Hallo zusammen!
Bevor jetzt jemand stöhnt "nicht noch so eine unnötige Diskussion" - mir ist keine bessere Überschrift eingefallen. Es geht nicht um die Homosexualität ansich, die Homoehe oder Küsse zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in der Öffentlichkeit. Nein, da muss hoffentlich bald gar nicht mehr drüber gesprochen werden.
Mich interessiert eure Meinung zu den Überlegungen, dass Homosexualität beispielsweise in der Werbung mehr gezeigt wird. Bei Waschmittel und Schokolade ist es doch meist noch die Bilderbuchfamilie aus Vater, Mutter, Sohn und Tochter, die gezeigt wird. Oder in Schulbüchern : Textaufgaben in Mathe beispielsweise. Wenn die Geschwindigkeit des Zugs berechnet wird, besucht meist Herr Müller seine Frau und nicht Herr Schmitz seinen Mann. Ich habe einen Artikel gelesen, in dem das kritisiert wird. Wie seht ihr das?
Ich hab dann noch überlegt, was mit allen anderen "Minderheiten" ist...gibt es in solchen Medien, wie Werbung und Schulbüchern, zu oft "Julia" und "Lukas", oder sind da auch "Achmed" und "Tha-Ling" ausreichend vorhanden? Was ist mit Krankheiten, Behinderungen? Transgender, Asexualität, Polyamorie? Und meint ihr, die Menschen werden toleranter, wenn all das öfter zu sehen/zu lesen ist oder ändert das in den Köpfen nichts? Brauchen wir die klaren Strukturen der Bilderbuchfamilie und alles andere lenkt vom eigentlichen Thema ab? Oder ist genau das der Schritt zur absoluten Toleranz?
Ich bin gespannt auf eure Antworten. Falls jemand meine Meinung vermisst : ich hab irgendwie noch keine.
Liebe Grüße, Truly
Homosexualität im "Alltag"
Ich faende es begruessenswert wenn in der Werbung und in Schulbuechern nicht immer nur die 4koepfige Familie, die natuerlich weiss ist, und natuerlich einen Ernaehrerpapa und eine Hausfrauenmama, einen Sohn und eine Tochter hat vorkaeme.
Als ich meiner Tochter eine deutsche Fibel (sie waechst zweisprachig in England auf) gekauft habe, habe ich mich zum Beispiel gefreut zu sehen dass die Kinder in der Fibel nicht nur deutschstaemmige sondern halt auch tuerkische Namen haben.
Normalisieren erhoeht die Toleranz.
Ja ich denke schon das sich was ändern würde.Es würde dem ganzen einen Anstrich von mehr Normalität geben. Genau so wiedas Produkt in der Werbung haften bleibt bleiben auch die Umstände. Das ist natürlich nicht so bewusst aber trotzdem funktioniert es. Es fällt doch den Leuten auch auf wenn mal was zu sehen ist was nicht den Erwartungen entspricht.
Allerdings würde es auch einen Aufschrei des Pöbels geben wenn aufeinmal Farbige zu sehen wären oder Homosexuelle usw Wahrscheinlich würde es nicht lange dauern bis es Boykottaufrufe gäbe und bevor sich Firmen das antun gibt es halt nur Bilderbuch.
Der alltägliche Umgang würde sicher einiges erleichtern! Im KiGa meiner Tochter sind viele Nationalitäten vertreten und auch in ihrer Krippe war es so, so dass sie da total unbefangen ist. In unserer Generation geht es aber schon los: die Mütter dazu bekommen teilweise aber kaum den Mund auf zum Grüßen und ich finde es wahnsinnig schwierig, mit ihnen überhaupt erst mal in Kontakt zu kommen. Beim Kinder-Sport ist es das gleiche. Aus meiner Sicht ist das daher ein beidseitiges Thema. Ich arbeite recht international und habe selber nicht-deutsche Wurzeln, so dass ich aufgeschlossen bin, aber es ist nicht leicht.
