Meine Tochter wird demnächst 6 und hat seit einiger Zeit eine Angewohnheit, die mich wirklich ratlos macht. Sie ist sowieso eine Kuschelmaus und sucht (und bekommt) viel körperliche Nähe von uns Eltern.
Mein Mann ist genauso, ich dagegen brauche das für mich persönlich gar nicht.
Sachen wie umarmen, durchkitzeln, kuscheln, Rücken streicheln finde ich im allerengsten Familienkreis (also wir Eltern und wirklich nahestehende Verwandte, zu denen ein enger Bezug besteht) auch vollkommen in Ordnung. Wirklich schwierig finde ich es jedoch im erweiterten Kreis. Also zb Eltern von guten Freunden von ihr, den Opa, den sie nur einmal pro Jahr sieht (aber sich trotzdem riesig freut), Erzieherinnen usw. Auch dort sucht unsere Tochter extrem die Nähe und überschreitet dabei meiner Meinung nach Grenzen. Da wird geknuddelt, gekitzelt und und vor allem oft auch die Brust oder der Po berührt. Ich unterstelle ihr da gar keine böse Absicht, aber ich finde, das geht einfach nicht. Zumal es dann nicht bei einer Umarmung bleibt, sondern sie gefühlt permanent an denjenigen herumfummelt. Die betroffenen stört das meist nicht, fühlen sich aber oft überrumpelt.
Ich finde, bestimmte körperliche Bereiche gehen nicht und habe ihr das gefühlt schon 1000 mal erklärt. In den entsprechenden Situationen ermahnte ich sie meist bzw nehme sie kurz beiseite und erinnere sie an das, was wir besprochen hatten (umarmen ist ok, wenn der andere auch möchte, Bereiche wie Brust oder Po sind tabu) . Bisher hat das gar nichts gebracht bzw in ihrer Freude vergisst sie das ständig wieder. Oftmals sagen die betroffenen Erwachsenen dann, wenn sie das mitbekommen "ach, ist doch nicht schlimm, lass sie ruhig, sie ist doch noch so klein".
Bei wirklich fremden Leuten bzw Personen, zu denen sie keinen Bezug hat, ist sie nicht so, sondern eher schüchtern. Das beschriebene Verhalten zeigt sie nur bei Leuten, die sie mag und wo sie sich wohlfühlt.
Ich möchte jetzt bestimmt kein Problem herbeireden, wo eventuell gar keins ist. Aber sie kommt jetzt in die Schule und ich habe einfach Angst, den Zeitpunkt zu verpassen, wo sie eben nicht mehr klein und niedlich ist und andere sich ernsthaft von ihr belästigt fühlen.
Daher suche ich jetzt die Meinung von aussenstehenden..
Privatsphäre/körperliche Grenzen
Hallo!
Mit Kindern in dem Alter kenne ich mich zwar nicht aus, aber ich möchte dir trotzdem meine Gedanken da lassen.
Ich glaube Kinder mit 6 Jahren sehen alles nicht so sexuell wie wir Erwachen. Da sind Busen und Po einfach ein Körperteil wie Arme und Beine auch.
Ich würde meinem Kind weiterhin vermitteln das es Grenzen gibt, und auch weiterhin sagen wo streicheln eben nicht ok ist.
Auf der anderen Seite würde ich darauf achten das sie bei einem „Nein“ von ihrem Schmusepartner auch wirklich aufhört.
Sonst würde ich mir da gar nicht so viele Sorgen machen.
LG
Hier war ein ähnliches Problem. Meine Tochter hüpfte anderen gerne ohne Vorwarnung auf den Arm. Für Menschen mit Rückenproblemen echt doof. Ach das ist eine persönliche Grenze.
Sie war fünf. Das ging schon gut über Erklärung. Dauerte ein bisschen, bis sie es umgesetzt hat. Es gab dann immer mal wieder Hinweise. Ich möchte nicht, dass du….
Ich würde es an deiner Stelle genauso machen. Deine Tochter weiß noch nicht, dass sie damit die Privatsphäre anderer überschreitet. Für
sie ist das ein Spiel. Das muss man erstmal lernen.
Es gibt ein schönes Buch das heißt "Alle haben einen po" von anna fiske. Es ist ein lustiges Bilderbuch wo es um den Körper geht und auch darum wo die körperlichen Grenzen sind. Meine Kinder fanden das Buch beide toll und es ist wirklich schön zu erklären und mit dem Kind darüber zu sprechen.
Hallo,
ich würde den Ball erstmal flach halten. Ich bin Grundschullehrerin, meist in Klasse 1 und 2. In der Schulzeit tut sich gaaaanz viel. Habe das auch bei meiner eigenen Tochter dann gemerkt, die irgendwann in Klasse 1 kein Küsschen (zu Hause) mehr wollte und nicht mehr gekuschelt werden wollte. In Klasse 3 wollte sie dann wieder.
Das mit den privaten Bereichen ist wichtig und du sprichst es ja an. Die umarmten Menschen werden bestimmt bald ihre Art der Verdeutlichung der Grenzen aufzeigen. Zwischen Kindergarten und Schule liegen da wirklich Welten.
