Welche Vorteile bringen adhs - diagnosen?

Ich möchte mich erst einmal für die vielen Antworten bedanken, die es zu meinem thread bzgl "high need" kind gab.
Ich hatte es extra in Anführungszeichen geschrieben, da ich eben auch vorsichtig mit solchen Begriffen sein möchte.


Ich habe eine Menge Input von euch bekommen.
Und habe gestern mit meinem Ehemann darüber geredet.
Er selbst sagt, dass eine Abklärung nicht nötig ist, da sie dort eh unauffällig sein wird und es sich ja auch nichts ändern wird.
Er muss nur damit klar kommen, nicht immer so genervt zu sein, sondern sich klar zu machen, dass sie so ist, wie sie ist.

(unsere Mittlere ist auch ein Wirbelwind, aber trotzdem ganz anders. Ist schwer zu beschreiben. Aber die Große geht über das normale "Kinder sind halt hibbelig und laut" sehr hinaus. Wer das nicht glaubt, kann sich glücklich schätzen, damit keine Erfahrungen zu haben. Danke.)


Ich wollte nun fragen, was eine genaue Diagnostik bringt? Abgesehen von mehr Verständnis auf unserer Seite?
Medikamente wären in unseren Augen erst nötig, wenn sie selbst leidet oder eben Schule oder andere sehr leiden.

So Tests machen ja auch etwas mit den Kindern, also psychisch.

"lohnt" es sich also das abklären zu lassen? Oder reicht es, es zu machen, wenn es größere Probleme gibt?

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Die Diagnose ermöglicht den Zugang zu Therapien und Elterntraining. Wenn Eltern und Kind dort Strategien erlernen, um besser mit ADS/ADHS umzugehen, kann das Kind seine Tage insgesamt entspannter verbringen.
Sollte ADHS vorliegen, könnte es sein, dass sich deine Tochter in der Schule stark reguliert, am Nachmittag dann die "Kontrolle" verliert und sich dies durch Dauergeplapper zeigt. Dies kann aber auf Dauer für das Kind auch anstrengend sein, sowohl das Zusammenreißen, wie der Kontrollverlust Nachmittags. Außerdem könnte es immer schwerer werden zu kompensieren, wenn in der Schule die Anforderungen steigen, sich Strukturen ändern o. Ä..
Es gibt ein Risiko für unbehandelte ADHSler an Depressionen/ Angststörungen oder Suchterkrankungen zu erkranken, weil sie sich z.B. immer falsch gefühlt haben, häufig angeeckt sind und sich einfach selbst nicht verstehen.
Eine kompetente Diagnostik in einem SPZ ist die beste Vorraussetzung um den richtigen Umgang mit ADS/ADHS in weiteren Therapien zu erlernen, um diese Risiken auszuschließen.

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#pro

"Es gibt ein Risiko für unbehandelte ADHSler an Depressionen/ Angststörungen oder Suchterkrankungen zu erkranken, weil sie sich z.B. immer falsch gefühlt haben, häufig angeeckt sind und sich einfach selbst nicht verstehen."


Das und dann wirken drogen auch noch ähnlich wie ADHS Medikamente

Das Problem: Drogen schädigen in allen Bereichen, verstärken die Sucht.
Gut eingestellte ADHS/ADS Medikamente wirken nur in dem Bereich in dem sie sollen, Nebenwirkungen können ärztlich eingeschätzt und auf andere Präparate umgestellt werden.

Vor allem aber, machen sie nicht abhängig!
Drogen schon.

Viele ADSler greifen zu Drogen, weil
- das Gehirn Suchtanfällig ist
- sie mit Drogen zum ersten mal klar sehen (blöderweise mit allen Gefährlichkeiten)
- weil sie eigentlich die entstandenen negativen Folgen betäuben wollen (dann aber klarer sehen als je zuvor).

Rauchen hat wohl eine ähnliche Wirkung aufs ADS Gehirn.


Rauchende ADS Freunde bestätigen das.

Ich kann bestätigen, dass das Medikinet nicht süchtig macht. Ich nehme es, wie ich meine Brille aufsetze.
Wobei ich meine Brille häufiger auf habe, um mich in der Welt zu orientieren.
Das ADHS Medikament kann ich bei Krankheit OHNE Entzugserscheinungen weglassen; auch wenn ich es mal vergessen habe. Dann bin ich einfach nur wieder chaotischer und brauche mehr Energie für den Alltag, habe aber keine negativen Folgen.

Freunde, die nach Burn Out, Depression die ADS Diagnose erhalten haben, kämpfen noch mit dem Ausschleichen von Antidepressiva.
Wenn sie die Wahl gehabt hätten, hätten sie früher die Reißleine gezogen und was anderes genommen.

