Hallo zusammen,
mein Sohn (13) hat als kleines Kind recht viel geredet, mit den Jahren wurde es weniger. Ganz oft fühlt es sich so an, als würde ich einen Holzklotz beleben wollen, wenn ich ihn umarme, liebevoll begleite (z.B. früh noch bei ihm zum Frühstück dabei sitze) und immer versuche, möglichst zugewandt zu agieren. Will er also etwas von mir, bin ich immer ansprechbar, empathisch und hilfsbereit.
Tue ich nichts, würde es von außen so wirken, als würden wir uns kaum kennen (und das in unserer Wohnung). Begrüße ich ihn nicht, geht er in sein Zimmer ohne ein Hallo. In unserer Familienunde spricht er auch nie, obwohl da oft Gelegenheit ist. Stattdessen schlingt er das Essen in 3 Minuten runter und verschwindet. Ich bestehe auch nicht mehr darauf, dass er bleibt. Dann starrt er irgendwohin, den Teller schon wie auf dem Sprung in der Hand.
Er hat leider einige Schulprobleme und meine Nachfragen (z.B. wegen Noten, die ich online einsehen kann) quittiert er mit Schulterzucken. Er lernt nie, überall Chaos und keine Einsicht in irgendwas. Bis jetzt ist er nur deshalb nicht sitzen geblieben, weil wir uns aktiv informieren, welche Tests usw. anstehen und dann mit ihm lernen. Dann wird es eine 4, weil er innerlich verweigert und sich einfach nur beschulen lässt. Tun wir nichts, hat er halt nur noch 5en oder schlimmer. Alles schon probiert, es juckt ihn nicht. Ich weiß, das müsste man wahrscheinlich mal durchziehen. Aber die verlängerte Schulkarriere (irgendwann würde er dann ohne Abschluss abgehen) möchte ich weder bezahlen noch dafür verantwortlich sein.
Ich weiß, die Pubertät. Aber es fühlt sich echt schlimm an. Wir geben ihm soviel Luebe und Geborgenheit. Er wurde noch nie angeschrieen oder herabgewürdigt. Konsequenzen sind nur Medienverbot und zu Hause bleiben, bis die Hausaufgaben erledigt sind. Man kann dafür keine Dankbarkeit erwarten, ist mir auch klar. Aber in 20 Jahren schreibt er dann hier entweder, dass wir ihm ständig mit der Schule Stress gemacht haben und er uns hasst oder eben, dass wir ihn fallen lassen haben und er uns hasst, weil er deswegen keinen Schulabschluss hat.
Ich bin echt verzweifelt.
Sehr zurückhaltendes Kind
Hi, 13 ist schwierig, und dieses Klotzige kenne ich von unserer 13jährigen auch - Eltern sind in dieser Zeit hauptsächlich lästig und peinlich, die Freunde sind oft die wichtigsten Menschen im Leben dieser Altersgruppe.
Allerdings solltest du auch noch mal schauen, ob diese Antriebslosigkeit (danke Corona) nicht auch ihre Wurzeln in einer leichten Depression haben könnte, es geht vielen Jugendlichen momentan nicht so gut.
Ist er sonst sozial gut eingebunden? Hat Freunde, geht raus, macht Sport oder hat andere Hobbies? Oder hängt er nur zuhause im Bett am Handy oder an der Konsole?
Unser Sohn ist erst knapp 8 aber auf Nachfrage zur Schule auch sehr einsilbig.
Unser Ergo Therapeutin hat mal gesagt das schlimmste, wenn Kinder Probleme in der Schule haben ist dieses Ausfragen durch die Eltern. Weil es eben ein Erwartungshaltung implementiert, die die Kinder (und ja das wissen sie schon selber) ja eben nicht erfüllen können. Es kommt Vorwürfen gleich und das erzeugt unnötig Druck.
Ich ertappe mich aber auch immer wieder bei der Frage ....
Dazu kommt dann natürlich die Pupertät, und da geht's im Kopf und Körper zusätzlich natürlich auch völlig durcheinander. Vielleicht kann eine unabhängige Person eher herausbekommen, wo etwas im Argen liegt .... Eben niemand der jeden Morgen am Frühstückstisch sitzt. Hat er Hobbies? Gibt's eine Sporttrainer oder irgendwelche ändern Bezugspersonen mit denen man mal in den Austausch gehen kann?
Das ist ein normales Verhalten in der Pubertät.
Mein Großer war und ist auch so ;) bis heute ist er nicht gesprächig und man muss ihm gefühlt alles aus der Nase ziehen. Ich hab ihn dann gelassen - er kam von alleine, wenn was war.
Worauf ich allerdings bestanden habe und auch du bestehen solltest, sind die grundlegendsten Formen der Höflichkeit. Dein Sohn bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn er grüßt, so wie er den Raum betritt oder nach Hause kommt oder bescheid sagt, wenn er vom Tisch aufsteht. Ein kurzes, "ich bin fertig, ich geh nach oben" bringt ihn nicht um.
