Meine Tochter ist im Sommer 7 geworden und in der 2. Klasse.
Sie ist gut in der Schule integriert, geht gerne, ihre Leistungen entsprechen den Anforderungen. Soweit, so gut.
Meinem Mann und mir fällt in letzter Zeit vermehrt auf, dass sie einige Dinge nicht tut, um potentielle Fehler zu vermeiden. Sie verweigert also z.B., etwas zu lesen. Oder sie fängt etwas an, bricht dann aber ab, wenn sie merkt, dass sie es nicht direkt ziemlich perfekt kann.
Im sozialen Bereich ist das kein Problem. Sie kann verlieren, sie kann im Spiel mit anderen gut zurückstecken und Kompromisse eingehen.
Es bezieht sich also eher auf den Bereich der klassischen Leistungserbringung, in dem es ihr scheinbar noch an Frustrationstoleranz fehlt.
Noch kommt sie so gut durch die Schule, aber irgendwann wird sie ja mal was lernen und üben müssen (in ihrer Schule gibt es keine Hausaufgaben, daher kein Übungsfeld in diesem Bereich).
Was meint ihr: Kommt das noch von alleine? Oder ist es leichter, das jetzt mit ihr zu üben, damit sie es dann später kann? Und wenn üben, wie?
Fragen über Fragen 😅 Ich freue mich über Erfahrungen und Ideen.
Fehler machen lernen
mein Sohn verstand die "Lehrerseite" in der Erklärung ganz gut:
wenn man immer perfekte Hausaufgaben abgibt (weil Mama geholfen hat), dann DENKT der Lerher, alle Kinder können alles und macht schneller.
Wenn man sich nur meldet, wenn man alles weiss und nicht mal falsche Antworten gibt oder Fragen stellt, dann DENKT auch der Lehrer, die Klasse kann alles, - macht schneller und erklärt weniger.
Auch deshalb ist es wichtig, Fehler zu machen bzw. zu zeigen, indem man sich trotzdem meldet. Nur dann kann der Lehrer ein guter Lehrer sein und es nochmal erklären und merkt, dass manche in der Klasse es noch nicht verstanden haben.
Das ist ein sehr guter Perspektivwechsel, vielen Dank dir!
Das muss nicht unbedingt daran liegen, dass Deine Tochter Angst hat Fehler zu machen. Es könnte auch daran liegen, dass sie keine Lust hat (oder nicht den Sinn darin sieht), sich auf diese bestimmte Sache einzulassen und sich anzustrengen. Dieses wohlige Gefühl, dass sich einstellt, wenn der Knoten im Kopf platzt und man merkt, dass man es DOCH kann, muss ja auch erstmal erfahren werden.
Da hilft als Eltern nur dranbleiben, motivieren, nicht einfach vorsagen, sondern die Kinder sanft schubsen, bis das Gehirn auf der richtigen Spur ist.
Grüsse
BiDi
Danke für deine Antwort.
Es ist halt unser Eindruck, dass es an ihrem persönlichen Leistungsanspruch liegt. Die Klassenlehrerin sagte auch schon mal sowas. Aber ich rede nochmal mit meiner Tochter und hinterfrage ggf. meine Hypothese.
Hi,
kling nach meinem Sohn. In der Schule hat er die Sachen schon ausprobiert, was verlangt wurde und da auch deutlich mehr Ausdauer gezeigt.
Zu Hause: Katastrophe: Schuhe binden, hat er jetzt mit 9 endlich gelernt :D Davor haben wir noch den ersten Knoten hinbekommen, aber schon bei den Schlaufen war dann nur: Das kann ich nicht, das klappt nicht. Das muss ich eh nicht können, ich hab ja Klettverschlüsse. :D
Lernen für die Schule, ein Thema mal wiederholen? Ohje, Hausaufgaben waren auch teilweise eine Katastrophe.
In der 3.Klasse wurde es langsam besser, jetzt in der 4. Klasse hat er vorgestern ohne zu Murren für den Sachkundetest gelernt und 2 Übungsbögen für die Fahrradtheorie gemacht. Heute üben wir noch ein bisschen Mathe für morgen, da ist er aber eigentlich ziemlich fit.
