1. Klasse, plötzlich sprachlicher Rückschritt

Hallo 🙂

Seit einiger Zeit fällt mir auf, dass mein fast siebenjähriger Sohn sprachlich plötzlich Fehler macht, insbesondere grammatikalisch. Zum Beispiel: .." ich habe heute dran gedenkt".. " ich habe xy gebringt". Da das schon lange überhaupt kein Thema mehr ist und mein Kind schon früh gut und korrekt gesprochen hat, verunsichert mich das.
Er hat zwei dicke Paukenergüsse, zumindest war das im Sommer noch die Diagnose, denkt ihr, dass das damit zusammenhängen könnte? Oder gibt es vielleicht noch andere Gründe?

Den Termin/Vorgespräch für eine eventuelle OP der Paukenröhrchen haben wir nächste Woche ( mussten ewig lange warten ).

Vielleicht hat ja jemand Erfahrungen ☺️

LG

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Vielleicht imitiert er ein anderes Kind, das er cool findet, und welches vielleicht (noch) nicht so firm in der deutschen Sprache ist.

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genau das dachte ich auch. Das beobachte ich auch bei meiner Tochter (allerdings ist sie etwas älter).
Dieser blöde neuartige verstümmelte Jugend-Slang, den nicht nur Einwanderer benutzen, ist derzeit immer mehr verbreitet, auch im Kindergarten oder Grundschule. - Manche finden das echt cool.

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Meine Mutter hat mit mir auch Deutsch gesprochen, obschon sie Niveau A1 hatte. Ich konnte im Kindergartenalter und zu Schulanfang zwischen normalem Deutsch und gebrochenem Deutsch wechseln. Ich würde davon ausgehen, dass das auch bei heutigen Kindern einfach eines von verschiedenen Sprachregistern ist, das sie je nach Sprechsituation verwenden (also z.B. unter Freunden oder Gleichaltrigen). Wir Erwachsenen wechseln ja auch je nach Sprechsituation unsere Ausdrucksweise.

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Meine Erfahrung ist, dass die Kinder in dem Alter auf einmal verstehen, dass es grammatikalische Regeln gibt und dann sprachlich experimentieren mit den verschiedenen Formen.
Unser Sohn hat damals auffällig die Mehrzahl falsch gebildet,obwohl er es vorher gut konnte. Also zb "Baums statt Bäume" ich hab es dann immer richtig gespiegelt, also zb " ach du meinst die Bäume dahinten?" Und irgendwann hörte das auf.
Unsere Tochter (fast 6) hat derzeit mit der Bildung der Vergangenheitsform Schwierigkeiten, sie sagt zb " Ich habe das geesst." Und da wiederhole ich auch richtig " du hast also gegessen?", es wird besser😅
Die Kinderärztin war der Meinung, dass es ein gutes Zeichen ist, wenn Kinder sich sprachlich ausprobieren.🙂

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Interessanter Ansatz, vielleicht trifft das auch auf meinen Sohn zu. Ich mache es genauso wie du, dass ich die korrekte Form dann nochmal in einem Satz wiederhole ☺️

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Das würde ich bei dreijährigen Kindern machen. Bei Schulkindern darf man nach meinem Dafürhalten auch mal ausdrücklich hinweisen, insbesondere dann, wenn das Kind es eigentlich weiß. Meine Tochter kam gelegentlich damit an, dass irgendetwas irgendwo "hang". Da brauchte es von mir nur ein "wie bitte?" und sie korrigierte zu "hing".

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Moin,

deine Beispiele sind Fehler im Partizip Perfekt. "Denken" und "bringen" haben unregelmäßige Formen, die Konstruktionen deines Sohnes wären bei regelmäßigen Verben korrekt. War die Bildung des Partizips Perfekt schon Thema? Dann könnte er da einfach mit theoretischem Wissen und Sprachpraxis in Tüdel geraten sein.

LG, Kate

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Hallo, nein soweit sind sie noch nicht. Aktuell lernen sie die Buchstaben und die ersten Worte werden geschrieben 😊
Wie gesagt, mein Sohn hat diese Formen schon längst korrekt angewandt, daher bin ich so irritiert 🙈

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Vielleicht hat er sich das unbewusst abgelauscht. Eine Freundin von mir, aufgewachsen in Berlin, lebt im Ruhrgebiet, und sie sagt zb auch oft: "wir fahren dann mit Auto" statt "mit DEM Auto". Habe mich selbst auch schon paarmal dabei erwischt, ganz automatisch, ohne dass ich es bewusst imitiert habe.

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Ich würde die Klassenlehrerin drauf ansprechen.

Meine Tochter kam ab der der 3.Klasse neu in eine Schule und fing plötzlich an, die Dativ-Endung zu ignorieren.
("Das haben wir bei HERR Meyer gelernt")

Wir haben es ihr richtig vorgesprochen, sie auf den Fehler hingewiesen, geübt... chancenlos, es war nicht rauszukriegen. (Ist ja auch etwas unauffälliger als bei euch).

Am Ende der Grundschulzeit dichteten ein paar Eltern ein Dank-Gedicht: "Wir danken HERR Meyer..."
Ab dem Zeitpunkt war mir alles klar 😉 (übrigens deutschsprachige Eltern ohne Einwanderungsgeschichte).

Gerade bestimmte Formulierungen ("komm, wir fragen Herr Meyer") werden in der Schule ja viel häufiger benutzt als Zuhause. Dagegen hatten wir keine Chance.

Jetzt in der weiterführenden Schule wird es bei meiner Tochter langsam besser. Sie merkt es rechtzeitig und verbessert sich selbst.

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Hey Pusteblume,

Es handelt sich ja um grammatikalische Fehler, nicht um phonetische, deswegen denke ich nicht, dass die Paukenergüsse damit in Verbindung stehen.

Ich habe Linguistik studiert und dabei war auch Sprachentwicklung bei Kindern ein Thema, allerdings nur am Rande.
Wie hier schon mehrfach geschrieben wurde, bildet dein Sohn bei unregelmäßigen Verben eine regelmäßige Partizipform und er probiert Sprache aus. Genau so würde ich das auch sehen! Und das ist überhaupt nicht unüblich!

Ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht falsche Formen von anderen Kindern übernimmt, sondern einfach mit der Sprache spielt und ihr macht alles richtig, wenn ihr falsch gebildete Partizipien richtig wiederholt.

Da musst du dir sicherlich keine Gedanken machen 😊

Alles Liebe ❤️

Fun facts: Deutsch ist eine der germanischen Sprachen, die Vokalveränderung zur Bedeutungsunterscheidung recht erfolgreich konserviert hat 🤗 Wenn du dir den deutschen Plural von Substantiven anschaust: Ein Raum, zwei Räume, eine Wand, zwei Wände usw (auf Englisch mit -s als Pluralkennzeichen rooms and walls, beide germanische Wörter). Und ursprünglich war das eben auch bei den Verbformen so, bringen z.B , wir haben noch den Umlaut i --> a (vormals noch u) aber es ergibt sich eine Mischform aus bringen/brung/braht hin zu bringen/brachte/gebracht, mit ge-, um es grammatikalisch einzugliedern.
Wenn du dir das Wort "denken" anschaust, ich bin keine deutsche Muttersprachlerin, aber selbst ich kenne "mir dünkt", so antiquiert es auch sein mag 😊
Vielleicht wird es auch einfach in Zukunft so sein, dass man gebringt und gedenkt hat 🤷🏼‍♀️ Sprache ist Veränderung.
Meine ich nicht auf dich und deinen Sohn bezogen, sondern so als Orakel für die ferne Zukunft 😊