Beim Thema Sexualität bin ich gespalten, ob das präsenter sein sollte. Sicher muss es nicht immer die heile Familie sein - es wäre aber absolut wünschenswert, dass es total egal ist, wer wie lebt. Wir hatten in der Krippe meiner Großen eine sog. Regenbogenfamilie (2 Mamas und 2 Kids) und es war nie ein Thema. So sollte es m.E. sein.
ABER: man sollte sich in diesem Bereich m.E. einfach mal fragen, wie man wohl selber reagieren würde, wenn das eigene Kind mit einem gleichgeschlechtlichen Partner daher käme?! Oder transsexuell wäre?! Oder mit einem nicht-deutschen Partner daher käme?! Sonst ist alles andere nur bla, bla, bla...
Hallo,
Werbung ist mir persönlich völlig Banana.
Da kann meinetwegen auch der Hund von Obama auftreten.
Und ich glaube nicht, dass sich in den Köpfen der Menschen irgendetwas ändert.
GLG
Moin!
Ich finde nicht, dass Toleranz daran zu erkennen ist, dass zwanghaft, quasi in einer Quotenregelung, in allen Lebensbereichen genauso viel Homosexualität vorkommt wie Heterosexualität.
"Normal" wird das Ganze eher dadurch, dass man sich gerade darüber keine Gedanken macht.
Wenn ich eine lustige Werbung für zalando machen sollte, würde ich vielleicht mal ne Drag-Queen beliefern lassen und dann den Lebenspartner einblenden, der gerade in langweiligster Alltagskleidung Zeitung liest und die spitzen Schreie des Belieferten lakonisch und "normal" kommentiert
Spielt natürlich gerade mit dem Klischee der "Tucke", aber unter uns, diese normalen Spots von zalando tun das ja auch, insofern wäre das dann doch auch eine Form von Gleichberechtigung.
Und wenn im Mathebuch Frau Müller Äpfel kaufen geht, im Namen des Dreisatzes, oder drei natürlich männliche Maurer eine Mauer bauen, dann find ich das nicht wirklich bemerkenswert.
Vielleicht sollte man eher mal den homosexuellen Sternekoch auf den Markt schicken, oder Günther, die transidente F2M, eine Mauer bauen lassen, aber da würde man dann ja wieder das Klischee eher untermauern, denn knacken.
Gerade in Mathebüchern bei Textaufgaben geht es ja darum, Beispiele zu nehmen, die den Schülern aus dem eigenen Leben geläufig sind und nicht darum, bestimmte Formen der sexuellen Identität zu betonen.
Interessant ist dann ja eigentlich eher, warum denn noch immer die Familie als Familie da so oft vorkommt und eher selten (vielleicht täusche ich mich hier auch, habe länger keine Schulbücher mehr in der Hand gehalten) bspw. die Prozentrechnung anhand von Unterhaltszahlungen des geschiedenen Mannes an die jetzt alleinerziehende Frau oder der Berechnung von Grundsicherungssätzen gemäß SGB II thematisiert wird
Ich finde, die Behandlung von "Minderheiten" ist ganz gut in anderen Fächern als Mathe aufgenommen, Deutsch (gibt ja einiges an guter Literatur), Sozialkunde, Pädagogik, Geschichte (Ja, auch die Abschaffung des "Schwulenparagraphen" gehört zur Geschichte, die endet nicht 1945 -- (oder zu meiner Zeit für manche Lehrer noch 1933)), Politik der Philosophie.
Sogar in Latein oder Griechisch käme man ja um die Homosexualität bei den alten Griechen und Römern eigentlich gar nicht umhin.
Ganz super finde ich den Umgang mit "diesem heiklen Thema" unter Künstlern. An der Oper gibt es so einige homosexuelle Partnerschaften von denen auch jeder weiß. Das ist absolut kein Thema und der Umgang damit ist total locker.
Liegt natürlich auch daran, dass man dort mit Rollen ohnehin gut umgehen kann, aber selbst wenn der homosexuelle Tenor den heldenhaften Don Ottavio gibt oder den ungestümen Rodolfo bei Verdi, dann ist das irgendwie so gar kein Thema.
