Freies Sprechen Problem

Hallo zusammen.
Beim Elternsprechtag war das Thema das mein Sohn mündlich viel zu ruhig ist. Für mich war das keine Überraschung. Was mir jedoch Gedanken macht ist die Tatsache, das er jetzt in der 2. Klasse noch nie in bzw. vor der Klasse frei gesprochen hat.

Beim Montagskreis, bei Erzählungen vom Wochenende ist es immer nur ein Satz "ich war im Kino" und dann ist die Erzählung vorbei. Im Unterricht meldet er sich, aber nur zum Vorlesen oder bei "Eine-Antwort-Fragen, wie Ergebnisse in Mathe.

Ich habe den Kinderarzt auf meinen Verdacht auf selektiven Mutismus angesprochen, da kam aber nur ein "er entwickelt sich noch" als Antwort.

Zu Hause oder mit Freunden ist er völlig unbefangen und erzählt normal.

Habt ihr Tipps wie ihm geholfen werden kann?

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Ja. Du könntest das Erzählen von Erlebnissen mit ihm üben.
Wenn er zu Hause flüssig erzählen kann, dann fällt ihm das im Morgenkreis sicher auch leichter.
Vielleicht reichen ja für den Anfang 2-3 Sätze pro Erlebnis: "Wir waren im Schwimmbad. Dort bin ich 2 ganze Bahnen geschwommen ohne Schwimmflügel und danach gab es noch Pommes"

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Vielleicht mag er es einfach nicht, dass viele zu hören und ihn anschauen, wenn er was sagt.

Das mach ich heute noch mit Ü40 nur sehr ungern. Außer ich bin in meiner Bubble, da bin ich ganz vorn dabei.

Mein Kind kommt nach mir und ist erst in der 3. Klasse wirklich aufgetaut. Vielleicht weil er sich seiner Sache da jetzt sicherer ist oder seinem Standing in der Klasse. Keine Ahnung. Nach dem ersten Erfolgserlebnis - einer Buchvorstellung - gehts ab bei ihm. Da kann er schon mehr als ich.

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Irgendwie klingt es typisch nach 2023.

Es wird aus allem ein Problem gemacht und Kinder werden in Schablonen gepresst. Wo ist das Problem, wenn ein 2. Klässler im Morgenkreis nicht viel erzählt?

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Weil ich meinem Kind helfen möchte. Er traut sich nichts zu sagen, sagt selber sein Herz schlägt auf einmal sehr schnell und der Hals ist dann zu. Quasi ein Lampenfieber. Es werden aber immer mehr Situationen kommen wo er frei sprechen muss als weniger.

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Ich meine, dass man nicht alles pathologisieren muss.

Den Grundcharakter deines Sohnes kannst du nicht ändern.

Ich war ähnlich. Es hat sich irgendwann gelegt.

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Guten Morgen,
Also ehrlich gesagt sehe ich da kein großes Problem. Er ist doch erst in der zweiten Klasse und lernt, neben Mathe Deutsch usw, auch das Sprechen vor Gruppen. Klar sollte man die Entwicklung der eigen Kinder immer im Auge haben, aber hinter jeder "Auffälligkeit" eine psychische Erkrankung zu sehen ist zu viel.
Dein Sohn meldet sich im Unterricht. Er spricht frei mit euch und seinen Freunden. Beim Kinderarzt warst du schon vorstellig.
Ich würde an deiner Stelle erstmal abwarten, vielleicht bis zu Übertritt in die dritte Klasse, und dann nochmal das Gespräch mit der Lehrkraft suchen. Ich hoffe das es sich bis dahin schon "gebessert" hat.
Wenn du unbedingt das freie Sprechen mit ihm üben willst, dann lese ihm doch was vor und er soll den Inhalt mündlich widergegeben.
Alles gute für euch 🙂

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Vielleicht mag er einfach nicht gerne erzählen.
Nur als Beispiel: ich bin eineiiger Zwilling und meine Schwester und ich sind absolut gesund. Ich war als Kind schon eine richtige Rampensau und wenn ich mal sterbe muss man meinen Mund extra erschlagen. Meine Schwester absolut gar nicht. Sie erzählt nicht gerne, hat nie gerne Referate gehalten und ist auch beruflich in einer ganz anderen Sparte als ich. Sie hat sich dafür schriftlich immer etwas leichter getan. Ich musste viel lernen und üben und sie hat alles aus dem Handgelenk geschüttelt.

Du siehst wir sind so gleich und trotzdem so verschieden. Übe mit deinem Sohn das Erzählen dann trainiert er das einfach nebenbei. Vielleicht ist er aber auch einfach ein ruhiger Kandidat, der nur etwas sagt, wenn er es als wichtig erachtet.

