hallo,
ich bin etwas verzweifelt, weil ich nimmer ein noch aus weiß! Unsere Tochter ritzt sich seit längerem...wenn ich versuche mit Ihr zu sprechen, dann blockt sie total ab! Sie hat dann (dachte ich) aufgehört damit, aber heimlich wieder an den Beinen angefangen! Sie spricht mit uns nicht drüber...ach ja...sie ist 12!!
Gestern ist das ganze dann richtig eskaliert und wir haben sie zum Doc gefahren, weil sie mit Selbstmord gedroht hat. Ihr "Freund" wollte sich auch umbringen und sie dann auch! Ich bin total durch den Wind....ich habe jetzt erstmal ihren Account bei Facebook gelöscht, weil ich in der hinsicht viel zu "lasch" die ganze Zeit war!
Ich habe Ihr Handy hier und hab mich mal so durch die sms gelesen (ich weiß es ist nicht richtig, aber irgendwie müssen wir ja raußfinden was los ist) und da bin ich bald vom glauben abgefallen! Mit 3 Jungs schreibt sie: Ich liebe Dich Broo....mit dem anderen schreibt sie: Ja ich trinke auch gern mal....und rauche!!
Soll ich das geschreibe ernst nehmen, weil sie hat noch nie nach Alk gerochen oder Zigaretten!! Oder schreibt sie das nur um "cool" zu sein????
Ich bin so verzweifelt...ich weis nimmr weiter!!
Sorry wenn ich jetzt recht wirr geschrieben habe, aber ich bin total durch den WInd!
Lg
P.s: Sie ist jetzt in der Kinder und Jugendpsychatrie, aber vll darf sie heute wieder rauß....was soll ich dann machen mit ihr??? Sie brauch doch hilfe!
Kind ritzt sich...
was sollst du machen?
such dir ganz dringend ambulante begleitende Hilfe für dich und für deine Tochter.
Rechne damit, dass eine Therapie möglicherweise auch dich und deinen Erziehungsstil kritisieren wird.
Mit dem Verbot es zu tun, kommst du nicht weiter.
Ich glaube, ohne gute therapeutiche Hilfe bekommt man das nur schwer in den Griff.
Umgehend in der Kinder- und Jugendpsychatrie besprechen, wie es weitergehen kann und dort Hilfe einfordern. Auf keinen Fall glauben es geht damit Facebook zu sperren etc.
Ihr Ritzen und ihre Selbstmorddrohnungen schon. Was ist mit dem Freund ? Hast Du die Eltern informiert ?
Liebe schlange100000,
Autoaggression und Selbstmorddrohungen sind schon harter Stoff - das heißt natürlich nicht, dass sie sich morgen wirklich aus dem Fenster stürzen wird. Aber Deine Tochter scheint doch unter einem enormen Leidensdruck zu stehen.
Worin dieser letztendlich begründet liegt, kann keiner von uns hier jetzt ergründen (ist ja klar), daher werdet Ihr um eine Familientherapie o. ä. nicht herum kommen.
Ich schreibe deshalb extra "Familientherapie", da solche Prozesse (insbesondere wenn sie schon länger laufen und ritualisiert sind) selten nur von einer Seite aus aufgerollt werden können - d. h. meist, dass sich etwas im gesamten Miteinander ändern muss, damit es Deiner Tochter besser geht.
Was Du machen kannst:
Such schon heute nach Therapieangeboten suchen, Du kannst Dich beim Jugendamt über Programme und Einrichtungen in Deiner Umgebung informieren.
Facebook zu sperren (zuerst einmal) ist sicher keine schlechte Idee, weil sie vermutlich "Begleitung" braucht, um nicht heimlich still und leise wieder in die emotionale Abwärtsspirale zu rutschen; auf Dauer ist das Abschneiden von digitaler Kommunikation jedoch keine Lösung sondern wird die Kluft zwischen Euch möglicherweise wieder vertiefen.
Zu Rauchen und Alkohol:
Keine Ahnung, ob das ernst war. Aber (und das klingt jetzt hart): Jeder jugendliche macht vor Erreichen des "offiziellen" Alters Erfahrungen mit Alkohol, Zigaretten und nicht selten auch mit weichen (falls es das gibt) Drogen. Wenn es bei Deiner Tochter halt mit 12 ist - nicht super, aber zu verkraften. Da sie nicht nach Zigaretten riechend und wie ein Schnappsladen ausgerüstet nach Hause kommt, scheinen es doch ehr "Versuche" gewesen zu sein. Abharken und sich zu erst einmal um die wichtigen Dinge kümmern.
