Motivation durch schlechte Noten - gibt es hier jemanden, der mir die Strategie erklären kann?

Hallo,

Vielleicht sind hier ja auch Pädagogen unterwegs, die mir die Idee dahinter erläutern können?
Die Ansichten scheinen dabei auseinander zu gehen, eine befreundete Gymnasiallehrerin hält z.B. gar nichts davon.
Was ist der Gedanke dahinter, dem Kind zu sagen. „du stehst zwischen 2 und 3, ich könnte Dir durchaus die zwei geben aber ich entscheide mich für die drei.“ Mein Sohn hat sich in den letzten beiden Schuljahren um 2 Noten verbessert und hat sich unglaublich reingehängt, war auch echt motiviert. Jetzt ist er wie ein angepiekster Ballon. Er lernt weiter, aber nicht mehr mit Enthusiasmus sondern mit Wut im Bauch, und sagt, dass es eigentlich nichts bringt, sich Mühe zu geben. Ich hab den Eindruck, dass er nicht mehr dran glaubt, dass er sich weiter verbessern kann. Mir tut es so leid, das zu sehen, er war so motiviert und das scheint alles weg zu sein. Ich hoffe natürlich, dass es gelingt, ihn wieder aufzurichten, aber da das ja ein sehr häufiges Vorgehen ist, vor allem im ersten Halbjahr, wäre ich dankbar, wenn sich jemand finden würde, der mir die Psychologie dahinter erklärt. „Im ersten HJ geben wir die schlechtere Note, um das Kind zu motivieren, sich nochmal so richtig anzustrengen.“ Was möchte man damit bewirken? Meiner Ansicht nach gibt man den Kindern damit zu verstehen, dass man die Mühe zwar sieht, sie aber nicht würdigt, und dass die Lehrer letztlich schalten und walten wie sie wollen. Ein Mitschüler hatte z.B exakt die gleichen Noten, mündlich und schriftlich, und hat die bessere Note bekommen, Die Lehrerin sagte, er hätte „die bessere Note mehr verdient.“ Was soll das heißen? Klar können auch Wut oder Trotz ein Ansporn sein, nach dem Motto „denen zeig ich’s“, aber ist das denn Sinn der Sache? Liebe Lehrer, bitte erleuchtet mich😉
Viele Grüße
boxerin

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Ich würde die Logik dahinter auch gerne verstehen. Hier hat es auch absolut demotivierend gewirkt und ich bin darüber auch echt sauer.

War bei mir vor 15 Jahren in der Ausbildung auch schon so und hat mich echt nicht motiviert noch mehr zu machen.

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Wir versuchen, uns darüber nicht mehr aufzuregen- es bringt überhaupt nix, man ist da völlig machtlos 🥺. Aber da es eher die Ausnahme ist, im Zweifel die bessere Note zu geben (was dann auch als absoluten Gnadenakt hingestellt wird), würde mich interessieren, ob es irgendwelche tiefenpsychologischen Gründe gibt, die im Lehramtstudium vermittelt werden, die das rechtfertigen. Und das möchte ich wirklich wissen, es ist keine versteckte Kritik, zumindest nicht nur. Wenn man die Denkweise dahinter versteht, kann man es dem Kind vielleicht erklären, das dann evtl besser damit zurechtkommt. Vor allem die Aussage : „Ich könnte ja durchaus, aber ich tu‘s trotzdem nicht“. Eigentlich ist das doch einfach eine Machtdemonstration… zu was ist das gut?

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Ich habe bei manchen Noten wirklich ein ungutes Gefühl. Es passt mit der besseren Note einfach nicht.

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Das heißt bei euch gibt es zum Halbjahr auch nur ganze Noten?

Hier hätte das Kind eine 2-3 und kann dann schon sehen dass es was tun muss. Und es eben keine 2- mehr ist.

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Hallo,
Nein, es gibt nur ganze Noten. Selbst wenn der Lehrer also sagt, das ist eine 3+++ : 3 ist 3. wenn also im 2.HJ ein neuer Lehrer kommt, sieht der eine 3, das kann eine gute, eine glatte oder eine ganz knappe 3 sein. Sieht keiner. Und für die Kinder ist die Schlussfolgerung, „ich kann mich anstrengen wie ich will, bringt ja doch nix“

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Das stimmt nicht!