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Hallo!

Ich denke auch: Wenn ein AD(H)S vorliegt, muss das therapiert werden - ob das medikamentös geschieht oder ob Verhaltenstherapien ausreichend ist erst der zweite Schritt.

"Es gibt ein Risiko für unbehandelte ADHSler an Depressionen/ Angststörungen oder Suchterkrankungen zu erkranken, weil sie sich z.B. immer falsch gefühlt haben, häufig angeeckt sind und sich einfach selbst nicht verstehen."

Meine Schwester hat meines Erachtens ein ADHS in Verbindung mit einer Dyskalkulie. Mit einem IQ von über 130 (wurde im Teenageralter getestet im Rahmen der ganzen Diagnostik, die mit ihr veranstaltet wurde) war sie obendrein hochbegabt. Das Problem war nur: Die Diagnose ADHS wurde im Grunde viel zu spät gestellt (kam ja auch erst in den 80ger Jahren auf - und bis sich so etwas bis zu uns aufs platte Land herumgesprochen hatte...), Ritalin bekam meine Schwester erst im Teenager-Alter. Ergotherapien und andere sozialpädiatrische Therapien scheiterten insbesondere daran, dass es in Wohnortnähe keine Therapeuten gab - die nächste Stadt, wo es derartige Therapeuten ansatzweise gab, war 50km bzw. 1 Std. Fahrzeit (einfache Fahrt) entfernt. Diese großen Entfernungen machten auch die genaue medikamentöse Dosiseinstellung schwierig, sodass das Ritalin irgendwann auch wieder abgesetzt wurde.
Im Erwachsenenalter wurde dann zwar von einem Zentrum, was sich auf ADHS im Erwachsenenalter spezialisiert hatte, ein ADHS bestätigt, der behandelnde Neurologe hat aber die Diagnose wieder in Frage gestellt und somit auch nicht die Entsprechenden Medikamente verschrieben.
Das Ende vom Lied: Meine Schwester nimmt seit Jahren Antidepressiva, hat immer wieder depressive Phasen, ist nicht in der Lage, ihr Leben selbstständig zu führen, hat mittlerweile eine gesetzliche Betreuung und eine Wohnbetreuung, außerdem arbeitet sie in einer Einrichtung für psychisch behinderte Menschen - sie lebt also von Grundsicherung, da ihr eigentliches Gehalt für die Finanzierung ihrer Arbeitsstelle (hier sind ja auch Sozialpädagogen und Betreuer beschäftigt, außerdem ist die Stelle geschützt, sie kann also nicht entlassen werden...)
Ein normales, selbstständiges Leben mit Familie, Urlaub etc. - für meine Schwester nicht denkbar, da sie einfach - obwohl sie jeden Tag arbeiten geht - nicht die finanziellen Möglichkeiten hat, mal in ein Cafe zu gehen oder sich mit Freunden im Restaurant zu treffen. Und offiziell darf sie noch nicht einmal hochwertige Geschenke annehmen, weil alles von der Grundsicherung abgezogen wird. Wenn meine Eltern einmal sterben hat sie vom Erbe gar nichts, weil es eben auch auf die Grundsicherung angerechnet wird...
Meine Schwester hat also auf Deutsch gesagt ein "Scheiß Leben", und das wäre ihr vermutlich erspart geblieben, wenn rechtzeitig die entsprechenden Diagnosen gestellt und adäquate Therapien eingeleitet worden wären. Heute hätte sie aufgrund der Dyskalkulie (früher hieß das Teilleistungsschwäche im mathematisch-logischen Bereich) einen Nachteilsausgleich erhalten, damals war sie aufgrund dessen ständig versetzungsgefährdet. Heute hätte sie u.U. sogar eine Schulbegleitung o.ä. - damals gab es nichts gescheites. Für die Förderschule war sie nicht dumm genug, auf der Regelschule kam sie aufgrund der mieserablen Noten in Mathe, Physik und Chemie nicht klar. Abgesehen davon haben ihr diese Noten natürlich auch den Einstieg ins Berufsleben mehr als versaut...

LG

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Ich hatte dir ja auch geantwortet.
Wir erhoffen uns von einer evt Diagnose erst einmal die Akzeptanz, dass es nicht unsere zu lasche Erziehung ist, die zum Verhalten unserer Tochter führt. Denn das schlechte Gewissen sowie die Angst, auf ganzer Linie als Erziehungsberechtigte zu versagen, begleiten uns jeden Tag.
Und zweitens hoffe ich, dass wir Hilfe erhalten. Strategien, um besser handeln zu können, und vielleicht auch eine Ergotherapie, Gesprächskreis o.Ä.
Ob unsere Tochter bei der Diagnostik unauffällig ist... naja, kann sein. Aber ich denke, die Experten haben ja auch Erfahrung damit.

