Sohn wieder an Medien heranführen/welche Zeit ist angemessen?

Hallo,

mein Sohn (14) hatte Anfang des Jahres massive Probleme, die Nutzung der Medien in den Griff zu bekommen. Als es dann Mitte/Ende März gar nicht lief, gerade nachdem die Schule wegfiel habe ich erst einmal alles einkassiert und nur noch Telefonieren/Chatten zu schulischen zwecken und so kurzzeitigen Small-Talk gestattet. Am Anfang lief das gar nicht, aber seit etwa zwei Wochen scheint er wieder den Blick für die Sachen außerhalb der Technik hatte. Die Motivation für Schule und das reale (Familien)leben ist wieder stark gestiegen. Die logische Konsequenz wäre, dass ich ihn jetzt wieder in die Welt der Medien "entlassen" würde, allerdings vorerst noch unter Aufsicht. Die ersten Tage habe ich 1h pro Tag zugelassen, seit heute 90 min. Das hat er akzeptiert.
Jetzt wollen wir einen "Fahrplan" erstellen, wie es weitergehen soll? Habt ihr da Empfehlungen? Mein Ziel/die Höchstegrenze wären ja langfristig so ca. 60-70, evtl85 h pro Monat, in den Ferien auch evtl etwas mehr Ich würde zur Sicherheit auch, gerade um zu verhindern, dass es sofort wieder zu viel wird, erst einmal per Software die zeitlimits durchsetzen lassen, aber so, dass es jederzeit transparent ist, warum der Computer wann nicht benutzt werden kann. Von ihm kam der Vorschlag bei ca 100 h zu sein, aber er scheint zunächst kompromissbereit.
Wie hoch seht ihr die Gefahr eines Zurückfallens in alte Verhaltensweisen und das erneute Hervorkommen der exzessiven Nutzung . Bis jetzt scheint es noch nicht so weit zu sein, er ist auch wesentlich entspannter als vorher.

Wie soll vorgegangen werden

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Das kann ja jeder selber Händeln wie er möchte, bei uns wäre das jetzt in dieser Zeit aber überhaupt gar nicht umsetzbar.
Ich erzähl dir kurz warum.

Unsere Tochter musste in den 3 Wochen der Schulschliessungen von 8-16 Uhr Aufgaben für die Schule erledigen, ohne Internet ging dort gar nix, dann hat sie einen Freund der nicht ums Eck wohnt, mit dem möchte/muss sie auch zwischendurch Sprechen, ausserdem lief der komplette Sozialekontakt der Kinder in den letzten 5 Wochen ausschließlich über WhatsApp, Skype und Co.
Wir sind tagsüber Arbeiten, mit irgendetwas müssen die Kinder wenn Sie sich nicht Verabreden können beschäftigen... um nicht durch zu drehen...

Selbst wenn beide Kinder sagen ich würde lieber mit meinen Freunden draußen sein und mich mit ihnen treffen waren sie dennoch total froh das Sie wenigstens über ihre Handys oder Laptop Kontakt zu anderen hatten....

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Nee, in so eine Richtung ging mein SOhn kaum, mal ein wenig Chatten, deswegen war das weiterhin erlaubt, aber für die Schule, das konnte man vergessen, und was er doch brauchte, durfte er machen, allerdings mit zeitweiser Kontrolle. (vor allem der Zeit)

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"Wie hoch seht ihr die Gefahr eines Zurückfallens in alte Verhaltensweisen und das erneute Hervorkommen der exzessiven Nutzung . Bis jetzt scheint es noch nicht so weit zu sein, er ist auch wesentlich entspannter als vorher. "

Das würde ich bei einer Suchtberatungsstelle fragen. Ggf. telefonisch in aktueller Situation.


Wenn es noch keine Sucht war, sondern noch "nur" über's Ziel hinausgeschossen, dann kann es durchaus funktionieren, wenn
- der Fokus auf das Leben wieder verinnerlicht ist
- die Zeiten auch von ihm aus eingehalten werden

Wenn es aber schon Tendenzen zur Sucht gibt
und/oder die eigentlichen Ursachen zur hohen Mediennutzung nicht beleuchtet wurden,

dann ist die Rückfallquote echt hoch.

Ein kompromissbereit darauf eingehen, kann auch Taktik sein.


Ich selbst bin (vermutlich ADHS bedingt) mediensuchtgefährdet.
ADHS ist sicher, höhere Suchtgefahr ist bei ADHS üblich. Bei mir ist es vermutlich ein Faktor.