Da habe ich bei meinem Großen auch immer wert drauf gelegt.
Bzgl. Schule - wenn er arge Probleme habt, dann vielleicht mal zur Nachhilfe anmelden? Nachhilfe in Mathe hat bei uns echt Wunder gewirkt und er hat sich um 2 Noten verbessert.
Darf man bei euch auch mal aggressiv sein? Darf es Reibung geben, leidenschaftlichen Konflikt, heftige Emotion?
Ich frage das, weil ich persönlich bei deiner Beschreibung so eine dumpfe, fast eingelullte Familienatmosphäre assoziiere. Du bist in 13 Jahren bei all diesen Problemen nie laut geworden? Du hast aufgegeben, er grüßt nicht, spricht nicht, und du bist immer nur liebevoll, zugewandt, empathisch und offen?
Ganz ehrlich, ich kriech die Krise, wenn ich das lese. Nicht bös gemeint. Vor lauter harmonischen Einheitsbrei würde ich da auch apathisch werden. Wieso haust du nicht auf den Tisch? Wieso forderst du nicht grundlegende soziale und kommunikative Verhaltensweisen ein von ihm? Ist dir seine Herzensbildung egal - sicher nicht, oder? Wieso habe ich den Eindruck, das Aggression, Temperament und Auseinandersetzung bei euch verdrängt werden? Was dann eben zu depressiver Haltung führt, weil Aggression im Ursprung Kraft und Lebensantrieb ist, der >>>depressed, unterdrückt wird.
Zum Schulischen: Kann er nicht nach der Pflichtschulzeit eine Ausbildung machen? Vielleicht liegt ihm das eher?
Eigentlich machst du viel richtig. Du bleibst an ihm dran und im Gespräch.
Er hat die negativen Konsequenzen aber nie spüren gelernt weil ihr viel abfangt.
Eventuell der erste Fehler..
Schlechte Noten.. Lehrer Anschiss.. Sein Problem.
Eventuell hilft hier ein Praktikum in der harten Arbeitswelt..
Als mein Sohn drei Tage Rad Aufhänger montieren musste war ihm klar.. Schule ist besser.
Oder er findet einen Lehr Beruf der ihm Freude macht, er hat noch ein wenig Zeit aber mal in die Berufe zu schnuppern halte ich für notwendig.
Er scheint sich zurück gezogen zu haben. Jemand hat hier schon geschrieben, dass das "ausfragen" eher nicht zum Ziel führt. Obwohl ich den Begriff ausfragen nicht mag, ihr macht euch Sorgen und möchtet ihm helfen.
Habt ihr Euch schon mal Hilfe geholt? Von anderen Eltern, im Rahmen eines Coachings oder Ärzte? Evtl findet ihr jemand der euch im Umgang mit ihm helfen kann.
Meine Tochter hat auch immer wieder Phasen in denen sie nicht sprechen möchte. Unsere Strategie ist inzwischen, dass wir nicht mehr fragen "was ist los, wie war es ..." sondern eher sagen, "du kannst gern mit uns sprechen, oder auch nur mit einem von, niemand erfährt etwas wenn du es nicht willst, aber wenn du nicht reden magst, ist es auch ok." Versucht ihm klar zu machen, dass eure Tür offen steht aber er nicht reden muss.
Was mir da noch einfällt. Hat er Freunde oder ist er oft allein? Was sagen denn die Lehrer? Evtl mal mit der Schule sprechen ohne dass er dabei ist.
Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Kraft.
Realisierst du, das du zwar über deinen Sohn schreibst, es aber eigentlich nur um diene Emfpindungen und Gefühle geht? Du schreibst ja auch überhaupt nichts weiter über deinen Sohn. Freunde? Hobbies?
Und wie stell ich mir ein Zusammenleben in einem Haus vor, wo die Eltern offensichtlich nicht authentisch reagieren? Denn jetzt mal ehrlich, man hat selber mal nen schlechten Tag, das Kind baut Mist...man ist sauer, enttäuscht.... sie treiben uns manchmal in den Wahnsinn. Man kann niemals 13 Jahre in Dauerschleife " immer ansprechbar, empathisch und hilfsbereit." sein. Euer Familienleben klingt für mich komplett unrealistisch und sehr anstrengend, wenn man nur "nett" ist. Wo ist da der Raum für die Reibung?
Schulisch wird er komplett gegängelt....stille Rebellion fällt mir da spontan ein. Und nein, ihr habt es noch nicht laufen lassen, ansonsten wäre er schon sitzengeblieben, wenn deine Theorie stimmen würde.
So und dann machst du den Sprung in die Zukunft, was soll bloß werden? Du traust ihm gar nichts zu. Und du hast Angst davor, später nicht gut bei der Geschichte wegzukommen.
