Wo ist der Grat zwischen Loslassen und Fürsorge...

Hallo Forum.

Ich bin neu hier und mich plagt ein Teenie-Problem...Meine Tochter ist 15. Ich bin alleinerziehend, sie ist Einzelkind. Ich kann gut loslassen, finde das auch wichtig - aber die Situationen, in die mich meine Tochter immer wieder ins Loslassen verusucht zu drängen, fühlen sich für mich nicht gut an.
Sie regt sich dann über mich auf, dass ich eine Glucke sei und sie nerven würde #aerger

Beispiel von gestern: Gegen 20.30 verkündete sie mir, dass sie noch eine Runde Skateboard fahren möchte und sie beschrieb mir die Runde; max. 15 min. Ich sagte, dass ein Unwetter im Anmarsch sei (Himmel zog sich zu), da meinte sie, dass sie nur 15 min weg sei - zack...verschwunden war sie.

15min vergingen, inzwischen stürmte es hier, der Himmel war ganz gelb und man konnte meinen, dass die Welt untergeht. Hab' sie auf dem Handy angerufen - sie ging nicht ran.
Noch fünf Minuten gewartet - nichts. Inzwischen fing es an zu schütten und zu donnern; ich setzte mich ins Auto und fuhr die von ihr beschriebenen Runde, nach der sie längst hätte da sein sollen, ab. Nichts.

Durch einen Zufall (!) sah ich dann auf dem Rückweg auf einem ganz anderen Weg meine Tochter, sie stand im Regen - mit Begleitung. Und zwar: Ihr Ex, den ich vor 4 Wochen buchstäblich aus dem Haus geworfen hatte, weil herausgekommen war, dass er kifft und meiner Tochter das Zeug auch angeboten hatte.

Sie hat sich gestern proaktiv mit ihm verabredet zwecks Abschiedsgespräch, mich hat sie angelogen und ausgetrickst. Das passiert immer und immer wieder, auf unterschiedlichen Ebenen. Mich belastet die gesamte Situation sehr, weil natürlich auch immer wieder die Stimmung hier im Haus vergiftet ist. Sanktionen nimmt sie ohne Diskussion hin (Handyentzug, Hausarrest). sie trickst mich aus, wo immer es geht - mein Vertrauen zerbröckelt immer mehr und ich bin einfach nur noch genervt...

In der Schule ist sie ein Ass; sie organisiert sich super selbst, hat Ziele und Pläne.

Ihr Vater ist so eingestellt: Er wartet immer nur darauf, dass er mir eine reinwürgen kann. Gegenüber seiner Tochter ist er der Superheld, hat für alles Verständnis, findet Kiffen in der Jugend normal und stellt mich immer als überspannte, blöde Kuh dar. Seine Eltern sehen das ebenso: Meine Tochter ist das goldene Kalb, ich bin die Blöde. Ich selbst habe keine Eltern mehr, keine Geschwister. Ich wurschtel mich alleine durch.

Würde meiner Tochter aber was passieren, dann wäre ich natürlich schuld, da zu doof zum Aufpassen?!

Ich weiß mir manchmal echt nicht mehr zu helfen und habe ganz oft einfach keine Lust mehr auf dieses ewige HickHack, das Türenschlagen, das Rumgezicke...Gefühlt bin ich nur noch der Depp vom Dienst...

Wie macht man es, das Loslassen...ohne seine Fürsorge zu vernachlässigen?

1

Ein richtig großes Problem ist bei euch, dass du und dein Mann nicht an einem Strang ziehen.
Gerade in dem Alter ist sehr wichtig (in jüngeren Jahren auch, aber ich glaueb, die Wichtigkeit nimmt zur Pubertät hin noch zu).

Kinder nutzen so etwas doch total aus und wissen auch nicht, woran sie eigentlich sind.

Dein Mann macht es sich echt sehr leicht, das ist natürlich bequem, nicht der "Böse" zu sein.

*Ich weiß mir manchmal echt nicht mehr zu helfen und habe ganz oft einfach keine Lust mehr auf dieses ewige HickHack, das Türenschlagen, das Rumgezicke...Gefühlt bin ich nur noch der Depp vom Dienst...*
Aber nur, weil dein Mann nicht mitzieht.

Das Rumgezicke und die Türen usw. kenne ich auch von meiner Tochter (Sohnemann war zum Glück eher sehr ruhig, nicht so wild).
Aber mein Mann und ich waren uns immer einig und damit beide die "Blöden", das hat uns nie gestört.