Ich vermute bei mir aber noch andere Faktoren, die eine Sucht begünstigen würden.

Daher brauche ich andere Regeln als andere in meinem Umfeld

1. die ADHS-Verhaltenstrainingsübungen

2. alles was nicht mit ADHS zu tun hat
bei mir
- Langeweile. Ich brauche gut umsetzbare Alternativen
- ich brauche Aufgaben, die ich bewältigen kann.

Bin ich chronisch überfordert oder chronisch unterfordert, ist die Tendenz zur zu hohen Mediennutzung gegeben

- klare Regeln, die ich mir selbst auferlege.
Ich muss für mich Zeiten einplanen, in denen ich DARF, damit ich nicht ständig will
Ich muss mir aber auch Zeiten schaffen, in denen ich konsequent nicht dran bin, damit ich nicht in eine Sucht reinrutsche ohne es zu merken.

Wobei die Zeiten bei mir nicht so sehr an Uhrzeiten sondern an Aktivitäten gebunden sind.

Wenn ich mit meinem Kind im Freien bin, bin ich nicht am Handy
Wenn ich ein Brettspiel spiele, gehe ich nur ans Handy, wenn ein Anruf kommt (Nummer), sonst nicht.

Ich muss mir selbst meine Gewohnheiten immer wieder hinterfragen. Ist es Gewohnheit, dann tut ein Tag ohne, ein Tag ohne diese Gewohnheit sehr gut, damit sich diese nicht verselbständigt

Ich brauche Alternativen zur Auszeit. Medien dürfen nicht meine einzige Freizeit-Chill-Beschäftigung sein.
Ich darf es mir als Auszeit aber auch nicht dauerhaft verbieten als Auszeit. / ich verbiete es mir als Freizeitbeschäftigung, wenn meine Gewohnheit überhand nimmt.

Kann ich 1-2 Tage ohne sehr gut überstehen und gehe nur mäßig ran, dann sehe ich es wieder lockerer.
Verspüre ich in der Zeit einen hohen Drang, vermisse viel, weiß nichts mit mir anzufangen #schwitz dann verordne ich mir eine längere Pause.


Ich weiß, dass ich gefährdet bin
und ich weiß, von einzelnen Verwandten, was eine Mediensucht (ohne Geld zocken) verurschen kann. Selbst wenn keine Online Casinos dabei sind, Job fast verlieren, wegen Schlafmangel, nicht mehr ansprechbar sein, jenseits von Realität agieren...
soweit will ich es bei mir nicht kommen lassen.


Da aber jeder eigene Regeln braucht, die funktionieren - oder auch nicht,
da es durchaus einen Unterschied machen kann, ob es noch Vorstufe ist oder schon tiefere Sucht,

ist es schon wichtig, das genauer zu beleuchten.

Auch: wann tritt es auf.
Ist es ein sich selbst belügen, sich selbst ausblenden,
sich selbst belohnen mit schnellen Erfolgen (da dockt mein Hirn eher an)

Langeweile
aber auch tiefere Möglichkeiten, die auch bei anderen Süchten dahinterstecken können,
Flucht aus der Realität...

kann eine Therapie durchaus sinnvoll sein.

In meinem Fall hilft mir die ADHS-Verhaltenstherapie weiter,
weil ich gelernt habe, wie ich mir auch im Freizeitbereich schnelle Erfolge verschaffen kann, ohne Medien und ohne dass eine "muss" Aufgabe war.

Jemand, der aus dem eigenen Leben flüchtet, braucht andere Strategien.


Um da eine fundiertere Vorgehensweise zu bekommen
ggf. mit Feedback, Adresse, Rückmeldung und wo du dich im weiteren Verlauf hinwenden kannst,
würde ich Kontakt zu einer Suchtberatungsstelle aufnehmen (telefonisch) aktuell.

Diese kennen euch dann, kennen den Verlauf.
Was beim einen ein Fortschritt in gute Richtung ist, kann beim anderen eine Verschlechterung sein. Je nachdem wo man gestartet ist.

Aber auch Feedback für dich als erwachsene Begleitperson!

Stärkung deiner Position. Platz für deine Fragen, Gefühle, Emotionen, Unverständnis, Hoffnung usw.

