Hallo zusammen,
unsere Tochter ist ein sensibles und emphatisches aber nicht schüchternes Kind. Filme zB haben sie immer schon emotional mitgenommen. Sie macht sich immer schon über viele Dinge Gedanken.
Aber zT macht sie sich Gedanken, die ihr unbehaglich sind und die sie auch loswerden will, wie zB dass sie ein schlechtes Gewissen hat wg "Popeln" oder aber weil sie meint, dass sie mich mehr lieb hat als Papa. Heute war es allerdings so, dass sie Gedanken hatte, wie sie ihrem Bruder was antut oder auch mir oder meinem Mann, weil sie beim Mittagessen ein Messer in der Hand hatte.
Das findet sie selber natürlich schlimm.
Es gab keinen Auslöser in der Familie oder Umfeld. Wir haben gestern Abend einen Kinderfilm gesehen, der sie ein wenig gegruselt hat. Ansonsten spielt sie mit ihrem großen Bruder Minecraft.
Inwieweit ist das normal? Kennt das jemand?
LG bereni
Tochter hat komische Gedanken
Das kommt mir leider bekannt vor.
Mein Sohn hatte das im Sommer. Das wurde mit der Zeit so schlimm, dass es unser Familienleben massiv belastet hat. Mein Sohn hat da so drunter gelitten, dass er uns sagte, er möchte nicht mehr leben.
Zum Glück stehen wir in Kontakt mit den Ärzten aus der Kinder/Jugendpsyiatrie, da mein Sohn Asperger hat.
Diese Gedanken wurden als Zwangsstörung diagnostiziert. Dies wird unbehandelt immer schlimmer und bestimmt das ganze Leben.
Im ersten Schritt musste daher das ganze unterbrochen werden, damit sich dieser Zwang nicht manifestiert. Dazu bekam er dann Medikamente, die er heute noch nimmt. Diese haben ihn extrem geholfen! Er äußert solche Gedanken jetzt nur noch ganz ganz selten, vielleicht alle 3-4 Wochen mal.
Ich kann dir also nur raten: Holt euch Hilfe, die Betroffenen leider da so sehr darunter.
Oje, aber dann wart ihr ja direkt gut aufgehoben. An wen soll ich mich denn da am besten wenden?
Du musst in eine Kinder/Jugendpsychiatrie. Die haben Ambulanzen. Sprich mit dem Kinderarzt, du wirst vermutlich eine Überweisung brauchen.
Das klingt leider nach zwangsgedanken. Zwänge haben immer etwas mit Angst zu tun. Ich würde empfehlen, eine gute psychotherapie zu machen. Allerdings würde ich nicht zum Psychiater gehen. Der verschreibt Medikamente und die machen große Probleme.
Dem widerspreche ich entschieden! Ja man braucht eine Therapie, aber bei Kindern helfen die nicht schnell genug.
Mein 7 jähriger stand vor mir und sagte mir unter Tränen, dass er nicht mehr leben möchte. Da hat man keine Zeit, um erstmal eine Therapie zu machen, die ja auch nicht am nächsten Tag starten kann.
Und bei Zwängen ist es am allerwichtigsten, direkt zu unterbrechen, bevor es sich manifestiert.
Ja Tabletten sind bestimmt nicht schön. Mir macht es bestimmt keinen Spaß, meinem Kind Antidepressiva zu geben. Aber man muss erstmal in der Situation sein, glaube es mir. Es bricht einem das Herz und diese Wochen waren die schlimmsten meines ganzen Lebens.
Hatte er auch solche "Zwänge" oder eher Depressionen? An wen habt ihr euch dann gewandt?
Ich habe selbst seit meiner Kindheit Zwangsgedanken -seit ich verstanden habe, dass es nur Gedanken sind, kann ich sehr gut damit leben.
Früher hatte ich auch magisches Denken, dass zu Zwangshandlungen führte. Da hat mir die Information geholfen, dass man diese am besten „bekämpft“, indem man sie unterdrückt und dann feststellt, dass nichts schlimmes passiert.
Ich habe nie eine Therapie gemacht oder Medikamente genommen, weil es mich im Alltag nicht einschränkt .
Aber hat dich das als Kind oder deine Eltern nicht verängstigt?
Ich habe meiner Tochter auch gesagt, dass es nur Gedanken sind und nichts passiert, wobei sie genau das auch selbst so sieht.
Ist oder war das für dich nicht belastend?
Es kommt vermutlich auch auf den Inhalt der Gedanken an.