Der neue Lehrer bekommt vom Kollegen die Notentabelle und führt sie einfach weiter.
Wer also bei Kollege 1. HJ auf 2,56 steht und die 3 bekam, der wird mit 2,56 weiter berechnet und kann selbstverständlich auf die 2 kommen.

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Hallo,

ich studiere Lehramt und in keiner Literatur/ keinem Modul wird gesagt, dass das pädagogisch Wertvoll ist, was die Lehrkraft da macht. Ich würde eher sagen, dass der eigentliche Grund ist- die Kinder zu disziplinieren und dass so eine Art Machtverhältnis aufgezeigt wird.

Der Grund ,,Motivation“ wird vielleicht von einigen Lehrern ernst gemeint sein aber wenn der andere Schüler (mit der selben Leistung) bevorzugt wird, ist es nicht mehr wegen der ,,Motivation“.

ABER aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es für den Lehrer Nachteile gibt, immer nur die bessere Note zu geben. Das habe ich nämlich mit meinen Schülern gemacht. Es war meine erste Klasse, die ich unterrichtet habe und irgendwie wollte ich sie durch gute Noten besser belohnen als andere Lehrer. Dadurch kann es aber passieren, dass einige Schüler einen nicht mehr ernst nehmen. Deswegen sind Noten nunmal ein Mittel um Kinder zu disziplinieren.

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Ok, danke - das kann ich mir natürlich durchaus vorstellen.
Allerdings ist die Lehrerin schon etabliert und wird, soweit ich weiß, auch durchaus respektiert. Außerdem ist mein Sohn ein „braver“ und der jüngste in der Klasse, also jetzt nicht unbedingt einer, dem man mal einen Dämpfer aufsetzen muss…
Jetzt muss man versuchen, ihn aus dem Loch zu helfen, das ist so schade und so unnötig 🥺

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Ich gebe im ersten Halbjahr tendenziell die schlechtere Note, da die Note des zweiten Halbjahres leicht überwiegt. Von einer schlechteren Note kann man sich hoch arbeiten, aber um von einer anfänglich guten Note herunter zu wirtschaften wäre anstrengender und im Elterngespräch anstrengender zu begründen. Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass gute Noten nicht motivieren, sondern sich Schüler darauf ausruhen und zurück lehnen und schlechtere Leistungen zeigen, aber bessere Noten verlangen.

Fie Argumente der Lehrkraft kommen mir aber komisch vor. Ist das verkürzt wiedergegeben? Dein Sohn könnte fragen, was er konkret machen muss, um eine bessere Bewertung zu erzielen.
Bei deiner Beschreibung - er hat sich in zwei Jahren um zwei Noten verbessert- hat er entweder sehr niedrig angefangen und steht nun auf 3 oder er steht auf 2 und will eine 1. Wenn letzteres zutrifft: Eine 1 ist schwer zu erreichen und ist bei mir mir lernen nicht zu erreichen. Dafür müssen Kinder auch selbstständig neue Erkenntnisse erwerben. Umgangssprachlich ausgedrückt können das nur pfiffige aber nicht ausschließlich fleißige Kinder schaffen. :-)

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Er stand zwischen 4 und 5 und hat sich echt reingehängt. Im letzten Schuljahr hatte er im Jahreszeugnis eine gute 3 und hatte den festen Vorsatz, jetzt die 2 zu schaffen. Immer Hausaufgaben gemacht, freiwillig Referat gehalten, Zusatzaufgaben gemacht… die Lehrerin hatte ihm signalisiert, dass es gut aussieht mit der 2 und er war so glücklich… dann kam die Notenbesprechung mit der Aussage „icv könnte Dir die 2 schon geben aber möchte ich (noch) nicht, du musst erst zeigen, dass du sie verdienst.“. Das waren glaub ich ihre Worte. Sie hat ihm sogar gesagt, ich könne mit ihr telefonieren um das zu besprechen. Als ich ihr eine email mit der Bitte um ein Gespräch geschickt habe, kam nichts. Habe ihr darum kurz geschrieben, dass ich mir Sorgen mache. dass diese „pädagogische Entscheidung“ nach hinten losgeht. Leider auch keine Reaktion (meinem Sohn sagte sie aber, sie hätte die email „zur Kenntnis genommen“). Tja, was soll ich sagen - die Befürchtung hat sich bewahrheitet 😳

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Da wäre ich als Schüler nach der Stunde und dann noch mal als Elternteil sofort bei der Lehrerin und würde übersetzen, wie er das verstanden hat: "Du hast alles gemacht, was du konntest, aber es reicht leider nicht!"
Was soll er denn nächstes Halbjahr ANDERS machen?