2

Ach so, das mit dem Loslassen:
Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo man sie nicht kontrollieren kann, ist ja nicht dabei.

Einer Kontrolle kann man faktisch nicht nachkommen, selbst wenn ein Kind nachts erst nach Hause kommt, kannst du nichts machen, außer ans Bett fesseln oder im Zimmer einschließen (was natürlich nicht in Frage kommt.)

Du kannst nur versuchen, sie auf die Gefahren hinzuweisen (kennt sie aber selbst), dass sie auch nicht ganz allein rumläuft, sondern mit Freunden in Gruppen.
Ich habe meiner auch oft ganz ruhig gesagt, dass ich wirklich Angst um sie habe und nicht will, dass ihr irgendetwas passiert, dass sie immer, dass sie deshalb auch immer zusammen bleiben sollen, wenn gar nichts geht, soll sie anrufen.

Sie war auch erst ziemlich genervt, aber hat es begriffen und sich daran gehalten.
Als sie mal den letzten Bus verpasst hat, hatte sie auch angerufen und ich habe sie geholt.

Irgendwann funktionierte es dann auch und sie erzählte auch mehr, wo und mit wem sie unterwegs war oder was geplant war usw.

Fürsorge bedeutet für mich nicht, dass man sie noch kontrollieren kann, sondern, dass man für sie da ist.

3

Meine ist noch nicht ganz soweit. Bisher akzeptiert sie noch: wenn ich sage, wann sie zu Hause sein soll, dann ist sie zu Hause.
Die Konsequenz wäre sonst, dass sie nicht mehr so locker raus darf.
Nicht einsperren, aber zeigen, dass sie sich an Regeln hält.

Handyerbot habe ich bei ihren Freunden mitbekommen. Konsequent durchgezogen, konnten sie ihre Eltern nicht mehr anrufen bei Verspätung nach der Schule. Halblocker durchgezogen, nutzten sie es auf dem Schulweg, im Bus, freuten sich über die Zeit und gaben es zu Hause bereitwillig wieder ab.

Da ihr schon recht festgefahren wirkt, würde ich Hilfe von außen dazu holen. Stärkung für dich. Erziehungsberatung, Familienhilfe etc. So, dass du jemanden zum Austauschen und zu deiner Stärkung hast.

Loslassen heißt auch darauf vertrauen können, dass der Unfug nicht zu gefährlich wird.

4

Ich bin auch gegen kiffen und finde das Verhalten deines Partners im Streit nicht gut. Da finde ich hast Du absolut recht, dass ihr mehr zusammenarbeiten müsstet, auch wenn er eher locker eingestellt ist und Du eher streng, müsste es möglich sein gemeinsam für ähnliche Situationen einen Konsens zu finden, wo nicht einer als "der Doofe" am Ende da steht.

Dennoch möchte ich dir auch vorsichtig sagen, dass ich denke, dass Du etwas mehr loslassen müsstet. Deine Tochter ist ja schon 15. Sie wird in absehbarer Zeit und wir reden hier vermutlich von wenigen Monaten bis 1-2-3 Jahren ihren Abschluss machen, vielleicht ausziehen, arbeiten, ihr Leben selbst gestalten. Dazu braucht sie einfach Erprobungsspielraum. Sie ist wirklich zu alt um um 15 Minuten in Wohnortnähe zu betteln bei denen sie genau aufschlüsseln müsste wo sie lang geht, wie ein 6 jähriges Kind, dass den neuen Schulweg nachgeht oder genau sagen muss, mit wem sie redet. Und sie ist alt genug um die Gefahren eines Gewitters selbstständig einzuschätzen. Sie ist ebenfalls alt genug um die Konsequenz zu tragen nassgeregnet zu werden. Sie ist ebenfalls alt genug um selbstständig ein Gespräch über eine Trennung zu führen.

Mir wäre nicht im Traum eingefallen sie direkt mit dem Auto auf einem vorgezeichneten Weg zu verfolgen oder den Part einer Trennung für sie zu übernehmen. Auch wenn du sie sicher nur beschützen willst und es mit dem Regen bloß gut mit ihr meinst, ist das einfach zu viel Kontrolle. Unsere Kinder z.B. haben ein bestimmtes Viertel in dem sie sich bewegen dürfen und wenn keine Schule ist, fange ich nicht an wegen einer halben Stunde extra zu diskutieren, wenn's danach auch läuft. Und in ihre Sozialkontakt mische ich mich nur ein, wenn es dringend nötig wäre.

