Hat jemand ein Kind mit einer AWVS? (Keine Zusatzdiagnose)

Hallo,

hat jemand ein Kind mit einer auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung, das sonst kognitiv fit ist und sonst weiter keine Zusatzdiagnosen hat?
Würdet ihr mit mal von euren Auffälligkeiten und dem Verlauf erzählen?

Ich komme einigermaßen überrascht vom HNO (gleichzeitig Pädaudiologe).
Den Termin hatten wir, weil ich das Gefühl habe, meine Tochter hört schlecht. Aufgefallen ist mir das einfach im Alltag.

Organisch ist alles in Ordnung, aber der Test, der die Verarbeitung testet war sehr auffällig.

Nun, meine Tochter ist in der 2. Klasse, fällt schulisch nur positiv auf, liest z.B. sehr gut und ist sehr aufmerksam.
Mit dem HNO haben wir beschlossen, erstmal nichts zu machen, bei Auffälligkeiten aber wieder zu kommen.

Was KÖNNTE denn noch auf uns zu kommen und was kann man bei einer AWVS überhaupt machen?

vg

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Hallo,

das es eine Wahrnehmungsstörung ist, gibt es nicht die Therapie oder den Ansatz. Zeigen sich Auffälligkeiten wird die Therapie individuell zu geschnitten.

Auffälligkeiten:

- Lautstärke zu viel

- Rückkopplung der eigenen Lautstärke

- Partyeffekt, Filterung Nutz-Störschall

- Hörmerkspanne

- Rechtschreibeprobleme z. B. kurzer vs. langer Vokal

- Erkennung von Satzzeichen/Prosodie

Viele Grüße

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Meine Tochter hat so eine Hör- Wahrnehmungsschwäche auch, auf die wir aber erst Ende 1. Klasse von der Klassenlehrerin (mit deren Vermutung ADS) aufmerksam gemacht wurden. 1. Termin für die Diagnosetests beim Kinderpsychiater (war damals der Ansprechpartner) war leider erst Anfang 2. Schuljahr.
Sie braucht nen Bruchteil einer Sekunde, um Gehörtes zu verarbeiten; war bei einem Diktat so, dass die Lehrerin schon bei Satz 5 oder 6 war, aber meine Tochter erst Satz 3 /4 schrieb. Außerdem war die Rechtschreibung ziemlich schlecht; schrieb z.B. beim Diktat stets ein "e" statt diktiertem "i". Ansonsten, wenn sie es gesehen hat, klappte es.

Diagnose nach 3 intensiven Tests durch eine Kinderpsychologin war damals halt diese Hör- Wahrnehmungsschwäche. Wegen der bekam meine Tochter erst mal 20 Stunden Ergotherapie verschrieben, das Folgerezept habe ich schwer erkämpft. Meine Tochter hat dort u.a. auch Strategien gelernt, wie sie dann handeln, sich organisieren soll.
Ganz "wegtherapieren" kann man das nie ganz, meinte die Ergotherapeutin vor 15 Jahren. Das merkt meine inzwischen erwachsene Tochter immer noch, aber nicht mehr so stark wie in der Grundschulzeit, weil sich die Strategien immer mehr verfestigt haben, quasi automatisiert wurden. Im Alltag merkt man das überhaupt nicht.

Was man bei deiner Tochter aber nicht aus den Augen verlieren sollte, da könnte z.B. auch ( leichte?) Leserechtschreibschwäche hinterstecken?! Wegen g, k und d nicht richtig raushören.

Bearbeitet von emma36
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Vielen Dank! Sehr interessant 😊

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Hallo,
AVWS war die erste Diagnose meines ältesten Sohnes … nicht jedoch die letzte. Sehr viel später erhielt er die Diagnose Frühkindlicher Autismus (HFA).
AVWS führt keineswegs selten zu Komorbiditäten.

