Meine Tochter ist 14 und aktuell stark auf der Suche nach sich selbst. Seit einigen Monaten beschäftigt sie sich sehr stark mit dem Thema LGBTQ und will jetzt am Wochenende auch auf den Christopher Street Day.
Ich bin sehr hin und her gerissen. Mal abgesehen davon, dass mir die Identitätssuche meiner Tochter ohnehin die eine oder andere schlaflose Nacht bereitet, bin ich aber auch kein großer Fan vom CSD. Ich kenne einige Homosexuelle Menschen in meinem Umkreis, alle durch die Bank weg sympathische, bodenständige Menschen, die nicht sonderlich aus der Reihe fallen und auch ganz selbstverständlich akzeptiert werden. So, wie ich mir ein respektvolles Miteinander auch wünsche.
Beim CSD hingegen wird bewusst polarisiert. Einige meiner Homosexuellen Bekannten kritisieren zurecht, dass der CSD zum Partytreff für queere Menschen verkommen ist. Da geht es nicht mehr um Gleichberechtigung und Akzeptanz, sondern um Sex, Drugs und Rock‘n Roll. Ist ja auch ok - wenn man erwachsen ist! Aber als Familienevent oder Demo für mehr Akzeptanz doch eher ungeeignet.
Unser Kompromiss war nun, dass wir gemeinsam mit unserer Tochter zum CSD gehen. Die hat aber ganz andere Pläne. Im Augenblick lernt sie überall - im Web oder in der Straßenbahn - neue „Freunde“ kennen. Leute, die durch ihr Styling auffallen oder sich irgendwie als queer zu erkennen geben. Die meisten sind ähnlich alt wie meine Tochter oder etwas älter (15,16). Mit zwei dieser neuen Freunde hat sie sich jetzt verabredet und möchte gemeinsam mit ihnen zum CSD, wo sie sich noch mit ein paar anderen Freunden treffen, die meine Tochter selber nicht kennt.
Kurz: Mein Kind will mit 14 Jahren zusammen mit Freunden, die ich nicht kenne, zu einer Veranstaltung, deren Ausmaß ich nicht einschätzen kann. Und sie macht auch keinen Hehl daraus, dass der CSD als Datingtreff für queere Menschen bekannt ist und sie durchaus hofft, vielleicht auch jemand Neues kennenlernen. Und natürlich will sie ihre Eltern da nicht dabei haben,
Ich habe jetzt keine Angst vor Alkohol oder dergleichen, da vertraue ich meiner Tochter, damit hat sie nichts am Hut. Vielmehr fühlt es sich nicht gut an nicht zu wissen, in welchen Kreisen sie da verkehrt.
Im Augenblick ist sie fasziniert von allem, was außerhalb der Norm liegt, Von homosexuell bis transident, von Punk bis Gothic, Hauptsache nicht langweilig und angepasst. Mal hält sie sich selbst für trans, dann wieder für lesbisch, sie ist allerdings als ganz normales und auch durchaus „typisches“ Mädchen aufgewachsen und hat sich auch früher schon in Jungs verliebt. Sie sucht und experimentiert (auch mit ihrem Styling) und will sich abgrenzen, ist dabei aber innerlich eigentlich noch ein Kind und leider alles andere als gefestigt. Das ist es ja, was mir Sorgen macht. Sie strauchelt und ist leicht berinflussbar - und wir sind nicht mehr an ihrer Seite um sie zu begleiten. 🙁
Ich weiß, Loslassen gehört zum Großwerden dazu. Aber ich würde einer 14-jährigen ja auch noch nicht erlauben auf jede Party zu gehen. Oder schätze ich den CSD falsch ein? Wart ihr schon mal dabei? Soll ich ihr vertrauen? Sie ist mit einer Gruppe unterwegs und nicht alleine, es ist nachmittags und nicht abends und mitten in der Stadt, nicht in einem Club.
Stolpere ich gerade über meine eigene Prüderie? Würdet ihr sie gehen lassen?
Ohne Eltern zum CSD
Auf keinen Fall würde ich sie gehen lassen. Nur mit Begleitung der Eltern oder sonstigen Bekannten dich ich kenne.
Ich finde die Konstellation kritisch….ihr kennt die Freunde nicht und sie kennt selbst nicht mal die anderen, die noch mit gehen.
CSD an sich finde ich jetzt nicht mal tragisch.
Klar wird der mittlerweile extrem sexualisiert, aber wenn man ehrlich ist: mit 14 sind die meisten da online ganz anderes gewöhnt 😵💫
Wie ‚frei‘ ist sie denn sonst allein unterwegs?
Lasst ihr sie zu anderen Großveranstaltungen wie Konzerte, Demos, etc?
"Sex, Drugs und Rock‘n Roll. Ist ja auch ok - wenn man erwachsen ist! Aber als Familienevent oder Demo für mehr Akzeptanz doch eher ungeeignet"
Mmh?
Meine Tocher war in Köln, gut, sie ist volljährig und sagt, das es eben nicht so ist, wie auf einer Demo oder anderen Großveranstaltung. Da sind Gruppen,Organisationen, Stände, klar, die Parade ... aber im Grunde friedlicher und entspannter, als auf einer Demo oder Kirmes. Auch die Games-Com ist eine Datingtreff für Nerds und nicht zuletzt jede Buchmesse eine Manga-Convention für Jugendliche, die sich aus dem Netz kennen.