Mein Sohn konnte mit dieser Art von Gewalt in seinem Kopf nicht umgehen. Da hilft auch „es sind doch nur Gedanken“ nichts.
Aber ich freue mich, dass es auch solche Verläufe gibt 👍
Ich würde unbedingt einen Termin beim Kinderarzt vereinbaren und mit diesem besprechen wie ihr weiter vorgehen könnt - Kinder und Jugendpsychiater etc.. Es belastet deine Tochter und euch als Familie und klingt für mich sehr nach Zwangsgedanken.
Ich habe keine der anderen Antworten gelesen aber meiner Meinung nach klingt sie wie ein sehr hochsensibles Kind. Falls du Interesse hast habe ich eine Buchempfehlung dazu, das meiner Schwester IMMENS geholfen hat, ihre Tochter besser zu verstehen und mit ihr umzugehen.
Ja gerne, danke!
Wie häufig ist das Ganze denn? Ich finds super (Achtung Ironie!) wie hier gleich ne Zwangsstörung diagnostiziert wird und die Pillendose gezückt wird, weil das Pendel in dieser schrägen Coronazeit etwas zur einen Seite ausschlägt.
Ja, ich muss zugeben, dass ich davon auch echt runtergezogen würde gestern. Wobei das natürlich in Betracht gezogen werden muss. Sie hat diese extremen Gedanken seit vorgestern Abend, nachdem wir einen Film gesehen haben... Für mich ein harmloser Kinderfilm (die drei!!!), aber auch mit für sie verängstigenden Szenen...
Ja, klar sind das krasse Gedanken. Aber wenn sie die Dir erzählt, dann zeugt das ja auch von einem super Vertrauensverhältnis. Und man kennt das doch von sich selber, dass man z.B. mal beim Autofahren denkt "Was, wenn ich jetzt Gas gebe und draufhalte?" Und die erschrecken einen selber, sind aber auch ein Teil Aggessionsabfuhr. Problematisch wird es erst wenn es zu häufig ist. Und wenn Erwachsene sowas dürfen, dann dürfen das Kinder auch. Gedankenspiele können ja nicht immer nur positiv sein ("Was wäre, wenn ich Prinzessin/Kinderärztin/Superheld/Weltretterin/... wäre")
Kinder nehmen Filme/Geschichten ganz anders war. Sie tauchen voll ein, können sich weniger distanzieren, wenn es zu viel wird. Es gibt gute Gründe, warum viele so hyperkritisch sind beim Medienkonsum.
Das hört sich nach Zwangsgedanken an. Mein Sohn hat das im Frühjahr auch entwickelt, unsere Kinderpsychologin meinte, das würde sie jetzt bei vielen Kindern sehen. Die ganzen Belastungen und Ängste der Pandemie-Situation verstärken das wohl.
Wir haben schnell einen Termin bei einer Psychologin bekommen, das war gut. Es gibt auch gute Bücher zum Thema (Dem Zwang die rote Karte zeigen), das richtet sich auch an Kinder und Jugendliche. Meinem Sohn hat allein die Erkenntnis, dass er nicht der einzige mit dem Problem ist, sehr gut getan - und die Tatsache, dass man daran wirklich arbeiten kann.
Ok, wie fing das bei euch an? Wann oder wie sah der Punkt aus, dass ihr euch an die Psychologin (oder erst Kinderarzt?) gewandt habt?
Aber das Buch bezieht sich mehr auf Zwangshandlungen als -Gedanken, oder?
Für uns war der Moment da, als mein Sohn meinte, dass ihn das belastet. Ich habe das erst gar nicht mitbekommen, dass er da Probleme hat, ehrlich gesagt.
Das Buch umfasst beides. Die Bewältigungsstrategien sind ja auch recht ähnlich.
Ich würde an Deiner Stelle das nächste Krankenhaus mit Kinderpsychiatrie heraussuchen und dort direkt anrufen und um Hilfe bitten. Wegen Corona ewig herumtelefonieren und abgewimmelt werden, hilft nicht. Wir haben auch so eine Abteilung und ich weiß, dass sie immer versuchen, bei Akutfällen zu helfen. Ich denke mal, die Äußerung mit dem Messer würde mich auch aufscheuchen. Viel Erfolg!
LG Moni
Hallo,
ich bin auf der Suche nach Eltern, denen es ähnlich geht wie mir, auf deinen Beitrag gestoßen. Ich habe ein ganz ähnliches Problem mit meiner 9jährigen Tochter.