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Mir tat die Diagnose gut. Endlich wissen was ist. Ergotherapie.entsprechendes Instrument erlernen. Extra viel Sport. Mit den Lehrern sprechen können was ist. Und und.

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Hallo,
Ich habe den anderen Beitrag nicht gelesen.
Mein Sohn bekam ADHS diagnostiziert.
Lange habe ich mich dagegen gesträubt.
Man hat gewisse Vorstellungen von ADHS Kindern und ich sah meinen Sohn nie als solches Kind.
Er ist herzensgut und würde sich lieber selbst verletzen als je, einem anderen weh zu tun.
Er ist sehr hilfsbereit und freundlich.
ABER, er hatte absolut keine Ruhe in sich.
Man könnte auch sagen der geborene Zappelphillip.
Er muss/te sich immer bewegen.

Als er in die Schule kam war es besonders schlimm.
Er konnte keine 2 Minuten am Stück still sitzen und sich 0 konzentrieren oder sich was merken.
Seit der ADHS Diagnose vom SPZ geht er in Ergotherapie und ab und an in Psychotherapie.
Er bekommt keine Medikamente.
Mittlerweile kann er problemlos 40 Minuten still sitzen und sich konzentrieren, er gehört Mittlerweile sogar zu den Klassenbesten.
Er ist jetzt seit 15 Monaten in Behandlung, nun läuft vorerst das letzte Rezept, dann wollen wir mal pausieren und schauen wie es dann läuft.

Uns hat die Diagnose sehr geholfen.

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Unser Großer (10) hat adhs-ähnliche Züge und ich würde euch raten, es abklären zu lassen. Termine beim KJP oder SPZ bekommt man nicht schon morgen, sondern das kann Wochen/Monate dauern.
Wenn es dann mal brennt (sprich, es Probleme gibt) verliert ihr wertvolle Zeit. So wurde ggf frühzeitig eine Diagnose bereits gestellt und kann dann rasch handeln. Eine Verhaltenstherapie oder Ergotherapie „wirkt“ auch nicht von heute auf morgen, sondern dauert auch.

Mein Mann war auch lange gegen den Besuch beim KJP (vielleicht aus Scham oder weil er es nicht für nötig befand 🤷‍♀️?), aber ich wollte es für mich wissen. Auch ob Erziehungsfehler/elterliches Versagen vorliegt. Ich wollte einfach wissen, wieso sich der kleine Bruder ruhighalten kann, während man den Großen dauernd ermahnen muss. Verkehrte Welt 🤦‍♀️.
Unser Großer nimmt mittlerweile Medis, weil er in der Schule mit seiner Hibbeligkeit nicht mehr tragbar war. Vorher war er ein guter Schüler, mit Medis ist er ein ausgezeichneter Schüler, der das Gymnasium besucht 😊👍. Konzentration bei Tests von Anfang bis zum Ende (deutlich am Schriftbild erkennbar) 👍👍, er hat mittlerweile Freunde 👬 und bei Karate 🥋 nimmt er an Wettkämpfen teil (ohne Medis wäre er beinahe aus dem Verein geworfen worden, weil er so störte), alles Dinge, die früher unmöglich gewesen wären.

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Hallo, dann werden bspw. Therapien übernommen.

Liebe Grüße

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Ich erzähle dir von uns, vielleicht hilft es ein wenig in der Entscheidungsfindung.
Unser Sohn ist Asperger Autist und wir sind mit unserem Verdacht von uns aus in die Institutsambulanz gehen. Wir wollten wissen ob unser Gefühl uns in die richtige Richtung gebracht hat. Wir wollten einen Namen um unserem Kind und auch uns helfen zu können.

Er hat nun eine Integrationshelferin in der Schule und bekommt Autismustherapie, auch wir Eltern haben Gespräche und Hilfen. Für uns hat es bisher nur Vorteile und wir würden es wieder machen.

Du wirst für dich und dich die euchtuge Entscheidung treffen.

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Mit ADHS kann man auch einen Nachteilsausgleich für die Schule beantragen. Dein Kind könnte dann extra Förderunterricht bekommen oder später seine Prüfung in einem extra Raum mit wenig Leuten machen dürfen.

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So eine Frage solltest Du erwachsen ADHSlern stellen,die meisten waren sehr dankbar um eine Diagnose und um eine Behandlung.
Es gibt leider viele Menschen mit komischen Meinungen bei dem Thema.
Die sind oft so froh um z.B Medikamente und ich finde es wichtig zu wissen warum etwas so ist wie es ist.
Unbehandelt ist diese Krankheit für Betroffene ein Alptraum.
Darum ist in meinen Augen eine Diagnose wichtig.