Ich würde als Elternteil auch mal aufzeigen, wie lange und intensiv er sich zu Hause damit befasst hat.

Und an die Lehrerin hätte ich eine einfache Frage: Wie war die Note formal? Also, welche Nachkommastelle? Was hätte er formal verdient? Wenn eine Zwei, was GENAU hat er falsch gemacht, um die jetzt noch nicht zu bekommen? Wenn er jetzt nur noch Einsen schriebe, stünde er dann immer noch auf 3?

Also: Alles, was er bisher gemacht hat, verdient eine 3. Also: Ihre Dreierschüler hängen sich in der Regel derart rein?

Was ist mit den Mathebegabten, "verdienen" die auch keine 1, wenn sie immer Einsen schreiben, dafür aber fast nichts machen müssen, obwohl sie immer alles richtig haben und alles erklären können?

Ich würde der Lehrerin deutlich sagen "mein Sohn hat jetzt die Botschaft bekommen, dass er nicht gut genug ist, egal, wie sehr er sich anstrengt. Wollten Sie das vermitteln? Was GENAU hätte er Ihrer Ansicht nach besser/anders machen müssen, um in diesem Halbjahr die 2 zu bekommen und vielleicht im nächsten Halbjahr eine Eins bekommen zu können?"

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Hallo!
Da kann ich mir die Frustration gut vorstellen. Vielleicht ein bisschen zur Erklärung: Erstmal muss man ja, und das ist auch in den Ländern unterschiedlich, in den Ermessensbereich kommen, das heißt, beide Noten sind rechtlich vertretbar. Und nun muss man ja irgendwie entscheiden. Ganz falsch halte ich den Ansatz, das Ermessen gar nicht auszuüben, indem man z.B. immer die bessere/schlechtere Note gibt oder im 1. Halbjahr immer die schlechtere. Und dann gibt es eine Vielzahl an Kriterien, die es abzuwägen gilt und in die Entscheidung einfließen, z.B. die Entwicklung. Ich schaue auch darauf, wie es überhaupt zu dem konkreten Ergebnis gekommen ist. Liegt es z.B. an einem offensichtlichen, einmaligen Ausrutscher, geht es eher zur besseren Note als bei demjenigen, der sich den Großteil des Halbjahres ausruht und dann kurz vor Notenschluss nochmal kurz Gas gibt. Im letzten Fall würde ich aber auch deutlich mitteilen, dass die Bemühungen der letzten Wochen positiv zur Kenntnis genommen wurden, ich mir aber mehr Kontinuität wünsche. Ob es das 1. oder 2. Halbjahr ist, ist für mich allenfalls dann relevant, wenn wir uns im Bereich der Versetzungsgefahr befinden.

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Liebe Alle,

im besten Fall spiegelt eine Note die Leistungen eines Schülers über einen längeren Zeitraum ab. Grundlage bilden dafür natürlich die schriftlichen Klassenarbeiten, Mitarbeit uvm. Da es eben in der SEK I keine Punkte sondern nur ganze Noten gibt, ist die Skala natürlich gröber und wird zum Teil als „ungerechter“ empfunden… im Großen und Ganzen passen die Noten ja meistens.

Kommen wir zu der geschilderten Problematik und ich versuche einige Gründe aufzuzählen, die evtl. eine solche Lehrerentscheidungen erklären.

Das Halbjahreszeugnis ist einfach weniger von Bedeutung, es ist nicht versetzungsrelevant und deswegen kann man bspw in NRW hier auch keinen Widerspruch einlegen. Aber es ist eine Zäsur und informiert die Eltern über den Leistungsstand des Kindes. Ist auf dem Zeugnis bspw die Note mangelhaft in Mathematik bereits gesetzt, dann muss nicht in März zusätzlich ein „überraschender“ blauer Brief ins Haus flattern … ein Kind und seine Eltern haben mehr Zeit zu reagieren um auf dem wichtigen Jahreszeugnis die Note ausreichend abzusichern.