Auch Angehörige brauchen oft Hilfe bei Suchterkrankungen (oder Vorstufen).
Stark sein kannst du dauerhaft nur, wenn du selbst auch Hilfe hast um für dich damit umzugehen.

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Falls es "nur" so ist, dass er nur die Zeit vergisst

- Wecker stellen
- Internet ist dann weg (funktioniert nicht bei offline spielen)

falls es gibt: Fenster die aufploppen und ankündigen, dass in 10 Minuten ...

wenn ich Termine habe, stelle ich mir gerne Wecker. Nicht, wenn ich los muss, sondern so, dass ich noch x Minuten Zeit habe, zum
- Speichern
- PC runter fahren
- Schuhe anziehen
- Zähne putzen.

Ohne PC: so dass ich weiß, jetzt Schuhe anziehen, jetzt ....
dann komme ich pünktlich los.


Das klappt aber nur, wenn man das akkustische Signal ernst nimmt und als Erleichterung empfindet, sich an die Zeit zu halten.

Bei einem medien süchtigen verwandten funktioniert das null. Da steht das mediale tun über der Zeit und über den sonstigen Routine-Dingen. Mit 50 Minuten Verspätung reicht es doch immer noch die Schuhe falsch herum anzuziehen , so lange der Blick auf das Gerät nicht versperrt ist....
Angefangen hat es schleichend! Anfangs wurden die Schuhe am PC angezogen, aber noch im zeitlichen Rahmen.

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Ich schaue mal, wie es jetzt läuft. Ich habe zunächst mal gesagt bekommen, dass nach der Kontaktsperre evtl. psychologische Hilfe notwendig ist, aber erstmal soll ich es ohne probieren. Klar ist für mich aber auch nach dieser telefoniischen Kurzberatung, weitere Fortschritte meinerseits gibt es nur, wenn das ganze läuft und Absprachen abgehalten werden. Fenster gibt es, die wollen wir auch mal ausprobieren und dann sehen, dass nach dieser Zeit auch abgeschalten wird, notfalls per Hilfsmittel. Mal sehen, wie es läuft.

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Also ich glaube nicht, dass ein Suchtproblem vorliegt bzw. wenn es angefangen haben sollte hast du echt sehr früh reagiert, das ist ja schon Mal sehr gut.

Trotzdem sind natürlich Regeln gut.

Habt ihr denn noch mehr, als ein Monatspensum besprochen?
Mir stellt sich die Frage, wie ihr das dann tageweise entscheidet: darf er z. B. jeden Tag 3 Stunden "Medien konsumieren" sag ich Mal, oder am Wochenende Mal 4-5 Stunden? Und was ist, wenn am Ende des Monats etwas übrig ist, oder schon vor Monatsende alles aufgebraucht ist?

Ich denke da muss man mehr differenzieren.
Ich würde auch einen Wochentag medienfrei machen. Das bringt denke ich viel, weil man sich einen Tag nicht in die virtuelle Welt flüchtet und tatsächlich einem realen Hobby nachgeht. Was das ist kann er ja selber entscheiden. Bzw. Könnte man daraus auch 15 Minuten mit Freunden Chatten machen, aber es sollte einfach einmal die Woche merkbar kein Zeitvertreib sein.
Die Zeit, in der er die Sachen für die Schule nutzen muss kann man da ja auch schlecht mit einrechnen.
Was macht er denn sonst so am PC? Zocken mit Freunden? Vielleicht wäre da eher ein Wochenpensum angebracht.
Ich denke, wenn man alles auf den Tag herunter rechnet wartet er halt immer nur auf seine Medienzeit und nutzt diese dann einfach auch wenn er es nicht bräuchte, einfach damit ihm nichts verloren geht.

Wenn zb am Wochenende alle Kumpels Mal 4 Stunden zocken wollen wäre es echt blöd für ihn, wenn er nur 2,5 oder 3 Stunden darf. Da wäre es ja stattdessen besser er macht unter der Woche 1-2 Tage gar nichts und am Wochenende gibt es dann ein neues festes Ritual. Da ist dann längere Zeit OK, also, vorausgesetzt er spielt wirklich gerne mit Freunden Mal ein bisschen länger und quatscht währenddessen mit denen. Das ist ja dann auch ein soziales Ritual.

Dafür dann unter der Woche Mal nichts, einfach um wieder das Gefühl zu spüren, dass man auch ohne Internet leben kann und reale Hobbies nicht untergehen sollen.

