch. Ich denke das ist sehenswert, wenn man sich mit dem Thema auseinander setzen möchte.
Wenn Selbst- und / oder Fremdgefährdung vorliegt, kann man übrigens immer noch ein AOSF Antrag stellen. Oder einen Integrationshelfer beantragen. Beides Dauer allerdings und es gibt keine Garantie, dass das durchkommt.
Ich habe mal eine Frage: ist es denn so, dass in Inklusionsklassen hauptsächlich Kinder mit Verhaltensproblemen sind? Also weniger mit körperlichen Behinderungen, sondern mit psychischen Behinderungen?
Bei meinem Sohn war ein Junge in der Klasse, der eine körperliche Behinderung hatte (Kleinwuchs und auch Spastiken, er konnte nicht so schnell und viel schreiben). "Erziehungsschwierig" war er eigentlich nicht.
Aber das scheint wohl die Ausnahme zu sein?
(Ah, meine Frage hat sich durch googlen beantwortet, ich lasse sie trotzdem mal drin, vielleicht ist es ja für andere interessant:
https://www.schulministerium.nrw.de/docs/bp/Ministerium/Service/Schulstatistik/Amtliche-Schuldaten/Inklusion_2015.pdf
Seite 16
An 1.956 Schulen mit gemeinsamem Unterricht werden dort
6.267 Schüler mit Förderschwerpunkt Lernen
5.052 emotionale und soziale Entwicklung
4.246 Sprache
721 Hören und Kommunikation
300 Sehen
1.297 geistige Entwicklung
1.531 körperliche und motorische Entwicklung
unterrichtet.
Im Vergleich dazu sind z. B. 18.554 Kinder mit Förderschwerpunkt Lernen auf Förderschulen und 17.404 Kinder mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, also über 3x so viele.
Bei der emotionalen und sozialen Entwicklung gehen die Zahlen nicht so weit auseinander, da sind "nur" 9.919, also doppelt so viele, auf Förderschulen.
LG
Hanna
"Ich habe mal eine Frage: ist es denn so, dass in Inklusionsklassen hauptsächlich Kinder mit Verhaltensproblemen sind? "
Dazu kommt, dass man nicht trennscharft unterteilen kann. Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen habe oft auch Defizite in der emotionale und soziale Entwicklung. Weiter ist es so, dass nicht wenige Eltern von Kindern mit diesen Defiziten es nicht wahr haben wollen und eine Testung oder gar eine Förderung ablehnen. Sprich neben die "offiziellen" Inklusionsschülern gibt es eine Vielzahl weiterer Schülern mit den verschiedensten Ausprägungen der o.o. Förderschwerpunkte.
Der Schüler im Roll ist da eher die Ausnahme.
"Wir wohnen hier eigenlich in einem netten Dorf mit Einwohnern, die vor allem aus der Mittelschicht stammen UND Akademikern."
Offenbar hast Du keine Ahnung, was in sozialen Brennpunkten abgeht...
Ja, es gibt auch Kinder aus der Mittelschicht und von Akademikern, die nicht erzogen werden.
Aber wir kennen hier Leute, die in Problemvierteln der benachbarten Großstadt aufgewachsen sind oder dort Kinder in der Schule hatten, und die wissen, warum sie jetzt mit ihren Kindern hier wohnen und nicht dort...
Tja, ich kenne das Schulsystem in NRW nicht. Ich komme aus Hessen, meine Kinder sind die I-Kinder in ihren Klassen (Regelschule). Als Autisten und (der Kleine) geistig behindert sind sie natürlich verhaltensauffällig. Nur haben sie eben auch jeder eine Schulbegleitung, die das locker auffängt. Gerade mein Jüngster ist ohne seine 1:1 Schulbegleitung unbeschulbar. Wenn also seine I-Kraft krank ist, muss ich ihn früh wieder mit nach Hause nehmen. Die Schule bekommt für die Kinder auch extra Förderlehrerstunden jede Woche - das sind soviele, dass eine durchgehende Doppelbesetzung des Unterrichts möglich ist. Also DANK der I-Kinder gibt es bei uns immer in jeder Klasse eine Grundschullehrerin und eine Förderschullehrerin. Nur haben wir nicht eine I-Klasse und eine normale Klasse...hier gibt es nur I-Klassen. Die Frage ist höchstens, ob 1, 2 oder 3 I-Kinder in der Klasse sind.