Meiner Meinung nach hört sich das nach beginnenden Zwangsgedanken an. Ich will dir keine Angst machen, möglicherweise ist es ja harmlos und vergeht wieder. Aber es erinnert mich sehr an die Anfänge bei meiner Tochter, darum berichte ich dir mal.
Sie hat mir im September erstmals erzählt, dass sie abends nochmal kontrolliert, ob im Bad wirklich das Licht aus ist und ob ihre Kuscheltiere ordentlich da sitzen. Erst mal habe ich mir nichts weiter dabei gedacht. Es wurde dann aber schnell mehr Zwangshandlungen, dazu kamen Geständnisse wie Hände nicht gewaschen, heimlich genascht. Als sie mir erstmals berichtete, sie hätte daran gedacht, ihre Schwester zu töten, wusste ich, wir brauchen Hilfe. Wir waren in der Ambulanz einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, wo uns zu einer Verhaltenstherapie aufgrund von Zwängen geraten wurde. Seitdem habe ich bestimmt 50 Therapeuten abtelefoniert, ohne Erfolg. Wir stehen bei weniger als 5 auf der Warteliste, Wartezeit bis min. April.
Glücklicherweise gibt es in der Schule eine sozialpädagogische Beraterin, zu der meine Tochter jetzt 1x die Woche geht. Sie kommen super miteinander aus, und die Gespräche mit ihr helfen ihr. Auch ich habe hier schon wertvolle Tipps erhalten. Gibt es vielleicht sowas bei euch auch?
Die Probleme gingen zwischenzeitlich weiter mit zahllosen, immer wiederkehrenden Fragen zur Hygiene im Bad (Toilette, Hände waschen). Das wurde aber tatsächlich wieder besser. In den Weihnachtsferien ging es ihr zunächst richtig gut. Aber kurz vor Silvester wurde es von heute auf morgen wieder heftig. Sie zeigt große Unsicherheiten in Alltagsdingen, ist unsicher, ob sie ordentlich und richtig geschrieben hat, hat Angst, jemandem weh getan zu haben, obwohl es nur eine minimale Berührung gab.
Zum Hintergrund: Sie war schon immer eher schüchtern und sensibel und mochte noch nie laute Geräusche. Das sind wohl Eigenschaften, die bei vielen Zwangserkrankten vorkommen.
Mein Mann hat das Buch „Dem Zwang die rote Karte zeigen“ gelesen, er fand es nicht so hilfreich. Das Buch „Dem Zwang die rote Karte zeigen“ dagegen ist echt gut. Ich habe hier z. B. gelernt, dass auch Gedanken und häufige Fragen zu den Zwängen gehören. Die Fragen, die meine Tochter stellt, sind teilweise wirklich an den Haaren herbei gezogen, aber es geht gar nicht um diese Frage, sondern sie zeigt damit eine Unsicherheit, die sich auf etwas anderes bezieht.
Wir vermuten inzwischen, dass bei unserer Tochter eine Angst vor’m groß werden dahinter steckt. Sie ist in der 4. Klasse, hat eine tolle Grundschullehrerin und eine tolle Klasse. Der jetzt anstehende Wechsel in eine neue, große Schule, womöglich ohne Freundinnen, macht ihr Angst. Sie macht sich auch viele Gedanken, ob sie später daheim ausziehen muss, ob sie so wird wie Jugendliche, die sie unterwegs sieht (die z. B. rauchen, betrunken sind, bei rot über die Straße gehen). Für sie ist die Zukunft unsicher, nicht kontrollierbar, deswegen holt sie sich Kontrolle und Sicherheit woanders.
Leider fühle ich mich oft ihren Fragen und Gedanken nicht gewachsen und weiß nicht, was ich ihr antworten soll und wie ich ihr helfen kann. Dass wir immer noch keinen Therapieplatz haben, macht mir Sorgen. Vor allem in Bezug auf den Schulwechsel, denn ich hatte gehofft, dass es ihr bis dahin längst wieder besser geht. Aber langsam befürchte ich, dass die Zeit eng wird.
Ich würde dir auf jeden Fall raten, dir in der Ambulanz einer Kinder-/Jugendpsychiatrie einen Ersttermin geben zu lassen. Wenn du von dort weiter verwiesen wirst und sich das Problem in der Zwischenzeit von selbst löst, umso schöner.
Wie alt ist denn deine Tochter (oder habe ich das überlesen)?
Viele Grüße und alles Gute!
Ich schreib dir mal eben eine "private" Nachricht hier...