Auch die Frage, wie lebt ihr es denn vor? Spielt ihr PC/ Konsole Zuhause zusammen oder ist das so sein eigenes Ding?

Auf jeden Fall würde ich mit ihm Regeln besprechen.
Am besten macht ihr zb nach dem ersten Monat einen gemeinsamen Termin, und besprecht die Ergebnisse. Da würde ich auch klar machen, lief es gut, werden Regeln gelockert, lief es schlecht, wird es wieder strenger.

Ein Kriterium wäre für mich auch, wenn er von sich aus abschaltet. Das wäre sozusagen das "Zeichen der Heilung" - also zb er gibt dir sein Handy wieder "es ist eh niemand online, ich gehe noch Fahrrad fahren/lese mein Buch weiter" - statt, dass er sich seine restliche Medienzeit noch mit sinnlos YouTube gucken vertreibt. Er soll ein Gefühl dafür bekommen, ob er die Zeit sinnvoll nutzt, wirklich unterhalten wird, oder ob er gerade nur aus Langeweile rumdaddelt. Nur wenn er das von sich aus spürt hat er seinen Medienkonsum 100 % im Griff.

So und an der Uhrzeit siehst du jetzt, dass ich da zwar kein gutes Beispiel bin, aber immerhin aus Erfahrung sprechen kann ;)

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Oder wenn sowas kommt am Sonntag wie "Mama, heute spielen alle um 15 Uhr, wahrscheinlich so 3 Stunden, darf ich mitmachen?" Dann fragst du ihn halt an welchem Tag in der nächsten Woche er dafür Handy und PC abends aus lassen will.

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Das ist bei uns, nachdem alles jetzt über 2 Wochen gut gelaufen ist auch zunehmend aufgeweicht worden und flexibler. Das heißt, es bleibt mehr bei einem Durchschnittswert, aber es ist egal, ob am Wochenende 4-5 Stunden dafür in der Woche weniger (ist derzeit der Fall) oder gleichmäßig verteilt, da bin ich sehr entspannt. Natürlich lief nebenbei auch ein Gespräch darüber, was prinzipiell in Ordnung ist, und was man lieber sein lassen sollte, oder gar verboten ist. (illegale Tausbörsen...) Da ist er auch sensibilisiert und ich denke, an so etwas hält er sich. Grundsätzlich sage ich auch, dass geringe Überschreitungen zulässig sein werden, gerade weil es ja in den Ferien mal "Gaming-Nächte" gibt, wo sich die Kumpels von Abends bis spät durchzocken, solange das nicht überhand nimmt, ist alles in Ordnung. Da bin ich dann der letzte der so etwas verbietet, nur weil es starre Grenzen geben soll. Zum Beispiel wollen sie Donnerstagabend/Freitagfrüh mal viel zocken, wegen des Langen Wochenendes bietet sich das an und da es in den letzten Tagen nie mehr als 2,5 h waren, ist da ordentlich Zeit für. (Wenn es bis früh geht, okay, da es ein Freier Tag ist und er jetzt ein Familiäres Leben besser führen kann). Ist dann auch immer eine große Sache, aber halt nicht jeden Tag.
Es ist eine gemischte Sache wie wir es machen. Viele Dinge interessieren uns alle, das machen wir gemeinsam, um da auch sozialen Kontakt zu haben und gemeinsam Spaß zu haben, aber es gibt auch wenige Dinge, (geschätzt so 15 %), wo wir sagen, das interessiert einen überhaupt nicht und dann ist es nicht immer so, dass wir es gemeinsam machen.
Gerade Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ist er jetzt relativ wenig, so 1-2 h, dafür am Wochenende mehr,´da die Schule mehr Zeit nicht vertragen würde, natürlich kommt auch mal ein "sinnlos Viedos schauen" vor, aber nicht so häufig.

Ich denke, wenn es so weiter geht, kann ich bald wieder lockerer ran gehen, er hatte gesagt, die Stoppuhr auf dem Rechner soll aber noch eine weile aktiv bleiben, damit er kontrollieren kann, ob sein Gefühl mit den Fakten übereinstimmt. N ur die Beschränkungen, die er sich gewünscht hatte, da er, als er wieder angefangen hat sich gewünscht hat - was ich schon einen sehr, sehr großen Schritt in die richtige Richtung finde - können wir sicherlich bald wieder rausnehmen. Da bin ich dann sehr viel lockerer.

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