Deutlich problematischer in einer Klasse sind die Kinder, die extrem "verhaltensoriginell" sind, die aber keine Diagnose haben und als gesund gelten. Und davon gibt es pro Klasse bei uns so 5-6. Mit einer offiziellen Behinderung und offiziellen Förderbedarf und I-Status passt jede Schule auf, dass nicht zuviel dieser Kinder in eine Klasse kommen. Das wären zuviel Erwachsene plötzlich im Klassenzimmer, ein zu hoher Lärmpegel,... Aber solche Kinder, die offiziell gesund sind, aber täglich extremstes Verhalten zeigen, bringen Alle, die in der Schule arbeiten, an ihre Grenzen. Nicht selten müssen hier die I-Kräfte anderer Kinder einschreiten, um sie unter Kontrolle zu halten. Das ist aber nicht deren Job - dafür werden sie nicht bezahlt. Sie vernachlässigen dafür "ihr" Kind, was u.U. bedeuten kann, dass dieses sich in Lebensgefahr begibt und stirbt oder einen schweren Anfall erleidet,....
Dann kommen noch die Kinder mit quasi nicht vorhandenen Deutschkenntnissen dazu.
Tja, was die Sonderschulen angeht. Als mein Jüngster eingeschult wurde, gab es bei uns im Schullandkreis in der Schule für Geistige Entwicklung exakt 4(!) Plätze und es gab ca. 100 Kinder mit diesem Förderbedarf. Es gibt hier nur eine Förderschule für Geistige Entwicklung. Förderschulen werden nämlich gerade abgeschafft im großen Stil. Jetzt kann ich also sagen, dass die Regelgrundschule, in die mein Jüngster geht jedes Schuljahr (zusätzlich zu den gesunden und hochbegabten Kindern) mindestens 1/4 der Kinder aufnimmt, die auch die zuständige Förderschule GE aufnimmt. Nur gleichzeitig nimmt sie eben auch noch ein paar KME, Lernen und Sprache - Kinder auf.
Noch etwas... oftmals stellen "Nichtbetroffene" sich das Ganze viel einfacher vor, als es ist.
Die "Herren von der Landesregierung" stehen nämlich vor mehreren Problemen.
Lehrer kann man sich nicht einfach backen im Ofen, die werden über mehrere Jahre hinweg ausgebildet. Unmengen an Flüchtlingen und die neue Problematik der Inklusion stellen Lehrer vor neue, bisher vollkommen unbekannte Situationen. Theoretisch stehen den einzelnen Schulen schon mehr Lehrkräfte zu, nur herrscht überall eklatanter Lehrermangel. Hessen hat z.B. schon vor einem Jahr eine vierstellige Anzahl an berenteter Lehrkräfte angeschrieben und versucht, diese zu überzeugen, wieder in den aktiven Dienst zu treten. 300 Lehrer haben zugestimmt - die ehemalige Klassenlehrerin meines Jüngsten gehört dazu. Heute unterrichtet sie nur noch Mathe in dieser Klasse. Das ist ihr kompletter Arbeitsvertrag. Viele Klassen haben gar keine eigene Klassenlehrerin und müssen sich mit noch einer anderen Klasse eine Klassenlehrerin teilen. In Schulen unterrichten mittlerweile schon Personen von Fremdberufen. Das ist unschön, aber eine Tatsache. Wäre unsere Schule nicht sowieso Hessens Vorzeigeschule bezüglich Inklusion, würden wir nie die Gelder und das Personal erhalten.
Nicht in jedem Land darf die Schule das AOSF starten. Ich weiß nicht, wie es bei euch ist. Wenn die Eltern das verweigern, kann eben ein total auffälliges Kind auch als völlig gesund gelten. Dann gibt es aber auch keine extra Stunden vom Schulamt und keine Schulbegleitung vom Jugendamt/Sozialamt - die Ämter sehen die Notwendigkeit übrigens schon ein. Aber sie wollen schon einige ärztliche Gutachten sehen. Die Schule kann gegenüber dem Jugendamt nichts machen - das wäre auch übergriffig. Nur die Eltern dürfen das beantragen. Das hat nichts mit unfähig zu tun, sondern mit Gesetzen. Wenn jeder das beantragen dürfte, würden wohl schon die Erzieherinnen im Kiga für die Hälfte der Kinder eine I-Kraft wollen - allein zur Entlastung für sich.
Die andere Seite der Medaille muss man nämlich auch sehen: Behinderte sind ein riesiges Geschäft in Deutschland und jeder will daran verdienen. Zahlen muss das Ganze der Staat, manchmal auch die GKV - am Ende also immer der Steuerzahler. Es ist also wichtig und sinnvoll, wenn der Staat (also Sozialamt und Jugendamt) sehr gut kontrollieren, ob und in welchem Umfang Hilfe benötigt wird.
Da hast du völlig Recht. Ist ja grade Wahlkampfthema in NRW--eben weil Inklusion nur funktionieren kann mit mehr Personal und kleineren Klassen. Das bedeutet aber mehr Geld und das wiederum sollte ja durch die Abschaffung der Förderschulen eingespart werden.
Gleiches gilt für den U 3 Irrsinn, wo plötzlich ohne Änderung des Personals 1 und 2 jährige in normale Gruppen gesteckt werden--alles Schnellschüsse, die nicht durchdacht wurden. Aber hauptsache man kann sich das alles auf die Fahne schreiben.