Er hat gestern seine Hausaufgaben ganz alleine machen müssen, weil ich was erledigen musste und das hat auch super geklappt. Alles erledigt, sogar die Knobelaufgabe in Mathe und die ist freiwillig. Er hat etwas freiwillig zusätzlich gemacht. Ich war echt begeistert und hab ihm das auch zurückgemeldet, dass ich das auch toll finde.
Genau wie meiner Tochter, die gestern zu einer Freundin direkt nach der Schule ist und ihre Hausaufgaben dort auch supertoll und super schnell gemacht hat, nach Rückmeldung der Mama dort. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn das bei unserem Großen auch in der 1. Klasse schon so gut geklappt hätte.
Üben wird sie in der 2. Klasse auf jeden Fall müssen, da ist das 1x1 dran und das muss sitzen. Von daher wird es da wahrscheinlich dann Hausaufgaben geben im Sinne von auswendig lernen. Evt. ist es dann ja ok, wenn sie es von der Schule her machen muss. Jetzt ist es ja eher ein kann und sie hat wahrscheinlich auch einfach keine Lust.
Lest ihr zusammen? Wir lesen z.B. jeden Abend, aber das schon immer und ab Klasse 1 an, sollte er immer schauen ob er Wörter lesen kann und das haben wir dann gesteigert. Inzwischen liest er ein Kapitel dann ich eins.
So war es am Anfang nicht schlimm, wenn er ein Wort nicht lesen konnte, da sprang ich ein. So hatte er die Sicherheit, dass nichts Schlimmes passieren kann (was auch immer da passieren sollte)
Vielen Dank für den Erfahrungsbericht, das hilft mir weiter.
Wir lesen regelmäßig, und da fällt es auf, dass sie aufhören möchte, sobald sie in ihrem Empfinden zu viele Fehler macht.
Ich glaube auch, dass sie zum 1x1 relativ „freie“ Hausaufgaben kriegen wird (z.B. heute 10 Minuten das 1x3 üben) und ich bin gespannt, wie das dann klappt. Sie ist nämlich einerseits ehrgeizig und hat andererseits wie erwähnt keine gute Fehlertoleranz.
Aber das Reflektieren hier hilft schon mal und ich hoffe, dass wir dann das richtige Maß an motivieren / fordern und „Fünfe gerade sein lassen“ finden können.
Die Deutschlehrerin hat den Kindern ein Radiergummi geschenkt. Es klebte auf: Aus Fehlern lernen. Und vorher stand da drüber Helfer. Aus das Radiergummi ist der Helfer und daraus wurde dann Fehler gemacht. Das wurde vor Ort thematisiert und ich thematisiere es zu Hause auch gerne. Meine Tochter nimmt das jetzt viel besser an wenn sie was falsch macht. Sie sagt dann: daraus hab ich jetzt was gelernt. Also redet einfach viel mit ihr drüber. Jeder guter Leser war es am Anfang nicht. Man wird einfach besser indem man übt.
Leider wird in unserer Gesellschaft vermittelt, dass Fehler schlecht sind. Aber wir lernen unser Leben lang durch Fehler. Und das sind Helfer. Fehler sind also eigentlich toll und wichtig
Du hast Recht, wir sollten das Thema nochmal expliziter absprechen. Deine Tochter hat scheinbar eine sehr gesunde Einstellung zu dem Thema, richtig gut!
Danke für den Input!
> Fehler sind Helfer < hängt an der Wand unserer Grundschulklasse.
Alle Buchstaben des Wortes Fehler stecken in Helfer ;)
Ich sag es meinem Sohn immer und immer wieder.. er hat es (noch) nicht so mit der Rechtschreibung und ist da immer sehr frustriert wenn er einen Fehler macht. Sie müssen es einfach lernen, A auch mal unliebsame Sachen zu machen und B dass man durch Fleiß seine Fehler-Häufigkeit stark verringert. Ich lobe ihn vor allem, wenn er etwas erst falsch geschrieben hat und sich dann selbst korrigiert. Das ist großartig!
Ja, den Spruch habe ich ihr auch schon beigebracht.
Aber wir müssen das Thema glaube ich nochmal eindringlicher besprechen. Dafür hat mir dieser Thread schon viel nützliches Input geliefert, auch dir lieben Dank dafür!