Liebe Grüße
Isabel
Das würde ich mit den entsprechenden Erwachsenen in Ruhe besprechen.
Nicht in der Situation selbst, sondern wirklich in Ruhe ohne Kinderohren.
In der Situation selbst kommt vermutlich auch deswegen oft ein "lass sie doch", weil die Erwachsenen doppelt überrumpelt sind.
1. durch das Kind
2. durch dich.
Ich selbst kenne meine eigenen Grenzen sehr gut. Deinem Kind würde ich da auch deutlich sagen, was geht und was nicht.
Sofern ich einen Moment Zeit bekomme, mich zu sammeln.
Mal angenommen deine Tochter würde das bei mir machen, weil wir uns vertraut sind.
Dann würde ich einen Moment brauchen. Entweder sofort Aufschrei in Form von Stopp oder zögern, überlegen - was sage ich, wie sage ich es. Hand zur Seite nehmen.
Reagieren würde ich schon, nur eben so bis zu 30 Sekunden später.
Kämst du dann dazwischen und würdest mich noch in der Situation ansprechen oder das Kind zur Seite nehmen,
dann würde bei mir der Schutzimpuls für das Kind greifen
- ist doch nicht so schlimm
- lass sie doch
Und wäre erschrockener über "warum reagiert die Mutter jetzt so; das Kind kann doch noch gar nicht wissen ...."
Deine Sorgen nehme ich sehr ernst.
Ich setze mich selbst für Prävention in Bezug auf sexuellen Missbrauch ein.
Grenzen vermitteln ist da sehr wichtig.
Es ist auch völlig ok, dass du für dich kuscheln nicht so sehr brauchst.
Allerdings würde deine Reaktion bei mir auslösen - das Kind holt es sich woanders.
Daher würde ich dir raten, dich drigend mit dem Thema Prävention zu befassen. In vielen verschiedenen Aspekten
- Kinder brauchen Nähe.
Wenn es bei dir nicht so möglich ist, ist es super, dass sie woanders darf.
Deinen Ansatz finde ich sehr gut!
Nur etwas ausbaufähig.
Durch deine Reaktion in der Situation vermittelst du ihr ambivalente Signale.
Ja, sie darf Kuscheln.
Nein, nicht da nicht jenes, Vorsicht.
Sie soll Grenzen lernen.
Andere Erwachsene haben kein Problem damit.
Mama sagt - andere sagen nicht? Was gilt denn jetzt? Sie wird sich eher für das entscheiden, was ihr gerade besser tut.
Sprich mit den Erwachsenen in Ruhe!
Stärke sie - die Erwachsenen - dass sie ihre eigenen Grenzen kennen und aussprechen. Noch bevor du eingreifst!
Ich selbst sage Kindern deutlich, wo meine Grenzen sind. Aber dort, wo Mütter eingreifen - nicht / seltener. Die Mutter überrumpelt mich ja eh. Egal was ich mache, die Mutter geht eh dazwischen. Wo sind meine Grenzen? Wo die des Kindes? Egal, die Mutter greift eh ein.
Mit einer Freundin, die selbst Missbrauch erlebt hat und selbst Probleme hat Grenzen zu ziehen, habe ich noch mal extra und länger gesprochen. Wir haben Signale vereinbart, wann ich mein Kind "weghole" und wann es für sie in Ordnung ist.
Denn wenn ich mein Kind von ihr wegziehe, aus Angst ihre Grenze könnte vielleicht überschritten werden, dann fühlt sie sich von mir übergangen. Gleichzeitig braucht sie den Schutz, dass ich handle, wenn sie auf Grund ihrer Vergangenheit nicht dazu in der Lage ist.
- mit Kind sprechen
Nicht nur, was sie darf und was nicht.
Sondern ganz wichtig auch Prävention altersgerecht.
Darf sie bei einigen Erwachsenen nicht
und gerät dann an einen Missbrauchstäter, wo sie ganz entspannt anfassen darf, weil es da sogar erwünscht ist, wird sie diese Freiheit anfangs vielleicht sogar genießen.
Was sich der Täter dann natürlich zu Nutze macht.
Bis er das Blatt wendet, es dem Kind unangenehm wird.
Das Kind DANN aber nichts mehr sagen wird, weil es sich selbst die Schuld gibt
"ich hab doch zuerst..."
"ich hab nicht auf Mama gehört...."
"ich hab angefangen...."
perfekte Voraussetzungen für Täter
Ja, es ist sehr wichtig mit Kind über Grenzen zu sprechen.
Auch darauf achten, dass diese eingehalten werden.
Prävention als komplexes Thema ist noch wichtiger.
- reden dürfen
- immer zu Mama oder anderen kommen dürfen, auch wenn das Kind die Frage der eigenen Schuld im Kopf hat
- melden, wenn sie sich selbst unwohlt fühlt
- vermitteln, dass Erwachsene ihre eigenen Grenzen kennen! (du wirst nicht immer dabei sein, um das Kind wegzuholen; und bei einem Täter müsste der Täter vom Kind weggeholt werden).