Viele Jugendliche kiffen. Das ist scheiße. Aber man kann sie nicht alle am Schlawittchen packen und wegsperren oder den Kontakt unterbinden. Spätestens über Freunde oder die Schule werden sie immer wieder auftauchen. Wegsperren und Verbote bringen sie also gerade gar nicht weiter. Sie wird der Situation eh wieder ausgesetzt sein. Da kann sie nicht alle ignorieren. Das würde sie in ihrer sozialen Gruppe angreifbar machen.

Wichtiger ist es doch mit ihr zu reden und sie zu ermutigen Nein zu sagen und einen eigenen Standpunkt zu entwickeln, der das einfach nicht nötig hat. Sie kann andere nicht retten, wird deren Lebensweise ein Stück weit akzeptieren müssen, aber sie muss es nicht mitmachen um dazu zu gehören. Das sollte die Essenz sein. Sprich mit ihr lieber offen darüber wovor Du konkret Angst hast, worin die Gefahren liegen.

Dennoch: Sie ist letztlich die einzige, die sich wirklich effektiv selber schützen kann. Das musst auch Du lernen und anerkennen. Und wenn sie nicht versteht, dass eine bestimmte Person ihr auf eine bestimmte Art nicht gut tut, kannst Du noch 200 x um die Wohnsiedlung fahren und 3000 Verbote aussprechen, damit treibst Du sie letztlich aber genau in die Arme solcher Menschen, denn jedesmal zeigst Du deutlich dein Misstrauen gegenüber deiner Tochter, beweist ihr, dass sie nicht verantwortungsvoll genug ist, es selber zu klären und suggerierst ihr dass Du sie kontrollieren musst, weil sie das falsche tun wird. Und dann ist die Gefahr, dass sie bloss aus Protest und Einsamkeit genau das tut, wovor Du Angst hast nur um so größer.

Es ist einfach so wichtig, dass Du ihr auch vertraust und sie darin bestärken kannst, dass sie die richtige Entscheidung selber fällen wird, weil ihr ihr 15 Jahre lang alles nötige dazu mit auf den Weg gegeben habt. Das kann sie aber nicht sich selbst beweisen ohne dass man ihr einen Spielraum gibt für ein Risiko. Sie ist diejenige, die Verantwortung für sich übernehmen dürfen muss. Sie muss es selber wollen nicht mehr mit der Person intimet Umgang zu haben, ansonsten wird sie alle erdenklichen Mittel und Wege finden und dann ist sie gezwungen zu lügen. Das hat sie getan.

Wüsste sie Du würdest ihr den Spielraum geben ihre Sozialkontakte selber zu klären und ihr vertrauen, dann würde sie wahrscheinlich kommen und zu Dir sagen, dass sie mit ihm noch etwas zu klären hat, aber gleich wieder da ist. Für sie war das wichtig. Sie musste ihr Leben selber in die Hand nehmen. Wahrscheinlich werden sie auch weiterhin Kontakt haben. Umso wichtiger, dass sie merkt, dass sie mit dir reden kann, auch über ihn und dass Du es akzeptierst, dass sie ihre eigenen Entscheidungen trifft m, wie sie mit Menschen, die sie kennt umgeht.

Die Zeit alles im ich zu haben und alles zu lenken, die ist einfach vorbei. Sie wird erwachsen. Und wenn Du nicht einem Schritt mit zurück geht, wird sie dich verletzen müssen, um selber eigene Schritte gehen zu können.

Eigene Entscheidungen treffen, auch Mal Fehler machen dürfen und aus ihnen lernen, sind wichtige unersetzbare Erfahrungen auf dem Weg zum Erwachsen werden, die Du ihr nicht vollständig abnehmen kannst.

5

Hallo und herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort.

Ich trage eine ganz tiefe Angst in mir: Ich fürchte mich, dass ich EINMAL nicht aufpasse/sorgsam bin - und dann passiert ihr irgendwas.
Und dass man mir Vorwürfe macht, sie abends allein Skateboard fahren zu lassen, sie rauszulassen, obwohl Unwetter angesagt sind usw.
Ich fürchte mich nicht vor dem, dass was passiert. Sondern vor Vorwürfen, die kämen, WENN was passiert.
Das hängt viel mit ihrem Vater zusammen - wir sind schon sehr lange getrennt und er hat mich immer, von Anfang an, als Mutter degradiert, beschimpft und beleidigt, dass ich alles falsch mache. Nur er hat immer alles richtig gemacht. Er ist der perfekte Vater - alle anderen Menschen auf dieser Welt sind dumm und unfähig, das ist seine Einstellung.

