Touretteerfahrungen

Hallo zusammen,

mich würde interessieren, ob es hier Eltern gibt, deren mittlerweile größeren Kinder in der früheren Kindheit eine chronische Ticstörung oder das Tourette-Syndrom hatte?
Vor allem jene Eltern, bei deren Kindern es in oder nach der Pubertät weggegangen ist.

Ich suche nach Erfahrungen, da unser Sohn (vermutlich) das Tourette-Syndrom hat. Er hat bereits seit er 3 Jahre alt war dauerhaft Tics. Sie wechseln, aber es sind immer welche da. Vokale (hüsteln, räuspern, melodien summen) ebenso wie motorische (ganz schlimm das Mund aufreißen, blinzeln, Hände kneten, Grimassieren). Ich habe nun schon oft gelesen, dass es bei Kinder mit leichtem Tourette (also nur einfache Tics und nicht komplexe) häufig so ist, dass es in bzw nach der Pubertät komplett verschwindet.
Deshalb würde mich interessieren, ob es hier Eltern gibt, bei deren Kindern es genau so war.

Vielen Dank.

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Hallo,

mein Sohn (mittlerweile 11) hat diese Tics seit Kindergartenalter. Sie sind mal mehr und mal weniger stark vorhanden. Oft sind diese Tics auch über längeren Zeitraum gar nicht vorhanden. Mir ist im Laufe der Jahre aufgefallen, dass mein Sohn diese Tics hat wenn er gerade einen Entwicklungssprung macht. Gerade jetzt zu Beginn der Pubertät tritt es wieder häufiger auf. Ich habe mal Tagebuch darüber geführt. Angefangen hat es mit 3 Jahren was ich mit der Trotz- und Autonomiephase vergleiche. Dann war wieder eine Zeit Ruhe. In der Vorschule fing es wieder sehr stark an. Das ging dann so von 5-7 Jahren. In der Entwicklung der Kinder ist dies die Zeit der Zahnlückenpubertät. Anschließend war wieder Ruhe. Gegen Ende des 9. Lebensjahres war es ebenfalls stark ausgeprägt. Das ging bis er 10 war. Hier schiebe ich mal die Vorpubertät ein. Jetzt ist er fast 12 und seit gestern fällt mir wieder auf, dass er Tics hat. Jetzt sehe ich den Beginn der Pubertät. Zu allen Zeitpunkten, in denen diese Tics auftraten, konnte ich Entwicklungsschritte zuordnen, die für das entsprechende Alter typisch sind. Während dieser Phasen waren die Tics unterschiedlich stark. Je nach Verfassung. An stressigen u. anstrengenden Tagen mehr und an anderen Tagen weniger. Je mehr Reize auf das Gehirn einwirkten, umso stärker waren die Tics. Zwischen diesen Phasen war er komplett frei von Tics. Da sich in all diesen Entwicklungsphasen das Gehirn der Kinder weiter entwickelt, denke ich, dass diese Tics ein reiner Abbau von Überreizung ist. Das Gehirn steht unter Strom, baut sich auf, strukturiert sich um. Kurz gesagt, es läuft auf Hochtouren. Ich denke, durch diese Tics wird das Ganze kompensiert. Da die Gehirnentwicklung erst nach der Pubertät abgeschlossen ist, denke ich, dass sich das tatsächlich bis dahin noch hinzieht. Laut meiner Mutter hatte ich das auch ganz stark. Höhepunkt war wohl auch in der Pubertät. Ich kann mich da auch wage dran erinnern. Es wurde mit zunehmendem Alter weniger. Als Erwachsene habe ich keinerlei Tics oder nervöse Störungen. Es hat tatsächlich zum Ende der Pubertät komplett aufgehört. An welchen Tic ich mich bei mir erinnern kann ist, dass ich immer den Mund aufgerissen habe.

LG
Michaela

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Hallo Michaela,

ganz lieben Dank für deine Erfahrungen.
Du hast recht. Bei meinem Sohn wurde es auch immer ungefähr zu diesen Zeiten schlimmer um danach wieder etwas abzuschwächen (weg war es bei uns -bis auf einmal 2016 ab den Sommerferien für ein paar Monate - noch nie).
Wenn ich das richtig verstehe, hat dein Sohn "nur" phasenweise überhaupt Tics und ist zwischendurch Ticfrei? Das haben wir ja leider nicht :-( Mein Sohn wird nächsten Monat 11 Jahre alt und im Moment ist es ganz heftig was seine Tics angeht (von der Häufigkeit).

Wie ist es denn bei dir selbst gewesen? Hattest du durchgehend Tics oder hattest du, so wie dein Sohn, zwischendurch pausen?
Vielen lieben Dank für deine eigenen Erfahrungen. Das ist sehr interessant für mich. Vor allem auch, dass es bei dir zum Ende der Pubertät tatsächlich weggegangen ist. Das macht sehr viel Hoffnung ;-)
Mund aufreißen macht mein Sohn auch. Und das find ich auch fast den schlimmsten Tic bei ihm, denn es fällt halt jedem auf. Augen blinzeln, räuspern, hüsteln, Nase runzeln fällt niemandem auf. Aber Mund aufreißen ist wirklich blöd. Aber wie sagt man so schön... es hätte schlimmer kommen können und ich hoffe es wird nicht noch schlimmer...

Lg, Jessica

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Ganz weg war es weder bei mir, noch bei meinem Sohn. In den Phase wo es besser war, riss er vielleicht nur 2-3 Mal am Tag den Mund auf oder machte seinen Tic. In den Phase wo es extrem war, permanent. Das war bei mir auch so. Und was für Tics hier auftreten. Da kommen auch ständig neue dazu. Ich habe mich heute mit meiner Schwägerin unterhalten. Meine Nichte hatte das auch. Bei ihr wurde es mit 14 weniger. Jetzt wird sie 16 und es ist komplett verschwunden. Was meine Nichte und ich noch dazu hatten, waren Schlafstörungen und Schlafwandeln. In den Phasen, in denen die Tics besonders schlimm waren, hatten wir Probleme ein- und durchzuschlafen und sind geschlafwandelt. Dazu kam noch Zähneknirschen während des Schlafens. Wastürlich wieder Müdigkeit hervorruft und die Tics schlimmer werden lässt. Die Schlafprobleme hat mein Sohn aber nicht. Ich denke, du brauchst dir da noch keine Sorgen machen. Ich halte es für eine reine Gehirnüberlastung und mache mir da auch noch keine Sorgen darüber. Wenn es sich gegen Ende der Pubertät noch nicht gebessert hat oder schlimmer wird, werde ich noch mal danach gehen. Unser Kinderarzt hielt es bisher auch nicht besorgniserregend.

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