Ich habe einen solchen Schüler. Er hat das erste Jahr kaum mit mir gesprochen. Ich habe ihn dann mal gefragt ob er sich fürchtet oder keine Lust hat und er meinte, dass er einfach nichts zu sagen hatte 🤷🏻‍♀️

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Ich würde mal ein Vorgespräch bei einem Kinderpsychologen vereinbaren, dafür braucht es meines Wissens noch keine Überweisung. Ein Psychologe ist da eventuell der bessere Ansprechpartner als der Kinderarzt. Er kann auch schneller einordnen, ob es sich um soziale Phobie, selektiven Mutismus oder einfach nur Schüchternheit handelt, wobei ja auch letztere durchaus ein großes Hindernis im Leben darstellen und Chancen verbauen kann. Ich finde es super, dass du dich frühzeitig kümmerst und nicht abwartest, ob es sich von selbst bessert. Es könnte sich ja auch manifestieren statt sich von selbst zu bessern.

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Akzeptiere ihn doch einfach, wie er ist. Nicht jeder mag ausschweifend berichten, nicht jeder mag im Mittelpunkt stehen, viele sprechen dan wenn sie sich sicher fühlen....so auch dein Kind, denn sonst würde er sich nicht zum Vorlesen melden.
Es ist nun mal schlichtweg ein Charakterding, wenn man ist, wie man ist. Udn das ist völlig okay so und weit entfernt von Diagnosen.

Und man hilft den Menschen nun mal am Meisten, wenn man sie akzeptiert, wie sie sind.
Wen interessiert es denn, ob er im Sitzkreis verbale Romane verfasst oder eine kurze, knappe Antwort gibt? Niemanden.
Dann ist die Präsentation später halt kurz und schmerzlos, aber inhaltlich völlig korrekt...super.
Dann hält er eben keine Rede oder macht bei einer Vorführung vor der ganzen Schule mit....auch gut.
Der Aufsatz später könnte ausführlicher sein...na und, inhaltlich wurde alles abgearbeitet..spitze.

Gruß von meiner Tochter und mir, ich zucke nur noch mit den Schultern oder schmunzele wenn die Lehrer wieder mal ein völlig anderes Kind wollen und sage ganz trocken: "So ist sie halt, das passt zu ihr, basta."

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Das Problem ist aber doch, dass die Umwelt so nicht funktioniert, dass man immer wieder in Situationen gerät, in denen man gezwungen wird im Mittelpunkt zu stehen, dass man von Lehrern oder später von Vorgesetzten bloßgestellt wird. Alle erwarten, dass man vor der Klasse spricht und Vorträge hält. Da nützt die Akzeptanz im Elternhaus leider nichts.

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Ich bin jetzt nicht mehr die Jüngste, aber ich kann mich an keine Situation in meinem Leben erinnern, in der ich bloßgestellt oder dazu gezwungen wurde im Mittelpunkt zu stehen.
Und weil ich halt eben nicht gerne vor vielen Menschen spreche habe ich auch keinen Berufswunsch gehabt, der in die Richtung geht.
Und soweit mir bekannt ist, geht es bei Vorträgen in der Schule nicht um die Länge, sondern um den Inhalt. Und wenn dieser inhaltlich korrekt, aber dafür sehr kurz ist, dann ist das doch völlig okay.
Auch im privaten Bereich wurde ich bisher noch nie gezwungen große Rede zu schwingen.

Da das Kind der TE sich aber schon zum Vorlesen meldet, dann ist das eine tolle Leistung. Auch der Kinderarzt sieht ja hier noch keinen Handlungsbedarf. Ich sehe hier aktuell eigentlich mehr die Gefahr, das das Kind mehr verunsichert wird als es nützt, wenn jetzt schon an ihm anfängt rumzuzerren.

Und schlußendlich ist es auch wichtig, wie das Kind selber sich fühlt. Möchte es aus eigenem Antrieb etwas ändern, dann kann man immer noch aktiv werden. Aktuell verbuche ich das wirklich noch genau so, wie der Kinderarzt es einordnet.

Ich habe auch deine Antwort weiter oben gelesen, bitte übertrage jetzt deine Problematik nicht pauschal auf das Kind der TE. Mit 30 irgendwo weinen rauszurennen, das ist heftig...aber bis zu diesem Tag kanntest du dich schon sehr gut und hättest 12 Jahre Zeit gehabt, daran zu arbeiten. Deinen Eltern kannst du das Erlebnis nicht mehr anlasten. Ich schließe mich oben an, es geht darum nicht immer alles gleich zu pathologisieren.

Bearbeitet von Butterstulle
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Das Problem kennen wir auch.
Ich habe zwei Kinder. Der große ist schon fast 14 da hat es sich jetzt in der 7/8 Klasse gegeben (er gehört aber immer noch zu den Kindern die ehr zurückhaltend sind)

Und der jüngere ist nun in der 4 Klasse und hasst es, frei vorzusprechen. Er spricht auch ehr nichts.
Das Problem sehe ich darin, daß diese Kinder, ehr schlechter bewertet werden (weil sie sich eben nicht trauen...mündliche Mitarbeit)
Aber nun gut. Ich nehme meine Kinder so wie sie sind und mache mir da keine großartigen Gedanken mehr.
Ich selbst war auch so ;-) Es hat sich erst sehr viel später gelegt.

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Einfach üben.