Ich weiß, dass sie Erfahrungen machen muss - ich wollte die auch machen und habe mir Raum dafür geschaffen. Und ich weiß, dass ich loslassen kann - wenn ich einfach nicht so viel Druck hätte.

Meine Eltern waren auch getrennt, aber mein Vater hat sich nach der Trennung null um mich mich geschert, meine Mutter hatte also nicht diesen Druck, alles richtig machen zu müssen.

Ich fühle mich einfach im Moment völlig hilflos - aus Angst vor meinem Ex und seinen Eltern, WENN was passieren würde. Er ist cool, nur um mir eine auszuwischen und die Tochter gegen mich auszuspielen. Bin ich konsequent, mimt er den Coolen. Meine Tochter geht immer da hin, wo es gerade am leichtesten für sie ist.

Wie erwähnt, mein größter Konflikt ist der, dass ich das Gefühl vermittelt bekomme "Egal, was Du als Mutter tust - Du machst es nicht richtig." Das frisst mich ziemlich auf.

Mit meinem Ex ist keine Kommunikation möglich. Auch nicht übers Jugendamt; letztes Jahr hat unsere Tochter echt einen dicken Bock geschossen; ich habe mir proaktiv Hilfe beim Jugendamt geholt. Ihr Vater weigerte sich, zu Gesprächen zu kommen. Er tat das, was die Tochter machte (sie brachte sich extrem selbst in Gefahr), als Jugendsünde ab - Thema erledigt für ihn.

8

Es ist an der Zeit, dass du stark für deine Tochter wirst. Sie lebt bei dir, du trägst die Verantwortung für sie und somit die Konsequenzen, falls was passiert. Du kannst deine Tochter nicht einsperren, nur weil du dich vor Reaktionen deines Ex fürchtest. Triff Entscheidungen und steh dazu. Der Vater bietet dir dir Stirn, also biete sie ihm auch. Diese Angst wirst du ja nie wieder los. Was ist, wenn sie als Erwachsene total versagt? Musst du dir dann anhören, dass du sie zu dem gemacht hast, was sie ist? Als Eltern tragen wir eine enorme Verantwortung. Wir sind dafür zuständig, unsere Kinder zu gesunden, selbstständigen und verantwortungsvollen Erwachsenen zu machen. Wir legen den Grundstein für ihr restliches Leben. Da deine Tochter hauptsächlich bei dir lebt, trägst du die Hauptverantwortung. Eltern sind nicht perfekt und machen Fehler. Aber aus den Fehlern lernen wir genauso, wie unsere Kinder. Du musst aber lernen, hinter deinen Entscheidungen zu stehen und die Konsequenzen für deine Fehler tragen. Sollte der Vater dich für etwas verantwortlich machen, musst du so viel Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen besitzen, dass du hinter deiner Entscheidung stehst, auch wenn es in die Hose gegangen ist. Kinder und Jugendliche sind unberechenbar. Du kannst nie sicher sein, dass nichts passiert. Sollte dein Ex dir im worst case Vorwürfe machen oder dich kritisieren, denke darüber nach, ob die Kritik gerechtfertigt ist oder nicht. Wenn nicht, ignoriere sie. Wie soll sich deine Tochter zu einer selbstbewussten Frau entwickeln, die sicher im Leben steht, wenn ihre Mutter völlig unsicher ist? Kinder entwickeln sich nur zu starken Erwachsenen, wenn sie starke Eltern haben. Und an dieser Stärke musst du gewaltig arbeiten. Lass deine Tochter nicht ausbaden, dass du Schiss vor deinem Ex hast. Wenn dich das in deiner Erziehung so einschränkt, dann musst du die Erziehung dem Vater überlassen.

6

Dein Problem ist meiner Meinung nach, dass Du komplett über reagierst, kaum Verständnis für die Pubertät aufbringst und Deine eigenen Wertevorstellung zu sehr auf Deine Tochter übertragen möchtest. Das klappt so in dem Alter aber nicht mehr. Sie wird ihre eigenen Erfahrungen machen müssen.

Ich höre keinerlei Verständnis von Dir für Deine Tochter heraus.
Kein Wunder also, dass versucht sich ihre Lücken zu schaffen, wenn Du Dinge verbietest, die ihr wichtig sind. Da Du zu viel zensierst und ausrastest.