Dein Sohn ist 13, welche liebevolle Begleitung bräuchte er denn deiner Meinung morgens beim Frühstück? Reichst du ihm das Messer, weil er seine Augen noch nicht aufbekommt?
Warum umarmst du ihn, wenn seine Körpersprache doch eindeutig diesbezüglich ist?
Du klingst so extrem überpräsent, dein Sohn reagiert auf seine Art darauf.
Deine Überschrift lautet "sehr zurückhaltendes Kind".
Deine Beschreibung zeigt eher einen sehr einsamen Jugendlichen.
Du beschreibst nur die Situation zu Hause.
Was fehlt: Ist das sein gesamter Tagesablauf? Aufstehen, frühstücken, Schule, heimkommen, essen, Zimmer, Hausaufgaben auf Nachfrage, Abenessen, Zimmer?
Was macht er in seinem Zimmer?
Das wäre meine erste - neugierige - Frage. Sitzt er da nur dumpf herum, hört er Musik, zockt er, telefoniert er mit Freunden, liest er, hat er irgendein anderes Hobby?
Ich würde auch mal zum Arzt gehen, nur sicherheitshalber.
Dann mal mit den Lehrern Kontakt aufnehmen: Wie verhält er sich in der Schule? Hat er Freunde? Was macht ihm Spaß? Wie ist er im Unterricht?
Also, sehr überspitzt gesagt beschreibst du einen Gefängnistagesablauf: Aufstehen,Arbeit, Essen, Zelle. Fühlt es sich für ihn so an?
Wo sind die Freunde, die Interessen? Und wenn es fernsehen, surfen, zocken ist? Gibt es da etwas?
Meinen Bruder haben wir bzw. meine Eltern irgendwann in Ruhe gelassen. Der hatte Downsyndrom und Fernsehen war seine ganze Welt (abgesehen vom Essen), Sozialkontakte bestanden lange aus verschiedenen, oft logistischen Gründen, nicht (Mitschüler lebten im Kreis weit verstreut, oft gut eine Autostunde entfernt, da große Distanzen zwischen den Orten).
Sein Tagesablauf war lange: Aufstehen, anziehen, etwas trinken, Tasche nehmen, Schulbus (kam um 6:30 Uhr). Schule/ Arbeit. Rückfahrt. Umziehen, duschen. Und dann war er entweder zu Hause in seinem Zimmer und spielte (alleine, laut, mit offener Tür) und sah parallel fern oder später war er dann mit meiner Mutter unterwegs. Gespräche gab es aufgrund der Behinderung erst mal wenige, weil er selbst nicht in der Lage war, vom Tag zu erzählen.
Und lange Zeit liefen die Essen so ab, dass meine Eltern ihn "zwangen", eine Weile mit am Tisch zu sitzen (das wusste er und tat es auch) und dann durfte er aufstehen, seinen Teller nehmen, in sein Zimmer gehen und vor dem Fernseher weiteressen. Das war ihm wichtig. Gespräche bei Tisch waren lange mit ihm gar nicht möglich. Später konnte er viel mit uns reden, aber selten erzählen. Reden war immer ein Gespräch, meist über konkrete Inhalte (also nicht Gedanken, Ideen, Sorgen etc.).
Der Punkt ist: Meine Eltern haben es akzeptiert, dass für ihn der Fernseher das Fenster zur Welt war, die Verarbeitung des Tages, die "Bildung" (er lernte viel Sprache über den TV, wiederholte alles) und ließen ihn einfach in seinem Zimmer vor dem Fernseher essen. Meine Oma, die lange allein gelebt hatte und die Familienkonstellation nicht ganz durchschaute, sagte mal "das adoptierte Kind muss immer in seinem Zimmer essen". Für sie war das die Höchststrafe - er brauchte es dagegen.
Daher wäre mein Tipp, deinen Sohn auf seinem Zimmer essen zu lassen, wenn er das möchte, zumindest eine Weile, einen Monat oder länger und dann mal zu schauen, ob er dadurch zugänglicher wird.
Und wenn, dann würde ich offene Fragen stellen, bspw. nach seinen Interessen, aber keine zu"privaten". Was interessiert ihn, was mag er für Musik und warum, hat er Freunde, was macht er mit denen. Aber nicht ausfragen! Mehr so Smalltalk. Kurze Gespräche. Lasse ihn zu dir kommen, nicht umgekehrt.
Wenn er keine Freunde und keine Hobbys hat, würde mir das große Sorgen mache und ich würde das in der Schule ansprechen und ggf. ihn vorsichtig fragen, wie er mit Gleichaltrigen klarkommt, wie er sich in der Schule (und zu Hause) fühlt.
Was erzählst du von dir?
Wenn da nichts kommt, hat er eventuell auch keinen Grund, von sich zu erzählen, weil das zu einseitig wäre und sich nach Ausfragen anfühlt.
Gibt es andere verwandte, mit denen er vielleicht lieber reden würde, die ihn mal anschreiben oder anrufen könnten, ohne ihn auszufragen?