Der langen Rede kurzer Sinn, meiner Meinung nach ist der einzig vernünftige Umgang mit Minderheiten der, sie nicht als solche in den Vordergrund zu rücken, sondern sie ganz einfach zu akzeptieren.
Nur dadurch kehrt die Normalität ein, die sich die meisten Angehörigen einer Minderheit wünschen und nur dadurch werden die Klischees über kurz oder lang abgebaut werden.
Ich würde jetzt nicht zwangsweise etwas an Werbung, Schulbüchern oder ähnlichem ändern. Wozu denn auch? Kinder lernen doch am ehesten von den Eltern, von ihrer Umgebung. Ich hätte als Kind noch große Augen gemacht, hätte ich gesehen, wie zwei Männer sich küssen. Meine Kinder merken das gar nicht mehr, weil es öfter vorkommt. Ist nichts Besonderes.
Genau so, wie Kinder anderer Kulturen keine Exoten mehr sind. Unsere Kinder wachsen ganz anders auf als wir. Deswegen werden Schulbuchautoren und Werbeleute in zehn, zwanzig Jahren, ganz automatisch homosexuelle Paaren und nichtdeutschen Kindern in Büchern und Werbung einen Platz geben. Weil es für sie ganz normal sein wird, das zu tun.
Die Schulbücher meiner Kinder sind schon sehr an unsere multikulturelle Gesellschaft angepasst. Die Namen sind nicht nur Deutsch, es gibt auch Can, Ahmed oder Asme, die in den Textaufgaben zur Sprache kommen. Mit dem Familienbild sieht es da schon anders aus. Das setzt sich immer noch aus intakten Kernfamilien zusammen.
In Dänemark sind sie weiter, ob das gut ist, kann man na klar in Deutschland diskutieren. Als ich das letzte Mal dänisches Fernsehen geschaut habe, lief ein Werbespot, in dem es um einen Hauskauf/Immobilienmakler ging. Und ganz sachlich wurde eine Trennungsgeschichte beschrieben, der Auszug der Mutter, dann der Immobilienmakler, der ihr ein kleines Häuschen besorgt hat, das in der Nähe des Vaters liegt - ZACK. Das lief da so runter, und ich staunte. Niemals - so glaube ich - könnte dieser Spot heute bei uns "einfach so" im Vorabend-Werbeprogramm laufen, ohne dass ein Sturm der Entrüstung über dem Fernsehsender ausbrechen würde.
Naja. Homosexualität ist dann wohl noch kritischer hier in Deutschland. Es wird noch viel zu oft und viel zu gern an "DEM richtigen Weg der Liebe" festgehalten. Aber ich denke schon, wenn Homosexualität in der Öffentlichkeit genau so ein Thema ist, wie Heterosexualität, könnte das ein wenig zu einer Entschärfung beitragen.
Es ist doch oft so: Wovor wir Angst haben, das lehnen wir ab, das beäugen wir skeptisch, darüber machen wir uns noch lustig. Es wäre also immer wieder an der Zeit, den Menschen die Angst vor der Homosexualität zu nehmen.
Ich habe in einem anderen Beitrag geschrieben, dass in meinem Umfeld keine Diskriminierung von Homosexuellen stattfindet. Dennoch weiss ich na klar, dass in Deutschland immer noch Vorbehalte existieren. Aber es wäre gut, wenn man die abbauen könnte, Stück für Stück, aber unaufhaltsam.
L G
White
"Es ist doch oft so: Wovor wir Angst haben, das lehnen wir ab, das beäugen wir skeptisch, ... "
Jetzt mal unter uns, wieso hat man vor Homosexualität denn Angst? Wovor genau hat man Angst, wenn der geniale Mittelfeldregisseur des FC-NeverLose abends zu seinem Mann nach hause geht und dem einen bläst, bevor er das Essen kocht, weil dieser, sein Mann, leider auf staatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt angewiesen ist und sich das online-Spiel auch nicht von selbst spielt?