Je nachdem was genau bei deiner Tochter eigentlich alles nicht klappt, sind komorbide Erkrankungen eben wahrscheinlich oder eher nicht. Übliche „Verdächtige“ sind hier eben alles in Richtung Lautsprache (wer nicht richtig versteht, kann nicht korrekt sprechen). Das wurde schon erklärt. Eltern bekommen das oft gar nicht so mit, denn das Kind kann ja sprechen … und vermeintlich auch korrekt. Es sind eher sehr kleine Fehler. Was in Kindergarten und zu Beginn der Grundschule noch niedlich und gut ist, wird zunehmend zu einem Problem. Die anderen Kinder hören den Unterschied und die Fehler … das Kind mit AVWS nicht. Es kann zu Mobbing kommen und den daraus resultierenden seelischen Problemen. Dem Kind wird bewusst, dass es anders ist.
Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit LRS zu bekommen, um einiges höher.
Alles KANN, nichts MUSS.

Bei meinem Sohn war in der 2. Klasse die Welt noch in Ordnung. Ein kognitiv fittes Kind kann diese Schwächen alle ganz geschickt in den ersten Jahren umrudern. In Klasse 3 gab es den „Blauen Brief“. Er bestand alle Hauptfächer nicht und rückte nur vor mit dem Hinweis, dass auf Förderbedarf Lernen geprüft werden soll. Das wiederum wurde nie getan, da es eine IQ-Testung gab, die ihm einen IQ über 100 bescheinigte. Aber es gab einen LRS-Test mit dem Ergebnis, dass er ein ganz massives LRS hätte. Er erhielt einen Notenschutz und zahlreiche Nachteilsausgleiche, außerdem wurde in Klasse 4 die Deutschnote vollständig ausgesetzt. Danach ging es immer weiter aufwärts. Heute ist er Klasse 12 und gehört zu den Besten seines Jahrgangs. Sprachen hasst er - aber mathematisch-wissenschaftliche Fächer liegen ihm.

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Also mein Sohn hat avws mit ads. Die avws wurde beim speziellen Ohrenarzt diagnostiziert. Die Testung wurde zusammen mit der Logopädie gemacht und dauerte fast 2h. Also eine Zufallsdiagnose kann ich mir kaum vorstellen, zumal die Testung nur von wenigen speziellen Ärzten gemacht wird.
Er kann bestimmte Laute nicht raushören… b und p zum Beispiel. Und wenn mehrere Menschen reden, kann er nicht filtern. Er reagiert dann nicht einmal auf seinen Namen, da er den Stimmbrei nicht sortieren kann. Für ihn ist es dann einfach nur laut.
Beim stillen arbeiten oder in klassenarbeiten benutzt er Kopfhörer.
Die ads wirkt sich auf die konzentraition aus. Die avws auf das hören. Alles zusammen ergab dann lrs. Kognitiv ist er äußerst fit.
Er ist in der Logopädie um die Leute selbst mit dem Mund unterscheiden zu lernen. Und es auch notfalls an den Lippen des Gegenübers abzulesen, wenn der Geräuschpegel zu hoch ist.

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Ja hier. Aufgefallen war schon in der 1. Klasse, dass irgendwas nicht stimmt. Die Diagnose kam dann aber erst in der 4., weil wir in falschen Richtungen gesucht haben. Meine Tochter ist dann in der weiterführenden Schule (Gymnasium mit 32 Kindern in der Klasse) komplett eingebrochen, weil sie immer mehr Probleme mit Störschall bekommen hat. Es gibt ganz gute FB-Gruppen zu dem Thema.

Meine Tochter ist jetzt 15 und geht seit drei Jahren auf eine Schule für hörgeschädigte Kinder mit Internat. Dort sind sehr viele Kinder mit "nur" AVWS. Ich würde auf jeden Fall den mobilen sonderpädagogischen Dienst Hören mit einklinken, die sind super geschult und können auch die Lehrer schulen.

Du kannst mir bei Fragen gern privat schreiben, das würde jetzt hier glaube ich den Rahmen sprengen :-)

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Danke. Ich werde deinen Beitrag im Hinterkopf behalten und mich ggf melden 😊
Wir werden sehen, was passiert. Im Moment merke es ja nur ich als Mama und schulisch klappt (noch?) alles.