Liebe, Hormone, Sexualität - das stellt für manche Kinder/Jugendliche eine überfordernde Herausforderung da. Und wie bei einem Eimer, den man vermeintlich abgedichtet hat, zeigt erst der erste Test mit Wasser ob auch alles klappt.
Ich weiß, es ist schwer - aber versuche (!) nicht in Panik zu verfallen. Oft regen sich Jugendliche darüber auf, dass Eltern nicht in gleicher Weise Ticken und Leiden wie sie, wenn es Probleme gibt. Aber wenn man als Mutter/Vater dann doch mal total ausrastet, ist das für die meisten Kinder kein Erfolg ("da sieht sie mal...") sondern eine weitere Destabilisierung.
Klare Genzen setzten und sich Hilfe holen. Zusammen könnt Ihr dann eine Bestandsaufnahme machen und etwaige Probleme geplant angehen.
Ich drücke Euch die Daumen.
Alles Liebe,
Christian
.....Obwohl keine genauen Statistiken darüber vorliegen, wie viele Menschen sich in Deutschland selbst verletzen, wird die Zahl der Betroffenen auf 800 000 pro Jahr geschätzt. In der Regel zeigen Frauen fünfmal so häufig Anzeichen von selbstverletzendem Verhalten wie Männer. Die meisten Betroffenen befinden sich im Alter zwischen 14 und 17 Jahren – mitten in der Pubertät, in der es in der eigenen Gefühlswelt sowieso schon drunter und drüber geht. Verlorene Liebe, Aggressionen gegen die Eltern, ungelöste Konflikte und Streit sind Auslöser für den Griff zur Klinge: Die Ursachen für selbstverletzendes Verhalten liegen aber meistens weitaus tiefer. Ob es sich um sexuellen Missbrauch, Misshandlung oder Vernachlässigung handelt – Ritzen ist oft mit einem traumatischen Erlebnis verbunden, das nicht verarbeitet werden kann......
Ich habe dir den Text mal kopiert, damit du dir bewusst machst, dass deine Tochter im Moment wirklich eure Hilfe und euer Vertrauen braucht. Ich bin mir nicht sicher, ob du das mit account-Löschen und Handykontrolle erreichst! Wichtig ist, dass du dich erst einmal sammelst, damit du wirklich für sie da sein kannst. Vielleicht findest du rückblickend ja eine eventuelle Ursache, die diese Autoaggression jetzt ausgelöst hat, denn es sind tatsächlich die traumatisierenden Ereignisse, die schon lange zurückliegen, die so junge Menschen dazu führen, sich selbst zu verletzen, damit sie sich endlich wiede spüren können und für einen kurzen Moment aus dieser Starre herauskommen, die diese negativen Erlebnisse verursacht haben. Alkohol- und Drogenmissbrauch sind ebenfalls Phänomene, die im direkten Zusammenhang dazu stehen. Umso wichtiger ist es, dass du die Stärke zeigst und bedingungs- und vorbehaltlos für sie da bist, bestenfalls mit professioneller Unterstüztung, da die Kinder oftmals das Leid der Eltern weiterleben! Deine Hilflosigkeit, die du hier äusserst, spricht nach meinem Gefühl dafür! Wünsche euch alles Gute!
Nachtrag: Aus copyright-Gründen hat urbia mich aufgefordert, einen Quellennachweis für den kopierten Text zu hinterlegen:
http://www.sz-jugendseite.de/jede-narbe-hat-ihre-eigene-geschichte-je-ofter-man-sich-ritzt-desto-mehr-gewohnt-man-sich-an-den-schmerz-umso-tiefer-werden-die-schnitte/
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Man findet aber gerade bzgl. dieser Thematik massenweise Infos s. auch 'Borderline-Syndrom'
Ich war 13 als ich das alles gemacht habe.
Am Wochenende war ich mit einer Freundin schon regelmäßig sehr gut angetrunken und auch einige male betrunken.
Von Zigaretten habe ich nie viel gehalten, habe dafür aber gerne mal gekifft.
Meine Mutter hat nie mitbekommen das ich Alkohol getrunken hatte.
Aber ich hatte wirklich richtige Probleme mit meiner Mutter da ich mich nur missverstanden und im Stich gelassen gefühlt habe.
Und wenn sie sich mal um mich gekümmert hat dann hat sie gemeckert oder ihr fiel auf einmal ein sich um mich kümmern zu wollen. Wahrscheinlich hat sie es mehr versucht als mit bewusst war.
Für mich war das Ritzen lange, lange Zeit eine Hilfe um mit mir und meinen Gefühlen klar zu kommen.