Wenn Du ihr die Möglichkeit gegeben hättest, dass sie mit ihrem Ex sprechen könnte, wäre sie nicht so gewesen. Dann hätte sie die Gefahr des Gewitters mit Sicherheit auch nicht in kauf nehmen müssen.

Und sorry, sehr viele Teenies kiffen. Das wirst Du einfach nicht schaffen, alle Kontakte dahingehend zu unterbinden. Sollte man auch nicht. Man sollte Kinder stattdessen stark machen, selbst nicht Drogenabhängig zu werden. Das schafft man aber nicht durch Kontaktverbot zu denjenigen.

7

Hallo,

ich habe 2 Teenagersöhne, 16 und 18. Ich mache es so, dass ich mich bei sämtlichen Situationen, die mich zum Wahnsinn treiben können, in sie hinein versetzen und hinterfrage, wie ich früher war und warum sie so handeln.
Du hast ihren Ex aus der Wohnung geworfen, weil er kifft. Es ist doch völlig normal, dass sie dir nicht sagt, dass sie sich mit ihm trifft, sondern eine Ausrede vorschiebt. Wie hättest du denn reagiert, wenn sie gesagt hätte, dass sie sich mit XYZ trifft? Es hätte Diskussionen gegeben und denen wollte sie aus dem Weg gehen. Ich hätte an deiner Stelle auch nicht den Ex aus der Wohnung geworfen, außer er hätte in meiner Wohnung gekifft. Ich hätte mit meinem Kind ein Gespräch geführt, was ich vom Kiffen halte und auf ihren gesunden Menschenverstand vertraut. Um an das Zeug zu kommen, bedarf es keinen Ex-Freund.
Hättest du ihn nicht hochkant raus geworfen, hätte sie dir vielleicht gesagt, wo sie hingeht.
Das Loslassen von Teenies ist schwer und Teenies können auch oft auf seltsame Ideen kommen. Ich frage mich immer, wie gefährlich ist das jetzt wirklich, was sie machen. Wie sehr schadet es ihnen oder lohnt es sich, dass sie die Erfahrung selbst machen. Ab einem bestimmten Alter erzieht man Kinder nicht mehr, in dem man verbietet oder kontrolliert. Bis zur Pubertät sollte man sie soweit haben, dass sie einem als Eltern vertrauen und auch wir ihnen vertrauen. Jugendliche machen viele Fehler auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Diese Fehler sind wichtig um Erfahrungen zu sammeln, um zu erkennen, dass die Welt kein Ponyhof ist. Die Leine muss so locker sein, dass sie Erfahrungen machen können, aber noch so fest, dass wir noch Schadensbegrenzung betreiben können. Man kann einem Pubertier zig mal verbieten irgendetwas zu tun oder ihm sagen, was passieren könnte. Wenn das Pubertier der Meinung ist, dass sein Weg richtig ist, wird es trotzdem gemacht, zur Not heimlich. Und da sehe ich dann die Gefahr. Muss ein Jugendlicher etwas heimlich tun, oder es erwartet ihn Zuhause riesiger Ärger wenn er Mist gebaut hat, besteht die Gefahr, dass er sich bei ernsthaften Problemen nicht am Sicherungsseil Richtung Eltern bewegt, sondern versucht, es zu vertuschen, was es meist noch schlimmer macht. Versuche deiner Tochter zu vertrauen und habe deine eigene Jugend vor Augen. Lass sie laufen, wenn sie meint laufen zu müssen. Es gibt ganz viele Gefahren da draußen, vor denen wir unsere Kinder gern beschützen würden. Wir wollen, dass sie immer glücklich sind, dass ihnen niemand weh tut und am liebsten würden wir ihnen sämtliche Probleme und Sorgen abnehmen. Aber besser sie machen ihre Erfahrungen, wenn wir sie noch auffangen können. Nicht mehr lange und sie stehen auf eigenen Beinen und müssen sämtliche Konsequenzen für ihr Handeln allein tragen. Dann ist es besser, wenn sie vorher schon mal geübt haben, wie es geht. Die Erfahrung auf die Nase zu fallen ist besser erträglich, wenn jemand einem wieder auf die Beine hilft. Später als Erwachsene müssen sie selbst wieder aufstehen und sie werden dann aber leichter wieder auf die Beine kommen, weil wir ihnen gezeigt haben, wie es geht.

LG
Lotta