Wie weit ist denn der CSD von Eurem Wohnort entfernt? Wie kommt sie dahin?
Das wäre jetzt für mich entscheidend,
Also von einer weiten Fahrt mit den Chaos-ÖPNV würde ich aktuell eher abraten, wenn aber in Köln CSD ist und ich wohne in Köln bzw. Umfeld, würde ich sie gehen lassen. Die Rückfahrt aus Köln ins "Ruhrgebiet" dauert etwa 1 Stunde (RE/RRX ...), meine Tochter war 6 Stunden mit S-Bahnen oder was überhaupt fuhr unterwegs und das nachts, das ist definitiv nichts für eine 14-jährige.
Unsere Tochter ist auch 14 und wollte hin-- Großstadt- 15000 Leute unterwegs und sie war dort noch nie alleine in der Stadt unterwegs.... ( 35 km entfernt von uns)
sie wollte mit einigen 16 Jährigen Mädels hin--- 2 davon kennen wir auch---
zum Glück für uns konnte sie nicht hin, weil sie an dem Tag sowohl eine Theaterprobe hatte als auch ihr Abendmahl ( Konfirmation)....
wir waren von der Idee auch nicht angetan- und waren vor das uns die Entscheidung abgenommen wurde...
alle anderen CSD--- kleiner und später--- haben sie dann nicht mehr interessiert, weil der größte CSD hier in der Ecke schon vorbei war...
mal abwarten was nächstes Jahr ist....
Die gibt es in kleineren Ausgaben in anderen Städten, einfach mal googeln.
Einen Tag vorher laufen schon kleinere Veranstaltungen, da durfte meine 13 jährige mit Freunden hin in Köln und war ganz begeistert.
Mein Kind will mit 14 Jahren zusammen mit Freunden, die ich nicht kenne, zu einer Veranstaltung, deren Ausmaß ich nicht einschätzen kann.
Das ist der Kernsatz - das Drumherum wäre mir egal. Somit klipp und klar "Nein". Leider passiert heutzutage zuviel.
Eine kleinere Veranstaltung in der Nähe - warum nicht, aber so ein unübersichtliches Riesenevent. Nein, nicht mit 14.
LG Moni
Hallo
Ich bin selbst queer und ich gehe gerne mit mit meinen Freundinnen/Freunden zum CSD.
Ich kann deine Ängste / Sorgen schon irgendwie verstehen -
Denke diese Art Findungs- bzw Experimentierphase in der deine Tochter sich zZ befindet , ist sehr wichtig für sie ! Das Internet s SocialMedia ermöglicht Kontakte und Austausch leicht zu finden …. Was ich auch gut finde und versteh deine Tochter auch in der Hinsicht , dass sie ihre „neuen Freunde“ auch treffen möchte …
Ich kann dir nur aus meiner Erfahrung sagen, dass ich bis jetzt keine friedlichere , stressfreiere und lockere Veranstaltung erlebt habe.
Kein Vergleich zu irgendwelchen Kirmes, Schützenfeste oder so…
Wo wäre denn der CSD? Bei euch in der Nähe ?
Lg Andy 🌈✌🏻
Hallo Anghi,
zum Thema alleine mit Freunden, die du nicht kennst, kann ich nicht so viel sagen. Ich denke, da kommt es stark darauf an, wie vernünftig deine Tochter ist (wenn Alkohol kein Thema ist, spricht das ja schon mal für sie) und wie euer Vertrauensverhältnis ist. Meine Kinder sind allerdings noch deutlich kleiner, von daher kann ich vermutlich wirklich nicht so gut mitreden.
Aber zum Thema CSD: Klar, es gibt auf dem CSD viel zu sehen, was deutlich übersexualisiert ist, in Richtung Fetisch geht etc. Andererseits dürfte das für die wenigsten 14-jährigen wirklich 'neu' sein. Und darüber hinaus gebe ich einer meiner Vorschreiberinnen recht: es gibt wohl kaum eine (Groß-)Veranstaltung in Deutschland, die friedlicher ist, als ein CSD. Nichtzuletzt sind dort zahlreiche Stände von Parteien (von CDU über Grüne bis Linke alles dabei, nur wohl die AFD nicht), zivilgesellschaftlichen Organisationen etc. vertreten, die sicherlich nicht im Verdacht stehen, irgendwie jugendgefährdend zu sein. Auch ich halte jedes Schützenfest im Dorf für potentiell aggressiver bzw. gefährlicher, insbesondere, was Belästigung von (jungen) Frauen betrifft.
Ich denke, dass Veranstaltungen wie ein CSD gerade für Teenager auf Identitätssuche wertvoll sein können im Sinne von: ich bin okay, so wie ich bin. Es ist toll, wenn deine Tochter so offen mit dir darüber spricht und ich finde es toll, wie du dein eigenes Unwohlsein reflektierst. Ich hoffe, ihr bleibt im Gespräch miteinander, dann werdet ihr sicherlich zu einer guten Lösung kommen.
Gruß von Knallepu (die schon in jungen Jahren auf CSDs war und heute glücklich mit einer Frau verheiratet ist und zwei Kinder hat)