Es war für mich ein richtiges Ritual.
Heute trage ich meine Narben auf meinem Arm und es erinnert mich sehr an da was damals war.
Auch das ich meinem Kind eine bessere Mutter sein will.
Was ich dir nur raten kann, ist mit deiner Tochter offen zu reden.
Ihr zu sagen was für Ängste du hast und das du eine gemeinsame Lösung finden willst.
Und lass sie dabei Mitsprache Recht haben!
Das ist wirklich wichtig.
Macht eine Familientherapie.
Zeige deiner Tochter das du für sie uneingeschränkt da bist.
Ich weiß nicht ob irgendwas bei euch vorgefallen ist aber deine Tochter braucht dich sehr.
Hi Du,
Ich bin selber eine (mittlerweile) ehemalige Angehörige. Uns hat das alles etwas über 4Jahre begleitet. Wenn Du magst, kannst du mich gerne per PN anschreiben.
Lieben Gruß und viel Kraft!
eurasia
Vielen Dank für Eure Antworten!!!
Ich muss jetzt erstmal klar im Kopf werden und das ist in meiner Situation garnicht so einfach...ich hab die kleine ja auch noch und Schwanger bin ich auch!!
Morgen haben wir ein Gespräch mit der Ärztin und dann werden wir weiter sehen!!
Lg
ist das Ritz-Verhalten zeitgleich mit der Schwangerschaft aufgekommen? Wenn ja, unbedingt beim zukünftigen Arzt/Psychologen/Therapeuten angeben...
Mach mit deiner Tochter zunächst einen VErtrag "Ich verletze mich nicht selbst", wo aufgelistet ist, was damit gemeint ist (nicht ritzen, trinken, rauchen, ...) und es muss klar drin stehen, an wen sie sich wendet, wenn sie wieder Selbstmordgedanken hat.
Ich kenne dieses Gefühlschaos von einigen meiner Klienten. WIchtig ist, dass du die Kontrolle behälst. Findest du, dass dein Kind sich oder andere gefährdet, lass sie zwangseinweisen. Ja, das klingt brutal, aber es geht hier um das Leben deiner Tochter und um Hilfe für sie (und dich).
Ich finde, du hast gut reagiert, mit ihr jetzt zum Arzt zu fahren. Was hast du vorher getan? Du wirst dein Kind nicht vor allem Bösen schützen können, aber du hast die Pflicht, sie vor sich selbst zu schützen.
In jeder größeren Stadt gibt es Beratungsstellen (EFB, Diakonie, etc), wo kostenlos und unkomplizierte Hilfe installiert werden kann. Wende dich an sie!
Ich wünsch euch alles Gute, ich hoffe, dass es deiner Tochter und dir bald beser geht.
gruß
hierunddort
Hallo Schlange,
ich habe nicht die ganzen Antworten durchgelesen möchte dir aber trotzdem antworten.
Ritzen ist in meinen Augen ein Alarmsignal. Für Betroffene ist es oft die letzte Möglichkeit den innerer Druck abzubauen.
Ich gehe davon aus das deine Tochter erhebliche seelische Probleme hat. Die Ursachen können im Grunde genommen überall liegen.
Überlege bitte ob es ca ein halbes Jahr bzw ein Jahr bevor sie mit dem Ritzen begann Veränderungen in eurem Umfeld gegeben hat. Die Ursachen können auch in der Familie
liegen.
Macht ihr bitte keine Vorwürfe. Auch die Frage warum machst du das? kommt bei Betroffenen nicht gut an.
Steht eure Tochter eventuell unter einem hohen Leistungsdruck dem sie nicht gerecht werden kann?
Die Einweisung in die Klinik war okay weil sie mit Suizid drohte. Generell halte ich aber nichts von Zwangseinweisungen weil dazu führen kann das eine notwendige Therapie abgelehnt wird und Betroffene sich noch weiter verschließen.
Das löschen ihres Account bei Facebook wird nicht helfen da die Ursachen für ihre Probleme weiter bestehen. Du entziehst ihr sogar noch die Möglichkeit sich mit anderen auszutauschen.
Versucht auf sie zu zugehen, versucht sie zu verstehen, macht ihr aber keine Vorwürfe. Verbote können sie auch noch weiter einmauern.
Lasst euch beraten und sucht GEMEINSAM mit eurer Tochter nach einer Lösung.
PS: Betroffene von Mb und VG ritzen sich oft um ihre Spannungen abzubauen. Ich möchte aber auch nicht sagen das es bei euch der Fall ist.
Fg blaue-rose