- darauf achten, dass sie zwar lernt Grenzen zu verstehen - aber nicht vermittelt wird: du bist falsch; du machst ständig was falsches. Grenze als Grenze sollte die Person aufzeigen, die gerade betroffen ist. Kommt es von Mama und die Person erlaubt es, steht für das Kind die Frage im Raum, "was mache ich falsch". Denn eine Grenze gibt es in der Form ja nicht.
Es gibt einige gute Stellen, die altersgerechte Präventionsprogramme anbieten. Kindergarten, Grundschule usw. auch für Eltern, Erzieher, Lehrer usw.
Richtige gute Prävention finde ich sehr, sehr, sehr wichtig.
Da sind wirklich ein paar sehr gute Gedanken und Denkanstöße dabei, die ich für uns mitnehme. Vielen lieben Dank
Unser Sohn ist ähnlich "grenzenlos kuschlig" wie die Tochter der TE und ich neige auch dazu, dann bei anderen schnell einzugreifen, bevor derjenige sich selbst "sammeln" konnte - interessanter Hinweis.
Viele Grüße! 🙂
Ich glaube ein Lerneffekt tritt erst dann ein, wenn die betroffenen ihre Grenzen deutlich machen.
Mein Neffe ist bei seiner Mutter auch ein "Busengrabscher", das hat er einmal bei mir gemacht. ich habe ihm eben gesagt, dass ich das nicht möchte.
Bei meinem Kind war in der Kita dieses "mein Körper gehört mir" ein großes Thema. Das gilt dann ja auch nicht nur für das Kind, sondern für jeden anderen auch. Evtl. kann man auch über diese Schiene gehen.
Ich denke aber auch, dass sie jetzt in ein Alter kommt wo das aufhören wird.
Ich verstehe deine Sorge.
Allerdings empfinde ich es hier auch so, dass DU damit tatsächlich Grenzen überschreitest 😅 jeder Mensch findet ja auch was anderes ok. Und erwachsene (um die es sich in deinen Beispielen ja dreht) können ihre Grenzen ja eigtl ganz klar formulieren.
Ich finde es Strange, dass du in der Situation deine Tochter zur Seite nimmst, um die Grenzen der betroffenen Person zu wahren, die du ja eigtl nicht kennst 😅
Wenn die betreffende Person sagt „es ist okay“, dann ist es okay! Ich würde deiner Tochter höchstens immer wieder sagen, dass sie fragen sollte oder damit rechnen muss, dass jmd was nicht möchte und das okay ist und nicht gegen sie geht.
Ich hasse es z.B., wenn man mein Knie anfasst. Kuschle aber gerne. Ich kommuniziere das und selbst die allerkleinsten das verstehen. Schoß, umarmen, alles ok. Mein Knie nicht 😂😂
Hallo,
ich habe viele Jahre eine Theatergruppe in einer Grundschule geleitet und da hatte ich einige Kinder, die sehr anhänglich waren und auch die körperliche Nähe gesucht haben. Mich hat das tatsächlich nicht gestört. Es waren kleine Kinder und die hatten in dem Moment des stressigen Schulalltags gerade das Bedürfnis in den Arm genommen zu werden, auf meinem Schoß zu sitzen oder meine Hand zu halten. Bei allen Kindern hat sich das aber im Laufe des 1. Schuljahres gelegt. Meist waren es die Kinder, die frisch in der Schule waren. Bei den Lehrern haben sie das nie gemacht, nur beim Betreuungspersonal, zu dem sie engen Kontakt hatten. Beim Lehrer war die Distanz viel Größer. Generell suchen viele frische Erstklässler den körperlichen Kontakt zu ihren Bezugspersonen. Sie kennen das ja auch noch so vom Kindergarten, wo die Erzieherin auch tröstend in den Arm nimmt, das Kind am Schoß sitzen darf und generell ein größerer körperlicher Kontakt besteht. Dennoch können Kinder einschätzen, wo sie das dürfen und wo es besser ist, die Distanz zu wahren. Ich hatte ein Mädel, die wich mir vom 1. Tag an nicht von der Seite und wäre am liebsten in mich rein gekrochen. Bei meinen Kolleginnen hat sie das nicht gemacht, obwohl diese ebenfalls einen engen Kontakt zu ihr hatten. Ich würde mir da an deiner Stelle überhaupt keine Gedanken machen, da du ja schreibst, dass sie das Verhalten nur an den Tag legt bei Personen, die sie gut kennt und zu denen sie eine enge Bindung hat. Möchte jemand so etwas nicht, wird derjenige deiner Tochter das mitteilen. Allerdings solltest du deine Tochter frühzeitig aufklären. Wenn sie schnell Vertrauen zu anderen fasst und keine Probleme mit körperlicher Nähe hat, kann so etwas schnell gefährlich werden, wenn sie an die falschen gerät. Sexuelle Aufklärung ist da extrem wichtig um sie vor Missbrauch zu schützen. Da gibt es tolle Kinderbücher zu dem Thema.
LG
Lotta