Diese Angst kommt doch nicht daher, weil man selbst locker und fluffig mit seiner Sexualität und seiner sexuellen Identität umgeht, sondern die Angst kann nur dadurch entstehen, dass man insgeheim so gewisse Tendenzen in sich entdeckt, die man lieber unter einer möglichst dicken Decke halten möchte, weil das sozialisiert uncool ist, als Mann mit einem Mann zu knutschen oder zu kuscheln.
Der große Fußballer ist ein Macher und per se männlich in jeder Faser seines Körpers und jeder Facette seiner Sexualität (wahrscheinlich ist er einer der zahllosen DOMs auf der Welt)! Ist da eigentlich noch etwas anderes, das die Identität eines großen Fußballers stiftet?
Der türkischstämmige Deutsche in Berlin Marzahn ist per se Türke durch und durch und den Schweinefleischessern überlegen, da haben wir schon die Identität. Der hat gar keine Chance zu merken, dass er eigentlich eher auf Jungs steht, auch wenn das, wiederum eigentlich, in der türkischen Geschichte das ein oder andere Mal vorgekommen ist, dass Lustknaben ein zwar sozial geächtetes aber dennoch auskömmliches Dasein fristeten.
Kurz und gut (na schon gut!) die "Angst", die du erwähnst, scheint mir überwiegend die Angst davor zu sein, sich selbst einzugestehen, dass im eigenen Seelenleben etwas existiert, das sich nicht mit dem durch die Umwelt geprägten Selbstbild zur Deckung bringen lässt.
Ja, da kannst du durchaus recht haben.
Ich habe bei der "Angst" von dem gesprochen, was jupp beispielsweise gesagt hat von den Stammtischen.
Dieses drüber herziehen, dieses sich ekeln. Das KANN von einer Angst kommen, die Mann sich da nicht eingestehen will.
Klar kann das alles durchaus die Angst davor sein, selbst vielleicht nicht in das fest eingebrannte Bild des "coolen Typen", harten Mannes hineinzupassen.
Schwächen werden nicht eingestanden, Schwul sein ist aber NOCH keine Stärke in unserer Gesellschaft. Und wie lange es dauert, bis bei ALLEN (oder zumindest den meisten) angekommen ist, dass Homosexualität immerhin KEINE Schwäche darstellt, haben wir noch etwas vor uns, wie es scheint..
Solange Heteroeltern ihren Kindern wünschen, lieber nicht schwul oder lesbisch zu sein, als wäre diese Anomalie eine Krankheit, solange ändert auch eine krampfige Gleichmacherei an der Oberfläche nichts.
"Schwule Sau" und" Dreckige Schwuchtel" sind in der Jugendsprache immer noch sehr gängige Beschimpfungsformeln, insbesondere unter Jungs. (witzigerweise existiert "lesbische Sau" nicht).
Hier sollte man ansetzen.....und sich fragen, ob bestimmte Phobien nicht in uns drin stecken.
Verhaltensmuster von oben vordiktiert haben Menschen in ihrem Grundverhalten jedenfalls noch nie geändert. Ansonsten würde auch niemand über eine Frauenquote diskutieren.
Hallo,
" "Schwule Sau" und" Dreckige Schwuchtel" sind in der Jugendsprache immer noch sehr gängige Beschimpfungsformeln, insbesondere unter Jungs. (witzigerweise existiert "lesbische Sau" nicht). " Diese Beschimpfungen waren auch in unserer Klasse damals üblich. Ein Junge hatte als einziger mit uns Mädels Gymnastikunterricht. Boah, das ging ja gar nicht, der war bestimmt schwul! Solche Dinge durfte der sich anhören...
Auf einer Klassenparty habe ich - unter leichtem Alkoholeinfluss - mit einer Freundin geknutscht. Einfach nur just for fun, wir haben uns gar nichts dabei gedacht. Tja, am nächsten Tag wurden wir gefragt, ob wir lesbisch seien... aber eher neugierig, beschimpft oder dumm angemacht wurden wir nicht. Wir sagten, dass das nicht der Fall sei und das Thema war damit vom Tisch. Undenkbar, wenn das zwei Jungs gemacht hätten...
Unsere Gesellschaft hat noch einen weiten Weg vor sich.
LG