Es kann die Erfahrung sein, dass leider 90% der Schülerschaft sich in so einer „ich steh zwischen zwei Noten“ auf der „besseren“ Note leider zunächst ausruhen, um dann wieder zum Jahreszeugnis in Bedrängnis zu geraten. Das möchte der besagte Lehrer vielleicht vermeiden.

Manchmal schaut man sich noch mal alle Leistungen an und überlegt eben, ist jemand sicher „gut“… eine rechnerische 2-3 kann ja auch eine sehr wackelige Grundlage haben.:.. ist eben individuell verschieden und man muss da auf das Urteil des Lehrers ein Stückweit vertrauen.

Es gibt Lehrer, die wollen auch eine gewisse Ausdauer, Disziplin und Frustrationstolleranz sehen,
Weil diese Tendenzen einen Schüler nachhaltig nach vorne bringen … als „Eintagsfliegen“ zu schnell zu belohnen …

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Naja das Halbjahreszeugnis der 4. Klasse ist ja wohl sehr relevant und da finde ich es tatsächlich frech, aus den von dir genannten Gründen eher die schlechte Note zu geben und dem Kind damit ggf. Wege zu verbauen.

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Ist das so? Letztendlich zählen doch die Noten nach Ende 4 für die Aufnahme am Gymnasium. Oder lehnen die bereits mit dem Halbjahreszeugnis Schüler ab? Wenn dem so ist, würde mich die rechtliche Seite interessieren. Eigentlich haben die Halbjahreszeugnisse nur informativen Charakter.

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Ich halte von dem ganzen Notenkram nichts, aber das ist nur meine eigene Meinung.
Mir gefällt diese Konditionierung nicht, hat es auch nie, weder bei mir noch bei meinen Kindern.
Erst bei meinen jüngsten Kindern habe ich einen Weg gefunden, sie dem nicht auszusetzen.

In deinem Fall würde ich das Kind mental stärken. Und wenn es euch wichtig ist möglichst gute Zensuren bei ihm zu sehen, dann motiviert ihn zu Hause, die Lehrerin scheint offenbar bei eurem Kind kein gutes Händchen zu haben, was Motivation betrifft.

Alles Liebe für euch

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Unser Mitarbeiterbeurteilungssystem wurde abgeschafft, weil Studien ergeben haben, dass Mitarbeiter motivierter sind, wenn sie sich mit dem Vorgesetzten zusammensetzen und Ziele fürs nächste Jahr setzen, anstatt dass sie eine Note kriegen. Mit Schülern wäre es vermutlich gleich, aber so schnell werden Noten nicht verschwinden.

Was dich nicht daran hindern muss, den Fokus deines Sohnes weg von Noten auf erreichte Ziele und erlernte Fähigkeiten zu richten und für die Zukunft Ziele zu suchen und festzulegen oder z.B. durch Ausflüge, Besuche in Museen etc. das Interesse zu wecken.

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Es gibt einige Schulen, die erst kurz vor den Abschlüssen Noten geben.

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Nur die Abschlussprüfung wird benotet, wenn sie die ablegen wollen.
So ist es bei uns.
Aber Lernstandsberichte müssen halbjährlich erstellt werden.
Es besteht ja keine Prüfungspflicht in Deutschland und es besteht auch keine Schulabschlusspflicht um eine Lehre aufnehmen zu können.

Unsere Kinder machen eine Prüfung.

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Hey!

Was sich der Kollege dabei gedacht hat, weiß ich nicht. Ich hatte schon öfter Schüler, die solide auf einer Note standen und sich verbessern wollten. Die haben sich dann Mühe gegeben, aber nicht die Qualität erreicht, die sie gebraucht hätten. Klar gibt es die individuelle Bezugsnorm. Aber letztlich vergleicht man diese Schüler dann eben auch mit den Mitschülern, die diese Note locker erreichen und muss dann überlegen, ob beide dieselbe Note verdienen. Und oft ist das Fazit, dass xy nicht reicht.

Liebe Grüße
Schoko